Entscheidungsdatum
31.03.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
L517 2220443-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Dr. STEININGER und den fachkundigen Laienrichter Mag. SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX vertreten durch Mag.a Michaela KERBL, Gewerkschaft Privatangestellter gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX , vom XXXX , OB: XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF iVm § 1 Abs 2, § 40 Abs 1, § 41 Abs 1, § 42 Abs 1 und 2, § 45 Abs 1, 2 und 3 Bundesbehindertengesetz (BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang:
17.08.2018- Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass beim Sozialministeriumservice XXXX
21.08.2018 - Aufforderung Befundvorlage
14.09.2018 - Befundnachreichung
24.10.2018 - Befundnachreichung
31.12.2018-Erstellung eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens; Dauerzustand; Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
10.01.2019-Parteiengehör
25.01.2019-Stellungnahme der bP
26.05.2019-Erstellung eines orthopädischen Sachverständigengutachtens; Dauerzustand, Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel
XXXX -Bescheid der bB; Abweisung des Antrags vom 17.08.2018 auf die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass
21.06.2019-Beschwerde der bP vertreten durch rechtsfreundlichen Vertreter
25.06.2019-Beschwerdevorlage am BVwG
11.11.2019-Aufforderung an die bP zur Vorlage von im Akt fehlenden Befunden.
19.11.2019-Befundvorlage durch bP
II. Feststellungen (Sachverhalt)
Die beschwerdeführende Partei (in Folge "bP") besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft und ist an der im Akt ersichtlichen XXXX Adresse wohnhaft. Im Akt befindet sich ein Sachverständigengutachten vom 20.10.2015 in welchem der bP ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H sowie die "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" bescheinigt wurde, mit der Maßgabe einer Nachuntersuchung im Jahr 2016.
Laut dem Sachverständigengutachten vom 20.10.2015 habe die bP zu diesem Zeitpunkt durch die akuten Beschwerden in der Wirbelsäule max. 100 Meter ohne fremde Hilfe zurücklegen können. Durch die Vorfußhebeparese rechts sei die bP zudem häufig gestolpert. Das Ein- und Aussteigen sei nur erschwert möglich gewesen. Eingangs wird in dem Gutachten ausgeführt, dass bei der bP durch die am 28.07.2015 stattgefundene Dekompression L3/L4 und L4/L5 kurzzeitig eine Besserung eingetreten sei, in den letzten Tagen sei es aber wieder vermehrt zu einer Zunahme der Beschwerden gekommen.
Mit ärztlicher Stellungnahme vom 19.04.2016 wurde die Frist der Nachuntersuchung auf 2018 erstreckt (Verbesserung derzeit nicht wahrscheinlich).
Das im Rahmen der Nachuntersuchung am 06.07.2018 eingeholte allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten weist im Hinblick auf die hier gegenständlich relevante Beurteilung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" folgenden Inhalt auf:
"...
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Nach mehrfachen Wirbelsäulenoperationen bestehen mäßige bis mittelgradige Bewegungseinschränkungen, wiederholt Schmerzen, sensibles Defizit, Vorfußheber- und Senkschwäche rechts, keine wesentliche Einschränkung Hüft-, Knie- und Sprunggelenke, bei der Untersuchung ausreichend sicherer Gang, kommt ohne Hilfsmittel, auch Peroneusschiene wird nicht getragen, gering hinkend rechts, fährt auch Auto - es ist daher mit etwas langsamerem Tempo eine Strecke von 300m möglich, auch die Verwendung einer Gehhilfe ist möglich, sie kann einige Stufen steigen, sich an Haltegriffen anhalten, der sichere Stand und Transport sind möglich
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein
..."
Am 17.08.2018 bat die bP um "nochmalige Überprüfung" der Voraussetzungen für die Eintragung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentliche Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass was vom Sozialministeriumservice, Landesstelle XXXX (in Folge belangte Behörde bzw. "bB") als gegenständlicher Antrag gewertet wurde.
In ihrem Antrag führte die bP inhaltlich zusammengefasst aus: Im Rahmen der Untersuchung habe sie auf die neuerliche Verengung des Spinalkanales und die damit einhergehende eingeschränkte Gehstrecke auf 500 Meter (300 Meter dann Pause und dann wieder 200 Meter) hingewiesen. Trotz der Einnahme starker Schmerzmittel sei die Wegstrecke nicht zu verlängern. Das Setzen einer neuen Blockade in der Wirbelsäule sei aufgrund der Wucherungen nicht möglich. Aufgrund der Vorfußhebeschwäche stürze sie bei der kleinsten Unebenheit. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei nur bei absenkbarem Einstieg möglich. Bei Bussen in XXXX sei dies nicht möglich, zudem sei die nächste Bushaltestelle 1 km entfernt. Als Gehhilfe habe sie schon einen Rollator benützt allerdings sei die Sicht aufgrund der Sitzfläche derartig eingeschränkt, dass es zu Stürzen gekommen sei. Aufgrund der Verengung der HWS könne sie keinen Rucksack tragen und verwende deswegen eine kleine Unterarmtasche weswegen keine Stöcke als Gehbehelfe verwendet werden könnten.
Mit der Peroneusschiene habe sie große Probleme in den Schuh zu kommen.
Derzeit bestehe ein Juckreiz an der rechten Hand am Bauch und am Gesäß.
Mit Schreiben vom 21.08.2018 erging die Aufforderung der bB an die bP aktuelle Befunde beizubringen.
Folgender Befund wurde am 14.09.2018 nachgereicht: Vorläufiger Arztbrief Dermatologische Abteilung, XXXX , Aufenthalt 24.08.2018 bis 04.09.2018 V.a. bullöse Dermatose
Zusätzlich erfolgte eine Befundvorlage am 24.10.2018. Arztbrief XXXX vom 09.10.2018 HWS/LWS, Arztbrief XXXX vom 09.10.2018 Besprechung bzgl. eingeschränkter Gehleistung -zuwarten mit OP, Blockade vorgesehen und Bericht Ernährungs- und Stoffwechselbilanz XXXX vom 17.10.2018
In der Folge wurde am 31.12.2018 im Auftrag der bB auf Grundlage der Einschätzungsverordnung ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten erstellt. Im Gutachten wurde die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Das Gutachten weist im Wesentlichen nachfolgenden Inhalt auf:
"...
Anamnese:
Neuantrag auf Zusatzeintrag Unzumutbarkeit der Benützung öff. Verkehrsmittel. Alle vorhandenen Befunde wurden eingesehen
VGA Dr. XXXX 08/2018 50%.
Die Antragstellerin gibt an, dass seit der letzten Begutachtung ihre Wegstrecke zwischen 500 und 800 m liegt. Das habe sich auch durch die therapeutischen Maßnahmen seit der letzten Begutachtung nicht verbessert.
In der Untersuchungssituation gibt sie an, dass sie vom Sozialministerium-Service bis zur Gebietskrankenkasse gehen kann. Ich messe das mit der elektronischen Karte nach, das sind exakt 300 m. Der Gatte ergänzt zusätzlich, dass sie jetzt wieder öfters stolpere.
Die Antragstellerin gibt an, dass sie ausstrahlende Beschwerden in beide Beine habe, mehr rechts als links. Die Beschwerden insbesondere in Bewegung, aber auch beim Stehen. Im Liegen oder Sitzen habe sie null Schmerzen. Zum Thema Gehbehelf gibt sie an, dass sie mit einem Rollator nicht gehen könne, da sie nicht nach unten sehen kann aufgrund der Ablagefläche, die das Sehfeld einschränke, sie sei damit schon gestürzt.
Weiters könne sie mit Nordic-Walking-Stöcken nicht gehen, da sie sich nichts umhängen kann wegen der Wirbelsäule, die mache auch zu. Sie nehme regelmäßig tgl. Schmerzmittel.
In öffentliche Verkehrsmittel könne sie nicht einsteigen, da sie mit der Peroneusschiene nicht hineinkomme, da müsse sie das Hosenbein nehmen und den Fuß nachstellen. Die Peroneusschiene sei grundsätzlich ein Problem mit den Schuhen.
Der Reflux zeigt kein großes Problem, dzt. sei er etwas stärker.
Der Zucker sei gut mit 7,2 HbA1c eingestellt.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Oxygerulan, Janumet, Pantoloc, Atorvastatin, Micardis, Oleovit, Euthyrox, Targin Retard.
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Vorgutachten Dr. XXXX vom 05.07.2018, Diagnosen:
- Mehrfache Bandscheibenschäden Hals- und Lendenwirbelsäule, Z.n. Mehrfachoperation
- Diabetes mellitus.
- Schilddrüsenunterfunktion.
- Varizen.
- Reflux, Sodbrennen, mit Magenmittel wenig Beschwerden.
XXXX mit Aufenthalt vom 24.08. bis 04.09.2018, Diagnose:
- Impetigo contagiosa; DD: Bullöse Dermatose.
Arztbrief XXXX vom 09.10.2018:
Die bP kommt wegen Abnahme ihrer Gehleistung in die Ordination. Sie ist in Begleitung des Gatten. Sie berichtet, dass sie vor einem Jahr noch cirka 2km zu Fuß zurücklegen konnte, jetzt liegt das Limit bei 500 bis 800m. Limitierend für die Gehstrecke ist der Schmerz in den Beinen, rechts ausgeprägter als links. Des Weiteren rezidivierende Taubheit am rechten Ober- und Unterschenkel, sowie deutliche Krämpfe am Oberschenkel rechts und im Bereich des Fußes. Die analgetische Medikation mit Oxygerolan im Wechsel mit Targin wird unverändert eingenommen mit 20mg. Retard in der Früh plus 10mg nicht-retardiertes Oxygerolan bei Bedarf. Die aktuelle Tagesdosis liegt bei 40mg. Die bP war im Sommer in Italien, es trat eine eigentümliche blasenbildende Hauterkrankung auf, deshalb Behandlung im XXXX . Die Ursache konnte nicht genau festgestellt werden. In der nächsten Zeit ist auch noch eine Abklärung der kardialen Situation erforderlich wegen Druckgefühl und Schmerzen. Die letzte MR-Untersuchung liegt vom April 2018 vor. Eine rezente Bildgebung ist nun nicht erforderlich. Die bP möchte mit einer Operation so lange es geht zuwarten. Sie ersucht um nochmaliges interventionelles Vorgehen. Wir vereinbaren daher einen Termin zur Blockade für den 14.11.2018, Aufnahme am Abend des 13.11.2018. Die Aufklärungsunterlagen werden mitgegeben. Nach Abschluss der kardialen Untersuchung wird sich die bP melden, insbesondere ob eine blutgerinnungshemmende Medikation angesetzt wurde.
XXXX vom 17.10.2018, Diagnosen:
- Diabetes mellitus Typ II - bekannt seit 1999.
- Arterielle Hypertonie.
- Hypercholesterinämie.
- Chronische Gastritis.
- Hiatushernie axial.
- Wirbelsäulenveränderungen degenerativ.
- Idiopathischer Hörsturz.
- Claudicatio spinalis.
- Hypothyreose (50%ige ACI-Stenose rechts)
Schriftlich liegt vor ein Arztbrief Klinik Diakonissen XXXX vom 15.11.2018 mit stationärem Aufenthalt am 15.11.2018, Diagnosen:
- Radikulopathie L IV und L V rechts und L V links bei hochgradig epiduraler Fibrose L IV/L V und L V/S I.
- Pseudolisthese L IV/L V mit massiver hypertropher Facettarthropathie.
- die im übrigen angeführten Leiden sind bekannt.
Operation: gepulste Hinterstrangstimulation, selektive Radiofrequenzbehandlung L V links, epidurale Sonde nach Pasha, gepulste Radiofrequenzbereich der Hinterwurzelganglien L IV und L V rechts von lateral, Corticoid-Instillation am 14.11.2018.
XXXX vom 31.10. bis 12.11.2018 wegen Schwellung linker Unterarm.
Hauptdiagnosen:
- Begleitirritation im Nervus medianus;
- Ausschluss einer stenosierenden coronaren Herzerkrankung,
- arterielle Hypertonie
- Impetigo.
- Diabetes mellitus Typ II.
- Claudicatio spinalis.
- ACI-Stenose rechts - 50%.
- Geringe Steatosis hepatis.
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
übergewichtig
Größe: 161,00 cm Gewicht: 81,00 kg Blutdruck: 180/80
Klinischer Status - Fachstatus:
Kopf/Hals:
o Sehfähigkeit: nicht relevant vermindert
o Gehör: normale Umgangssprache wird verstanden
Haut:
o grob unauffällig
Thorax:
o symmetrisch Atemgeräusche: VA
Herz:
o Herztöne: rein Geräusche: fehlen Rhythmus: regelmäßig
Abdomen:
o im Th.-Niveau, weich
Orthopädischer Status:
Wirbelsäule
Inspektion:
o Frontalebene dorsal: geringe nach rechtskonvexe Skoliose der BWS. Schulter-tiefstand links, blande LWS-Narbe.
o Sagittalebene: verstärkte LWS-
Palpitation:
o Kein Klopf-oder Längsstauchungsschmerz
HWS:
o Bewegungsumfang i.d. Rotation:keine relevante funktionelle Einschränkung
BWS/LWS:
o Drehen im Sitzen: 40/0/40
o FBA: beim Vorneüberneigen ca. 30 cm.
o Laseque: neg Bragard: neg
Obere Extremitäten:
Schultergelenke:
o Funktionstest:
Nacken.- Schürzengriff: vollständig
Abduktion/Adduktion: nicht eingeschränkt
Ante.-Retroversion: nicht eingeschränkt
Rotation: nicht eingeschränkt
Ellbogengelenk:
o Extension/Flexion: frei beweglich
Handgelenk:
o Inspektion: unauffällig bzgl. Schwellung, Entzündung, Atrophie
o Extension/Flexion: frei beweglich
o Fingergelenke: FS suffizient bds.; Nagelrand/quere Hohlhandfalte: 0cm bds.
o Kraft beim Händedruck: ohne Einschränkung
Untere Extremitäten:
Hüftgelenke:
o Extension/Flexion: frei bds
o IR/AR (90° gebeugt): frei bds
Kniegelenke:
o Inspektion: kein Hinweis für Schwellung, Erguss oder Rötung
o Extension/Flexion: bds frei
o Bänder stabil
Fuß:
o Inspektion: Senkspreizfuß beidseits.
o OSPG: Heben/Senken: bds frei beweglich
o USPG: Pro.-Supination: bds frei beweglich
o Zehengelenke: frei beweglich
Gesamtmobilität - Gangbild:
Aufstehen aus sitzender und liegender Position selbständig möglich
Gangbild: Der Barfußgang im Zimmer mit Vorfußheberschwäche rechts, der Vorfuß kann gering nach oben gehoben werden, die Bodenfreiheit in der Schwungphase bds. ausreichend
Status Psychicus:
o Orientierung: zeitlich, örtlich, persönlich und situativ orientiert
o Kurzzeitgedächtnis: unauffällig
o Konzentrationsstörungen: keine
o Auffassungsstörung: unauffällig
o Antrieb: keine Antriebssteigerung- oder verminderung feststellbar
o Affektivität: keine Störung der Stimmung, Emotionalität und Befindlichkeit feststellbar
o Denkstörung: keine
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. degenerative Wirbelsäulenveränderungen
2. Zuckerkrankheit
3. Schilddrüsenunterfunktion
4. Krampfadern
5. Refluxkrankheit
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Gegenüber VGA keine relevante Änderungen der gesundheitlichen Leiden. Nach eigenen Angaben sind 500m mit einer Pause ohne Gehbehelf mgl. Zu wiederholten Stürzen ist es bisher nicht gekommen
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine wesentliche Änderung der Einschätzung der bestehenden Mobilitätseinschränkung gegenüber VGA Dr. XXXX . Die Antragstellerin sicherlich in ihrer Gehleistung eingeschränkt. Aus ärztlicher Sicht kann sie aber eine Wegstrecke über 400 m aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe zurückzulegen. Ein Gehbehelf wird nicht benötigt, ebenso besteht keine relevante Sturzgefahr. Höhere Niveauunterschiede (bis 30 cm) zum Ein- und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel können bei freier Hüft.- und Kniegelenkbeweglichkeit überwunden werden. Es konnten auch keine Einschränkungen der Standhaftigkeit erhoben werden. Diese insbesondere in Bezug auf das sichere Stehen, die Sitzplatzsuche oder bei einer notwendig werdenden Fortbewegung im öffentlichen Verkehrsmittel während der Fahrt. Weiters ist die Benützung von Haltegriffen und -stangen möglich.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Es konnten keine Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt werden, die zu einer dauerhaften erheblichen Einschränkung des Immunsystems führen.
Gutachterliche Stellungnahme:
In der neuerlichen Begutachtung konnten keine Kriterien objektiviert werden, die eine Benützung öff. Verkehrsmittel verunmöglichen würden.
..."
Mit Datum vom 10.01.2019 erging das Parteiengehör an die bP und wurde ihr das Gutachten zur Stellungnahme übermittelt.
Mit Schreiben vom 24.01.2019, eingelangt am 25.01.2019 gab die bP folgende Stellungnahme ab: Leider sei es nicht richtig, dass keine Sturzgefahr bestehe. Ihr Mann habe angegeben, dass die bP öfters stolpere und habe damit "stürzen" gemeint. Da ihr Mann derzeit mit Krücken gehen müsse, könne die bP sich auch nicht einhängen. Weiters sei das nächste öffentliche Verkehrsmittel ca 1000 m von ihrem Wohnsitz entfernt. Ihre Wegstrecke betrage derzeit laut Berechnung 300 m (Sozialministerium Service XXXX bis zur Gebietskrankenkasse) Dann müsse sie sich aufgrund der Schmerzsituation hinsetzen und könne erst nach einer Pause weitergehen, wobei nach 100 m kein weiterer Schritt mehr möglich sei. Des Weiteren sei das Einsteigen in einen Autobus, der nicht auf Gehsteigkante abgesenkt werden könne durch die Vorfußhebeschwäche nicht möglich. Neue Befunde würden nachgereicht und sie ersuche um nochmalige Bearbeitung.
Am 08.02.2019 erfolgte die Vorlage weiterer Befunde: Arztbrief Dr. XXXX vom 06.02.2019, Postlaminektomiesyndrom + Rezidivstenosen und Instabilität, cervikale Spinalstenose - OP empfohlen, Ordinationsbefund XXXX FA für Neurologie und Psychiatrie vom 05.02.2019 Residuäre Radikulopathie L5 rechts mit mittelgrd. Vorfußhebeparese bei wiederholten LWS-Stenose-OP 2009 u. 2015, Diab. Mell, chronische Vorfuß- und Zehenhebeparese entsprechend Gr. 3-4 Funktionell dadurch natürlich Sturzgefahr gegeben, sodass die Versorgung mit einer Peroneusschiene empfohlen wird.
Im Anschluss wurde am 26.05.2019 im Auftrag der bB auf Grundlage der Einschätzungsverordnung ein orthopädisches Sachverständigengutachten erstellt. Im Ergebnis wurde darin die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Das Gutachten weist folgenden relevanten Inhalt auf:
"...
Anamnese:
Geklärt werden soll die Unzumutbarkeit zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Vorgutachten 20.12.2018 GdB 50 vH
Operationen bisher:
2009 Bandscheibenoperation L2/L3 u. L3/L4
2015 Bandscheibenoperation L3/L4 u. L4/L5
2015 Arthroskopie rechtes Kniegelenk
mehrere CT-Infiltration, zuletzt am 13.11.2018
Derzeitige Beschwerden:
Schmerzen ausgehend von der Lendenwirbelsäule ausstrahlend in den Oberschenkel rechtsseitig vorderseitig, rechts mehr Schmerz als links. Schmerzen auch im Nackenbereich mit starken Kopfschmerzen dzt. Von hier bis zur Gebietskrankenkasse sind es ca. 300 m, dann muss ich mich zum ersten Mal niedersetzten. Ich kann mir auch nichts umhängen, denn das drückt alles auf die Halswirbelsäule. Außerdem nächtliche Krämpfe 4-5 x im Oberschenkel und Unterschenkel.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Yanumed 1-0-1, Actos 1x1, Pantoloc 1-0-1, Targin1x1, Oxygerolan 1x1, Atorvastatin 1x1, Euthyrox 1x1, Neurobion forte 1x1
Pregabalin1x1, Oxygerolan 20 mg bei Bedarf
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Arztbrief XXXX vom 15.4.2019 - Diagnose: rezente Radiculopathie L2 rechts bei Wirbelkanalstenose L1/L2 u. L2/L3
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand:
gut
Ernährungszustand:
gut
Größe: 161,00 cm Gewicht: 80,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status - Fachstatus:
HWS: Rotation: 70 - 0 - 70° in Reklination 50° bds.
Obere Extremität:
Schultern bds.: Außenrotation: 60 - 0 - 70° Anteversion: 180° Abduktion: 170° bds.
Ellbogen: ohne Entzündungszeichen, Extension-Flexion: 0 - 140
Handgelenke u. Hände altersgemäß unauffällig, grobe Kraft seitengleich fest
BWS: kein Klopfschmerz, Rotation bds. 40° bds. endlagig im HWS-Bereich schmerzhaftig
LWS: blande Narbe bei Zustand nach 2xmaliger Operation, kein Beckenschiefstand, keine Skoliose
Fingerkuppen-Bodenabstand: 10 cm, Schober: 10-12, Seitwärtsneigen 5° bds.
Untere Extremität: Lasègue bds. neg.
Hüften bds.: Extension-Flexion: 0 - 110°
Kniegelenke: ohne Entzündungszeichen, Extension-Flexion: 0 - 0 - 140°
Sprunggelenke: ohne Entzündungszeichen, Dorsalextension-Plantarflexion: 10 - 0 - 40°
Peronäusschiene rechts wird getragen
Umfangmaße Unterschenkel: bds. 42 cm
Gesamtmobilität - Gangbild:
unauffällig, Vorfußheber klinisch unauffällig
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1. mehrfache Bandscheibenschäden Hals- und Lendenwirbelsäule
2. Diabetes mellitus
3. Schilddrüsenunterfunktion
4. Varizen
5. Reflux, Sodbrennen
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Unverändert
[X] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Es besteht eine deutlich degenerativ veränderte Wirbelsäule. Es besteht dzt. jedoch keine Nervenwurzelirritation, auch die Vorfußparese besteht nur teilweise, sodass ein unauffälliges Gangbild besteht. Daher ist eine kurze Wegstrecke von 300 - 400 m, und auch das sichere Ein- u. Aussteigen im öffentlichen Verkehrsmittel möglich.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
derzeit nicht
Gutachterliche Stellungnahme:
Das Wirbelsäulenleiden schränkt die Mobilität ein, eine kurze Wegstrecke ( 300- 400m ) kann aber aus orthopädischer Sicht, zurückgelegt werden. Die Beweglichkeit der Gelenke ermöglicht das sichere Ein- und Aussteigen und die Beförderung im öffentlichen Verkehrsmittel.
..."
Am XXXX erging der Bescheid der bB und wurde der Antrag der bP auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vom 17.08.2018 abgewiesen.
In der Folge erhob die bP am 21.06.2019 rechtsfreundlich vertreten Beschwerde und führte darin wie folgt aus: Aufgrund ihrer körperlichen Leiden sei der bP auf ihren Antrag hin mit 19.11.2015 ein Parkausweis gemäß § 29 b StVO befristet bis Ende Oktober 2016 zuerkannt worden. Ihr Antrag auf Weitergewährung im Frühjahr 2016 sei geprüft worden und der Parkausweis für Behinderte aufgrund des unveränderten schlechten Gesundheitszustandes weiterhin gewährt worden und zwar befristet bis 31.5.2018. Am 20.4.2018 habe die bP erneut einen Antrag auf Verlängerung gestellt. Danach seien einige ärztliche Untersuchungen durchgeführt worden. Ihre Einwände, dass ihr das Zurücklegen von längeren Wegstrecken nicht mehr möglich sei und es wiederholt zu Stürzen komme, seien jedoch nicht berücksichtigt worden. Im letzten Gutachten sei sogar festgehalten worden, dass ihre Gesamtmobilität und Gangbild unauffällig seien und auch der Vorfußheber klinisch unauffällig sei. (Seite 2 des Gutachtens) Das sei jedoch nicht richtig. Sie habe nachweislich seit 2009 eine Vorfuß- und Zehenhebeparese rechts im Grad 3-4, wodurch sich eine erhöhte Stolper- und Sturzgefahr ergebe. (Beilage./G und ./H) Aufgrund ihrer Leiden, den Bandscheibenproblemen und mehrmaligen Operationen (2010, 2015) sei ihr 2015 der Parkausweis wegen der geminderten Gehleistung zuerkannt worden. Sie könne keine längeren Wegstrecken gehen, weil sie durch die Probleme mit den Bandscheiben enorme Schmerzen in den Beinen habe. Durch die Vorfußheberschwäche sei es ihr auch nicht möglich Verkehrsmittel zu benutzen, die über eine Stiege bzw. Treppe zu besteigen seien. Lediglich die Benutzung von eben zu besteigenden Verkehrsmitteln würde gehen. Diese würden jedoch im ländlichen Raum nicht angeboten. Ihr Gesundheitszustand habe sich in den letzten Jahren nicht verbessert. Im Gegenteil. Die bP sei ja bereits drei Mal an der Lendenwirbelsäule operiert worden. Laut ihren behandelnden Ärzten sei eine neuerliche Operation in nächster Zeit unumgänglich, weil sich ihr Gesundheitszustand erneut verschlechtert habe. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke (300 bis 400 Meter) nicht aus eigener Kraft und/oder fremde Hilfe auch unter Verwendung der zweckmäßigen Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden könne. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauerhafte Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel und Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittel angegebenen Bedingungen auswirke. Da die Voraussetzungen gemäß § 42 und § 45 BBG vorliegen würden, habe die bP Anspruch auf die zusätzliche Eintragung in den Behindertenpass und den Parkausweis für Behinderte.
Es werde daher der Antrag gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge gemäß § 28 VwGVG den angefochtenen Bescheid nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und berichtigter Feststellung des Sachverhaltes, abändern und dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme nachstehender Zusatzeintragung in den Behindertenpass
"Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" stattgeben.
Am 25.06.2019 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG.
Mit Schreiben vom 11.11.2019 wurde die bP zur Übermittlung von im Akt fehlender Befunde aufgefordert.
Am 19.11.2019 erfolgte die Befundvorlage durch die bP.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Der oben unter Punkt II.1. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsicht in das zentrale Melderegister, den Staatsbürgerschaftsnachweis sowie die sonstigen relevanten Unterlagen.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)". Vergleiche dazu auch VwGH vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
Basierend auf der ständigen Rechtsprechung des VwGH bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" in einen Behindertenpass regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, das die Auswirkungen der Gesundheitsschädigung auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilt, sofern diese Frage nicht in einem unmittelbar zuvor durchgeführten Verfahren gemäß § 14 Abs 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) im Rahmen der ärztlichen Begutachtung ausreichend behandelt wurde oder die Unzumutbarkeit aufgrund der Art der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt (vgl auch VwGH vom 01.03.2016, Ro 2014/11/0024; VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0030; VwGH vom 17. Juni 2013, 2010/11/0021 mit Verweis auf die Erkenntnisse vom 23. Februar 2011, 2007/11/0142 und vom 23. Mai 2012, 2008/11/0128; vgl auch VwGH vom 20.03.2001, 2000/11/0321).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht (VwGH vom 17.02.2004, GZ 2002/06/0151).
Hat eine Partei grundlegende Bedenken gegen ein ärztliches Gutachten, dann ist es nach Ansicht des VwGH an ihr gelegen, auf gleichem fachlichen Niveau diesem entgegenzutreten oder unter Anbietung von tauglichen Beweismitteln darzutun, dass die Aussagen des ärztlichen Sachverständigen mit dem Stand der medizinischen Forschung und Erkenntnis nicht vereinbar sind (VwGH vom 20.10.1978, 1353/78).
Eine Partei kann ein Sachverständigengutachten nur dann erfolgreich bekämpfen, wenn sie unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände ausdrücklich erklärt, dass sie die Einholung eines weiteren Gutachtens bestimmter Fachrichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich halte und daher einen Antrag auf Beiziehung eines weiteren Sachverständigen stellt (VwGH vom 23.11.1978, GZ 0705/77).
Der VwGH führte aber in diesem Zusammenhang auch aus, dass keine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, wenn einem Antrag auf Einholung eines zusätzlichen Gutachtens nicht stattgegeben wird (VwGH vom 25.06.1987, 87/06/0017).
Ebenso kann die Partei Sachverständigengutachten erfolgreich bekämpfen, ohne diesem auf gleichem fachlichem Niveau entgegentreten zu müssen, wenn es Widersprüche bzw. Ungereimtheiten im Gutachten aufzeigt (vgl. z. B. VwGH vom 20.10.2008, GZ 2005/07/0108).
Dem VwGH zufolge kommt es für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (VwGH vom 22.10.2002, GZ 2001/11/0258).
Insofern kommt es - auf das VwGH Erkenntnis vom 19.12.2017, Ra 2017/11/0288-3 verweisend - bei der Beurteilung der "Zumutbarkeit" nur auf die Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigungen an sowie deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, nicht jedoch auf die tatsächlich gegebene Infrastruktur.
Von der bP wurden zahlreiche Befunde vorgelegt die eine Einschränkung der Wirbelsäule sowie eine bestehende Vorfuß- Zehenhebeparese bestätigen. Diese liegen aber laut den hier gegenständlichen Gutachten nicht in jener die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel geradezu ausschließenden Intensität vor. Soweit der bP 2015 ein zuerst bis 2016 und danach bis 2018 befristeter Parkausweis ausgestellt wurde, liegt dieser Beurteilung der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" der Umstand zugrunde, dass unmittelbar vor der Gutachtenserstellung im September 2015 am 28.07.2015 eine mikrochirurgische Dekompression L3/L4 und L4/L5 stattgefunden hat mit vorübergehender Verbesserung, und anschließend spontaner Zunahme der Beschwerden. In Erwartung einer längerfristigen Besserung wurde unter Setzung einer Nachuntersuchung die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass eingetragen.
In den hier aktuell eingeholten Gutachten eines Allgemeinmediziners (Vorgutachten) und eines Orthopäden stellt sich der derzeitige Zustand der bP derart dar, dass bei nachweislich bestehender Einschränkung der Mobilität die Verwendung medizinischer Behelfe wie eine Peroneusschiene bzw. auch ein Rollator oder Stützkrücken angebracht wäre, diese Behelfe aber von der bP abgelehnt bzw. als nicht handhabbar empfunden werden.
Aus dem Akt und dem orthopädischen Gutachten lässt sich nicht eindeutig eruieren inwieweit der Arztbrief Dr. XXXX (Wirbelsäulenchirurgie) vom 12.04.2019 - welcher erstmals im Zuge der Beschwerdevorlage aufscheint - sowie die am 08.02.2019 ergänzend vorgelegten Befunde Dr. XXXX (Orthopädie/Neurochirurgie) vom 06.02.109 und XXXX (Neurologie und Psychiatrie) vom 05.02.2019 Eingang in das orthopädische Gutachten vom 26.05.2019 fanden.
Sämtliche darin die Wirbelsäule und die Vorfußhebeschwäche rechts betreffenden Diagnosen wurden aber auch im Befund XXXX vom 15.04.2019 aufgelistet, welcher vom Sachverständigen bei der Untersuchung eingesehen wurde und in die gutachterliche Beurteilung einfloss.
Die vorgelegten Befunde enthielten weder neue Tatsachen noch waren sie geeignet, das gegenständliche Gutachten zu entkräften.
Soweit in den Befunden auf eine erhöhte Sturzgefährdung der bP aufgrund der bestehenden Vorfußhebeparese hingewiesen wird, ist festzustellen, dass zwar wie von der bP in der Beschwerde richtigerweise vorgebracht wurde, vom Sachverständigen ein unauffälliger Vorfußheber sowie ein unauffälliges Gangbild festgestellt worden waren, allerdings wird vom Sachverständigen weiter hinten wortwörtlich auch ausgeführt - "die Vorfußparese besteht nur teilweise, sodass ein unauffälliges Gangbild besteht." Diese Einschätzung erscheint für das ho. Gericht schlüssig als von der bP zum Untersuchungszeitpunkt eine Peroneusschiene getragen wurde.
Im Vergleich dazu konnten von einem Vorgutachter im Juli 2018 bei Nichtverwendung der Peroneusschiene ein geringes Hinken rechts und ein ausreichend sicherer Gang festgestellt werden. Für das ho. Gericht stellt sich der Zustand der bP derart dar, dass eine unter Umständen durch die Vorfußhebeparese bestehende Sturzgefahr unter Verwendung eines Gehbehelfes zur Gänze ausgeglichen werden kann (siehe auch Befund XXXX vom 05.02.2019).
Unter dem Blickwinkel der Judikatur der Höchstgerichte, insbesondere der zitierten Entscheidungen, ist das orthopädische Sachverständigengutachten vom 26.05.2019, schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Nach Würdigung des erkennenden Gerichtes erfüllt es die an ein ärztliches Sachverständigengutachten gestellten Anforderungen.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen der persönlichen Untersuchungen eingehend erhobenen klinischen Befunden, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Im Gutachten wurden alle relevanten von der bP vorgebrachten Leiden sowie die beigebrachten Unterlagen bzw. Befunde berücksichtigt.
Das eingeholte Sachverständigengutachten steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch.
Im angeführten Gutachten wurde vom Sachverständigen auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen, das Ergebnis der durchgeführten Begutachtung im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel umfassend dargelegt, und die daraus resultierende "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" erörtert und schlüssig und nachvollziehbar begründet.
Es lag kein Grund vor, von den schlüssigen, widerspruchsfreien und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen abzugehen.
Das Sachverständigengutachten wurde, im oben beschriebenen Umfang in freier Beweiswürdigung der Entscheidung des Gerichtes zu Grunde gelegt.
Aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegung durch den Gutachter ist der Einschätzung entsprechend, von der "Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" durch die bP auszugehen.
Soweit seitens der bB das Parteiengehör verletzt wurde (durch Nichtvorhalten des orthopädischen Gutachtens vom 26.05.2019), ist festzuhalten, dass die Verletzung des Parteiengehörs in diesem Einzelfall - bei ansonsten ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren - durch die Möglichkeit der Einbringung der Beschwerde (allenfalls nach Akteneinsicht) in diesem konkreten Fall als saniert anzusehen ist (vgl für viele: VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299). Es ist jedoch auch festzuhalten, dass durch diese Feststellung die bB nicht generell vom ihrer Obliegenheit das Parteiengehör zu wahren, entbunden wird.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idgF
- Bundesbehindertengesetz BBG, BGBl. Nr. 283/1990 idgF
- Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 idgF
- Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl. Nr. 10/1985 idgF
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art. 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; ...
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gemäß § 45 Abs. 4 BBG hat bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs 3 eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Gemäß § 45 Abs. 5 BBG entsendet die im § 10 Abs. 1 Z 6 des BBG genannte Vereinigung die Vertreterin oder den Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung. Hinsichtlich der Aufteilung des Nominierungsrechtes auf gleichartige Vereinigungen ist § 10 Abs 2 des BBG anzuwenden. Für jede Vertreterin und jeden Vertreter ist jeweils auch die erforderliche Anzahl von Ersatzmitgliedern zu entsenden.
In Anwendung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 45 Abs 3 BBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Der Mangel des Parteiengehörs wird im Beschwerdeverfahren durch die mit der Beschwerde gegebene Möglichkeit der Stellungnahme zu einem Beweismittel saniert (vgl. VwGH vom 27.02.2003, 2000/18/0040; VwGH vom 24.11.1995, 95/17/0009 mit Hinweis auf E 30.9.1958, 338/56).
Eine im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufene Verletzung des Parteiengehörs wird jedenfalls dadurch saniert, dass die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Berufung und sodann im Zuge des Berufungsverfahrens ihren Rechtsstandpunkt darzulegen und sohin an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken (VwGH vom 28.05.1993, 92/17/0248 mit Hinweis auf E vom 20.11.1967, 0907/67).
Wenn der Beschwerdeführer Gelegenheit gehabt hat, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Stellung zu nehmen, und davon auch Gebrauch gemacht hat, so ist eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die erste Instanz damit als saniert anzusehen (VwGH vom 11.09.2003, 99/07/0062; VwGH vom 26.02.2002, 98/21/0299).
Seit Einführung der Neuerungsbeschränkung mit 01.07.2015, BGBl. Nr. 57/2015, welche konkret in § 46 BBG geregelt ist, wurde vom Gesetzgeber ein Beschwerdevorbringungsregulativ geschaffen. Ziel und Zweck der Novelle des Behindertenrechtes ist u.a. die grundsätzliche Beschleunigung des erstinstanzlichen Verfahrens. Unter Heranziehung der finalen Programmierung der Norm versteht man unter "neuen Tatsachen" jene Zustände der Gesundheit, welche zum Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens nicht bekannt waren bzw. sein mussten. Werden nunmehr im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG von der bP "neue Tatsachen" vorgebracht, so sind diese in der Entscheidungsfindung des Gerichtes nicht zu berücksichtigen. Nach Ansicht des Gerichtes unterliegen nicht dem Neuerungsverbot jene Beeinträchtigungen, Schädigungen und dergleichen, welche nach gegenwärtigem Stand der Medizin als bekannte Folgen der Grunderkrankungen zu qualifizieren sind. Die Neuerungsbeschränkung entfaltet ihre Rechtswirkung mit dem Einbringen der Beschwerde bei Gericht.
Die neu geschaffene Bestimmung des § 46 3. Satz hat zur Folge, dass der bP bei Verletzung des Parteiengehörs durch die bB jedwede Möglichkeit eines Vorbringens, insbesondere zu den eingeholten Sachverständigengutachten, genommen wird. In Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung wird dadurch die Stellung der bP im Rechtsmittelverfahren derart eingeschränkt, dass dadurch kein faires Verfahren nach den Grundprinzipien eines Rechtsstaates gewährleistet ist. Beispielsweise wird dies der Fall sein, wenn eine medizinisch relevante Tatsache von der bP zwar vorgebracht wurde, aber keinerlei Berücksichtigung im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren gefunden hat. Bedingt durch das Beschwerdevorbringungsregulativ kann seitens des Gerichtes im Zuge des Beschwerdeverfahrens dieser Umstand, je nach konkretem Sachverhalt, nicht berücksichtigt werden.
Die Nichtvornahme eines Parteiengehörs wird in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führen, außer wenn die Gewährleistung der Parteienrechte keinen umfassenderen, entscheidungsrelevanten Sachverhalt ergeben hätte.
Aufgrund der obigen Ausführungen deckt sich die Ansicht des BVwG grundsätzlich mit der Rechtsprechung des VwGH betreffend mangelhaftes Parteiengehör. Wie eingangs ausgeführt, sieht der VwGH das Parteiengehör nicht verletzt, wenn die bP im Berufungsverfahren die rechtliche Möglichkeit besitzt, Stellung zu nehmen. Unter dem Aspekt der mit 01.07.2015 in Kraft getretenen Neuerungsbeschränkung ist dies aber nicht mehr gewährleistet.
Im gegenständlichen Fall wurde der bP das Sachverständigengutachten vom 26.05.2019 nicht zur Kenntnis gebracht. Damit wurde das Recht auf Parteiengehör verletzt und der bP in Verbindung mit der Neuerungsbeschränkung (im Beschwerdeverfahren vor dem BVwG vorgebrachte "neue Tatsachen" sind nicht zu berücksichtigen) jedwede Möglichkeit eines Vorbringens genommen, was in aller Regel zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides führt. Da die bP aber im Zuge der Einbringung der Beschwerde vom 21.06.2019 zwar neue Beweismittel vorgebracht hat, diese aber keine neuen Tatsachen enthielten und keine relevante Änderung des Sachverhaltes bewirkten, hätte hier die Gewährleistung der Parteienrechte keinen umfassenderen entscheidungsrelevanten Sachverhalt ergeben. Schlussfolgernd führte hier die Möglichkeit, im Beschwerdeverfahren zu obigem Gutachten Stellung zu nehmen, zur Sanierung der Verletzung des Parteiengehörs.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt. 3.1. im Generellen und die unter Pkt. 3.2 ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.4. Gemäß § 1 Abs 1 BBG soll Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
Gemäß § 1 Abs 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen
Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Gemäß § 40 Abs 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
Gemäß § 41 Abs 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung