TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 W164 2179092-2

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Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

AlVG §49
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W164 2179092-2/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Rotraut LEITNER als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert POROD (aus dem Kreis der ArbeitgeberInnen) und Mag. Wolfgang SCHIELER (aus dem Kreis der ArbeitnehmerInnen) als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , vertreten durch RA Dr. Thomas MAJOROS, Wien, gegen Spruchpunkt A des Bescheides des Arbeitsmarktservice vom 25.07.2017, Zl. VSNr XXXX , nach einer Beschwerdevorentscheidung (Spruchpunkt A) vom 18.10.2017, GZ 2017-0566-9-001710, nach Durchführung einer nichtöffentlichen Beratung vom 13.3.2020 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben. Spruchpunkt A des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs 1, Abs 2 und Abs 5 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Hinsichtlich der Vorgeschichte zu diesem Verfahren wird auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts W164 2179092-1/7E vom 22.10.2019 verwiesen, mit dem die verfahrensgegenständliche Beschwerde abgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer (im Folgenden BF) hat gegen dieses Erkenntnis Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit seinem Erkenntnis Ra 2019/08/0175-6 vom 17. Februar 2020 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Zur Begründung hat der VwGH folgendes ausgeführt:

"Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob dem Revisionswerber sein Verhalten in Anbetracht des nicht gesetzeskonformen Verhaltens des AMS nach § 49 AlVG angelastet werden könne. Am normativen Gehalt des als Rechtsgrundlage für den Verlust der Notstandshilfe herangezogenen § 49 AlVG bestünden Zweifel.

10 Die Revision ist zulässig, weil das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Folgen einer entschuldigten Unterlassung einer Kontrollmeldung iSd § 49 Abs. 2 AlVG abgewichen ist.

11 Gemäß § 49 Abs. 1 AlVG hat sich der Arbeitslose zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben.

12 Gemäß § 49 Abs. 2 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um den Tag einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat.

13 Ein Arbeitsloser, dessen Unterlassung einer Kontrollmeldung - wie hier - aus triftigem Grund entschuldigt ist, kann aber auch nicht einfach zuwarten, ohne sich bei der regionalen Geschäftsstelle zu melden. Er ist vielmehr gemäß § 49 Abs. 1 AlVG von Gesetzes wegen zur wöchentlichen Meldung verpflichtet, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle hat einen von dieser gesetzlichen Grundverpflichtung abweichenden Kontrolltermin festgesetzt. Ohne die Vorschreibung eines konkreten Kontrollmeldetermins hätte für den Revisionswerber daher spätestens mit Ablauf der Kalenderwoche, die auf den versäumten Kontrolltermin vom 23. Mai 2017 gefolgt ist, gemäß § 49 Abs. 1 erster Satz AlVG wiederum eine Meldepflicht bestanden (VwGH 19.9.2007, 2006/08/0272).

14 Da das AMS dem Revisionswerber für den 1. August 2017 aber einen (von der gesetzlichen Grundverpflichtung abweichenden) konkreten neuen Kontrollmeldetermin vorgeschrieben hatte, war er in der Zwischenzeit nicht zu anderen, nicht zusätzlich vorgeschriebenen (wöchentlichen) Meldungen verpflichtet. Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes, der Revisionswerber habe (in Bezug auf eine wöchentliche Meldepflicht) den Tatbestand des § 49 Abs. 1 iVm 2 AlVG erfüllt, ist verfehlt. In Anbetracht der unbedingten Anordnung des zur Rede stehenden weiteren Kontrolltermins kann dahingestellt bleiben, ob die Vorschreibung eines bedingten (z.B. von der Absolvierung der Eingliederungsmaßnahme abhängigen) Kontrollmeldetermins zulässig gewesen wäre (vgl. zur Vorschreibung einer Kontrollmeldung für den Fall des Leistungsbezugs VwGH 4.9.2013, 2012/08/0183).

15 Der dem Revisionswerber vom Bundesverwaltungsgericht vorgeworfene Umstand, er hätte durchaus noch versuchen können, "in die ihm zugewiesene Eingliederungsmaßnahme nachträglich einzusteigen oder sich nach der Möglichkeit, in einer nachfolgenden Woche eine Eingliederungsmaßnahme zu beginnen, zu erkundigen" bzw. er hätte in Anbetracht der "arbeitslosenversicherungsrechtlich relevante Gesamtsituation" gegen eine Erkundigungspflicht verstoßen, erfüllt den Tatbestand des § 49 Abs. 2 AlVG nicht.

16 Der angefochtene Bescheid war wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben."

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 63 VwGG sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis Ra 2019/08/0175-6 vom 17. Februar 2020, ist folgendes festzustellen:

Gemäß § 49 Abs. 1 AlVG hat sich der Arbeitslose zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe wöchentlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben.

Gemäß § 49 Abs. 2 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterlässt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um den Tag einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat.

Ein Arbeitsloser, dessen Unterlassung einer Kontrollmeldung - wie hier - aus triftigem Grund entschuldigt ist, kann aber auch nicht einfach zuwarten, ohne sich bei der regionalen Geschäftsstelle zu melden. Er ist vielmehr gemäß § 49 Abs. 1 AlVG von Gesetzes wegen zur wöchentlichen Meldung verpflichtet, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle hat einen von dieser gesetzlichen Grundverpflichtung abweichenden Kontrolltermin festgesetzt. Ohne die Vorschreibung eines konkreten Kontrollmeldetermins hätte für den Revisionswerber daher spätestens mit Ablauf der Kalenderwoche, die auf den versäumten Kontrolltermin vom 23. Mai 2017 gefolgt ist, gemäß § 49 Abs. 1 erster Satz AlVG wiederum eine Meldepflicht bestanden (VwGH 19.9.2007, 2006/08/0272).

Da das AMS dem Revisionswerber für den 1. August 2017 einen (von der gesetzlichen Grundverpflichtung abweichenden) konkreten neuen Kontrollmeldetermin vorgeschrieben hatte, war er in der Zwischenzeit nicht zu anderen, nicht zusätzlich vorgeschriebenen (wöchentlichen) Meldungen verpflichtet.

Der dem Revisionswerber vom Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis W164 2179092 vom 22.10.2019 vorgeworfene Umstand, er hätte durchaus noch versuchen können, "in die ihm zugewiesene Eingliederungsmaßnahme nachträglich einzusteigen oder sich nach der Möglichkeit, in einer nachfolgenden Woche eine Eingliederungsmaßnahme zu beginnen, zu erkundigen" bzw. er hätte in Anbetracht der "arbeitslosenversicherungsrechtlich relevante Gesamtsituation" gegen eine Erkundigungspflicht verstoßen, erfüllt den Tatbestand des § 49 Abs. 2 AlVG nicht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Erkundigungspflicht Kontrollmeldetermin Notstandshilfe Rechtsanschauung des VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W164.2179092.2.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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