TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/2 W252 2228934-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.04.2020
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Entscheidungsdatum

02.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §92 Abs1 Z3
FPG §94 Abs5

Spruch

W252 2228934-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth Schmut LL.M. über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX , StA. Somalia, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom28.01.2020, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 02.07.2007 wurde dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen Somalias, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.

In weiterer Folge wurde dem Beschwerdeführer ein von 24.02.2014 bis 23.02.2019 gültiger Konventionsreisepass ausgestellt.

2. Am 09.05.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses.

3. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 27.06.2019 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass in seiner Angelegenheit eine Beweisaufnahme stattgefunden habe und aufgrund des Verstoßes des Beschwerdeführers gegen das Suchtmittelgesetz beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses abzuweisen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Eine Stellungnahme wurde seitens des Beschwerdeführers nicht eingebracht.

4. Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 28.01.2020 den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 3 FPG ab. Begründend führte es aus, dass ein Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz einen schwerwiegenden Versagungsgrund bei der Ausstellung eines Konventionsreisedokumentes darstelle. Da die Tat noch nicht lange zurückliege sei derzeit für den Beschwerdeführer keine positive Prognose möglich und aus seinem Verhalten gehe auch hervor, dass er nicht gewillt sei sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Bei Ausstellung eines Konventionspasses werde auf Grund der Aktenlage befürchtet, dass der Beschwerdeführer das Dokument benützen werde, um gegen die Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen. Die öffentlichen Interessen an der Versagung des Konventionsreisepasses würden daher höher bewertet als seine privaten Interessen. Auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen sei bei der Versagung eines Reisepasses nach dem Passgesetz keine Rücksicht zu nehmen.

5. Der Beschwerdeführer erhob am 20.02.2020 durch seinen ausgewiesenen Vertreter gegen den angeführten Bescheid Beschwerde. In dieser hält er im Wesentlichen fest, dass bei der Versagung eines Reisepasses nach dem Passgesetz auch auf die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen Rücksicht zu nehmen sei, dies müsse auch bei der Entziehung eines Konventionspasses gelten. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers zur Ausübung seiner Reisefreiheit stehen nicht dem öffentlichen Interessen auf Entziehung des Passes gegenüber. Der Beschwerdeführer sei nur einmal verurteilt worden und es gehe von ihm keine Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit aus. Unter anderem ersuche er um die Ausstellung des Konventionspasses damit der mit seiner Familie Urlaub in einer europäischen Stadt machen könne. Die Verurteilung aufgrund des Suchtmittelgesetzes sei kein Spiegelbild seines Charakters. Die Tat sei aus dem Affekt entstanden. Die Reaktion sei falsch gewesen und dem Beschwerdeführer sei bewusst, dass diese Tat Konsequenzen nach sich ziehen würde. Die Zeit in Haft sei sehr prägend gewesen und habe sein Wesen von Grunde auf geändert. Er mache überdies eine Aggressionstherapie die bereits Früchte trage.

6. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 25.02.2020 vom Bundesamt vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Das Bundesamt erkannte dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 02.07.2007 den Status eines Asylberechtigten zu.

1.2. Mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 29.04.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vorbereitung des Handels mit psychotropen Stoffen nach § 31 Abs. 1 erster Fall SMG und wegen unerlaubten Umgang mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster Fall SMG unter Anwendung des § 28 Abs. 1. StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon wurden fünf Monate bedingt nachgesehen, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. Dem Urteil lag zugrunde, dass XXXX , ein niederländischer Staatsbürger, am 28.01.2019 psychotrope Stoffe, in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge, nämlich Cathin, nach Österreich einführte, indem er 43 kg Kathsträucher mit einem Wirkstoff von 28,81 Gramm Cathin in seinem Gepäck versteckt nach Österreich einführte. Am 29.01.2019 erwarb der Beschwerdeführer und eine andere Person mit Vorsatz rund 28 kg der Kathsträucher von XXXX um diese dann weiteren Abnehmern zu übergeben. Sie wollten die Kathsträucher in den somalischen Kulturverein bringen, wurden jedoch unmittelbar nach der Übergabe durch XXXX von Beamten des Stadtpolizeikommandos Schwechat festgenommen. Der Beschwerdeführer kam aufgrund eines Freundes aus den Niederlanden zum Kontakt zu XXXX .

1.3. Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Ehegattin und seinen minderjährigen Kindern in Wien. Er behauptet in Österreich gut integriert zu sein.

2. Beweiswürdigung:

Die obigen Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und durch Einsichtnahme in das Strafregister. Dass der Beschwerdeführer mit seiner Frau und seinen minderjährigen Kindern in Wien lebt und dass er aus seiner Sicht gut integriert sei, ist den Ausführungen in der Beschwerde zu entnehmen; es sind keine Gründe ersichtlich, die Anlass dazu geben könnten, dieses Vorbringen anzuzweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. § 94 FPG regelt die Ausstellung von Konventionsreisepässen für Fremde, denen der Status des Asylberechtigten zukommt:

"Konventionsreisepässe

§ 94. (1) Konventionsreisepässe sind Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

(2) Konventionsreisepässe können darüber hinaus Fremden, denen in einem anderen Staat der Status des Asylberechtigten gewährt wurde, auf Antrag ausgestellt werden, wenn sie kein gültiges Reisedokument besitzen und ohne Umgehung der Grenzübertrittskontrolle eingereist sind.

(3) Das Bundesamt hat bei Ausübung des ihm in Abs. 2 eingeräumten Ermessens einerseits auf die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers, andererseits auf sicherheitspolizeiliche Belange sowie auf eine mögliche Beeinträchtigung der Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat Bedacht zu nehmen.

(4) Konventionsreisepässe werden nach dem Muster des Annexes zur Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ausgestellt.

(5) §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt."

Die Bestimmung des § 92 FPG, auf die hinsichtlich Konventionsreisepässe gemäß § 94 Abs. 5 leg.cit. sinngemäß verwiesen wird, hat folgenden Wortlaut (der im vorliegenden Fall maßgebliche Tatbestand ist hervorgehoben):

"Versagung eines Fremdenpasses

§ 92. (1) Die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass

1. der Fremde das Dokument benützen will, um sich einer wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung im Inland eingeleiteten Strafverfolgung oder Strafvollstreckung zu entziehen;

2. der Fremde das Dokument benützen will, um Zollvorschriften zu übertreten;

3. der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen;

4. der Fremde das Dokument benützen will, um Schlepperei zu begehen oder an ihr mitzuwirken;

5. durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

(1a) Die Versagungsgründe des § 14 Abs. 1 Z 3 lit d, e und Z 5 Passgesetz 1992 gelten sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle des Reisepasses der Fremdenpass tritt.

(2) Die Ausstellung eines Fremdenpasses ist zu versagen, wenn der Fremde unentschuldigt einer Ladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung, in der diese Folge angekündigt ist, nicht Folge leistet oder an der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht mitwirkt.

(3) Liegen den Tatsachen die in Abs. 1 Z 1 bis 4 und Abs. 1a angeführt werden, gerichtlich strafbare Handlungen zugrunde, ist bis zum Ablauf von drei Jahren nach der Tat jedenfalls von einem Versagungsgrund auszugehen, wobei Haftzeiten und Zeiten einer Unterbringung nach §§ 21 bis 23 StGB außer Betracht zu bleiben haben. Im Übrigen gilt § 14 Passgesetz 1992."

Die Versagungsgründe des § 92 Abs. 1 iVm § 94 Abs. 5 FPG sind vor dem Hintergrund des Art. 25 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Statusrichtlinie) zu lesen. Diese Bestimmung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, Reiseausweise - wie im Anhang zur Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen - für Reisen außerhalb ihres Gebietes ausstellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dem entgegenstehen (vgl. VwGH 16.05.2013, 2013/21/0003).

3.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 04.06.2009, 2006/18/0204; 25.11.2010, 2008/18/0458; 02.12.2008, 2005/18/0614; 27.01.2004, 2003/18/0155; 24.01.2012, 2008/18/0504; 20.12.2013, 2013/21/0055) stellt es zusammengefasst eine Erfahrungstatsache dar, dass bei Suchtgiftdelikten nicht nur eine hohe Sozialschädlichkeit, sondern auch eine überaus hohe Wiederholungsgefahr besteht, weshalb selbst bei einer bloß einmaligen Verurteilung eines Antragstellers die Behörde rechtskonform davon ausgehen kann, dass dieser den Konventionsreisepass dazu benutzen werde, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen. Darüber hinaus besteht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Suchtgiftkriminalität insbesondere auch ein "latenter Auslandsbezug". Auch wurde eine Dauer an Wohlverhalten im Ausmaß von vier Jahren nach der letzten rechtskräftigen Verurteilung als nicht lange genug qualifiziert, um die vom Antragsteller ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen.

3.3. Unter Zugrundelegung der Leitgedanken der zitierten Entscheidungen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde im gegenständlichen Fall die begehrte Ausstellung eines Konventionsreisepasses zu Recht versagt hat:

3.3.1. Der Beschwerdeführer hat im Jänner 2019 vorschriftswidrig psychotrope Stoffe (Cathin) erworben mit dem Vorsatz diese anderen überlassen. Dafür wurde er rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon fünf Monate bedingt nachgesehen, verurteilt. In der Beschwerde bleibt unbestritten, dass der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid festgestellte Straftat begangen hat und deshalb in der dort festgestellten Weise rechtskräftig verurteilt worden ist.

3.3.2. Im Hinblick auf die Verurteilung und die Tatsache, dass Suchtgiftdelikten eine besonders hohe Wiederholungsgefahr innewohnt, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde, auch bei einer nur einmaligen Verurteilung des Beschwerdeführers zum Ergebnis gelangte, die festgestellten Tatsachen würden die Annahme im Sinne des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG, der Beschwerdeführer könnte den Konventionsreisepass dazu benutzen, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen, rechtfertigen (vgl. VwGH 02.12.2008, 2005/18/0614). So ist auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer bei der Begehung der seiner Verurteilung zu Grunde liegenden Straftat kein Reisedokument verwendet hat, nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes "nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ist es doch notorisch, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist. Ein Reisedokument würde einen Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern" (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504, mit Verweis auf VwGH 02.04.2009, 2009/18/0095).

Soweit in der Beschwerde im Wesentlichen bemängelt wird, dass die belangte Behörde im Rahmen einer Prognosebeurteilung die Berücksichtigung unterlassen habe, dass es bei einer einmaligen Tatbegehung geblieben sei und er durch die Haft geläutert worden sei, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der seit der Begehung der einschlägigen Straftat verstrichene Zeitraum reicht vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht aus, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504).

Ergänzend ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Frage des Vorliegens eines Versagungsgrundes für die Ausstellung eines Fremden- bzw. Konventionspasses nach den hierfür vom Gesetz vorgesehenen Kriterien eigenständig zu beurteilen ist, ohne an die Erwägungen des Strafgerichts im Zusammenhang mit der Strafbemessung gebunden zu sein (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504; 04.06.2009, 2006/18/0204). So konnte der Verwaltungsgerichtshof etwa im Fall der Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten eines Beteiligten, der bloß als "Aufpasser" dazu beigetragen hatte, dass rund 1 kg Cannabiskraut durch Verkauf in Verkehr gesetzt worden waren, die Annahme der Erfüllung des Tatbestands des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG nicht als rechtswidrig erkennen (vgl. VwGH 24.01.2012, 2008/18/0504).

3.3.3. Der Beschwerdeführer bemängelt, dass die Versagung der Ausstellung des Konventionsreisepasses seine Reisefreiheit einschränke und eine Ein- und Ausreise vor allem in den Schengen-Raum notwendig sei um familiäre und private Beziehung aufrecht zu erhalten. Außerdem sei bei der Frage der Verleihung eines Konventionspasses nicht allein auf die strafgerichtlichen Verurteilungen eines Antragstellers Bedacht zu nehmen, sondern es müssten auch andere Aspekte - wie insbesondere die Integration des Beschwerdeführers und die Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens sowie sein verhalten seit der Tat - berücksichtigt werden.

Was die in der Beschwerde geltend gemachte soziale Integration des Beschwerdeführers betrifft, erfolgte diesbezüglich kein substantiiertes Vorbringen: Der Beschwerdeführer erschöpft sich in der - nicht angezweifelten - Aussage, er lebe mit seiner Frau und seinen Kindern in Wien und könne sich in der deutschen Sprache (B1 Niveau) verständigen. Selbst unter der Annahme einer tieferreichenden Integration seit der letztmaligen strafrechtlichen Verurteilung könnte unter Berücksichtigung der dargelegten Erwägungen in einer Gesamtbeurteilung zum Entscheidungszeitpunkt keine die Annahme des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG widerlegende Prognose getroffen werden, zumal die familiäre Bindung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und seine Verantwortung für seine minderjährigen Kinder ihn auch von der Begehung der bisherigen Straftat nicht abhielt.

Soweit der Beschwerdeführer im Verfahren geltend machte, dass die Ein- und Ausreise in den Schengenraum für die Aufrechterhaltung der familiären und privaten Beziehungen unerlässlich sei und von der Ausstellung eines Konventionspasses abhängig sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass ungeachtet der Berücksichtigung der Integration eines Antragstellers bei der Prognoseentscheidung (vgl. VwGH 16.05.2013, 2012/21/0253) - bei der Versagung eines Konventionsreisepasses auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen (vgl. VwGH 04.06.2009, 2006/18/0204 mwN).

3.3.4. Im Ergebnis ist somit der Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG erfüllt sei, beizutreten und sind - im Sinne des Art. 25 Abs. 1 Statusrichtlinie - zwingende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die der Ausstellung eines Konventionsreisepasses entgegenstehen, zu bejahen.

3.4. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Gemäß der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 2 GRC auch im vorliegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Voraussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, 28.394/95, Döry vs. Schweden; 8.2.2005, 55.853/00, Miller vs. Schweden).

3.4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat betreffend die Anwendung des § 41 Abs. 7 AsylG 2005, BGBl. I 100/2005 idF BGBl. I 4/2008, (also zur wortidenten Vorgängerbestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG) unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat der Asylwerber hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor dem Bundesasylamt releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof erforderlich, wenn die vom betroffenen Asylwerber bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde an den Asylgerichtshof aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfSlg. 19.632/2012).

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

3.4.2. Im gegenständlichen Fall sind die genannten Kriterien erfüllt, weil der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist. In der Beschwerdeschrift wird kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens des Bundesamtes entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet. Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner sozialen Integration im Bundesgebiet meinte, er lebe mit seiner Frau und seinen minderjährigen Kindern im Bundesgebiet, werden diese Angaben nicht angezweifelt und waren ohne eine Verhandlung festzustellen. Eine Verhandlung konnte schließlich auch deshalb unterbleiben, weil selbst eine darin erörterte tieferreichende Integration des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der im vorliegenden Fall maßgeblichen Umstände keine anderslautende Entscheidung herbeigeführt hätte.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Konventionsreisepass mangelnder Anknüpfungspunkt strafrechtliche Verurteilung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W252.2228934.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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