TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/2 W228 2227334-1

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Veröffentlicht am 02.04.2020
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Entscheidungsdatum

02.04.2020

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W228 2227334-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde des Mag. XXXX , BKNR XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse vom 12.11.2019, Zl. XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 04.12.2019, wegen Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG teilweise stattgegeben und es wird der Beitragszuschlag aus berücksichtigungswürdigen Gründen auf ? 300 herabgesetzt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Österreichische Gesundheitskasse (im Folgenden: ÖGK) hat mit - an die Beschwerdeführerin Mag. XXXX , BKNR XXXX , adressierten - Bescheid vom 12.11.2019, Zl. XXXX , gemäß § 410 Abs. 1 Z 5 nach § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von ? 1.000 vorgeschrieben, weil die Anmeldung für XXXX , VSNR XXXX , zur Pflichtversicherung als Dienstnehmerin gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen der am 12.10.2019 erfolgten Betretung durch die Finanzpolizei in 3400 Klosterneuburg, XXXX , festgestellt worden sei, dass für die genannte Person die Anmeldung nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 22.11.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben.

Seitens der ÖGK erging eine auf 04.12.2019 datierende, abweisende Beschwerdevorentscheidung. Die ÖGK ging dabei davon aus, dass die XXXX , VSNR XXXX , 2x pro Monat seit 2 Jahren für die Beschwerdeführerin als Reinigungskraft arbeite. Außerdem sei bis dato keine Anmeldung zur Pflichtversicherung nachgeholt worden.

Gegen diese Beschwerdevorentscheidung richtet sich der Vorlageantrag der Beschwerdeführerin vom 18.12.2019. Sie werde noch diese Woche die Anmeldung zur Pflichtversicherung vornehmen.

Die Beschwerdesache wurde mit Schreiben der ÖGK vom 08.01.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Im Rahmen der am 12.10.2019 erfolgten Betretung durch die Finanzpolizei in 3400 Klosterneuburg, XXXX , wurde festgestellt, dass für XXXX , VSNR XXXX , die Anmeldung nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei. Diese arbeitete als Reinigungskraft.

Die Anmeldung zur Sozialversicherung der Dienstnehmerin erfolgte am 18.12.2019 für die Zeit von 01.10.2019 bis 12.10.2019.

Es handelt sich um den ersten Meldeverstoß der Beschwerdeführerin dieser Art.

2. Beweiswürdigung:

Es ist unstrittig, dass die genannte Person im Zeitpunkt der Betretung von der Finanzpolizei arbeitend für die Beschwerdeführer angetroffen wurde und zu diesem Zeitpunkt nicht zur Sozialversicherung angemeldet war. Die Nachmeldung und die Feststellung zum ersten Meldeverstoß ergeben sich ebenso aus den unstrittigen Angaben im Akt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die ÖGK.

§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Da über eine Sache nach § 410 Abs. 1 Z 5 entschieden wird, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache somit die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Teilstattgabe der Beschwerde:

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 113 Absatz 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde.

Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a [Abgabenbehörden des Bundes, deren Prüforgane Personen betreten haben] aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf ? 400,00 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf ? 600,00. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann gemäß § 113 Abs. 3 ASVG der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf ? 300,00 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Im Beschwerdeverfahren betreffend die Vorschreibung eines Beitragszuschlags gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG ist als Vorfrage zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin daher verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Aufgrund der nachträglichen Anmeldung der Dienstnehmerin XXXX , VSNR XXXX , ist das Vorliegen eines sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses iSd § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG zur Beschwerdeführerin nicht strittig.

Nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen sowie der Materialien (EBRV BlgNR 23. GP 77) ist Zweck der Beitragszuschläge, den wegen der Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwand in der Verwaltung ("Bearbeitungskosten") auszugleichen, sohin einen Kostenbeitrag demjenigen vorzuschreiben, der diese Kosten auch verursacht hat ("Verursacherprinzip") und damit als Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 07.08.2002, 99/08/0074).

Zufolge der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 10.07.2013, 2013/08/0117) ist die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nicht als Verwaltungsstrafe zu werten, sondern als eine wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung, ist die Frage des subjektiven Verschuldens am Meldeverstoß unmaßgeblich. Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklich wurde, gleichgültig aus welchen Gründen. Die Frage des subjektiven Verschuldens ist aus diesem Grunde auch nicht näher zu untersuchen.

Die belangte Behörde hat daher den Beitragszuschlag ursprünglich zu Recht vorgeschrieben. Die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin hat es unterlassen, die betretene Dienstnehmerin vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden. Sie hat daher gegen die ihr obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten verstoßen und den Tatbestand des § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG erfüllt. Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag dem Grunde nach berechtigt.

Gemäß § 113 Abs. 2 ASVG kann bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 300,00 ? herabgesetzt werden. Solche unbedeutenden Folgen können vorliegen, sofern nicht mehr als zwei Dienstnehmer nicht angemeldet worden sind und der Dienstgeber die Anmeldung unverzüglich nachholt (VwGH vom 07.09.2011, 2008/08/0218).

Im gegenständlichen Fall erfolgte keine Herabsetzung seitens der ÖGK, da die Anmeldung erst mit dem Vorlageantrag nachgeholt wurde. Da es sich, wie festgestellt, um den ersten Meldeverstoß dieser Art handelt, hat der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung zu entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz wird auf 300,00 ? herabgesetzt.

Die weiteren Ausführungen der ÖGK im Beschwerdevorlageschreiben vermögen vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin aktiv nach einer konsensualen Lösung mit der ÖGK gesucht hat, den erkennenden Richter nicht zu überzeugen und ist diesen daher der Erfolg hinsichtlich einer gänzlichen Beschwerdeabweisung versagt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum ASVG. Die gegenständliche Entscheidung weicht daher weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Schlagworte

Beitragszuschlag berücksichtigungswürdige Gründe Herabsetzung Meldeverstoß Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W228.2227334.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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