TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/3 W180 2226662-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.04.2020
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Entscheidungsdatum

03.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W180 2226662-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg PECH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (in Folge auch BF) reiste spätestens am 06.04.2016 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, aus Afghanistan zu stammen und am XXXX geboren zu sein.

Zuvor wurde er am 02.02.2016 in Griechenland und am 04.04.2016 in Ungarn erkennungsdienstlich behandelt und stellte anschließend am 05.04.2016 in Ungarn einen Asylantrag.

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 20.03.2018 wurde sein Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status als Asylberechtigter gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG aus berücksichtigungswürdigenden Gründen wurde nicht erteilt. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine Rechtsvertretung mit 19.04.2018 fristgerecht Beschwerde.

Zwischenzeitlich wurde gegen den BF mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge auch Behörde oder BFA genannt), vom 20.12.2018 ausgesprochen, dass er sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet gem. § 13 Absatz 2 Ziffer 2 AsylG ab dem 13.12.2018 verloren habe.

Während des Asyl- bzw. Beschwerdeverfahrens wurde der BF im Bundesgebiet wiederholt straffällig und wurde bereits dreimal von inländischen Landesgerichten rechtskräftig verurteilt, wie nachfolgend angeführt:

o Am 30.01.2017 wurde erstmals eine Anzeige wegen Körperverletzung in einer Asylunterkunft erstattet.

o Am 13.06.2017 wurde eine Anzeige wegen § 27 SMG vom Kriminalamt erstattet.

o Mit Urteil eines Landesgerichts vom 24.07.2017, rechtskräftig mit 24.07.2017, wurden er wegen des Vergehens des teilweise versuchten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 achter Fall, 27 Abs 2a SMG, § 15 StGB, wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs 1 Ziffer 1 erster und zweiter Fall SMG, wegen des Vergehens des versuchten unerlaubten Umgangs mit psychotropen Stoffen nach § 30 Abs 1 achter Fall SMG, § 15 StGB, unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 27 Abs 2a SMG, zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monate, davon Freiheitsstrafe 6 Monate bedingt, mit Probezeit von 3 Jahre verurteilt (Jugendstraftat).

o Er befand sich daraufhin von 22.06.2017 bis 24.07.2017 in einer Justizanstalt in Strafhaft. Nach Haftentlassung wurde am 04.01.2018 eine neuerlich Anzeige wegen nicht rechtmäßigem Aufenthalt in einem Asylquartier durch eine PI gegen ihn erstattet, da er im Asylquartier ohne Anmeldung Unterkunft genommen habe.

o Am 28.09.2018 wurden er wegen unerlaubten Fernbleibens aus einer Sozialeinrichtung bei einer PI zur Anzeige gebracht.

o Er wurde durch ein Landesgericht am 15.01.2018, rechtskräftig mit 19.01.2018, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen bedingt, unter einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.

o Zuletzt wurde er mit Urteil eines Landesgerichtes vom 26.09.2019, rechtskräftig mit 26.09.2019, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB, des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs 2a SMG und des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach §§ 15 StGB, 27 Abs 2a SMG zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.Dabei wurde sein Alter von unter 21 Jahren als mildernd gewertet, als erschwerend hingegen, dass er die Tat während der offenen Probezeit und während anhängiger weiterer Verfahren begangen hatte.

o Zudem wurde gegen den BF am 28.03.2019 ein aufrechtes Waffenverbot verhängt.

Mit Schreiben des BFA vom 23.08.2019 wurde dem BF Parteiengehör zur beabsichtigten weiteren Vorgangsweise - Verhängung der Schubhaft - geboten. Ihm wurde dabei ein konkreter Fragenkatalog zur Beantwortung und ausführlichen Stellungnahme übermittelt. Er machte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch und wirkte am weiteren Verfahren nicht mit.

Am 29.11.2019 wurde gegen den BF ein Schubhaftbescheid erlassen und über ihn die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet.

Von 04.04.2019 bis 03.12.2019 befand sich der BF in einer Justizanstalt und wurde er daraufhin am 03.12.2019 in Schubhaft überstellt.

Seit 03.12.019 wird der BF in Schubhaft angehalten.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.12.2019, W171 2226662-1, wurde die vom BF gegen den Schubhaftbescheid vom 29.11.2019 erhobene Beschwerde abgewiesen und gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 FPG festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

Mit am 10.01.2020 mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, W248 2193826-1, gekürzt ausgefertigt am 28.01.2020, wurde die Beschwerde des BF gegen den Asylbescheid des BFA vom 20.03.2018 als unbegründet abgewiesen, damit wurde auch die mit dem genannten Bescheid des BFA ausgesprochene Rückkehrentscheidung rechtskräftig. Gemäß § 76 Abs. 5 FPG galt ab 10.01.2020 die zur Sicherung des Asylverfahrens verhängte Schubhaft als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Am 30.01.2020 stellte der BF im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Gestützt auf § 76 Abs. 6 FPG hielt das BFA die Schubhaft aufrecht; der das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 76 Abs. 6 leg.cit. festhaltende Aktenvermerk der Behörde wurde dem BF zur Kenntnis gebracht.

Mit Bescheid des BFA vom 17.02.2020 wurde der Folgeantrag auf internationalen Schutz vom 30.01.2020 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt. Weiters wurde gegen den BF ein Einreiseverbot für die Dauer von 8 Jahren erlassen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.03.2020, W140 2193826-2, dem Rechtsvertreter des BF zugestellt am 16.03.2020, wurde die Beschwerde des BF gegen den Bescheid des BFA vom 17.02.2020, mit dem der Folgeantrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen worden war, als unbegründet abgewiesen.

Seit 16.03.2020 besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreisverbot für die Dauer von 8 Jahren.

Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht am 24.03.2020 die Akten gemäß § 22a BFA-VG zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person und zum Verfahrensgang:

1.1. Der BF reiste illegal in das Bundesgebiet ein, ist afghanischer Staatsangehöriger und sohin Fremder im Sinne der Diktion des FPG.

1.2. Er stellte am 06.04.2016 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser Antrag wurde vom BFA mit Bescheid vom 20.03.2018 zur Gänze abgewiesen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan zulässig sei.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 10.01.2020 abgewiesen.

1.3. Der BF stellte am 30.01.2020 im Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Der Folgeantrag wurde vom BFA mit Bescheid vom 17.02.2020 sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung getroffen und gegen den BF ein Einreiseverbot für die Dauer von 8 Jahren verhängt. Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Afghanistan wurde festgestellt.

Mit Erkenntnis vom 13.03.2020 wurde die dagegen erhobene Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen.

1.4. Der BF hat bisher keinen gültigen dauerhaften Aufenthaltstitel in Österreich erhalten.

1.5. Der BF wird seit 03.12.2019 in Schubhaft angehalten.

1.6. Die Beschwerde des BF gegen den Schubhaftbescheid vom 29.11.2019 wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 20.12.2019 abgewiesen.

1.7. Mit dem zuvor genannten Erkenntnis wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

1.8. Der BF leidet an keinen nennenswerten gesundheitlichen Einschränkungen.

1.9. Er wurde in Österreich bisher bereits dreimal verurteilt. Aufgrund der Anzahl und Schwere der Delikte ist er als Gefährder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Österreich im Sinne des § 67 Abs. 1 FPG anzusehen. Seit dem 28.03.2019 besteht für ihn weiters ein gültiges Waffenverbot.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft:

2.1. Seit dem 16.03.2020 besteht gegen den BF eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung verbunden mit einem Einreiseverbot für die Dauer von 8 Jahren.

2.2. Am 17.03.2020 wurde vom BFA die Ausstellung eines Heimreisezertifikates seitens der afghanischen Botschaft beantragt.

2.3. Der BF ist haftfähig.

Zum Sicherungsbedarf:

3.1. Der BF ist in der Vergangenheit während des laufenden Asylverfahrens mehrmals untergetaucht und war für die Behörde in diesen Perioden nicht greifbar. Er hat dadurch die Fortführung seines Asylverfahrens qualifiziert behindert bzw. sich dem Verfahren entzogen.

3.2. Er ist nicht vertrauenswürdig.

3.3. Er ist nicht kooperativ.

3.4. Der BF begab sich vom 21.12.2019 bis 22.12.2019 während der Anhaltung in Schubhaft in Hungerstreik.

3.5. Der BF hat bereits zuvor in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Zur familiären/sozialen Komponente:

4.1. Der BF hat in Österreich keine Familienangehörigen und keine engen sozialen Bindungen.

4.2. Der BF geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und weist keine besonderen Integrationsmerkmale auf.

4.3. Er verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung und auch über keinen gesicherten Wohnsitz.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person und zum Verfahrensgang (1.1.-1.9.):

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zur Person des BF ergeben sich im Wesentlichen aus den vorgelegten Verwaltungsakten der Behörde und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts betreffend den ersten Asylantrag (W248 2193826-1), den Folgeantrag (W140 2193826-2) und die Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid (W171 2226662-1). Daraus ergeben sich neben den angeführten Angaben zu den Bescheiden des BFA und den Erkennntnissen des Bundesverwaltungsgerichts auch, dass beim BF die afghanische Staatsangehörigkeit festgestellt wurde.

Im gesamten Verfahren gab es keine Anhaltspunkte für wesentliche Erkrankungen des BF. Auch in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sind diesbezüglich keine Eintragungen vorhanden. Das Gericht geht daher von einem gesunden Beschwerdeführer aus.

Aufgrund der Einsicht in das Strafregister ergibt sich, dass der BF bereits drei Mal in Österreich rechtskräftig verurteilt wurde. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um mehrmalige verschiedene Verstöße gegen die Suchtmittelbestimmungen (SMG) sowie um gefährliche Drohungen im Sinne des StGB. Bemerkt werden darf, dass sich aus den Verurteilungen ersehen lässt, dass der BF wiederholt gleichartige Delikte gesetzt hat und sohin auch durch einschlägige Vorverurteilungen klar ersichtlich dennoch nicht von der weiteren Tatbegehung abgehalten werden konnte. Daraus vermeint das erkennende Gericht eine beim BF bestehenden, nicht unwesentliche kriminelle Energie zu erkennen, zumal der Verkauf von Suchtgift ganz offenbar zu einer wiederkehrenden Einnahmequelle des BF gedient hat. Ausschlaggebend für die Qualifikation des BF als Gefährder der öffentlichen Ordnung und Sicherheit war für das Gericht jedenfalls die Anzahl und die Schwere der vorliegenden Delikte, sowie die Tatsache, dass der BF zuletzt mit einer unbedingten Haftstrafe von einem Jahr bedacht worden ist. Der BF hat durch seine gerichtlich festgestellten Taten ein breites Spektrum verschiedener Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung gesetzt. Er hat klar gezeigt, dass er bis jetzt nur ungenügenden Willen zu rechtskonformem Verhalten entwickeln konnte oder wollte. Für das Gericht besteht daher kein Zweifel daran, dass der BF auch aufgrund der unterschiedlichen Deliktsarten, insbesondere aber durch die wiederholte Begehung von verpönten Suchtgiftdelikten und der wiederholten gefährlichen Drohungen ohne jeden Zweifel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellt. Es war daher auch erforderlich, präventiv ein Waffenverbot auszusprechen.

2.2. Zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft (2.1.-2.3.):

Die Feststellung zu 2.1. ergibt sich aus dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts betreffend das Beschwerdeverfahren zum Folgeantrag auf internationalen Schutz W140 2193826-2.

Die Beantragung eines Heimreisezertifikates bei der afghanischen Botschaft (2.2.) ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

Die bestehende Haftfähigkeit des BF (2.3.) ergibt sich im Wesentlichen aus den Eintragungen in der Anhaltedatei, aus der sich keine Anhaltspunkte für eine Haftuntauglichkeit ergeben haben.

2.3. Zum Sicherungsbedarf (3.1.-3.5.):

Dem Akteninhalt war zu entnehmen, dass der BF während des Asylverfahrens unerlaubt aus einer Sozialeinrichtung fern geblieben ist (Anzeige vom 28.09.2018), als auch eigenmächtig und ohne Anmeldung sich in einem ihm genehmen Asylquartier Unterkunft genommen hat (Anzeige vom 04.01.2018). Der BF war daher in diesen Zeiten nicht für die Behörde greifbar, hat sich dem laufenden Verfahren entzogen bzw. den Fortgang des Verfahrens behindert (3.1.). Die fehlende Vertrauenswürdigkeit (3.2.) des BF ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass er im Zuge seines Asylverfahrens aufgrund seines Verhaltens (die Erfüllung strafrechtlicher Tatbestände) an sich schon nicht als vertrauenswürdig bezeichnet werden kann.

Im Rahmen des Asyl- bzw. Schubhaftvorverfahrens wurde dem BF im Oktober 2019 die Möglichkeit des Parteiengehörs eingeräumt. Ohne nähere Begründung verzichtete der BF auf die Abgabe einer Stellungnahme und behinderte dadurch sowohl den Fortgang des Asylverfahrens, als auch die Ermittlungen im Vorfeld der Schubhaftverhängung. Dieses Verhalten wird seitens des Gerichts als unkooperativ qualifiziert, da eine derartige Verhaltensweise zur Verzögerung des Verfahrens geführt hat.

Dass der BF im Hungerstreik war, ergibt sich aus der Anhaltedatei (3.4.).

Aus dem Akteninhalt ergibt sich weiters, dass der BF zuvor in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat (3.5.).

2.4. Familiäre/soziale Komponente (4.1.-4.3.):

Aus dem Asylakt und dem Akt zum Folgeantrag ergeben sich keine Anhaltspunkte für familiäre oder berufliche Anknüpfungspunkte, keine engen sozialen Bindungen und auch keine Hinweise auf wesentliche integrative Bemühungen des BF in Österreich. Eine nachhaltige Existenzsicherung ist nicht zu erblicken, in der Anhaltedatei sind keine Geldreserven (? 0,--) ausgewiesen. Einer legalen Erwerbstätigkeit zur Erlangung einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht das Fehlen einer diesbezüglichen Bewilligung entgegen.

Das Fehlen eines gesicherten Wohnsitzes ergibt sich im Wesentlichen aus dem Einblick in das zentrale Melderegister. Daraus ist zu ersehen, dass der BF aktuell über keine Meldeadresse außerhalb des Anhaltezentrums verfügt. Mit Ausnahme von sozialen Einrichtungen hat der BF in der Vergangenheit ausschließlich Meldungen an Justizanstalten oder sonstigen Anstalten vorzuweisen. Von einem gesicherten Wohnsitz konnte daher nicht ausgegangen werden.

2.5. Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen:

Von einer Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte im Hinblick auf die geklärte Sachlage Abstand genommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchteil A. - Fortsetzungsausspruch

3.1.1. §§ 76 und 77 Fremdenpolizeigesetz (FPG), § 22a Bas 4 Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten auszugsweise:

Schubhaft (FPG)

"§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

Gelinderes Mittel (FPG)

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

2. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen;

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft (BFA-VG)

§ 22a (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). In einem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das BFA eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) - möglich ist.

3.1.4. Im vorliegenden Fall liegt (nunmehr) eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.1.5. Es wurde bereits ein Heimreisezertifikatsverfahren eingeleitet.

3.1.6. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht, er ist nicht kooperativ und nicht vertrauenswürdig. Im Rahmen seines Asylverfahrens in Österreich ist er bereits mehrmals untergetaucht. Er hält Meldevorschriften nicht ein. Der BF hat auch in Ungarn einen Asylantrag gestellt und sich dem Verfahren entzogen. Der Beschwerdeführer hat während Anhaltung in Schubhaft, obwohl bereits eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag, einen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt, um seine Abschiebung zu verhindern. Der Beschwerdeführer verhält sich auch während seiner Anhaltung in Schubhaft nicht kooperativ. Er ist bereits in Hungerstreik getreten.

Der BF verfügt im Inland über keinerlei berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist aufgrund der fehlenden legalen Erwerbstätigkeit auch nicht als selbsterhaltungsfähig anzusehen. Darüber hinaus waren auch etwaige Integrationsmerkmale in diesem Verfahren nicht erkennbar. Der BF befindet sich nachweislich seit 2016 in Österreich und ist dieser Aufenthalt, wenn er auch durch Haftaufenthalte unterbrochen war, jedenfalls nicht als kurz zu bezeichnen. Es fällt daher bei der Bewertung der Fluchtgefahr jedenfalls insofern ins Gewicht, als für den BF dennoch kein soziales Netz im Inland vorhanden ist, welches ihn vom neuerlichen Untertauchen bewahren könnte.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben.

3.1.7. Darüber hinaus ist die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ebenso gegeben. Betrachtet man die Interessen des BF an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer familiäre Kontakte und andere soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte, die im Rahmen der gerichtlichen und behördlichen Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Der BF hat gegen verwaltungsrechtliche und auch massiv gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Er hat zuvor bereits in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und ist dann nach Österreich weitergereist. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des BF, der keine Angehörigen in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse der Außerlandesbringung des BF. Das Gericht geht daher - wie oben angeführt - von der Verhältnismäßigkeit der Verhängung der Schubhaft aus. Darüber hinaus ist der BF ein mehrfach verurteilter Straftäter und ist dies bei der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft ebenso als evidentes Interesse der Allgemeinheit, den BF außer Landes zu bringen, zu berücksichtigen.

Das Bundesamt hat die Ausstellung eines Heimreisezertifikats sofort nach Eintritt der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung und des Einreiseverbotes bei der afghanischen Botschaft beantragt. Es ist evident, dass das Bundesamt auf eine besonders kurze Anhaltung in Schubhaft hinwirkt.

Die Dauer der Schubhaft ab 16.03.2020 ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Es obliegt dem Beschwerdeführer durch eine Kooperation mit den Behörden und Mitwirkung bei seiner Identitätsfeststellung die Dauer der Schubhaft möglichst kurz zu halten. Die Ausstellung des Heimreisezertifikats scheint derzeit wahrscheinlich.

3.1.8. Wie sich aus der medialen Berichterstattung ergibt, ist der Flugverkehr aus Österreich auf Grund der derzeitigen Pandemie (CoViD-19) weitgehend eingestellt. Die realistische Möglichkeit der Überstellung des BF in seinen Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer der Schubhaft, die im Falle des BF gemäß § 80 Abs. 4 Z 4 FPG 18 Monate beträgt, besteht jedoch aus aktueller Sicht weiterhin. Aus derzeitiger Sicht ist auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit CoViD-19 in einigen Wochen wieder gelockert werden können und Abschiebungen durchführbar sein werden.

3.1.9. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des Gerichts nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung. Die Kriterien, die bereits unter dem Punkt "Sicherungsbedarf" erörtert wurden, zeigen eindeutig, dass eine jederzeitige Erreichbarkeit des Beschwerdeführers nicht mit der erforderlichen Sicherheit gewährleistet wäre. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, der ein evidentes Interesse daran hat, nicht heimkehren zu müssen, nicht abermals für die Behörde unerreichbar sein und nicht wieder erfolgreich untertauchen würde. Der Beschwerdeführer hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach dem Asylverfahren durch Untertauchen erfolgreich entzogen.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.1.11. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.12. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

3.2. Zu Spruchteil B. - Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dies ist der Fall wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Mittellosigkeit öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf strafrechtliche Verurteilung Überprüfung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W180.2226662.2.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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