TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/3 W154 2229825-1

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Veröffentlicht am 03.04.2020
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Entscheidungsdatum

03.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch

W154 2229825-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA.: Russische Föderation, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer stellte am 02.01.2004 im Bundesgebiet seinen ersten Asylantrag.

Mit Bescheid des Bundesasylamts vom 12.05.2004 wurde dem Beschwerdeführer Asyl zuerkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

In den Jahren von 2005 bis 2013 wurde der Beschwerdeführer in Österreich insgesamt sieben Mal vor allem wegen Vermögens- und Suchtmitteldelikten strafgerichtlich verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 15.04.2015 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten aberkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme; unter einem wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt; ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurden dem Beschwerdeführer nicht erteilt. Dem Beschwerdeführer gegenüber wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei; die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Unter einem wurde ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 12.06.2015 ab; mit Erkenntnis vom 24.06.2015 setzte es die Dauer des Einreiseverbots auf sechs Jahre herab.

Am 16.03.2017 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Der Antrag des Beschwerdeführers wurde mit im Instanzenzug ergangenem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.09.2017 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Russland festgestellt.

Am 23.01.2019 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf internationalen Schutz. Auch dieser Antrag des Beschwerdeführers wurde durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 12.03.2019 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen; unter einem wurde dem Beschwerdeführer von Amts wegen kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Innerhalb der Rechtsmittelfrist erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel.

Danach reiste der Beschwerdeführer in die Niederlande aus. Von dort wurde er am 28.08.2019 im Rahmen eines Verfahrens nach der Dublin III-Verordnung nach Österreich rücküberstellt und stellte am selben Tag abermals einen (Folge-)Antrag auf internationalen Schutz.

Aufgrund dreier im Dezember 2015 sowie im Juli und Oktober 2018 verübter Strafhandlungen verurteilte das Landesgericht Wiener Neustadt den Beschwerdeführer am 20.09.2019 wegen der Vergehen des Diebstahls und der versuchten Entwendung gemäß § 127 und § 15 iVm § 141 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten; dieses Urteil erwuchs vier Tage später in Rechtskraft. In Folge verbüßte der Beschwerdeführer die Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Wiener Neustadt.

Am 10.10.2019 fand vor dem BFA eine niederschriftliche Einvernahme zu seinen familiären Beziehungen, seinem Leben im Bundesgebiet sowie den Gründen für eine neuerliche Asylantragstellung statt.

Mit im Anschluss an die Befragung mündlich verkündetem Bescheid hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 den faktischen Abschiebeschutz des Beschwerdeführers auf.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.10.2019, W237 2107198-4/6E, wurde die Rechtmäßigkeit der Entscheidung bestätigt.

Mit Bescheid vom 03.12.2019 ordnete das BFA gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über den Beschwerdeführer an. Die Rechtsfolgen des Bescheides sollten nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Haft eintreten. Der Beschwerdeführer sei nicht behördlich gemeldet und für die Behörde nicht greifbar gewesen und habe sich illegal im Bundesgebiet aufgehalten. Den Verpflichtungen des gelinderen Mittels sei er nicht nachgekommen. Er sei bereits wegen Diebstahls, Körperverletzung, Urkundenunterdrückung, Sachbeschädigung und Verstößen gegen das Waffengesetz und das Suchtmittelgesetz zu mehrjährigen Haftstrafen rechtskräftig verurteilt worden und es bestehe die Gefahr, dass er insbesondere aufgrund seiner Mittellosigkeit erneut straffällig werden. Es bestehe weiters die Gefahr, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung wieder untertauchen und seinen Aufenthalt im Verborgenen fortsetzen werde. Er sei im österreichischen Bundesgebiet weder beruflich noch familiär oder sozial verankert. Es bestehe Sicherungsbedarf und könne aufgrund der hohen Fluchtgefahr kein gelinderes Mittel angeordnet werden. Die Schubhaft sei verhältnismäßig.

Der Beschwerdeführer wurde am 06.12.2019 aus der Strafhaft entlassen und unmittelbar danach in Schubhaft genommen.

Am 23.03.2020 legte das Bundesamt den gegenständlichen Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang wird zu Feststellungen in der gegenständlichen Entscheidung erhoben.

2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation.

Der Beschwerdeführer wurden seitens der Russischen Behörden bereits identifiziert und ein russisches Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer lag bereits vor. Der Beschwerdeführer sollte bereits einmal in seinen Herkunftsstaat abgeschoben werden, befand sich zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft und presste sich durch einen Suizidversuch aus der Schubhaft frei. Das vorliegende Heimreisezertifikat verlor dadurch zwischenzeitlich die Gültigkeit. Dadurch wurde am 07.11.2019 neuerlich ein Heimreisezertifikat beantragt, das Verfahren ist gegenwärtig im Laufen. Die Erlangung eines neuen Heimreisezertifikates erscheint als gesichert.

Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Der Beschwerdeführer wird seit 06.12.2019 durchgehend in Schubhaft angehalten.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor.

3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:

Der Beschwerdeführer ist bereits öfter untergetaucht und hält die behördlichen Meldevorschriften nicht ein.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht erwerbstätig und verfügt lediglich über geringe Barmittel.

Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Er wurde insgesamt fünfmal in Österreich strafgerichtlich verurteilt. Seine letzte Haftstrafe verbüßte er bis 06.12.2019.

Der Beschwerdeführer lebte ansonsten in Grundversorgungsquartieren oder im Haushalt seiner asylberechtigten Schwägerin (der Gattin seines verstorbenen Bruders) und deren Kindern. Im Bundesgebiet leben weiters ein (volljähriger) Bruder des Beschwerdeführers mit seinen Kindern und seiner Ehegattin; zu seinem Bruder hat der Beschwerdeführer Kontakt, wobei die familiären Kontakte jedoch als nicht sehr eng zu betrachten sind. Er hat in Österreich mehrere Freunde und arbeitete einmal als Nebendarsteller bzw. Statist in einer österreichischen Filmproduktion.

Seine Mutter lebt in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny. Der Beschwerdeführer hat einen volljährigen Sohn, der in Deutschland lebt und mit dem er nicht in Kontakt steht.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie in die Gerichtsakten, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, das Strafregister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes den Beschwerdeführer betreffend sowie aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Fremdenregister, aus dem Strafregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführer bereits durch die russischen Behörden identifiziert werden konnte und für ihn bereits einmal ein Heimreisezertifikat ausgestellt werden konnte, weshalb auch die neuerliche Ausstellung eines Heimreisezertifikates als gesichert anzunehmen ist. Eine bereits geplante Abschiebung im Jahr 2018 vereitelte der Beschwerdeführer durch eine Suizidandrohung. Die Anträge des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurden rechtskräftig abgewiesen bzw. wurde ihm der faktische Abschiebeschutz aberkannt. Der Beschwerdeführer ist daher weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Die Feststellungen zur mit Bescheid des Bundesamtes erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme gründen auf den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister, aus dem vorgelegten Bescheid und den Gerichtsakten.

Die Feststellung hinsichtlich der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ergibt sich aus einem Auszug aus der Haftevidenz.

Die Feststellung hinsichtlich der amtlichen Meldung in Österreich ergibt sich aus einer Anfrage zum Zentralen Melderegister.

Die Feststellung zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Auszug aus dem Strafregister.

Die Feststellung hinsichtlich der verfügbaren Barmittel des Beschwerdeführers ergibt sich aus einem Auszug aus der Haftevidenz.

Die Feststellung hinsichtlich der familiären und beruflichen Anbindung des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus der expliziten Aussage des Beschwerdeführers im Verfahren sowie aus den gerichtlichen Vorakten. Die familiären Anbindungen des Beschwerdeführers in Österreich sind jedoch als nicht so eng zu betrachten, als dass sie ihn vom Untertauchen abhalten würden. Zwar sind die Beziehungen zu seinen Verwandten im Bundesgebiet sowie seinen hier lebenden Freunden zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, doch stehen seine mehrfachen strafgerichtlichen Verurteilungen wegen - über den gesamten Zeitraum seines Aufenthalts im Bundesgebiet hinweg gesetzten - Vermögens-, Körperverletzungs- und Suchtmitteldelikten seinen Interessen an einem weiteren Verbleib gravierend entgegen.

Die Feststellung hinsichtlich der Einleitung des Rücküberstellungsverfahrens ergibt sich aus dem Verfahrensakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A. - Fortsetzungsauspruch

3.1. Gesetzliche Grundlagen

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 FPG, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Dauer der Schubhaft

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrechterhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

3.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).

3.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung ist das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Zur Sicherung der Abschiebung kommt Schubhaft darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Dem Beschwerdeführer wurde bereits einmal ein Heimreisezertifikat seitens der Russischen Föderation ausgestellt. Eine Abschiebung zum damaligen Zeitpunkt hat der Beschwerdeführer jedoch vereitelt. Es wurde nunmehr ein weiteres Heimreisezertifikatsverfahren eingeleitet, mit der Ausstellung in absehbarer Zeit ist gegenwärtig zu rechnen. Sobald ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer ausgestellt wird, kann zeitnah eine Abschiebung des Beschwerdeführers erfolgen.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.

Der Beschwerdeführer hat sich bereits einmal einem gelinderen Mittel entzogen. Der Beschwerdeführer ist bereits mehrfach untergetaucht und hat sich vor den Behörden verborgen gehalten. Er hat sich auch durch einen Suizidversuch aus der Schubhaft freigepresst und somit seine Abschiebung vereitelt. (§ 76 Abs 3 Z 1 FPG).

Gegen den Beschwerdeführer besteht eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme (§ 76 Abs 3 Z 3 FPG).

Des Weiteren wurde dem Beschwerdeführer der faktische Abschiebeschutz hinsichtlich seines Asylfolgeantrages aufgehoben (§ 76 Abs 3 Z 4 FPG).

In Österreich befinden sich zwar Familienangehörige des Beschwerdeführers. Es sind die Beziehungen zu seinen Verwandten im Bundesgebiet sowie seinen hier lebenden Freunden zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, doch stehen seine mehrfachen strafgerichtlichen Verurteilungen wegen - über den gesamten Zeitraum seines Aufenthalts im Bundesgebiet hinweg gesetzten - Vermögens-, Körperverletzungs- und Suchtmitteldelikten seinen Interessen an einem weiteren Verbleib gravierend entgegen (vgl. auch VwGH 08.02.1996, 95/18/0009, wonach das wiederholte Fehlverhalten eines Fremden eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit bewirkt und derart schwerwiegend sein kann, dass selbst die stark ausgeprägten privaten und familiären Interessen eines Fremden, der seit elf Jahren in Österreich lebt und dessen Kinder im Bundesgebiet bei seiner geschiedenen Gatten leben, zurücktreten müssen).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach. (§ 76 Abs 3 Z 9 FPG).

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3, 4 und 9 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mehrfach strafgerichtlich verurteilt, wodurch § 76 Abs. 2a FPG als erfüllt anzusehen ist.

Einer legalen Erwerbstätigkeit geht der Beschwerdeführer in Österreich nicht nach.

Das Bundesamt hat nach Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes umgehend ein weiteres Heimreisezertifikatsverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet, das gegenwärtig im Laufen ist. Die nochmalige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ist dem Beschwerdeführer selbst zuzuschreiben, hat er doch bereits einmal seine Abschiebung erfolgreich vereitelt.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er sich behördlichen Verfahren entzieht und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.

Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

Bei einer im Sinne des § 80 Abs. 4 Z. 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten scheint die Aufrechterhaltung der seit 06.12.2019 bestehenden Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft verhältnismäßig.

Auch die derzeit vorliegende Pandemielage, ändert nichts an der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung, da gegenwärtig mit einer Aufhebung der derzeitigen Flugeinschränkungen binnen weniger Wochen zu rechnen ist und von einer baldigen Abschiebung des Beschwerdeführers nach Abschluss des Verfahrens zur (nochmaligen) Erlangung eines Heimreisezertifikates auszugehen ist (s. dazu VwGH vom 01.04.2020, Ra 2020/21/0116-3).

Es liegen daher die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft auch unter diesem Gesichtspunkt weiterhin vor.

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung kann auf Grund der fehlenden finanziellen Mittel des Beschwerdeführers nicht zur Anwendung kommen. Aber auch die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann bereits auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht. Der Beschwerdeführer hat sich bereits einmal der Anordnung aus einem gelinderen Mittel entzogen.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

Zu Spruchpunkt B. - Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen, war die Revision daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf strafrechtliche Verurteilung Überprüfung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W154.2229825.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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