TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/3 W150 2220811-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.04.2020
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Entscheidungsdatum

03.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W150 2220811-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Klein als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX , geb. XXXX 1977, StA: Ägypten, alias XXXX , geb. XXXX 1975, staatenlos (Palästinenser), alias XXXX , geb. XXXX 1975, staatenlos (Palästinenser), alias XXXX , geb. XXXX 1976, StA: Ägypten, alias XXXX , geb. XXXX 1975, StA: Ägypten, alias XXXX , geb. XXXX 1975, StA: Irak, alias XXXX , geb. XXXX 1975, StA: Israel, alias XXXX , geb. XXXX 1975, staatenlos (Palästinenser), alias XXXX , geb. XXXX 1975, staatenlos (Palästinenser), alias XXXX , geb. XXXX 1975, staatenlos (Palästinenser), alias XXXX , geb. XXXX 1975, staatenlos (Palästinenser), alias XXXX , geb. XXXX 1975, staatenlos (Palästinenser), alias XXXX , geb. XXXX 1975, staatenlos (Palästinenser), alias XXXX , geb. XXXX 1985, StA: unbekannt, alias XXXX , geb. XXXX 1975, StA: Israel, alias XXXX , geb. XXXX 1975, staatenlos (Palästinenser), im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: "BF") reiste spätestens am 09.04.2018 in das Bundesgebiet ein und stellte an diesem Tage einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 27.11.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 09.04.2018 zur Gänze abgewiesen, es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft festgelegt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Der BF hatte spätestens am 19.09.2018 seinen letzten Wohnsitz aufgegeben ohne dem BFA eine neue Abgabestelle bekanntzugeben.

3. Am 08.12.2018 wurde über den BF wegen des Verdachtes der Vorbereitung des Suchtgifthandels und des unerlaubten Umganges mit Suchtgift die Untersuchungshaft verhängt, in welcher er bis zum 28.01.2019 verblieb.

4. Der BF wurde am 19.06.2019 festgenommen, einvernommen und über diesen mit Bescheid des BFA die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung verhängt. Gegen diesen Bescheid erhob der BF innerhalb offener Frist Beschwerde an das BVwG, welches diese nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.07.2019 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abwies (W250 2220811-1) und weiters feststellte, dass die zur Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen (und den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenzuspruch abwies hingegen diese verpflichtete, dem Bund seine Aufwendungen zu ersetzen sowie die Revision für nicht zulässig erklärte).

Das Bundesverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

"1. Feststellungen

1. Zur Person des BF und den Voraussetzungen der Schubhaft

1.1. Der BF verfügt über keine Dokumente, die seine Identität bescheinigen, insbesondere verfügt er über kein Reisedokument. Er gibt an, Staatsangehöriger von Ägypten zu sein, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Der BF ist in Österreich unbescholten.

1.2. Der BF ist gesund und nimmt keine Medikamente ein.

1.3. Der BF wird seit 19.06.2019 in Schubhaft angehalten.

1.4. Am 17.07.2019 wird der BF einer Delegation der ägyptischen Vertretungsbehörde vorgeführt werden. Von der ägyptischen Vertretungsbehörde werden grundsätzlich Heimreisezertifikate ausgestellt.

2. Zu den Voraussetzungen der Schubhaft, zum Sicherungsbedarf und zur Fluchtgefahr

2.1. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 27.11.2018 wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung getroffen, dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Es liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

2.2. Der BF hat spätestens am 19.09.2018 seinen letzten dem Bundesamt bekannten Wohnsitz aufgegeben, ohne dem Bundesamt eine neue Abgabestelle bekannt zu geben. Dadurch hat er sich dem Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz entzogen.

2.3. Der am 27.05.2019 erlassene Festnahmeauftrag des Bundesamtes konnte nicht vollzogen werden, da der BF an der von ihm genannten Abgabestelle tatsächlich nicht aufhältig war und bis auf ein Mal, zu Beginn der Namhaftmachung dieser Adresse, nicht kontrolliert hat, ob Schriftstücke für ihn hinterlegt wurden. Der BF ist untergetaucht und hat dadurch seine Abschiebung erschwert.

2.4. Der BF hält sich seit dem Jahr 2005 unrechtmäßig im Schengenraum sowie in Großbritannien auf. Er ist mehrfach unrechtmäßig zwischen den Staaten des Schengenraumes sowie Großbritannien gereist, auch seine Einreise nach Österreich erfolgte unrechtmäßig.

2.5. Der BF hat während seines Aufenthaltes im Schengenraum sowie in Großbritannien unterschiedliche Identitätsdaten seinen Namen, sein Geburtsdatum sowie seine Staatsangehörigkeit betreffend angegeben um seine Abschiebung zu verhindern. Auch in Österreich nannte er bei seinem Aufgriff sowie in seinem Asylverfahren unterschiedliche Identitätsdaten. Er hat bisher keine Dokumente, die seine Identität bescheinigen, vorgelegt. Dadurch erschwert der BF seine Abschiebung.

2.6. Der BF hat das Bundesamt am 19.06.2019 aufgesucht ohne in Kenntnis der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung zu sein.

3. Familiäre und soziale Komponente

3.1. In Österreich leben keine Familienangehörigen des BF. Seine sozialen Kontakte haben es ihm bisher ermöglicht, unangemeldet in Österreich Unterkunft zu nehmen und unterzutauchen.

3.2. Der BF geht in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, er hat kein Einkommen und kein zur Sicherung seines Lebensunterhaltes ausreichendes Vermögen.

3.3. Der BF verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Akt des Bundesamtes und dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus dem vom BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck. Einsicht genommen wurde in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister,

in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres sowie in das Zentrale Melderegister.

Insbesondere ist es dem BF im Rahmen der Verhandlung nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass er nicht untergetaucht ist. Aus seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung ergibt sich eindeutig, warum ihm an seiner zuletzt bekannt gegebenen Abgabestelle weder ein Schriftstück zugestellt werden konnte, er an dieser Adresse nicht festgenommen werden konnte und dort auch niemand zu seiner Person eine Auskunft geben konnte. Er war weder regelmäßig an dieser Adresse aufhältig noch kontrollierte er, ob er Post erhalten hat.

Dem BF ist es auch nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass er hinkünftig mit der Behörde kooperieren werde. So räumte er bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 19.06.2019 ein, dass er in Kenntnis seiner Ausreiseverpflichtung unrechtmäßig ohne Reisedokument in einen anderen Staat ausgereist wäre, so wie er es bereits in den letzten 14 Jahren gemacht habe. Dass er in Kenntnis der durchsetzbaren Rückkehrentscheidung freiwillig das Bundesamt aufgesucht hätte, konnte der BF durch seine Aussage in der mündlichen Beschwerdeverhandlung und insbesondere durch den von ihm in der mündlichen Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck nicht glaubhaft machen. So gab er in der mündlichen Verhandlung an, von seiner Ausreiseverpflichtung gewusst zu haben. Dies ist aber nicht glaubhaft, da bei seiner Vorsprache bei der Diakonie keine Auskunft über den Verfahrensstand gegeben werden konnte und er die Bescheide nicht kannte. In der Einvernahme vom 19.06.2019 gab der BF auch die Bescheide nicht zu kennen. In der mündlichen Verhandlung gab er mehrfach an, wegen einer offenen Rechtsmittelfrist das Bundesamt aufgesucht zu haben. Dass er Kenntnis von seiner Ausreiseverpflichtung hatte, ergibt sich daraus nicht, weshalb die entsprechende Feststellung getroffen werden konnte.

3. Rechtliche Beurteilung

Zu I.

Der BF besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft, er ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Verhängung der Schubhaft über den BF grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung bestimmter Verfahren oder der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Mit der Abschiebung des BF im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft war insofern zu rechnen, als bereits eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare Rückkehrentscheidung vorlag und ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet war. Da somit die rechtlichen Voraussetzungen für die Abschiebung des BF im Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft vorlagen, kam die Verhängung der Schubhaft über den BF grundsätzlich in Betracht.

Das Bundesamt geht auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG vom Vorliegen einer Fluchtgefahr aus.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Der vom Bundesamt am 27.05.2019 erlassene Festnahmeauftrag konnte nicht vollzogen werden, da der BF an der von ihm genannten Zustelladresse nicht angetroffen werden konnte und auch sonst keine Anhaltspunkte zu seinem Aufenthaltsort erhoben werden konnten. Der BF war untergetaucht und hat sich damit seiner Abschiebung entzogen und diese damit zumindest erschwert. Auch aus dem Umstand, dass der BF bisher verschiedene Identitätsdaten angegeben hat und keinerlei Unterlagen zur Bescheinigung seiner Identität vorgelegt hat ergibt sich eine Erschwerung der Abschiebung. Der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 1 FPG ist daher erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021). Gegen den BF liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Seinem Asylverfahren hat er sich entzogen, da er seinen Wohnsitz in dem ihm zur Verfügung gestellten Grundversorgungsquartier aufgegeben hat, ohne dem Bundesamt eine neue Zustelladresse bekannt zu geben. Es ist daher auch der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z. 3 FPG erfüllt.

Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 9 FPG sind bei Beurteilung der Fluchtgefahr der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen. Der BF verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen. Er übt keine legale Erwerbstätigkeit aus und besitzt keine ausreichenden finanziellen Mittel oder einen eigenen gesicherten Wohnsitz. Es ergeben sich daher keine Umstände, die gegen das Vorliegen von Fluchtgefahr sprechen.

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich daher, dass die Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG erfüllt sind. Das Bundesamt ist daher zu Recht von Fluchtgefahr ausgegangen. Dem Vorbringen des BF in seiner Beschwerde es liege keine Fluchtgefahr vor, war daher nicht zu folgen. So gehen seine Ausführungen, er habe im Asylverfahren mitgewirkt ins Leere, da er trotz in der Einvernahme vom 16.08.2019 bekundeter Bereitschaft Unterlagen zum Nachweis seiner Identität vorzulegen diese nicht vorgelegt hat sondern im Gegenteil untergetaucht ist und sich damit seinem Asylverfahren entzogen hat.

Das Bundesamt ist auch zur Recht von Sicherungsbedarf ausgegangen. Der BF hält sich seit mittlerweile 14 Jahren unrechtmäßig auf dem Gebiet des Schengenraumes sowie Großbritanniens auf. Er ist mehrfach unrechtmäßig zwischen diesen Staaten gereist und hat unterschiedliche Identitätsdaten angegeben, um seine Abschiebung zu verhindern. Auch in Österreich hat er verschiedene Identitätsdaten angegeben. Noch in seiner Einvernahme durch das Bundesamt am 16.08.2018 hat er angekündigt, seinen Reisepass sowie weitere Dokumente, die seine Identität bescheinigen, vorzulegen. Anstatt diese Unterlagen tatsächlich vorzulegen hat der BF sein Grundversorgungsquartier verlassen und ist untergetaucht.

Auf Grund der familiären und sozialen Situation des BF ist die Anordnung der Schubhaft verhältnismäßig.

Auch der Gesundheitszustand steht der Anhaltung in Schubhaft nicht entgegen und hat das Bundesamt seiner Verpflichtung, die Schubhaft so kurz als möglich aufrechtzuerhalten insofern Rechnung getragen, als bereits am 01.04.2019 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF bei der Vertretungsbehörde Ägyptens eingeleitet wurde und ein Vorführungstermin am 17.07.2019 organisiert wurde.

Ein gelinderes Mittel kam zu Recht nicht zur Anwendung, da auf Grund des bisherigen Verhaltens des BF nicht damit zu rechnen ist, dass er diesem nachkommen werde. So hat der BF bereits mehrfach gegen die ihn treffenden fremdenrechtlichen Verpflichtungen verstoßen. Der BF wurde am 16.08.2018 vom Bundesamt unter Beiziehung eines Dolmetschers ausdrücklich darüber belehrt, dass er bei einem Wohnsitzwechsel das Bundesamt zu verständigen hat. Trotz dieser Belehrung ist er untergetaucht. Der BF wurde am 16.08.2018 weiters darüber belehrt, dass er ausschließlich im Bundesland, in dem ihm ein Grundversorgungsquartier zugewiesen wurde, einen Wohnsitz begründen darf. Trotzdem hat der BF das Bundesland des ihm zugewiesenen Grundversorgungsquartieres verlassen. Noch bei seiner Einvernahme am 19.06.2019 gab der BF vor dem Bundesamt an, dass er in Kenntnis seiner Ausreiseverpflichtung unrechtmäßig aus Österreich ausgereist wäre, da er nicht nach Ägypten wolle. Auch im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte auf Grund des vom BF gewonnenen persönlichen Eindruckes kein Anhaltspunkt dafür gefunden werden, dass er einem gelinderen Mittel angesichts seines bereits seit 14 Jahren unrechtmäßigen Aufenthaltes in Europa tatsächlich nachkommen werde. Insbesondere ist sein freiwilliges Erscheinen beim Bundesamt nicht geeignet, auf eine Kooperationsbereitschaft des BF zu schließen, da er das Bundesamt zu einem Zeitpunkt aufgesucht hat, in dem ihm nicht bewusst war, dass sein Asylverfahren bereits negativ abgeschlossen war und gegen ihn eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorlag. Den Ausführungen des BF in seiner Beschwerde, mit der Anordnung eines gelinderen Mittels hätte das Auslangen gefunden werden können, war daher nicht zu folgen.

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher auch eine "ultima ratio" dar, da sowohl ein Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt hätte. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des BF zu gewährleisten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG abzuweisen.

Zu II.

Der BF befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z. 1, 3 und 9 FPG weiterhin Fluchtgefahr vorliegt.

Aus den oben zu Spruchpunkt I. dargelegten Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen."

5. Aus der Schubhaft wurde der BF aufgrund eines Festnahmeauftrages der Staatsanwaltschaft Wien vom 14.08.2019 wegen des Verdachtes des Suchtgifthandels am 20.08.2019 überstellt und in weiterer Folge über den BF die Untersuchungshaft verhängt.

6. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11.09.2019, 063E Hv 18/19f, wurde der BF wegen der Vergehen der Vorbereitung des Suchtgifthandels (§ 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG) und des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften (§ 27 Abs.1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2) zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten (bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von drei Jahren) rechtskräftig verurteilt.

7. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 23.09.2019, 066E Hv 34/19f, wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels (§ 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG) und der Vergehen der Vorbereitung des Suchtgifthandels (§ 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG) und des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften (§ 27 Abs.1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2) zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten (davon 10 Monate bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von drei Jahren) rechtskräftig verurteilt. Das Gericht hielt dabei fest, dass mehrere Angriffe in einem Zeitraum vom 28.01.2019 bis 15.06.2019 stattfanden und nahm in der Strafzumessung als erschwerend auch den Umstand an, dass Tatbegehungen auch während des anhängigen Strafverfahrens erfolgten.

8. Der BF verbüßte seine Strafhaft bis zum 29.11.2019. Währenddessen wurde der BF vom BFA am 22.11.2019 einvernommen. Mit Bescheid vom 26.11.2019 erließ das Bundesamt neuerlich eine Rückkehrentscheidung gegen den BF, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig sei, keine Frist für die freiwillige Ausreise, gewährt und einer allfälligen Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die Aufschiebenden Wirkung aberkannt. Zudem wurde ein Einreiseverbot in der Dauer von acht Jahren erlassen. Dieser Bescheid wurde am gleichen Tage zugestellt, er wurde vom BF nicht in Beschwerde gezogen und erlangte Rechtskraft.

9. Mit Bescheid vom 29.11.2019, Zahl: 1187067109 - 191223387 / BMI-BFA_BGLD_RD ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über den BF an.

Das BFA begründete seine Entscheidung wie folgt:

"Verfahrensgang

- Sie reisten spätestens am 09.04.2018 ins Bundesgebiet ein und stellten am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen wurde.

Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Ägypten abgewiesen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten zulässig ist.

Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrug die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Die Entscheidung erwuchs mit 02.01.2019 in Rechtskraft.

- Am 27.03.2019 wurde ein HRZ-Verfahren mit Ägypten gestartet.

- Da Sie sich dem Zugriff der Behörde durch Untertauchen entzogen haben, wurde am 27.05.2019 ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs. 3 Z2 BFA-VG erlassen. Nach Festnahme am 19.06.2019 wurde über Sie mittels Mandatsbescheid vom 19.06.2019 gem. § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

- Am 24.07.2019 erfolgte ein Interview bei der ägyptischen Botschaft, wobei eine eindeutige Klärung durch den Botschafter nicht möglich war und eine Abklärung in Kairo noch im Laufen ist.

- Am 20.08.2019 um 10:00 Uhr wurde Sie aus der Schubhaft von Beamten der der österreichischen Bundespolizei wegen des Verdachtes des Suchtgifthandels festgenommen und im Anschluss in die Justizanstalt Wien Josefstadt eingeliefert.

- Am 11.10.2019 wurden Sie mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien Zahl 066 Hv 34/19f, nach den §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall, 28 Abs. 1 zweiter Fall und 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 (fünfzehn) Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Absatz 3 StGB wurde ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Monaten unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von 3 (drei) Jahren bedingt nachgesehen. Das Urteil erlangte mit 23.09.2019 die Rechtskraft.

- Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.11.2019 wurde Ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt.

Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.

Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten zulässig ist.

Gemäß § 55 Absatz 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt.

Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen Sie ein auf die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Diese Entscheidung wurde Ihnen mit 29.11.2019 persönlich zugestellt und durchsetzbar.

- Sie wurden am 29.11.2019 zur möglichen Schubhaftverhängung einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

[...]

V: Ihnen werden die Anwesenden vorgestellt und der Zweck und Ablauf der Einvernahme erläutert. Sie wurden am heutigen Tage um 08:00 aus der Strafhaft entlassen und in das PAZ Eisenstadt überstellt. Gegen Sie besteht eine - seit 02.01.2019- rechtskräftige Rückkehrentscheidung. Des Weiteren wird Ihnen der Bescheid des BFA vom 25.11.2019 bezgl. Einer neuerlichen Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot übergeben.

Zur Prüfung dieses Sachverhaltes sind Sie, auch in Ihrem Interesse einer möglichsten Vermeidung von Eingriffen in Ihre Rechte, zur mitwirkenden Klärung des Sachverhaltes verpflichtet und haben die Möglichkeit das Parteiengehör wahrzunehmen.

A: Ich habe verstanden.

F: Fühlen Sie sich gesund und frei von Beeinträchtigungen? Können Sie der Einvernahmen folgen?

A: Ich bin gesund, ich nehme keine Medikamente.

F: Sind Sie im gegenständlichen Verfahren vertreten?

A: Nein.

F: Wie ist die Verständigung mit dem Dolmetsch?

A: Sehr gut.

F: Welche Sprachen sprechen Sie?

A: Ich spreche Arabisch, das ist meine Muttersprache, Englisch, Französisch und Italienisch.

Ich habe 2 Jahre in England, 5 Jahre in Frankreich und 4 Jahre in Italien gelebt. Ich habe dort illegal gelebt.

Sie verfügen über keinen Aufenthaltstitel in Österreich. Sie reisten spätestens am 09.04.2018 ins Bundesgebiet ein und stellten am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.11.2018 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, abgewiesen wurde.

Gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Ägypten abgewiesen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Es wurde gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Ägypten zulässig ist.

Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrug die Frist für Ihre freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Die Entscheidung erwuchs mit 02.01.2019 in Rechtskraft. Sie halten sich somit nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf und sind verpflichtet in Ihre Heimat zurückzukehren.

Desweiteren wurde mit Bescheid des BFA vom 25.11.2019 gegen Sie eine weitere Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem die Dauer von 8 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Der Bescheid wird Ihnen nun persönlich zugestellt und ist somit durchsetzbar.

F: Haben Sie alles verstanden?

A: Ja, mir wurde vom Richter aufgetragen das Land nicht zu verlassen. Wenn ich jetzt ein Schreiben bekomme, dass ich das Land verlassen darf, bin ich natürlich bereit dazu.

F: Haben Sie ein gültiges Reisedokument?

A: Nein.

F: Wie wollen Sie dann das Land verlassen?

A: Genau wie ich hergekommen bin, ich bin seit 14 Jahren in Europa und brauchte nie ein Reisedokument.

V: Sie werden nochmals aufgefordert Ihre wahre Identität und die Daten zu Ihrer Person anzugeben und auf die Mitwirkungspflicht und die Folgen einer Nichtmitwirkung am Verfahren hingewiesen! (Aufklärung erfolgte)

A: XXXX , XXXX 1977 in XXXX /Ägypten geb., ägypt. Staatsangehöriger, ledig, keine Sorgepflichten, Beruf: Lehrer, Schulbildung: 12 Jahre Grundschule und 4 Jahre XXXX Universität in XXXX Mutter: XXXX , 1949 geboren, Vater: XXXX , bereits ca. XXXX verstorben; Anschrift im Heimatland: XXXX , keine nähere Anschrift.

Ich habe einen Bruder, XXXX in Frankreich. Mein XXXX lebt in Ägypten. Dann habe ich noch drei Schwestern, XXXX , sie leben in Ägypten.

F: Haben Sie Kontakt zu Ihren Angehörigen in der Heimat und wie oft?

A: Nein, bereits seit 10 Jahren habe ich keinen Kontakt.

F: Wovon haben Sie in Ihrer Heimat gelebt?

A: Ich habe nur 6 Monate gearbeitet, mein Vater hat mein Leben finanziert.

F: Haben Sie Dokumente, die Ihre Identität bestätigen?

A: Nein, hier nicht.

F: Wo haben Sie Ihre Dokumente?

A: Bei meinen Freunden in Italien, da ist mein ägyptischer Reisepass.

F: Können Sie sich diesen besorgen?

A: Nein, ich habe keinen Kontakt mit den Freunden.

F: Sie waren bereits bei einem Interview der ägyptischen Botschaft und konnte nicht mit Sicherheit bestätigt werden, dass Sie ägyptischer Staatsangehöriger sind. Was sagen Sie dazu?

A: Was soll ich dazu sagen? (VP zuckt mit der Schulter)

F: In unserem Akt ist vermerkt, dass Sie einen Cousin namens XXXX , XXXX 1989 geb., haben. Dieser hat auch einen Asylantrag in Österreich gestellt. Was sagen Sie dazu?

A: Das ist kein Verwandter, wir haben nur gemeinsam einen Asylantrag gestellt. Ich hab das nie gesagt.

F: Ihr Cousin hat angegeben algerischer Staatsangehöriger zu sein. Sind Sie auch algerischer Staatsangehöriger?

A: Möglich, warum nicht?

V: Sie werden auf die Mitwirkungspflicht hingewiesen und wird von der Behörde festgestellt, dass Sie nicht am Verfahren mitwirken, indem Sie versuchen Ihre Identität zu verschleiern. Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe nichts dazu zu sagen.

F: Weiters hatten Sie von 04.10.2018 - 09.12.2018 keine Meldeadresse. Wo haben Sie sich in dieser Zeit aufgehalten?

A: In der XXXX , im 5. Bezirk, gemeinsam mit Freunden, da haben sie ein Bett vermietet.

F: Wo haben Sie während Ihrer Obdachlosenmeldung von 05.02.2019 - 19.06.2019 gelebt?

A: Auch in der gleichen Unterkunft. Ich war auch im Caritasheim in der XXXX im 12. Bezirk.

F: Haben Sie Österreich seit der Asylantragstellung verlassen?

A: Nein.

V: Es ist Ihnen möglich über eine gewisse Zeit im Untergrund zu leben. Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe Asylantrag gestellt und habe nur 40 Euro bekommen, ich hatte nicht einmal Geld für meine Zigaretten. Ich war an einem abgelegenen Ort und das hat mir Stress gemacht, deswegen habe ich das verlassen. Manchmal habe ich als Pizzakoch gearbeitet, damit ich mein Leben finanzieren kann.

F: Wie viel Barmittel besitzen Sie derzeit?

A: ? 60,--

F: Haben Sie ein Bankkonto in Österreich?

A: Nein.

F: Sind Sie in Österreich kranken- und sozialversichert?

A: Nein.

F: Haben Sie Familienangehörige in Österreich?

A: Nein, nur Freunde.

F: Wovon leben Sie in Österreich?

A: Von Gelegenheitsarbeiten.

F: Nachdem eine Verpflichtung Ihrerseits besteht, das Bundesgebiet zu verlassen, wie wollen Sie in Ihre Heimat zurückkehren?

A: Wie ich hergekommen bin.

Anmerkung: Die VP wird über die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise aufgeklärt.

A: Ich überleg es mir.

V: Es besteht geben Sie eine seit heute durchsetzbare Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot, Sie wurden in Österreich straffällig, waren längere Zeiträume nicht gemeldet und verfügen aktuell über keine Meldung im Bundesgebiet. Durch Ihr persönliches Verhalten ist ein Grundinteresse der Gesellschaft massiv verletzt. Es besteht ein öffentliches Interesse an Ihrer überwachten Ausreise. Sofern ein Ersatzdokument ausgestellt wird haben Sie mit der Abschiebung zu rechnen.

Aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens muss davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Mal untertauchen werden und sich daher erfolgreich der drohenden Abschiebung zu entziehen versuchen werden.

Sie werden zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen und wird Ihnen ein Schubhaftbescheid zugestellt.

Es wird Ihnen mitgeteilt, dass von Amts wegen eine Rechtsberatungsorganisation verständig werden wird, da gegen Sie ein Schubbescheid erlassen wird.

Bei Verhängung der Schubhaft können Sie kostenlos eine Rechtsberatung in Anspruch nehmen und wird die zuständige Stelle heute noch verständigt werden.

Es wird Ihnen eine Organisation zugewiesen und erfolgt eine Verständigung in schriftlicher Form, welche Organisation Sie kontaktieren wird.

Aufgrund des Sachverhaltes wird gegen Sie ein Schubbescheid erlassen.

F: Haben sie alles verstanden? Wollen sie noch etwas hinzufügen?

A: Ich habe das verstanden.

V: Sie werden darauf hingewiesen, dass Sie allfällige dringliche persönliche Verfügungen unverzüglich zu treffen haben.

A: In Ordnung.

V: Es wird von der Behörde auch noch ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit der algerischen Botschaft geführt. Sie werden nochmals auf die Mitwirkungspflicht hingewiesen, um die Behörde bei der Erlangung eines Heimreisezertifikates zu unterstützen und aufgefordert die Formblätter für die algerische Botschaft auszufüllen.

Anmerkung: Die Formblätter werden von der VP ausgefüllt.

[...]

- Mit Verfahrensanordnung vom heutigen Tag wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Beweismittel

( Von Ihnen vorgelegte Beweismittel:

- keine

( Weitere von der Behörde herangezogene Beweismittel:

- Es wurden alle in Ihrem Akt Zl. 1187067109 befindlichen Beweismittel sowie Ihre Befragungs- und Einvernahmeprotokolle herangezogen und gewürdigt.

Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

- Ihre Identität und Ihre Nationalität stehen nicht fest.

- Festgestellt wird, dass Sie nicht österreichischer Staatsbürger sind.

- Festgestellt wird, dass keinerlei Beziehungen und Bindungen zu Österreich bestehen.

- Festgestellt wird, dass Sie gesund sind und keine Medikamente nehmen.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

- Sie verfügen über keinen Aufenthaltstitel in Österreich und halten sich somit unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

- Sie wurden in Österreich straffällig und von einem österreichischen Gericht rechtskräftig verurteilt.

- Gegen Sie besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Aufgrund des Vorliegens der weiteren für eine Abschiebung erforderlichen Voraussetzungen werden Sie zur Ausreise verhalten werden.

- Sie sind in Österreich nicht gemeldet.

- Seit 19.06.2019 befinden Sie sich in Haft.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

- Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie straffällig wurden.

- Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren.

- Sie haben sich bereits dem Verfahren durch Untertauchen entzogen.

- In Österreich gehen Sie keiner legalen Beschäftigung nach.

- Sie haben in Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz.

- Sie haben in Ihren Verfahren bereits mehrere Identitäten angegeben und auch in der Einvernahme nicht zur Klärung Ihrer wahren Identität beigetragen.

- Festgestellt wird daher, dass aufgrund Ihres gesamten Verhaltens die Überwachung Ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit notwendig ist.

- Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

- Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand, verweigerten Sie die Ausreise aus Österreich. Stattdessen tauchten Sie unter und wurden darüber hinaus straffällig.

- Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

- Festgestellt wird, dass Sie sich erst seit spätestens 09.04.2018 in Österreich aufhalten.

- Festgestellt wird, dass Sie keine familiären Beziehungen in Österreich haben.

- Festgestellt wird, dass Sie in Österreich weder beruflich noch sozial verankert sind.

- Festgestellt wird, dass Sie über keine engen Bindungen und über keinen Wohnsitz in Österreich verfügen.

Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihrer Verwaltungsakte zur Zl. 1187067109.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder um die Abschiebung zu sichern. Für die Anordnung der Schubhaft muss Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit vorliegen.

Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt gemäß § 76 Abs. 5 FPG die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen, dieser ist gem. § 57 AVG zu erlassen, es sei denn der Fremde befindet sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gem. § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Die Schubhaft dient der Sicherung der angeführten Verfahren bzw. der Sicherung der Abschiebung. Zur Prüfung der Fluchtgefahr ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt insbesondere auch dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.2.2007, 2006/21/0311). Von einer Anordnung der Schubhaft ist Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist. So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06). In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigten,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen eines aufrechten Einreiseverbots, eines aufrechten Aufenthaltsverbots oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen zur Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auch ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an der baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit überwiegt.

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Sie sind verpflichtet, Österreich zu verlassen. Sie halten sich illegal im österreichischen Bundesgebiet auf. Gegen Sie ist eine Rückkehrentscheidung durchsetzbar. Es ist begründet davon auszugehen, dass Sie sich, auf freiem Fuß belassen, weiteren behördlichen Maßnahmen zu entziehen suchen werden. Sie wurden straffällig und diesbezüglich von einem österreichischen Gericht rechtskräftig verurteilt. Sie haben keine Bindungen in Österreich und haben in Österreich von Schwarzarbeit gelebt. Sie waren bereits im Verfahren für die Behörde nicht greifbar und hatten über zeitweise keine ZMR Meldung. Seit 01.05.2019 haben Sie keinen Wohnsitz inne. In der Einvernahme zur Schubhaft vom 29.11.2019 gaben Sie weiters an, dass Sie sich bereits seit 14 Jahren illegal in verschiedensten EU-Ländern aufgehalten hätten. Näher zu Ihrer Staatsangehörigkeit befragt, gaben Sie an, dass es auch möglich wäre, dass Sie algerischer Staatsangehöriger wären. Sie versuchen Ihre Identität zu verschleiern, mit der Absicht das Verfahren zu behindern bzw. zu verschleppen. Darüber hinaus stellten Sie auch in Aussicht das Land auch ohne Reisedokument wieder illegal zu verlassen.

Ein Sicherungsbedarf ist in Ihrem Fall dringend notwendig und ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.

Die Sicherung der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).

Sie wurden am 23.09.2019 vom LG für Strafsachen Wien nach den §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall, 28 Abs. 1 zweiter Fall und 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 (fünfzehn) Monaten verurteilt.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

Sie haben in der Einvernahme vom 29.11.2019 angegeben gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen. Zudem ist weiters davon auszugehen, dass Ihre Haftfähigkeit bereits durch die Justiz im Zuge der Untersuchungs- beziehungsweise der Strafhaft festgestellt wurde.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

10. Am 29.11.2019 wurde der BF aus der Strafhaft entlassen und zur Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen und 4 Stunden (VSTV/919301936443/2019, LPD B) in das PAZ Eisenstadt überstellt, wo er bis zum 03.12.2019 verblieb und anschließend sogleich in die Schubhaft in das PAZ Wien überstellt wurde.

11. Am 27.03.2020 legte das Bundesamt den gegenständlichen Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht vor. Aus der Vorlage ergab sich, dass der BF (nach wie vor) an der Identitätsfeststellung nicht mitwirkt, sondern diese sogar behindert. Die Behörde hätte mittlerweile zwei weitere HRZ-Verfahren gestartet (Algerien und Tunesien). Die Schubhaft sei nach wie vor notwendig, um die für die Abschiebung notwendige Ausstellung des erforderlichen Reisedokumentes zu erlangen.

12. Eine fm. Nachfrage bei der Verfahrensführenden BFA RD Burgenland ergab, dass aktuell mit Ägypten, Algerien und Tunesien Verfahren zur Erlangung eines HRZ stattfinden und keines dieser Verfahren bis dato beendet ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der Verfahrensgang und die vom Bundesverwaltungsgericht im obzitierten Erkenntnis vom 27.01.2020, Zahl: W186 2226861-2/2E, getroffenen und im Verfahrensgang dargestellten Feststellungen, sowie die Feststellungen im Bescheid des BFA vom 29.11.2019, Zahl: 1187067109 - 191223387 / BMI-BFA_BGLD_RD werden zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

2. Ergänzend wird festgestellt:

2.1. Es sind auch aktuell keinerlei Umstände aufgetreten, die zu einem vom Vorerkenntnis und zum neuerlichen Schubhaftbescheid zu Gunsten des BF abweichenden und für seine Freilassung sprechenden Sachverhalt führen könnten, sodass die ausschließlich vom Beschwerdeführer zu verantwortende Schubhaft weiter fortzusetzen ist. Die oben dargestellte mangelnde Mitwirkung im Rahmen des Verfahrens, insbesondere hinsichtlich der Verschleierung seiner Identität und Herkunft ist erheblich, so verfügt er mittlerweile im Verfahren über 16 (!) bislang bekanntgewordene Identitäten in unterschiedlicher Zusammenstellung von Namen, Geburtsdaten und Staatsbürgerschaften. Die Verwaltungsbehörde bemüht sich offensichtlich sehr intensiv um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und ist die Ausstellung eines solchen immer noch als möglich anzusehen.

2.2. Es ist aber mittlerweile durch die beiden oben zitierten strafgerichtlichen Urteile des Straflandesgerichtes Wien (Urteil vom 23.09.2019, 066E Hv 34/19f und Urteil vom 23.09.2019, 066E Hv 34/19f) zutage getreten, dass der BF bereits einen Teil der Zeit der ursprünglich zur freiwilligen Ausreise gewährten Frist nicht für diese Ausreise, sondern zur Vorbereitung eines Verbrechens (i.e. Suchtgifthandel) benutzt hat und de facto die gesamte Zeit danach, die er nicht aus irgendeinem Grunde gerade inhaftiert war, zur Durchführung dieses Verbrechens und zahlreicher weiterer einschlägiger Vergehen benutzt hat. Selbst das bereits erlittene Übel der Haft hat den BF nicht von der Begehung von (weiteren) Straftaten abhalten können. Der BF hat dadurch in erheblicher Weise die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet und den Rechtsfrieden gestört.

2.3. Der BF hat sich vom 19.06.2019 bis zum 20.08.2019 und vom 03.12.2019 bis dato in Schubhaft befunden bzw. befindet sich noch darin.

2. Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Vorerkenntnis und des letzten Schubhaftbescheides, der vom BF nicht mehr in Beschwer gezogen wurde, übernommenen Feststellungen ist auf die diesbezügliche zutreffende Beweiswürdigung zu verweisen.

Die ergänzende Feststellung ergibt sich als logische Konsequenz daraus im Zusammenhang mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer aktenkundig die im Verfahrensgang angeführten, seine Verbringung in den Herkunftsstaat erschwerende Verhaltensweisen setzte und sohin zwischenzeitlich keinerlei für den Beschwerdeführer sprechende Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist. Hingegen ist durch die durch die oben zitierten zwei strafgerichtlichen Verurteilungen wegen Vergehen und Verbrechens nach dem Suchtmittelgesetz, die offensichtlich fast während des gesamten Zeitraumes erfolgten, in dem der BF sich unter Verweigerung der Ausreise unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt, eine erhebliche Delinquenz zu Tage getreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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