Entscheidungsdatum
03.04.2020Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W137 2211302-17/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, gegen die Anhaltung in Schubhaft seit 25.03.2020 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 25.03.2020 für rechtmäßig erklärt.
II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz des Verfahrensaufwands wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet), ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, reiste im Jahr 2006 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 05.09.2008 wurde ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 22.02.2016 wurde dem BF der Status des Asylberechtigten aberkannt und festgestellt, dass dem BF die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. Gleichzeitig wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig ist.
3. Am 08.11.2018 stellte der BF aus dem Stande der Strafhaft neuerlich einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (Folgeantrag). Mit Bescheid des Bundesamtes vom 03.12.2018 wurde der faktische Abschiebeschutz aufgehoben, woraufhin das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 11.12.2018 feststellte, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig sei. Die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichts vom 12.03.2019 abgelehnt. Die in weiterer Folge erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 09.05.2019 zurückgewiesen.
4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 06.12.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme angeordnet. Der BF wurde von 07.12.2018 bis 03.06.2019 in Schubhaft angehalten.
5. Mit Bescheid vom 09.05.2019 wies das Bundesamt den (zweiten) Antrag des BF auf internationalen Schutz in Österreich wegen entschiedener Sache zurück und erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Unter einem wurde eine Rückkehrentscheidung getroffen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Russische Föderation zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem BF nicht gewährt.
6. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.04.2019, 30.04.2019 und 24.05.2019 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechter-haltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
7. Am 03.06.2019 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und zwecks Vollziehung der mit Urteil eines Bezirksgerichtes über ihn verhängten unbedingten Freiheitsstrafe von einem Monat in eine Justizanstalt überstellt.
8. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 01.07.2019 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie der Abschiebung angeordnet.
Nach Entlassung aus der Strafhaft am 03.07.2019 wurde der Schubhaftbescheid in Vollzug gesetzt. Seither wird der BF in Schubhaft angehalten.
9. Am 11.07.2019 erhob der BF Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid vom 01.07.2019, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.07.2019 abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
10. Mit Bescheid vom 30.07.2019 erteilte das Bundesamt dem BF keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Unter einem erließ das Bundesamt gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot und erkannte einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.09.2019 abgewiesen.
10. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2019, 20.11.2019, 11.12.2019, 08.01.2020 und 30.01.2020 wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
11. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 18.02.2020 die Akten gemäß §22a Abs. 4 BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Anhaltung vor. Das Bundesveraltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 15.02.2020, W250 2211302-15/2E, abermals erkannt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
12. Mit Schreiben vom 06.03.2020 stellte der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsanwalt Anträge auf Wiederaufnahme der mit den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen W112 1315471-2/57E (vom 09.04.2018) und W182 1315471-3/3E (vom 11.12.2018) abgeschlossenen asylrechtlichen Verfahren.
13. Das Bundesamt hat am 16.03.2020 neuerlich die Akten zur amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgelegt und in einer ausführlichen Stellungnahme insbesondere auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers und die fehlende Kooperationswilligkeit verwiesen.
Mit Erkenntnis vom 23.03.2020, W137 2211302-16/2E, hat das Bundesverwaltungsgericht erneut festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist. Im Rahmen dieser Entscheidung wurde auch auf die Restriktionen (insbesondere auch im internationalen Flugverkehr) im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie eingegangen.
14. Mit Schriftsatz vom 27.03.2020 brachte der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht eine (neue) Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft "ab 25.03.2020" ein. Begründet wurde diese im Wesentlichen damit, dass sich der Beschwerdeführer bereits "über 14 (!) Monate" in Schubhaft befinde und bisher kein Heimreisezertifikat erlangt werden konnte. Daran werde sich auch in den verbleibenden 4 Monaten nichts ändern. Zudem sei derzeit eine Abschiebung in die Russische Föderation mangels internationalem Flugbetrieb gar nicht möglich.
Zur Sicherung der Abschiebung sei angesichts einer Unterkunftsmöglichkeit bei seiner Familie und der bestehenden Ausgangsbeschränkungen eine Schubhaft nicht erforderlich. Er werde auch einer Meldeverpflichtung nachkommen. Im Übrigen sei er kein "islamistischer Extremist" - was sich aus einem Bericht von DERAD (Jänner 2019) ersehen lasse.
Beantragt werde daher, a) die Anhaltung in Schubhaft ab 25.03.2020 für rechtswidrig zu erklären; b) dem Bundesamt den Ersatz der Kosten aufzuerlegen.
15. In einer Stellungnahme vom 31.03.2020 verwies das Bundesamt insbesondere auf das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers - insbesondere die strafrechtlichen Beurteilungen und die fehlende Kooperation (was überdies auch für seine Familienmitglieder gelte). An der Erlangung eines Heimreisezertifikats werde weiter intensiv gearbeitet und es liege nach wie vor eine ultima-ratio-Situation vor.
Beantragt werde die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der BF ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Es besteht gegen den BF eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme (aus 2019), die mit einem unbefristeten Einreiseverbot verbunden ist.
Einer der beiden Wiederaufnahmeanträge des Beschwerdeführers (vom März 2020) wurde zwischenzeitlich rechtskräftig zurückgewiesen; das zweite verfahren ist derzeit noch anhängig.
Der BF wurde bereits von 07.12.2018 bis 03.06.2019 (im Anschluss an eine längere Strafhaft) in Schubhaft angehalten. Am 03.06.2019 wurde der BF aus der Schubhaft entlassen und trat eine weitere gerichtliche Haftstrafe an. Seit der Entlassung aus der Strafhaft am 03.07.2019 befindet sich der BF wiederum erneut in Schubhaft. Die gegenwärtige Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft besteht damit seit rund 9 Monaten.
1.2. Der BF wurde mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 05.08.2011 als junger Erwachsener wegen des Vergehens der Hehlerei gemäß § 164 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 22.09.2015 wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 2 Z 3 SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG im Tatzeitraum Frühjahr 2014 bis April 2015 in einem das 15-fache der Grenzmenge überschreitenden Ausmaß zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 27.02.2017 wurde der BF wegen des Verbrechens der Teilnahme an einer terroristischen Vereinigung nach § 278b Abs. 2 StGB sowie des Verbrechens der Ausbildung für terroristische Zwecke gemäß § 278e Abs. 2 StGB (unter Bedachtnahme auf eine vorangegangene Verurteilung) zu einer unbedingten Zusatz-Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt. Der BF hat sich während eines näher genannten Zeitraumes in den Jahren 2013 und 2014 an einem näher genannten Ort in Syrien und in anderen Orten als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung in dem Wissen beteiligt, dass er dadurch diese oder deren strafbare Handlungen fördert (§ 278 Abs. 3 StGB), indem er in ein Ausbildungslager einer näher genannten Gruppierung reiste, sich dort einer terroristischen Ausbildung unterzog und bis zu seiner Rückkehr nach Österreich an Kampfhandlungen dieser terroristischen Vereinigung, unter anderem am Angriff auf ein näher genanntes Gebäude, teilnahm und sich zu Beginn der oben angeführten Tathandlung etwa einen Monat lang in der Herstellung oder im Gebrauch von Sprengstoff, Schuss- oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen oder in einer anderen ebenso schädlichen oder gefährlichen spezifisch zur Begehung einer terroristischen Straftat nach § 278c Abs. 1 Z 1 bis 9 oder 10 StGB geeigneten Methode oder einem solchen Verfahren unterweisen ließ, um eine solche terroristische Straftat unter Einsatz der erworbenen Fähigkeiten zu begehen, indem er in dieser Zeit eine Ausbildung in einem Lager einer näher genannten Gruppierung in einem Ort in Syrien absolvierte, wobei er im Gebrauch von Schusswaffen geschult wurde.
Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 03.04.2018 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe rechtskräftig verurteilt. Der BF hat eine näher genannte Person in einer näher genannten Justizanstalt am Körper verletzt, indem er dieser Person einen Faustschlag gegen das Gesicht versetzte, wodurch sich die Person eine Prellung des linken Augapfels und eine Rissquetschwunde an der linken Augenbraue zuzog.
Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 04.03.2019 wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Monat rechtskräftig verurteilt. Dabei wurde das reumütige Geständnis mildernd und die überaus brutale Vorgangsweise erschwerend gewertet.
1.3. Der BF ist ein islamistischer Extremist, der der Salafistenszene zuzurechnen ist. Der BF und seine Brüder befürworten den IS (islamischer Staat - gelistete Terrororganisation).
1.4. Der BF wurde im Jahr 2012 vier Mal rechtskräftig wegen Geschwindigkeitsübertretungen, sieben Mal wegen Abgabenverkürzung nach dem Parkometergesetz, einmal wegen Über-holens, einmal wegen Fahrens auf Gehwegen, drei Mal wegen Missachtung des Park- und Halteverbots, zwei Mal wegen Fahrens ohne Führerschein, drei Mal nach dem Kraftfahrgesetz wegen der Fahrzeugzulassung und einmal wegen der Verletzung der Ausweispflicht nach dem Fremdenpolizeigesetz verwaltungsbehördlich bestraft. Da er die verhängten Geldstrafen nicht beglich, wurden über ihn Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.
Im Jahr 2013 wurde der BF neuerlich einmal wegen Geschwindigkeitsübertretung, fünf Mal wegen Abgabenverkürzung nach dem Parkometergesetz, zwei Mal wegen Missachtung des Park- und Halteverbots, sechs Mal nach dem Kraftfahrgesetz wegen der Fahrzeugzulassung und einmal wegen Störung der öffentlichen Ordnung verwaltungsbehördlich bestraft. Da er die verhängten Geldstrafen nicht beglich, musste er neuerlich Ersatzfreiheitsstrafen verbüßen.
Der BF wurde in den Jahren 2014 und 2015 einmal rechtskräftig wegen der Überlassung des Fahrzeuges an eine Person ohne erforderliche Lenkberechtigung, einmal wegen Fahrens ohne Führerschein, einmal wegen Verletzung der Höchstgeschwindigkeit, einmal wegen Missachtung des Park- und Halteverbots, einmal wegen Verletzung des Meldegesetzes, drei Mal wegen Verweigerung der Lenkerauskunft nach dem Kraftfahrgesetz und zwei Mal wegen Missachtung der Pickerlpflicht verwaltungsbehördlich bestraft.
Im Jänner 2015 ersuchte eine Landespolizeidirektion um die Einziehung des Konventions-reisepasses des BF wegen des Verdachts der Verbindung zum islamischen Extremismus/Terrorismus. Der Konventionsreisepass wurde schließlich im Zuge einer Ver-kehrskontrolle eingezogen.
Darüber hinaus wurde der BF während seiner Anhaltung in Haft wegen mehrfachen Fehlverhaltens bestraft bzw. ermahnt. So wurde etwa in der Zelle des BF wiederholt ein Mobiltelefon aufgefunden.
1.5. Der Beschwerdeführer ist im Zusammenhang mit der Organisation seiner Abschiebung in keiner Form kooperativ und in besonderem Maße nicht vertrauenswürdig. Die fehlende Kooperationsbereitschaft erstreckt sich auch auf seine Familie, insbesondere seinen Vater.
Der BF achtet die österreichische Rechtsordnung insgesamt nicht. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird er untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten um sich einer Abschiebung zu entziehen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Aufenthalt im Verborgenen von seiner Familie aktiv unterstützt wird.
1.6. In Österreich leben die Ehefrau des BF sowie seine Eltern und Geschwister. Der BF befand sich in den vergangenen Jahren durchgehend in Haft und hat daher in den vergangenen Jahren weder mit seiner nunmehrigen Ehefrau noch mit den anderen Verwandten im gemeinsamen Haushalt gelebt.
1.7. Der Beschwerdeführer ist grundsätzlich gesund und jedenfalls haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim BF vor. Der BF hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ist realistisch möglich. Diese verzögert sich vorrangig, da der BF nicht mit den Behörden zusammenarbeitet und laufend versucht, eine Abschiebung zu verhindern. Nach Ausstellung eines Heimreisezertifikats kann eine zeitnahe Abschiebung des BF erfolgen.
Eine Änderung der entscheidungswesentlichen Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit 23.03.2020 hat sich im Verfahren nicht ergeben.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage im gegenständlichen Verfahren sowie den Gerichts- und Verwaltungsakten zu seinen Asylverfahren und den bisherigen Schubhaftprüfungen (insbesondere zu den BVwG-GZ 1315471-2, 1315471-4, 1315471-5, 1315471-7, 2211302-15 und 2211302-16). Dies gilt insbesondere für die abgeschlossenen asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren des Beschwerdeführers, deren Status unstrittig ist. Die jüngste (mit einem Einreiseverbot verbundene) Rückkehrentscheidung wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.09.2019, W117 1315471-5/6E, rechtskräftig. Diese Entscheidung wurde vor den Höchstgerichten nicht in Beschwerde/Revision gezogen.
Die Feststellungen bezüglich der Anhaltungen ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere aus einer rezenten ZMR-Abfrage. Der Beschwerdeführer ist seit 18.07.2017 ausschließlich in Polizeianhaltezentren und Justizanstalten gemeldet.
Die derzeit aufrechte Anhaltung in Schubhaft läuft erst seit 03.07.2019, also seit rund neun Monaten. Die am 16.12.2018 angeordnete Schubhaft wurde bereits am 03.06.2020 beendet und es wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen. Dass er im unmittelbaren Anschluss eine Strafhaft verbüßen musste ändert an diesem Umstand ebenso wenig, wie die Tatsache, dass danach neuerlich - im Übrigen aber auf einer anderen Rechtsgrundlage - die Schubhaft angeordnet worden ist. Die Zusammenrechnung mehrerer Schubhaften innerhalb eines kalendarischen Zeitraums ist im Gesetz nicht mehr vorgesehen.
2.2. Aus der Einsichtnahme in das Strafregister sowie aus den im Akt einliegenden Urteilen ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des BF. Die auszugsweise festgestellten Verstöße des BF gegen die österreichische Rechtsordnung hat bereits das Bundesamt im Bescheid vom 01.07.2019 festgehalten. Diese ergeben sich zum Teil auch aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sowie dem Akteninhalt und sind überdies unstrittig.
2.3. Die ideologische Einstufung des Beschwerdeführers beruht auf den rechtskräftigen Urteilen österreichischer Strafgerichte und den asylrechtlichen Gerichtsentscheidungen betreffend den Beschwerdeführer. Daran kann auch die jüngere Einschätzung einer (wenn auch einschlägig im Bereich der Deradikalisierung tätigen) NGO nichts ändern, zumal diese in einer Situation erstellt worden ist, in der der Beschwerdeführer nach längerer Strafhaft in Schubhaft angehalten wurde und sich einer Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ausgesetzt sah. Die massive Ablehnung der österreichischen Rechtsordnung in den Jahren zuvor wurde bei dieser Einschätzung übrigens nicht einmal erwähnt.
2.4. Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitzuwirken, hat er selbst angegeben; dies geht etwa auch aus dem Bericht über den Termin in der Konsularabteilung der Botschaft der Russischen Föderation hervor.
Konkret wurde der BF am 01.03.2019 bei der russischen Botschaft interviewt. Er war jedoch nicht kooperativ und weigerte sich Fragen zu beantworten und seine Identität bekannt zu geben.
Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats sowie die neuerliche Durchführung eines Interviews wurden in der Folge mehrfach vom Bundesamt urgiert.
Mit Schreiben vom 12.11.2019 gab das Ministerium für innere Angelegenheiten der Russischen Föderation bekannt, dass eine Übernahme des BF vorläufig abgelehnt wird, da in den Registern des Innenministeriums von Russland kein Foto des BF vorhanden ist und die Identität des BF nicht feststeht. Die Botschaft teilte mit, dass für eine Identifizierung des BF eine schriftliche Bestätigung eines nahen Verwandten, der in den jeweiligen Registern des Innenministerium eingetragen ist, benötigt werde. Bei Vorlage einer schriftlichen Bestätigung der Mutter des BF sowie Bekanntgabe deren Telefonnummer und Vorlage eines Fotos des BF wäre eine Identifizierung möglich.
Die Mutter des BF wohnt in Österreich. Diese wurde mittels Bescheid zu einem Termin beim Bundesamt geladen. Diese konnte den Termin jedoch wegen einer Erkrankung nicht wahrnehmen. Es erfolgte eine neuerliche Ladung der Mutter des BF mittels Bescheid für den 10.01.2020, gegen welchen Beschwerde erhoben wurde. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren ist derzeit beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Der Vater des BF wurde für den 13.02.2020 zum Bundesamt geladen, erschien jedoch nicht, da er erkrankt sei. Mit Schreiben seines Rechtsanwalts vom 13.02.2020 teilte er mit, ganz unabhängig von der aktuellen Erkrankung nicht bereit zu sein, zukünftig an der Identifizierung seines Sohnes mitzuwirken. Er werde auch nach Gesundung keine Aussage machen. Der Vater des BF wurde neuerlich für den 04.03.2020 zum Bundesamt geladen.
Am 31.01.2020 fand ein neuerliches Interview des BF durch eine Delegation der russischen Vertretungsbehörde statt. Der BF weigerte sich erneut mitzuwirken.
Aus den oben dargelegten Umständen ergibt sich auch die fehlende Kooperationsbereitschaft seiner Eltern.
2.5. Die grundlegende Missachtung der (österreichischen) Rechtsordnung und die in besonderem Ausmaß fehlende Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere der massiven Straffälligkeit und seinem Vorverhalten. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass er sich unmittelbar nach einer Entlassung aus der Schubhaft dem behördlichen Zugriff entziehen und sich im Verborgenen aufhalten würde. Angesichts des aktenkundigen Verhaltens seiner Familienmitglieder besteht auch kein Zweifel, dass diese einschlägige Handlungen des Beschwerdeführers zur Verhinderung einer Abschiebung - insbesondere einen Aufenthalt im Verborgenen unterstützen würden.
Dies wird auch durch die der Beschwerde beigelegte Stellungnahme einer NGO (siehe oben 2.3.) belegt, die darin festhielt, der Beschwerdeführer warte "auf seine Abschiebung welche er mit allen Mitteln versucht zu verhindern".
2.6. Die Feststellungen zu den in Österreich lebenden Familienangehörigen sowie zu seinen Meldeadressen seit Juli 2017 sind aktenkundig und unstrittig.
2.7. Aus der Aktenlage ergeben sich keine Hinweise auf substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers. Darüber hinaus befand er sich alternierend mit der Schubhaft in Strafhaft. Die gegenwärtige Anhaltung in Schubhaft besteht erst seit knapp neun Monaten, schöpfte also nur die Hälfte des gesetzlichen Rahmens aus. Es ist daher nach wie vor realistisch, dass die Erlangung eines Heimreisezertifikats und eine Abschiebung - ungeachtet der fehlenden Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers - während der gesetzlich zulässigen Anhaltedauer möglich ist.
Für eine Änderung der entscheidungsrelevanten Umstände gibt es keinen Hinweis. Insbesondere ist die (bloße) Einbringung von Wiederaufnahmeanträgen zu 2018 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren kein entscheidungswesentlicher Umstand im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Anhaltung in Schubhaft. Einer dieser Anträge wurde zwischenzeitlich auch bereits rechtskräftig zurückgewiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."
3.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Zu Spruchteil A)
3.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."
3.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
4. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft
4.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Über den Beschwerdeführer wurde nach Entlassung aus der Strafhaft die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnet. Der Beschwerdeführer war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr Asylwerber.
4.2. Die festgestellte Fluchtgefahr stützt sich auf die fehlende Kooperation in den bisherigen Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1 und 3 des § 76 Abs. 3 FPG. Dem Vorliegen der Kriterien der Ziffern 1 und 3 wurde in der Beschwerde nicht entgegengetreten; vielmehr erweist sich deren Vorliegen auch im Zusammenhang mit der Beschwerde und der Aktenlage als unstrittig.
4.3. Die laufende Schubhaft stützt sich auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind. Der Beschwerdeführer übt seit Jahren keine legale Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet aus.
Darüber hinaus ist zu betonen, dass im gegenständlichen Fall gerade die unstrittigen familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die Fluchtgefahr des Beschwerdeführers nicht verringern, sondern - aufgrund der gerichtsnotorischen ideologischen Einstellung seiner Brüder und insbesondere des aktenkundigen Verhaltens seiner Eltern - diese vielmehr deutlich erhöhen. Der Vater hat dies sogar schriftlich durch seinen Anwalt mitteilen lassen. Insofern steht außer Zweifel, dass die Eltern den Beschwerdeführer unterstützen werden, wenn er - wie in einem von ihm selbst vorgelegten Beweismittel dargelegt - versucht, seine Abschiebung "mit allen Mitteln zu verhindern".
Zudem wurde stets - bei Anordnung der Schubhaft und mehreren amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfungen auch richtigerweise von einer durch strafrechtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers abgeleiteten mangelnden Vertrauenswürdigkeit und einem besonderen Interesse des Staates an der Sicherstellung der Abschiebung ausgegangen.
4.4. Auf Grund dieser Erwägungen besteht, im Falle des Beschwerdeführers weiterhin Fluchtgefahr in einem die Anhaltung in Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß.
Dem konnte auch mit dem Verweis auf das (nachvollziehbare) Interesse an einer (erneuten) Unterkunftnahme bei seiner Familie nicht wirkungsvoll entgegengetreten werden. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob eine hinreichende Sicherheit besteht, dass sich der Beschwerdeführer zukünftig dem Zugriff der Behörden nicht entziehen würde. Davon kann angesichts seines Vorverhaltens und der daraus resultierenden mangelnden Vertrauenswürdigkeit jedoch nicht ausgegangen werden.
4.5. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden: Aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers ergibt sich, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen, da sich der Beschwerdeführer insbesondere durch sein vor Anordnung der Schubhaft gezeigtes kriminelles Verhalten und die konsequente Verweigerung der Kooperation bei Erlangung eines Heimreisezertifikats als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat - was aber Voraussetzung für die Anordnung des gelinderen Mittels ist. Auf Grund dieser Umstände und der bestehenden Fluchtgefahr, überwogen daher - auch ab dem 25.03.2020 - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und eines geordneten Fremdenwesens die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Anordnung der Schubhaft und war diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig.
4.6. Auch ab dem 25.03.2020 konnte realistisch davon ausgegangen werden, dass die Überstellung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat in zumutbarer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war zu diesem Zeitpunkt nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen zu rechnen. Belege für eine grundsätzliche Unmöglichkeit einer Abschiebung in die Russische Föderation wurden in der Beschwerde nicht vorgelegt; unstrittig ist unabhängig davon der verhältnismäßig große Aufwand bei der HRZ-Erlangung und der gegenwärtig eingestellte internationale Flugbetrieb.
Es war auch am 25.03.2020 davon auszugehen, dass dieser in einigen Wochen wieder in einem Umfang aufgenommen werden kann, der die Durchführung von Abschiebungen - auch in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers - ermöglicht.
4.7. Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.
4.8. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft ab 25.03.2020 abzuweisen.
5. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:
5.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.
5.2. Für die Durchsetzung der Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen entziehen würde, so sich eine Gelegenheit dazu bietet. Es ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte. Dies umso mehr, als die Verhinderung der Abschiebung "mit allen Mitteln" sein vorrangiges Ziel ist und er sich hier belegbar auch auf die Unterstützung seiner Familie verlassen kann. Überdies hat er sich durch sein sonstiges Vorverhalten - etwa die unstrittigen schweren Straftaten und zahlreiche Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften - als in einem besonders hohen Maße nicht vertrauenswürdig erwiesen hat.
5.3. Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 1 und 3 wie dargelegt weiterhin gegeben. Hinsichtlich Ziffer 9 wurde in der Beschwerde im Wesentlichen nur auf die familiären Anknüpfungspunkte zum Bundesgebiet sowie die damit verbundene Unterkunft verwiesen. In diesem Zusammenhang ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen, der Anordnung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall sind diese (sozialen) Anknüpfungspunkte allerdings nur teilweise gegeben. Zudem ergibt sich im gegenständlichen Einzelfall aufgrund der belegten massiven Unterstützung der Familienmitglieder bei der Verhinderung der gesetzlich vorgeschriebenen Abschiebung des Beschwerdeführers gerade aus einer Wohnsitznahme bei der Familie und somit aus den familiären Beziehungen eine weitere Steigerung der Fluchtgefahr.
Im Übrigen hat sich die Familie nachweislich bereits seit 2015 als nicht einmal ansatzweise in der Lage erwiesen, den Beschwerdeführer von der Begehung zahlreicher Gesetzesverstöße und schwerer Straftaten abzuhalten. Dass dies nun anders sein sollte wurde in der gegenständlichen Beschwerde nicht dargelegt.
In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine zur Schubhaftanordnung hinreichende Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer (bereits durchsetzbaren) Abschiebung zu bejahen ist.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anordnung des gelinderen Mittels weiterhin nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Dies insbesondere aufgrund der oben dargestellten schwer beeinträchtigten Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Fortsetzung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt - trotz der zweifelsfrei gegebenen sozialen Anknüpfungspunkte auch als verhältnismäßig.
5.4. Hinsichtlich der absehbaren Dauer der Schubhaft ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass diese in zumutbarer Zeit beendet werden kann. Die laufende Anhaltung in Schubhaft umfasst auch erst die Hälfte der gesetzlich zulässigen Anhaltedauer.
Für die Annahme einer (zukünftigen) unverhältnismäßig langen Anhaltung gibt es gegenwärtig keinen Anhaltspunkt.
Insbesondere ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass es der Beschwerdeführer selbst in der Hand hat, die Dauer der Anhaltung durch eigene Kooperation bei der Erlangung eines Heimreisezertifikats (und allfälligem Einwirken auf seine Eltern) deutlich zu verkürzen. Eine konsequente Kooperationsverweigerung eines Beschwerdeführers macht dessen Abschiebung jedenfalls nicht grundsätzlich unmöglich.
Diese absehbare Frist ist - auch unter Berücksichtigung der unstrittigen sozialen Anknüpfungspunkte - zwar vergleichsweise lang, allerdings unter Berücksichtigung der in besonderem Maß fehlenden Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers und der bekräftigten Verweigerung der Mitwirkung weiterhin verhältnismäßig. Die massive Beeinträchtigung der Vertrauenswürdigkeit hat der Beschwerdeführer ausschließlich selbst zu verantworten und muss sie daher - ebenso wie die Verweigerung der Mitwirkung bei der HRZ-Erlangung - im Rahmen einer individuellen Verhältnismäßigkeitsabwägung auch entsprechend gegen sich gelten lassen.
Aus heutiger Sicht ist weiter davon auszugehen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers jedenfalls innerhalb der gesetzlich zulässigen Anhaltedauer erfolgen kann. Es gibt derzeit keinen Grund zur Annahme, dass die gegenwärtige Ausnahmesituation (faktische Einstellung des internationalen Luftverkehrs) noch über Monate andauern wird. Reisebeschränkungen würden im Übrigen der Durchführung einer Abschiebung nicht grundsätzlich entgegenstehen.
Dies gilt im Übrigen selbst für den Fall, dass man die Anhaltedauer des Beschwerdeführers berechnet wie der bevollmächtigte Vertreter. Dass eine Schubhaft beendet werden musste, um die Vollstreckung einer Strafhaft zu ermöglichen, soll Kriminelle nicht gegenüber Personen privilegieren, die sich im Kern lediglich einen unberechtigten Aufenthalt zu Schulden kommen haben lassen. Auch § 80 FPG enthält keine Bestimmung, aus der sich die Zusammenrechnung mehrerer Anhaltungen in Schubhaft während eines definierten kalendarischen Zeitraums ergeben würde. Vielmehr wurde eine solche Bestimmung mit der jüngsten Novelle aus dem Rechtsbestand entfernt.
5.5. An der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers - der zuletzt knapp 3 Jahre in Untersuchungs- und Strafhaft sowie in Schubhaft verbrachte - bestehen keine Zweifel. Auch in der gegenständlichen Beschwerde wurde kein entsprechendes Vorbringen erstattet.
5.6. Abschließend sei festgehalten, dass der (noch) offene Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers in keinem Zusammenhang mit der jüngsten (rechtskräftigen) Rückkehrentscheidung bezüglich des Beschwerdeführers stehen.
Es ist daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
6. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Insbesondere wurde die in der Beschwerde vorgebrachte gesicherte Unterkunft (bei der eigenen Familie) der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom bevollmächtigen Vertreter - einem berufsmäßigen Parteienvertreter (Rechtsanwalt) - auch nicht beantragt worden ist.
In der Beschwerde finden sich zudem keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Der vorgebrachten Kooperationsbereitschaft im Zusammenhang mit einer allfälligen Meldeverpflichtung steht das unstrittige Verhalten des Beschwerdeführers in den letzten Jahren (insbesondere die Verweigerung der Mitwirkung bei der HRZ-Ausstellung) gegenüber.
7. Kostenersatz
7.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
7.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Die belangte Behörde hätte als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang, hat diesen allerdings nicht beantragt. Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei hingegen kein Kostenersatz.
Zu Spruchpunkt II. (Revision):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Einbeziehung eines unstrittigen oder zweifelsfrei belegten Vorverhaltens entspricht ebenso wie die Notwendigkeit der ausdrücklichen Beantragung einer mündlichen Verhandlung oder des Kostenersatzes der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Fluchtgefahr öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung VerhältnismäßigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W137.2211302.17.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020