Entscheidungsdatum
06.04.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W180 2226127-5/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Georg PECH über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Marokko, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 04.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 14.06.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich zur Gänze abgewiesen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt, es wurde ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Zudem wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt und festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe.
Dieser Bescheid blieb unangefochten und erwuchs in Rechtskraft.
3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.08.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
4. Der Beschwerdeführer war bis 14.08.2019 in Strafhaft und vom 14.08.2019 bis zum 16.08.2019 in Verwaltungsstrafhaft. Seit 16.08.2019 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.
5. Am 30.08.2019 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.
6. Mit Aktenvermerk vom 30.08.2019 setzte das Bundesamt die Schubhaft gemäß § 76 Abs 6 FPG fort.
7. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.09.2019 wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.
8. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2019, Zl. I413 2223585-1, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. behoben wurde.
9. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2019, Zl. W117 2226127-1, vom 10.01.2020, Zl. W112 2226127-2, vom 07.02.2020, Zl. W112 2226127-3, und vom 06.03.2020, Zl. W251 2226127-4, wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
10. Das Bundesamt legte dem Bundesverwaltungsgericht am 18.03.2020 die Akten gemäß § 22a BFA-VG zur neuerlichen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zum Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer wurde am 13.05.2014 in Griechenland erkennungsdienstlich behandelt. Er stellte in Griechenland einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er den Ausgang dieses Verfahrens nicht abwartete. Der Beschwerdeführer wurde am 29.06.2015, am 09.07.2015 sowie am 11.07.2015 in Ungarn erkennungsdienstlich behandelt.
2. Der Beschwerdeführer stellte am 04.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
3. Der Beschwerdeführer wurde am 06.06.2016 wegen unbekannten Aufenthaltes von der Grundversorgung abgemeldet.
4. Der Beschwerdeführer wurde straffällig und am 23.06.2016 von einem Landesgericht wegen eines Suchtmitteldeliktes verurteilt. Er war bis 23.06.2016 in Untersuchungshaft.
5. Nach der ersten Haftentlassung wurde der Beschwerdeführer wieder in die Grundversorgung aufgenommen. Der Beschwerdeführer leistete einer Ladung am 12.12.2016 im Asylverfahren keine Folge. Er war nicht an seiner Meldeanschrift auffindbar. Der Beschwerdeführer hat sich dem Verfahren auf internationalen Schutz entzogen, das Asylverfahren wurde mit Bescheid vom 11.07.2017 eingestellt.
6. Am 28.05.2018 beantragte der Beschwerdeführer, das Verfahren auf internationalen Schutz fortzusetzen.
7. Am 04.06.2018 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer Identitätsfeststellung festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt. Der Beschwerdeführer verweigerte bei einer Einvernahme vom 05.06.2018 vor dem Bundesamt jegliche Mitwirkung.
8. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.06.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich zur Gänze abgewiesen und kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt, es wurde ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Zudem wurde einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt und festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet verloren habe.
Dieser Bescheid blieb unangefochten und erwuchs in Rechtskraft.
9. Am 08.10.2018 beantragte das Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei der marokkanischen Botschaft.
10. Am 05.11.2018 wurde dem Bundesamt vom Bundeskriminalamt mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer von Interpol Rabat (Marokko) identifiziert wurde.
11. Der Beschwerdeführer wurde am 08.11.2018 von einem Landesgericht wegen Vergehen gegen das Suchtmittelgesetz sowie wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt.
12. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.08.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
13. Der Beschwerdeführer war vom 28.09.2018 bis 14.08.2019 in Untersuchungshaft bzw. in Strafhaft und vom 14.08.2019 bis zum 16.08.2019 in Verwaltungsstrafhaft. Seit 16.08.2019 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten.
14. Am 30.08.2019 stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, um eine Abschiebung zu verhindern.
15. Mit Aktenvermerk vom 30.08.2019 setzte das Bundesamt die Schubhaft gemäß § 76 Abs 6 FPG fort.
16. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.09.2019 wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht.
17. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2019, Zl. I413 2223585-1, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. behoben wurde.
18. Der Beschwerdeführer wurde zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft am 10.01.2020 sowie am 07.02.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht einvernommen.
19. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.12.2019, Zl. W117 2226127-1, vom 10.01.2020, Zl. W112 2226127-2, vom 07.02.2020, Zl. W112 2226127-3, und vom 06.03.2020, Zl. W251 2226127-4, wurde jeweils festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.
20. Am 08.11.2018, am 28.05.2019, am 02.08.2109, am 05.08.2019, am 11.09.2019, am 09.10.2019, am 07.11.2019, am 08.11.2019, am 06.12.2019, am 30.12.2019, am 10.01.2020, 05.02.2020, am 11.02.2020, am 20.02.2020 und am 03.04.2020 urgierte das Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und die Überprüfung der Identität des Beschwerdeführers bei der marokkanischen Botschaft.
1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
Der Beschwerdeführer besitzt die österreichische Staatsbürgerschaft nicht, er besitzt auch keine Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedstaates, er ist marokkanischer Staatsangehöriger. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
Gegen den Beschwerdeführer besteht eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.
Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung.
1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende strafgerichtliche Verurteilungen auf:
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 23.06.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 2a zweiter Fall SMG) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, wobei die Freiheitsstrafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 05.06.2016 an einem öffentlichen Platz 3 g Cannabisharz einer anderen Person gegen Entgelt überlassen hat.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 08.11.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall, Abs. 3 SMG; §§ 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG) und des Vergehens des Diebstahls (§ 127 StGB) zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt. Diesem Urteil lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer von Juli 2017 bis 26.09.2018 einer anderen Person 400 g Cannabiskraut sowie unbekannt gebliebenen Abnehmern in einer nicht mehr festzustellenden Menge Cannabiskraut gewerbsmäßig überlassen hat. Der Beschwerdeführer hat weiters seit 2015 bis zum 26.09.2018 in täglichen Angriffen Kokain, Cannabiskraut und Cannabisharz zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen. Der Beschwerdeführer hat zudem in der Zeit vom 20.09.2018 bis 26.09.2018 einer anderen Person ca. 6 g Cannabiskraut weggenommen, um sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Der Beschwerdeführer hat in den Asylverfahren unterschiedliche Angaben zu seinem Namen und zu seinem Geburtsdatum gemacht. Der Beschwerdeführer versucht seine Identität zu verschleiern, um einer Abschiebung zu entgehen.
Der Beschwerdeführer hat sich sowohl in Griechenland als auch in Österreich dem Asylverfahren durch Untertauchen entzogen.
Der Beschwerdeführer hält die Meldevorschriften in Österreich nicht ein. Er versucht sich vor den Behörden verborgen zu halten.
Der Beschwerdeführer stellte während der Anhaltung in Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, um seine Abschiebung zu verhindern.
Der Beschwerdeführer begab sich während der Anhaltung in Schubhaft von 14.12.2019 bis 18.12.2019 in Hungerstreik, um seine Freilassung zu erpressen.
Beim Beschwerdeführer wurde während der Anhaltung in Schubhaft ein Mobiltelefon vorgefunden, wobei dies verboten ist und eine Ordnungswidrigkeit darstellt.
Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte. Er ist beruflich in Österreich nicht verankert. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.
Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Auch eine Inhaftierung und Verurteilung konnten den Beschwerdeführer nicht zu rechtskonformem Verhalten bewegen. Der Beschwerdeführer hat sich bereits in Griechenland und in Österreich seinem Asylverfahren entzogen. Der Beschwerdeführer ist nicht bereit, freiwillig nach Marokko zurückzukehren. Im Fall einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen.
Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer ist möglich. Durch Mitwirkung bei den marokkanischen Behörden kann der Beschwerdeführer zu einer raschen Identitätsfeststellung und Ausstellung eines Heimreisezertifikates beitragen. Nach Ausstellung eines Heimreisezertifikates ist mit einer zeitnahen Abschiebung des rechnen.
Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 06.03.2020 hat sich im Verfahren nicht ergeben.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Bundesamtes und in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen W117 2226127-1, W112 2226127-2, W112 2226127-3 und W251 2226127-4 und durch Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungsinformationssystem sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
2.1. Zum Verfahrensgang, zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes und aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes, aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus dem Auszug aus dem Fremdenregister und aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer wurde von Interpol Rabat (Marokko) identifiziert.
Die Feststellungen zu der erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme gründen auf den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister sowie auf den vorgelegten Bescheid und das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.10.2019.
Die Feststellung zur Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 16.08.2019 ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.
Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.
2.2. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit:
Aus der Einsichtnahme in das Strafregister sowie aus den im Akt einliegenden Urteilen ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer hat in seinem ersten Asylverfahren andere Angaben zu seiner Identität gemacht als im zweiten Asylverfahren in Österreich. Der Beschwerdeführer räumte auch ein, dass er falsche Angaben zu seiner Identität gemacht hat. Dies wird den Feststellungen zugrunde gelegt.
Die Feststellungen zum Untertauchen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt. Daraus ergibt sich ebenso, dass er sich bereits dem Asylverfahren entzogen hat.
Die Feststellung zu den fehlenden behördlichen Wohnsitzmeldungen ergibt sich aus dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Die Feststellung zum zweiten Asylantrag während der Anhaltung in Schubhaft, um eine Abschiebung zu verhindern, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus dem Folgeantrag und dem Aktenvermerk des Bundesamtes.
Die Feststellungen zum Hungerstreik und zum Verhalten während der Anhaltung ergeben sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung.
Dass sich der Beschwerdeführer seit September 2018 durchgehend in Haft befand, ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister in Zusammenschau mit einer Einsichtnahme in das Strafregister.
Die Feststellung zur mangelnden Integration in Österreich und zu fehlenden sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkten in Österreich ergibt sich aus dem Verwaltungsakt sowie aus den Einvernahmen des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht. Diesen sind keine gefestigten sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich zu entnehmen. Der Beschwerdeführer gab zwar an, dass er eine Freundin bzw. Bekannte habe, bei der er auch gewohnt habe. Der Beschwerdeführer bekommt jedoch kaum Besuch während der Anhaltung in Schubhaft (am 17.08.2019, 12.10.2019 und 11.02.2020), sodass keine engen Nahebeziehungen ersichtlich sind.
Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, aus den unrichtigen Angaben zu seiner Identität, seinen strafrechtlichen Verurteilungen sowie auch aus seinem Verhalten während der Anhaltung in Schubhaft und aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer bereits öfters dem Asylverfahren entzogen hat. Er hat auch während der Anhaltung in Schubhaft einen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt, um seine Abschiebung zu verhindern.
Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten würde. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher jahrelang gezeigtes Verhalten ändern würde.
Die Feststellungen zum Heimreisezertifikatsverfahren ergeben sich aus dem Verfahrensakt und aus den vom Bundesamt vorgelegten Unterlagen.
Der Beschwerdeführer kann durch Mitwirkung bei den marokkanischen Behörden die Erlangung eines Heimreisezertifikates beschleunigen und somit die Anhaltung in Schubhaft selbst möglichst kurz halten. Es liegen keine Hinweise vor, wonach die Erlangung eines Heimreisezertifikates innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer nicht möglich wäre.
Eine Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft seit 06.03.2020 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.
Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf die aktuellen Einvernahmeprotokolle vom 10.01.2020 und vom 07.02.2020 stützen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) - Fortsetzungsausspruch
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:
"8. Abschnitt
Schubhaft und gelinderes Mittel
Schubhaft
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.
Gelinderes Mittel
§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen."
Die maßgebliche Bestimmung des BFA-VG lautet:
"Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."
3.1.2. Zur Judikatur:
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder die Abschiebung zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).
Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Der Behörde kommt aber dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043).
Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das Bundesamt eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).
3.1.3. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) - möglich ist.
3.1.4. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.
3.1.5. Es wurde bereits ein Heimreisezertifikatsverfahren eingeleitet. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates wurde vom Bundesamt bereits mehrfach urgiert. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer ist derzeit wahrscheinlich. Der Beschwerdeführer kann durch Mitwirkung bei den marokkanischen Behörden selbst auf eine kurze Schubhaftdauer hinwirken.
3.1.6. Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus.
Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht, er ist nicht kooperativ. Der Beschwerdeführer hat unterschiedliche Identitäten angegeben, um eine Abschiebung zu verhindern. Der Beschwerdeführer hat sich bereits in Griechenland sowie in Österreich einem Asylverfahren durch Untertauchen entzogen. Der Beschwerdeführer ist bereits mehrfach untergetaucht, er hält die Meldevorschriften nicht ein. Der Beschwerdeführer hat während Anhaltung in Schubhaft, obwohl bereits eine rechtskräftige und aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag, einen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt, um seine Abschiebung zu verhindern. Der Beschwerdeführer verhält sich auch während seiner Anhaltung in Schubhaft nicht kooperativ. Er ist bereits in Hungerstreik getreten, um seine Entlassung aus der Schubhaft zu erwirken.
Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.
Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.
3.1.7. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder sozial noch familiär verankert. Er hat keine Verwandten oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich. Die erwähnte Freundin bzw. Bekannte, von der er auch während der Anhaltung kaum besucht wird, konnte den Beschwerdeführer auch bisher weder von Straftaten noch vom Untertauchen abhalten. Stattdessen hat diese Bekannte dem Beschwerdeführer das Untertauchen erst ermöglicht, indem diese dem Beschwerdeführer eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung stellte, ohne diesen dort zu melden, um ihn vor den Behörden verborgen zu halten. Er ist beruflich nicht verwurzelt und hat auch keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.
Das Bundesamt hat die Ausstellung eines Heimreisezertifikates seit der letzten Schubhaftüberprüfung vom 06.03.2020 abermals urgiert. Das Bundesamt hat daher seit der letzten Schubhaftüberprüfung auf eine besonders kurze Anhaltung in Schubhaft hingewirkt.
Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Es obliegt dem Beschwerdeführer, durch eine Kooperation mit den Behörden und Mitwirkung bei seiner Identitätsfeststellung die Dauer der Schubhaft möglichst kurz zu halten.
Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung -, zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er die österreichische Rechtsordnung missachtet und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.
Wie sich aus der medialen Berichterstattung ergibt, ist der Flugverkehr aus Österreich auf Grund der derzeitigen Pandemie (CoViD-19) weitgehend eingestellt. Die realistische Möglichkeit der Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Höchstdauer der Schubhaft, die im Falle des Beschwerdeführers gemäß § 80 Abs. 4 Z 4 FPG 18 Monate beträgt, besteht jedoch aus aktueller Sicht weiterhin. Aus derzeitiger Sicht ist auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit CoViD-19 in einigen Wochen wieder gelockert werden können und Abschiebungen durchführbar sein werden.
Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen ist zudem jedenfalls gewährleistet, dass eine allfällige weitere wesentliche Verlängerung der Schubhaft einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen sein wird. Bei einer im Sinne des § 80 Abs. 4 Z 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten ist die Aufrechterhaltung der seit 16.08.2019 bestehenden Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft verhältnismäßig.
Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft seit der letzten Schubhaftüberprüfung vom 06.03.2020 auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.
3.1.8. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.
Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.
3.1.9. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.
3.1.10. Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter Punkt 3.1.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Identität Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf strafrechtliche Verurteilung Überprüfung Untertauchen VerhältnismäßigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W180.2226127.5.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020