TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/6 W161 2222656-1

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Veröffentlicht am 06.04.2020
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Entscheidungsdatum

06.04.2020

Norm

AsylG 2005 §35
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W161 2222656-1/10E

W161 2222657-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. LASSMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft XXXX vom 21.7.2019, GZ. KONS/1186/2019, aufgrund des Vorlageantrags von 1. XXXX , geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , beide StA. Iran, beide vertreten durch Mag. Patrycja Pogorzelski, Rechtsanwältin in 1010 Wien, über die Beschwerden gegen die Bescheide der Österreichischen Botschaft XXXX vom 27.5.2019, zu Recht erkannt:

A) Den Beschwerden wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheiten zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

B) Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer, ein Ehepaar mit iranischer Staatsangehörigkeit, stellten am 07.03.2019 bei der Österreichischen Botschaft XXXX (in Folge: ÖB XXXX ) jeweils einen Antrag auf Ausstellung eines, für einen Zeitraum von 31 Tagen (20.04.2019 bis 04.06.2019) gültigen, und zur mehrfachen Einreise berechtigenden Visums der Kategorie C für den deklarierten Hauptzweck "Besuch von Familienangehörigen oder Freunden".

2. Mit Schreiben vom 05.05.2019 wurden die Beschwerdeführer zu einer Stellungnahme binnen einer Woche aufgefordert: Eine Prüfung habe ergeben, dass Bedenken gegen die Erteilung eines Visums wie beantragt bestehen. Die Absicht vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, habe nicht festgestellt werden können, es bestünden begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben. Das bei iranischen Staatsbürgern zwingend vorgeschriebene Konsultationsverfahren habe unter anderem ergeben, dass die Beschwerdeführer in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet seien. Ein Hauptwohnsitz erfordere allerdings das Vorhandensein einer Aufenthaltserlaubnis. Des Weiteren sei festgestellt worden, dass ein weiteres Familienmitglied kürzlich Asyl in Österreich beantragt habe. Dies sei deshalb von Relevanz, da die Beschwerdeführer im Visaantrag angeben, gemeinsam ihren in Österreich als anerkannter Flüchtling lebenden Sohn besuchen zu wollen. Die Botschaft habe eine sogenannte Rückkehrprognose zu erstellen. Die vorgelegten Unterlagen bzw. die sonstigen Angaben würden vorerst nicht ausreichen, um bei dieser Prognose zu einem positiven Ergebnis zu kommen.

3. Mit Schreiben vom 09.05.2019 teilte die rechtliche Vertreterin der Beschwerdeführer mit, dass es sich bei der Hauptwohnsitzmeldung der Mandanten um einen Irrtum seitens ihres Sohnes gehandelt habe. Dieser hätte seine Eltern nur für die Dauer des Aufenthalts in Österreich anmelden wollen und auf die Abmeldung vergessen, die nun umgehend erfolgen werde.

4. Mit Schreiben vom 14.05.2019 übermittelte die rechtliche Vertreterin der Beschwerdeführer eine Bestätigung über die Abmeldung der Beschwerdeführer vom 10.05.2019, eine Bestätigung des Kontostandes einer Bank im Iran vom 06.03.2019 sowie eine Eigentumsurkunde vom 31.10.1015.

Weiters wurde mitgeteilt, dass die Beschwerdeführer schon mehrere Male in die europäische Union gereist und jedes Mal fristgerecht zurückgekehrt seien. Mit Vorlage der Urkunden hoffe man davon zu überzeugen, dass die Beschwerdeführer rein touristische Zwecke verfolgen und die Bedenken hinsichtlich der allgemeinen wirtschaftlichen Situation im Iran in ihrem Falle nicht zum Tragen kommen.

5. Mit jeweils angefochtenem Bescheid vom 27.05.2019 verweigerte die ÖB XXXX den Beschwerdeführern das Visum mit der Begründung, dass die Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten auszureisen, nicht habe festgestellt werden können.

6. Gegen den Bescheid erhoben beide Beschwerdeführer fristgerecht inhaltlich gleich lautende Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

Darin bringen diese vor, im gegenständlichen Fall sei den Antragstellern vor Abweisung ihres Antrages keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden.

Aus den vorgelegten Urkunden gehe hervor, dass der Erstbeschwerdeführer eine Eigentumswohnung in XXXX besitze, seit 26. November 2018 Geschäftsführer und Stellvertreter des Vorsitzender einer namentlich genannten Industrie- und Produktionsprivat AG sei und als solcher ein monatliches Gehalt in Höhe von Rial 113.000.000,00 ins Verdienen bringe. Nach 31 Dienstjahren erhalte der Beschwerdeführer monatlich zusätzlich eine Pension in Höhe von Rial 60.031.753,00. Insgesamt verdiene der Erstbeschwerdeführer somit monatlich einen Betrag in Höhe von ca. ? 1.100. Dies sei mehr als das fünffache iranische Durchschnittseinkommen. Darüber hinaus sei der Erstbeschwerdeführer Gesellschafter und Mitglied der Vorstandsleitung der XXXX G. Die vorgelegten Urkunden, die die sehr engen Bindungen des Erstbeschwerdeführers zum Heimatland und seine sehr gute finanzielle Situation bekräftigen, wären für die belangte Behörde nicht ausreichend gewesen, um dessen Absicht aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, nachzuweisen.

Aus den vorgelegten Unterlagen gehe auch hervor, dass die Zweitbeschwerdeführerin bei der XXXX (Hersteller von industriellen Rolltreppen und Aufzügen) als Verkaufsleiterin beschäftigt sei und als solche ein monatliches Gehalt in Höhe von Rial 42.800.000,00 Gehalt plus Zulagen ins Verdienen bringe. Weiters sei sie seit 08.10.2018 Mitglied der Vorstandsleitung. Ihr Sparkonto weise ein Guthaben in Höhe von etwa Euro 6250 auf. Die Zweitbeschwerdeführerin lege eine Bestätigung der Sozialversicherung vor, aus der sich ergebe, dass seit 21.3.2005 bis 21.12.2018 für sie Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden wären. Aus diesen Unterlagen ergäbe sich eine starke wirtschaftliche Verankerung im Heimatland. Die Zweitbeschwerdeführerin nehme nicht nur eine wichtige Position in einem Unternehmen ein, verfüge über angespartes Vermögen und ein überdurchschnittliches Gehalt.

Darüber hinaus sei beiden Beschwerdeführern bereits mehrmals ein C-Visum ausgestellt worden. Ihnen sei in der Vergangenheit kein Verstoß gegen fremdenrechtliche Vorschriften vorzuwerfen, zumal sie immer vor Ablauf der Aufenthaltstitel ausgereist wären.

9. In der Folge erließ die ÖB XXXX mit Bescheid vom 21.07.2019, Zl. KONS/1186/2019 eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Absatz 1 VwGVG, in welcher die Beschwerden als unbegründet abgewiesen wurden.

10. Die Beschwerdeführer beantragten fristgerecht die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

11. Mit dem am 22.08.2019 eingelangten Schreiben des Bundesministeriums für Inneres, Integration und Äußeres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

12. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.08.2019 wurden die Beschwerden gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

Dagegen wurde Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

13. Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.2019 zu Zl.en Ra 2019/22/0198 und 0199-8 wurde das Erkenntnis des BVwG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

In den Erwägungen wird insbesondere festgehalten wie folgt:

"Nach ständiger hg. Rechtsprechung macht schon das Abstellen auf "begründete Zweifel" in Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex deutlich, es dürfe nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin im Schengenraum (unrechtmäßig) aufhältig blieben. Es werde daher konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung bedürfen und die Behörde könne die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem "Generalverdacht" zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig werde daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt seien, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen werde (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0100, mwN).

Das BVwG legte seiner Entscheidung im Wesentlichen zugrunde, die revisionswerbenden Parteien hätten Zweifel an der gesicherten Wiederausreise nicht ausräumen können; sie seien in ihrem Heimatland zwar wirtschaftlich verwurzelt, hätten jedoch keine sozialen oder familiären Bindungen im Iran nachweisen können, weil ihre beiden Söhne in Österreich lebten.

Diese Begründung ist aber vor dem Hintergrund, dass die revisionswerbenden Parteien - wie sich aus dem Vorlageantrag an das BVwG vom 29. Juli 2019 ergibt - eine weit verzweigte Verwandtschaft im Iran haben (sie haben jeweils vier Geschwister) und die Zweitrevisionswerberin ihre pflegebedürftige Mutter betreut, nicht nachvollziehbar.

Es mag zwar zutreffen, dass die familiäre Situation der revisionswerbenden Parteien bei ihren Aufenthalten in den Jahren 2014 und 2016 insofern war, als sich damals ihr jüngerer Sohn noch im Iran befand. Bei ihrem letzten Aufenthalt im Bundesgebiet von April bis Juni beziehungsweise Juli 2018 hielten sich jedoch bereits beide Söhne in Österreich auf; der jüngere Sohn stellte seinen Asylantrag bereits im August 2017. Dennoch reisten die revisionswerbenden Parteien im Sommer 2018 fristgerecht wieder aus dem Bundesgebiet aus. Dem Umstand, dass der Antrag des jüngeren Sohnes zwischenzeitlich abgewiesen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, kann kein maßgebliches Gewicht beigemessen werden. Dies bewirkt nämlich für die revisionswerbenden Parteien keine Änderung der familiären Situation.

Darüber hinaus bezog das BVwG die mit den Anträgen vorgelegten Buchungsbestätigungen für den Hin- und Rückflug in ihre Überlegungen nicht erkennbar ein (vgl. VwGH 14.11.2013, 2013/21/0137, mwN).

Hinsichtlich der maßgeblichen Bedeutung von korrektem Vorverhalten für die Beurteilung des Risikos einer rechtswidrigen Einwanderung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründung des hg. Erkenntnisses 2013/21/0137 verwiesen. Angesichts ihres bisherigen rechtskonformen Verhaltens, der festgestellten starken wirtschaftlichen Verwurzelung beider revisionswerbenden Parteien im Iran und den bestehenden engen familiären Bindungen insbesondere zur pflegebedürftigen Mutter der Zweitrevisionswerberin ist die rechtliche Beurteilung des BVwG, wonach die revisionswerbenden Parteien Zweifel an der gesicherten Wiederausreise nicht hätten ausräumen können, nicht nachvollziehbar."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer, ein Ehepaar aus dem Iran, wohnhaft in XXXX , stellten am 02.10.2014 bei der ÖB XXXX jeweils einen Antrag auf Ausstellung eines, für den Zeitraum von 20.04.2019 bis 04.06.2019 gültigen, und zur mehrfachen Einreise berechtigenden Visums der Kategorie C für den deklarierten Hauptzweck "Besuch von Familienangehörigen oder Freunden".

Ein Sohn der Beschwerdeführer, XXXX , geb. XXXX stellte nach Erteilung eines Schengenvisums C in Österreich am 13.8.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde diesem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.08.2015 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Dieser Sohn scheint als Einlader auf und gab eine Verpflichtungserklärung für die Beschwerdeführer ab.

Der zweite Sohn der Beschwerdeführer XXXX , geb. XXXX suchte nach Ausstellung eines vom 05.03.2017 bis 15.08.2017 gültigen nationalen Visums D am 18.08.2017 ebenfalls um Asyl in Österreich an. Mit Bescheid des BFA vom 26.06.2018 wurden seine Anträge auf internationalen Schutz und Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat abgewiesen, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs.1 Z.3 AsylG iVm § 9 BFA-VG erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dagegen erhob XXXX fristgerecht Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zu GZ W 235 2201867-1/8E wurde XXXX gemäß § 3 Abs.1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus den Akten der ÖB XXXX , insbesondere aus den schriftlichen Eingaben der beschwerdeführenden Parteien sowie allen in Vorlage gebrachten Unterlagen. Von Seiten der beschwerdeführenden Parteien wurde den getroffenen Feststellungen zu Person und Verfahrensablauf nicht substantiiert entgegen getreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerden:

§35 Asylgesetz 2005 (AsylG) i.d.g.F. lautet:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.

(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und

3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

§ 11 und 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) i.d.g.F. lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte. Im Verfahren zur Einteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

...

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."

§ 28 VwGVG i.d.g.F. lautet wie folgt:

. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

(6) Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

(7) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.

(8) Durch die Aufhebung der angefochtenen Weisung tritt jener Rechtszustand ein, der vor der Erlassung der Weisung bestanden hat; infolge der Weisung aufgehobene Verordnungen treten jedoch dadurch nicht wieder in Kraft. Die Behörde ist verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

3.2. Zur Zulässigkeit der Beschwerden ist - im Einklang mit dem Beschwerdevorbringen - und in Hinblick auf die durch die Beschwerdevorentscheidung klarer gefasste Erledigung festzuhalten, dass eindeutig jeweils ein Bescheid vorliegt und die Beschwerden daher insoweit zulässig sind.

3.3. Aufgrund der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes geäußerten Rechtsansicht ergibt sich, dass die von der erstinstanzlichen Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht im ersten Rechtsgang geäußerte Rechtsansicht, wonach berechtigte Zweifel an der Absicht der Beschwerdeführer vor Ablauf des Visums wieder in ihre Heimat zurückzukehren vorlägen, vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt wird.

Unter Berücksichtigung der dargelegten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes werden in der neuerlichen Entscheidung die vorgelegte Buchungsbestätigung sowie die behauptete wirtschaftliche Verwurzelung sowie die engen familiären Bindungen insbesondere zur pflegebedürftigen Mutter der Zweitbeschwerdeführerin zu überprüfen seien und gegebenenfalls in die - bei Vorhandensein derselben - positive Entscheidung einzufließen haben.

In Hinblick auf die derzeitige weltweite Situation durch das Corona-Virus, aufgrund derer aktuell auch der Visabetrieb in den österreichischen Botschaften vorübergehend eingestellt wurde, wird nach Wegfall der derzeit herrschenden Umstände jedenfalls neuerlich zu prüfen sein, ob die von den Beschwerdeführern behauptete Situation insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht aktuell nach wie vor vorliegt.

Aufgrund der Besonderheiten und der verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens kann die Durchführung der notwendigen Ermittlungen nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch das erkennende Gericht selbst durchgeführt werden. Es war daher mit der ersatzlosen Behebung der gegenständlichen Bescheide vorzugehen.

Gemäß § 11a Abs.2 FPG war diese Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Rechtsanschauung des VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W161.2222656.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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