Entscheidungsdatum
07.04.2020Norm
ASVG §410Spruch
W198 2222971-2/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , gegen den Bescheid der SVS (Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen), früher SVA (Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien) vom 29.07.2019, VSNR: XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (im Folgenden: SVA) hat mit Bescheid vom 29.07.2019, VSNR: XXXX , gemäß § 410 ASVG iVm § 194 GSVG den Antrag des XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) vom 29.04.2019 betreffend die Widmung seiner Einzahlungen für die Nachbemessungen der Jahre 2014, 2015 und 2016 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass für den Bereich des GSVG weder eine Widmung von Beitragszahlungen in der Form, etwa nur Pensionsversicherungsbeiträge oder Krankenversicherungsbeiträge bezahlen zu wollen, noch eine von der Anrechnungsregel des § 35 Abs. 1 letzter Satz GSVG abweichende Widmung von Teilzahlungen bei Beitragsrückständen möglich sei. Gegen die gesetzliche Anrechnungsregel des § 35 Abs. 1 letzter Satz GSVG, wonach Teilzahlungen bei Beitragsrückständen auf den jeweils ältesten Rückstand anzurechnen seien, würden keine Bedenken bestehen. Zahlungen würden bei Beitragsrückständen auf den jeweils ältesten Rückstand angerechnet werden. Eine Widmung von Teilzahlungen sei daher nicht möglich.
2. Gegen diesen Bescheid vom 29.07.2019 hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13.08.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben und wurde der Antrag gestellt, seine am 29.12.2016 erfolgten gewidmeten Zahlungen (? 1.986,38 mit Widmung "Nachzahlung 2014"; ? 8.710,68 mit Widmung "Nachzahlung 2015" und ? 5.000,00 mit Widmung "Vorauszahlung für 2016 Nachbemessung") entsprechend der ausdrücklichen Widmungen zu verwenden bzw. den jeweiligen Jahren zuzuordnen. Die Rechtsansicht der SVA, dass eine Widmung von Teilzahlungen nicht möglich sei, sei verfehlt. Gerade wegen der steuerlichen Zuordnung der jeweiligen Zahlungen sei eine Widmung zwingend.
3. Die Beschwerdesache wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 05.09.2019 zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Schreiben der SVA vom 24.01.2017 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Nachbelastung 2014 und 2015 in Höhe von ? 10.697,06 komplett fällig gestellt worden sei. Es bestehe derzeit ein Guthaben auf dem Beitragskonto des Beschwerdeführers. Sofern ein Guthaben auf dem Beitragskonto bestehe, werde technisch automatisch die Quartalsvorschreibung gegengebucht. Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass er, um die von ihm getätigte Zahlung in Höhe von ? 5.000,00 nur für die eventuell entstehende Nachzahlung 2016 zu verwenden, die laufenden Vorschreibungen "gesondert" einzahlen müsse.
Mit Schreiben vom 26.02.2019 teilte der Beschwerdeführer der SVA mit, dass er am 29.12.2016 folgende Beträge mit bestimmter Widmung überwiesen habe: ? 1.986,38 Widmung mit "Nachzahlung 2014", ? 8.710,68 mit Widmung "Nachzahlung 2015" und
? 5.000,00 mit Widmung "Vorauszahlung für 2016 Nachbemessung". Auf die Widmungen habe er mit Schreiben vom 04.01.2017 gesondert hingewiesen. Nunmehr müsse er feststellen, dass die Zuordnung der einzelnen Beiträge zu bestimmten Beitragsjahren nicht erfolgt sei und beantrage er die Zuordnungskorrektur entsprechend den einzelnen Widmungen für die Jahre 2014 bis 2016 vorzunehmen.
Mit Schreiben der SVA vom 27.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Möglichkeit, Vorauszahlungen kommenden Nachbelastungen zuzuordnen, nicht bestehe. Weiters wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass durch seine Vorauszahlung ein Guthaben entstanden sei. Die Nachbelastungen für die Jahre 2014 und 2015 seien bereits im Jahr 2017 vorgeschrieben und mit dem Guthaben gegengerechnet worden. Da der Beschwerdeführer auch nebenbei die laufenden Beiträge einbezahlt habe, habe zum 31.12.2017 noch ein Teilguthaben in der Höhe von ? 4.983,41 bestanden. Mit diesem Guthaben sei die Vorschreibung für das 1. und 2. Quartal 2018 gedeckt worden; Zahlungen habe er erst wieder für die Beiträge ab dem 3. Quartal 2018 geleistet. Eine Zuordnung der Einzahlung des Beschwerdeführers in Höhe von ? 5.000,00 auf die kommende Nachbelastung 2016 sei nicht möglich. Abgesehen davon sei mit diesem Betrag die Vorschreibung für das 1. und 2. Quartal 2018 gedeckt worden.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der unzweifelhaften Aktenlage des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts und sind unstrittig. Es handelt sich im vorliegenden Fall um die Beurteilung einer reinen Rechtsfrage.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die SVA.
§ 414 Abs. 1 ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 194 GSVG gelten hinsichtlich des Verfahrens zur Durchführung dieses Bundesgesetzes die Bestimmungen des Siebenten Teiles des ASVG. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. Nach § 194 Z 5 GSVG sind die Abs. 2 und 3 des § 414 ASVG, welche die Entscheidung eines Senates auf Antrag einer Partei in Angelegenheiten des § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG vorsehen, in Verfahren zur Durchführung des GSVG jedoch nicht anzuwenden. Da die Entscheidung durch einen Senat auch sonst nicht vorgesehen ist, liegt im gegenständlichen Fall Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Absehen von einer Beschwerdeverhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages, der gegenständlich nicht vorliegt, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Gemäß § 35 Abs. 1 GSVG sind die Beiträge, sofern im Folgenden nichts Anderes bestimmt wird, mit dem Ablauf des Kalendermonates fällig, für den sie zu leisten sind. Der Beitragsschuldner hat auf seine Gefahr und Kosten die Beiträge an den Versicherungsträger unaufgefordert einzuzahlen. Sie bilden mit den Beiträgen zur Unfallversicherung eine einheitliche Schuld.
Nach § 35 Abs 1 letzter Satz GSVG werden - solange nicht alle Beitragsschulden bezahlt sind - Zahlungen anteilsmäßig und auf die Beitragsschuld für den jeweils ältesten Beitragszeitraum (offener und trotz bereits eingetretener Fälligkeit noch nicht bezahlter Beitrag) angerechnet. Eine Widmung von Teilzahlungen ist daher nicht möglich (OLG Linz SV-Slg. 54.338). Es ist nicht möglich, Beitragszahlungen nur zur Begleichung von Pensionsversicherungsbeiträgen oder Krankenversicherungsbeiträgen zu widmen, da diese mit den Unfallversicherungsbeiträgen eine einheitliche Schuld bilden. Ebenso ist eine Anrechnung auf andere Beitragsrückstände als die im letzten Satz vorgesehen ältesten Rückstände nicht möglich (10 ObS 91/02h). Diese Anrechnungsregel entspricht im Wesentlichen der nach dem allgemeinen Zivilrecht subsidiär heranzuziehenden Regelung des § 1416 ABGB, der die gesetzliche Reihenfolge bei der Tilgung mehrerer Schuldposten regelt (vgl. Aminger-Solich in Sonntag (Hrsg.), GSVG (2017) zu § 35 Rz 3).
Wie die belangte Behörde sohin richtig ausführt, sind gemäß § 35 Abs. 1 letzter Satz GSVG - solange nicht alle Beitragszahlungen abgestattet sind - Zahlungen anteilsmäßig auf die Beitragsschuld für den jeweils ältesten Beitragszeitraum anzurechnen. Der belangten Behörde ist weiters zuzustimmen, dass eine Widmung von Zahlungen nicht stattfinden kann.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Verwiesen wird auf die unter Punkt II., 1. zitierte Judikatur.
Schlagworte
Beitragsrückstand BeitragszahlungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W198.2222971.2.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020