TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/7 W166 2196785-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2020
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Entscheidungsdatum

07.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VOG §1

Spruch

W166 2196785-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Carmen LOIBNER-PERGER als Vorsitzende und die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Steiermark, vom 18.04.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz in Form der Übernahme der Kosten für eine psychotherapeutische Krankenbehandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 14.04.2017, beim SMS am 20.04.2017 eingelangt, einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz in Form der Übernahme der Kosten für eine psychotherapeutische Krankenbehandlung beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (in der Folge: belangte Behörde). Antragsbegründend gab sie an, sie hätte Missbrauch über Jahre erlitten und hätte sich der in den Jahren 2004 bis 2008 ereignet. Der Täter sei nicht verurteilt worden, das Verfahren sei "wegen Todes" eingestellt worden. Mit dem Antrag legte sie die Kopie ihres Staatsbürgerschaftsnachweises samt einer Kopie eines Beschlusses auf Verhängung der Untersuchungshaft über den Täter vom 13.02.2009 sowie eine Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft vom 25.06.2009 über die Einstellung des Verfahrens wegen Todes vor. Dem Verwaltungsakt ist zu entnehmen, dass sich der Täter während der Untersuchungshaft in der Zelle einer Justizanstalt erhängt hat.

Zur Beurteilung möglicher Anspruchsvoraussetzungen nach dem Verbrechensopfergesetz trat die belangte Behörde mit Fragestellungen an die von der Beschwerdeführerin genannte Psychotherapeutin und betreffend den Strafakt an die Staatsanwaltschaft heran.

Mit Schreiben vom 19.06.2017 teilte die Psychotherapeutin mit, dass die Beschwerdeführerin nun zwei Mal zur Gesprächstherapie in ihrer Praxis gewesen sei, und dass zu Behandlungsbeginn bei der Beschwerdeführerin neben Problemen in Beziehungen (Abhängigkeiten) auch Körpersymptome wie Entzündungen im Darmbereich auf posttraumatischen Stress hinweisen würden.

Der Strafakt wurde in Kopie zum Verwaltungsakt genommen.

Zur Beurteilung einer allfälligen psychischen Gesundheitsschädigung, wurde seitens der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Dr. XXXX vom 03.01.2018, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, eingeholt, in welchem Nachfolgendes ausgeführt wurde:

"Fragestellungen:

1. Welche Gesundheitsschädigungen liegen derzeit vor?

2. Welche dieser Gesundheitsschädigungen sind mit Wahrscheinlichkeit auf die oben angeführten Straftaten zurückzuführen?

3. Falls die gegenständlichen Straftaten nicht alleinige Ursache sind, wird um Beurteilung ersucht, ob das Verbrechen als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen hat. Es wird ersucht, ausführlich darzulegen, was für den wesentlichen Einfluss des Verbrechens spricht und was dagegen.

4. Falls die Kausalität bejaht wird, wird um Stellungnahme ersucht, ob die festgestellten verbrechenskausalen Leiden eine adäquate/angemessene Folge des Verbrechens sind.

5. Für welchen Zeitraum erscheint eine psychotherapeutische Behandlung verbrechensbedingt notwendig bzw. wann ist eine Nachuntersuchung sinnvoll?

1. Aktenauszug:

Psychologischer Befundbericht Dr. XXXX vom 19.6.2017:

Frau XXXX war nur für zwei Gesprächseinheiten in meiner Praxis. Die Gestaltung der Mann/Frau-Beziehung ist für die Patientin sehr schwierig und wird nicht autonom bzw. konstruktiv gestaltet. Beziehungen führen zu Abhängigkeiten und in Folge zu Abbrüchen. Psychotherapie ist notwendig, um konstruktives Beziehungserleben erfahren zu können. Morbus Crohn zählt zu den Autoimmunerkrankungen und kann als körperliche Folgeerkrankung psychischer Traumata gesehen werden. Psychotherapie als produktiver Faktor zur notwendigen Stressregulation ist hier dringend zu empfehlen. Hier besteht eindeutig die Gefahr von chronisch körperlicher Erkrankung.

2. Eigene Untersuchung:

Die Untersuchung erfolgt in der Ordination des gefertigten Gutachters. Der Nachweis der Identität erfolgt mittels Führerscheines mit der amtlichen Nummer XXXX . Nach Aufklärung nach gutachterlichem Standard hat diese keine weiteren Fragen zur Untersuchung.

Frau XXXX gibt an, am XXXX in XXXX geboren worden zu sein. Sie habe die Volksschule, die Hauptschule absolviert, danach die Ausbildung zur Kindergartenpädagogin absolviert. Sie habe danach keine berufliche Tätigkeit begonnen, sondern gleich das Studium für Pädagogik gestartet. Sie befinde sich aktuell im 7. Semester, nächstes Jahr sei sie mit dem Studium fertig. Sie arbeite nebenbei geringfügig zu 20-30 Stunden pro Monat als Freizeitassistentin im Bereich der Behindertenbetreuung. Aus privater Sicht her gibt sie an ledig zu sein. Sie habe keine Kinder.

Die Untersuchte gibt an, dass sie seit Mai d.J. in unregelmäßigen Abständen in psychologischer Betreuung stehen würde. Eine regelmäßige Behandlung habe noch nicht stattgefunden. Ein psychiatrisch-stationärer Aufenthalt sei ebenso noch nie absolviert. Sie sei zweimalig bei Herrn Dr. XXXX , Facharzt für Psychiatrie und Neurologie, in Behandlung gewesen, erstmalig im September 2017. Es sei ein Antidepressivum verordnet worden, dieses habe sie jedoch nicht vertragen, deshalb habe sie es selbständig auch wieder abgesetzt.

Sie habe keine Gesprächstherapie im Anschluss an die Straftaten begonnen, da sie gedacht habe, sie könne mit diesen Problemen selber fertig werden. Sie habe mit Freundinnen darüber gesprochen. Jetzt sei es vor ca. 2-3 Jahren zum vermehrten Auftreten von körperlichen Erkrankungen gekommen, dabei insbesondere von Durchfällen, die auch organisch abgeklärt wurden. Primär wurde eine Morbus Crohn Erkrankung diagnostiziert, bei der letzten Untersuchung konnte nach Einnahme einer mehrere Wochen andauernden Therapie kein Hinweis mehr für eine Morbus Crohn Erkrankung getroffen werden. Ein Reizdarmsyndrom wurde in den Raum gestellt. Die Untersuchte gibt an, dass sie aufgrund dieser körperlichen Beschwerden auch immer wieder Einschlaf- als auch Durchschlafstörungen habe. Nachhallerinnerungen in Form von Flashbacks in Bezug auf die stattgehabten Taten würden nicht auftreten.

Albträume würden ebenso nicht auftreten. Seit einem Jahr erlebe sie wiederholt Tiefs ihrer Stimmungslage. Sie gibt dazu an, dass dies auch damit zusammenhänge, dass sie seit ca. einem Jahr in keiner Partnerschaft mehr leben würde. Sie habe das Problem, dass sie nicht alleine sein könne, dies falle ihr sehr schwer. Zuvor sei sie in einer ca. 3 Jahre lang bestehenden Partnerschaft gestanden, dabei habe sie sich sehr schlecht behandelt gefühlt, sei in einer gewissen Form abhängig vom Partner gewesen, dies hätte sie stark belastet.

Zuvor sei es in ihrem 7. bzw. 8. Lebensjahr zur Scheidung ihrer Eltern gekommen, dies wäre ebenso belastend gewesen. Sie habe jetzt zu ihrem Vater immer wieder Kontakt, jedoch nicht regelmäßig. Sie habe ihre Jugend in weiterer Folge bei der Mutter verbracht, zu ihr habe sie es ein gutes Verhältnis. Zudem gibt Frau XXXX an, dass sie ihr Studium für Pädagogik als sehr stressvoll und belastend empfinde. Sie habe es zwar jetzt in einem guten Zeitraum absolvieren können, jedoch habe dies ihre Psyche belastet. Ferner gibt die Untersuchte an, dass es bis dato zu keinen regelmäßigen Alkohol- oder Drogenkonsumgewohnheiten gekommen sei. Weinerliche Durchbrüche würden ebenso nicht auftreten.

Alkoholkonsum:

Gelegentlich.

Nikotinkonsum:

Gelegentlich.

Drogenkonsum:

Wird negiert.

Medikation:

Keine

Somatische Erkrankungen:

Reizdarmsyndrom, Hypothyreose.

Psychopathologischer Status:

Patient wach, bewusstseinsklar, zu allen Qualitäten orientiert. Die Stimmung leicht gedrückt, vom Affekt her schwingungsfähig, der Antrieb unauffällig, der Ductus formal und inhaltlich kohärent. Konzentration, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit gering reduziert, keine Flashbacks, keine produktiv psychotische Symptomatik erhebbar, die Ich-Grenzen intakt. Wiederholt auftretende Schlafstörungen, keine Suizidgedanken.

Gutachterliche Stellungnahme:

Im Zuge der durchgeführten psychiatrischen Exploration sowie in Zusammenschau mit den aktenkundigen Darstellungen kann zu den an den Gefertigten gestellten Fragen wie folgt Stellung bezogen werden:

ad 1)

Leichte depressive Reaktion mit Somatisierungstendenz, F32.0.

ad 2)

Die oben angeführte Gesundheitsschädigung ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf die oben angeführten Straftaten zurückzuführen.

Hinweise auf das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung zeigen sich aktuell nicht.

ad 3)

In der Biographie der Untersuchungen zeigen sich mehrere belastende Faktoren. Zum einen die Scheidung der Eltern in der frühen Kindheit der Untersuchten, ebenso eine belastende Partnerschaft als auch eine stressvolle Ausbildung, die derzeit zur Entstehung der depressiven Erkrankung beigetragen haben. Des Weiteren zeigt sich die Depression vergesellschaftet mit einer Somatisierungsneigung, worunter auch die Entstehung des derzeit bestehenden Reizdarmsyndroms fällt.

ad 4)

Es besteht keine Kausalität.

ad 5)

Eine psychotherapeutische Behandlung erscheint verbrechensbedingt nicht notwendig."

Aufgrund einer von der Beschwerdeführerin - im Rahmen des ihr eingeräumten Parteiengehörs - eingebrachten Stellungnahme, wurde die nachfolgende ergänzende fachärztliche Stellungnahme vom 01.04.2018 eingeholt:

"Zur persönlichen psychiatrischen Exploration vom 28.12.2017 halte ich fest, dass die Untersuchung gemäß den Standards einer psychiatrischen Exploration erfolgte, dies erfolgte in keiner Weise, wie festgehalten von der Antragstellerin, in oberflächlicher Art und Weise, ebenso war das Zeitausmaß ausreichend. Bezüglich der Qualitätskriterien verweise ich auf mein Diplom für forensisch-psychiatrische Gutachten als auch auf meine Tätigkeit als gerichtlich beeideter Sachverständiger.

Wie in meinem Gutachten vom 3.1.2018 festgehalten, zeigt sich eine leichte depressive Störung mit einer Somatisierungstendenz. Eindeutige Hinweise auf das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung zeigten sich nicht.

Im Zuge der ausführlichen psychiatrischen Exploration konnten sich keine eindeutigen verbrechenskausalen Faktoren evaluieren, die oben angeführte Erkrankung ist als ätiologisch multifaktoriell abzuleiten.

Somit bleibt die nervenfachärztliche Stellungnahme durch den gefertigten Gutachter vom 3.1.2018 aufrecht, dass mehrere belastende Faktoren im Leben von der Antragstellerin zum Auftreten der depressiven Erkrankung geführt haben, worunter kein eindeutiger monokausaler Zusammenhang mit den oben angeführten Straftaten geführt werden kann. Zudem zeigt sich eine erhebliche zeitliche Latenz zwischen dem Auftreten der körperlichen Symptome als auch der gegenständlich stattgehabten Straftaten. Somit kann auch aus psychiatrischer Sicht kein eindeutiger ätiologischer Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Morbus Crohn Erkrankung und den geschilderten Straftaten gestellt werden."

Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 18.04.2018 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin ab. Begründend wurde ausgeführt, dass auf Grund des Ermittlungsverfahrens mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum 2004 bis 2008 Opfer von Straftaten im Sinne des § 1 Abs. 1 VOG durch den angeführten Täter geworden sei, in dem fachärztlichen Sachverständigengutachten eine "leichte depressive Reaktion mit Somatisierungstendenz" diagnostiziert worden sei, welche allerdings nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf die Straftaten zurückzuführen, und daher auch aus ärztlicher Sicht eine verbrechenskausale Psychotherapie nicht erforderlich sei. Neue medizinische Beweismittel wurden mit der Beschwerde nicht vorgelegt.

Die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre Mutter (Vollmacht liegt vor), brachte in der Beschwerde vor, der fachärztliche Sachverständige habe das Gespräch in die Richtung gelenkt, dass ihr das Studium und der Job zu anstrengend sei, und dies Spuren hinterlasse, der Missbrauch aber nicht. Überdies sei das Gutachten der Psychotherapeutin und der Befund eines Psychiaters bei der gutachterlichen Beurteilung nicht berücksichtigt worden.

Die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 29.05.2018 vorgelegt.

Zur Beurteilung der Einwendungen in der Beschwerde wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes ein ergänzendes Sachverständigengutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. XXXX vom 01.02.2020, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, eingeholt und wie folgt ausgeführt:

"Fragestellungen:

1. Welche Gesundheitsschädigungen liegen derzeit vor?

Anmerkung: falls die SV zu einer dem fachärztlichen Befund Dris. XXXX gegenteiligen Diagnose gelangt, wird um entsprechende Begründung ersucht, weshalb die Beschwerdeführerin nicht (mehr) an einer posttraumatischen Belastungsstörung bzw. Panikstörung leidet.

2. Ist/sind diese Gesundheitsschädigung(en) mit Wahrscheinlichkeit auf die oben angeführten Straftaten zurückzuführen?

3. Falls die gegenständlichen Straftaten nicht alleinige Ursache sind, wird um Beurteilung ersucht, ob die Straftaten als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen haben. Es wird ersucht ausführlich darzulegen, was für den wesentlichen Einfluss der Straftaten spricht und was dagegen.

4. Falls die Kausalität bejaht wird: Für welchen Zeitraum erscheint eine psychotherapeutische Behandlung verbrechensbedingt notwendig bzw. wann ist eine Nachuntersuchung sinnvoll?

Die SV werde ersucht die vorgelegten, jeweils oben mit den Aktenblättern (Abl.) angeführten, medizinischen Unterlagen zu berücksichtigen bzw. in ihr Gutachten miteinfließen zu lassen und erforderlichenfalls (insbesondere bei abweichender Beurteilung) dazu Stellung zu nehmen.

Sollte die Beschwerdeführerin zur Untersuchung weitere medizinische Unterlagen mitbringen, haben diese ebenfalls in das Gutachten einzufließen und sind entsprechend zu berücksichtigen.

Sollte aus gutachterlicher Sicht die Beiziehung weiterer Sachverständigen aus anderen Teilbereichen der Medizin für erforderlich erachtet werden, so wird ersucht, dies entsprechend dem Bundesverwaltungsgericht umgehend mitzuteilen.

Sachverhalt:

Fr. XXXX wurde Opfer eines sexuellen Missbrauches, indem XXXX , der Vater einer Freundin des Opfers, im Jahr 2004 sein entblößtes Glied an ihre unbekleidete Scheide ansetzte und im Zeitraum von 2003 bis 2008 ihre bekleidete, ab 2006 ihre unbekleidete Scheide, und ab Anfang 2008 ihre bereits entwickelten Brüste betastete. Über Herrn XXXX wurde, bei dringendem Verdacht seine Tochter und deren Freundin XXXX wiederholt sexuell missbraucht zu haben, eine Untersuchungshaft verhängt.

Der dringende Verdacht wurde durch die Angaben von XXXX vor der Polizei und ihrer kontradiktischen Vernehmung begründet.

XXXX hat sich am 24. Juni 2009 während der U-Haft in seiner Zelle erhängt.

Aus der medizinischen/therapeutischen Dokumentation

1. Bestätigung der Psychotherapeutin, Fr. XXXX MSC vom 19.06.2017

Es haben 2 Gesprächseinheiten stattgefunden. Die Schilderungen der sexualisierten Gewalterfahrung in der Kindheit werden mit den erhobenen Symptomen in Zusammenhang gebracht. Die Psychotherapeutin nennt Probleme in Beziehungen (Abhängigkeiten) und körperliche Symptome (Entzündungen im Darmbereich - Vorstufe zu Morbus Crohn) als auf posttraumatischen Stress weisende Symptome.

Die Beziehungen in den Partnerschaften würden nicht autonom gestaltet und in Folge zu Abhängigkeiten und Abbrüchen geführt haben. Die Psychotherapie wird als notwendig bezeichnet um konstruktives Beziehungs-Erleben erfahren zu können.

Morbus Crohn, als eine Autoimmunerkrankung könne als körperliche Folgeerkrankung psychische Traumata gesehen werden.

Die Psychotherapie wird als protektiver Faktor zur notwendigen Stressregulation, um der Chronifizierung vorzubeugen, gesehen. Bezüglich des familiären Hintergrunds werden keine aktuellen Probleme genannt, welche die Ursache der geschilderten Symptomatik sein könnten.

2. Befundbericht, Dr. XXXX , FA f. Psychiatrie und Neurologie vom 21.09.2017

Beschwerden: Beklemmung, aufsteigendes Hitzegefühl, beschleunigter Herzschlag, Gefühl die Kontrolle zu verlieren, Angst zu kippen; in Vorgeschichte Belastung durch Missbrauchserfahrungen

Psychischer Befund: leicht agitiert, besorgt, ängstlich angespannt, unruhig mit einer gewissen Somatisierungstendenz, kein ausgeprägt depressives Syndrom

Diagnose: posttraumatische Belastungsstörung, Panikstörung

Therapieempfehlung: Psychotherapie, medikamentös Sertralin 25 bis 50 mg morgens.

3. Psychiatrisches Gutachten Dr. XXXX , FA f. Psychiatrie und psychotherapeutische

Medizin, Sozialministeriumservice vom 3.01.2018

Angaben der Untersuchten: Unregelmäßig in psychologischer Betreuung seit Mai 2018; 2x beim FA f. Psychiatrie, erstmalig 2017 gewesen. Ein verschriebenes Antidepressivum habe sie nicht vertragen.

Sie habe keine Therapie im Anschluss an die Straftaten begonnen und versuchte mit den Problemen fertig zu werden.

Seit 2-3 Jahren sei es zu vermehrten körperlichen Symptomen gekommen, insbesondere zu Durchfällen und Morbus Crohn. Dieser sei inzwischen ausgeheilt. Ein Reizdarmsyndrom wurde in den Raum gestellt. Es wurden Ein- und Durchschlafstörungen aufgrund der körperlichen Beschwerden berichtet. Es seien keine Nachhallerinnerungen (Flashbacks) in Bezug auf die Straftaten oder Albträume aufgetreten.

Die aufgetretenen Stimmungsschwankungen wurden mit Abbruch der Partnerschaft und Alleinsein begründet.

Diagnosen: leichte depressive Reaktion mit Somatisierungstendenz. Die Gesundheitsstörung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf das Verbrechen zurückzuführen.

4. In ihrer Stellungnahme vom 23.02.2018 bezeichnete Fr. XXXX die psychiatrische Begutachtung als nicht akzeptabel:

a. Der Meinung der Psychotherapeutin, M. Crohn sei aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) entstanden, wurde nicht gefolgt. Auch Magen- Darmprobleme ohne ersichtliche Ursache, seien Folge des PTBS.

b. "Gestörte Beziehungserfahrungen und Abhängigkeitssyndrom" seien als Folgen des

Verbrechens nicht gewürdigt worden.

c. Sie habe die Erinnerungen an das Verbrechen verdrängt und sei erst im Zuge der

Psychotherapie darauf gekommen.

d. Da sie in ihrem Leben beeinträchtigt und eingeschränkt sei, habe sie seit langem mehrere Ärzte aufgesucht, die ihr aber nicht helfen konnten. Durch die Psychotherapie sei sie auf dem richtigen Weg die Erlebnisse aufarbeiten zu können.

e. Die Untersuchung habe sie als oberflächlich erlebt.

5. Äußerung der Mutter, Frau XXXX zum GA Dris XXXX , vom 26.02.2018

Ihre Tochter habe als Opfer des Missbrauchs sich an den Armen geritzt, sei magersüchtig gewesen, würde an Bauchschmerzen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Angstzuständen, Panikattacken und unzählbaren grippalen Infekten gelitten haben und leiden.

Der Täter habe sich durch seinen Selbstmord der Hauptverhandlung entzogen.

Die gesamte Familie sei einer Hetzkampagne ausgesetzt gewesen. Man habe sie beschuldigt, den Täter in den Mord getrieben zu haben. Ihre Tochter sei als Mörderin und Lügnerin beschimpft worden, wodurch sie als dreifaches Opfer dagestanden sei." Die Tochter habe ganze Geschichte in den hintersten Winkel ihrer Seele verbannt.

Die Kosten der Therapie ihrer Tochter könne sie nicht tragen.

Um ihre Glaubwürdigkeit zu untermauern beruft sich die Mutter in ihrer Äußerung auf die prozessuale Begleitung ihrer Tochter durch "Rettet das Kind" und das Jugendamt.

Gutachterliche Untersuchung am 22.11.2019

Eigene Angaben:

Fr. XXXX kommt in Begleitung ihrer Mutter, aus der Nähe von XXXX angereist.

Während der Untersuchung bleibt die Mutter im Vorraum.

Die Untersuchte gibt an:

Sie studiere seit 2 Jahren.

Es gehe ihr tendenziell besser, die Psychotherapie helfe ihr.

Sie leide unter Magen-, Bauchschmerzen, Schwindelanfällen, vielen Infekten und Panikattacken. Die Panikattacken würden ohne Anlass auftreten, eine 1/2 bis 1 Stunde andauern und mit Kribbeln Schwindel, Herzrasen, Zittern auftreten.

Sie habe einen Spruch gelernt, welchen sie im Falle eines Anfalls, wenn sie allein sei, aufsage.

Die letzte Panikattacke habe sie in Anwesenheit ihres Freundes, erlitten.

Sie studiere Sozialpädagogik, dies funktioniere gut, schreibe jetzt an der Masterarbeit und beabsichtige in einem Jahr fertig zu werden. "Einen Stress", bezogen auf das Studium verspüre sie nicht.

Sie habe eigene Wohnung, wohne nicht mit ihrem Freund zusammen. Die Beziehung habe vor einem Monat begonnen. Der frühere Freund habe sie betrogen und dann die Beziehung beendet.

Ihr Sexualleben beschreibt sie als aktiv.

Die Übergriffe haben im Alter von sieben Jahren begonnen und über Jahre, bis zum 11.-12. LJ angedauert. Sie habe sich ihrer Freundin, anvertraut. Die Mutter der Freundin habe die Anzeige erstattet.

Sie habe ihrer Mutter, als sie zwölf Jahre alt gewesen sei, von den Übergriffen erzählt. Beide Familien seien gut befreundet gewesen.

Sie sei beim Prozess abgesondert vernommen worden, die Organisation "Rettet das Kind" habe sie dabei begleitet.

Sie habe "Stress" wegen ihrer Lebenssituation.

Die Erinnerungen seien ziemlich ausgelöscht gewesen, im Hinterkopf verpackt gewesen. Ihre Beziehung zum vorletzten Freund, obwohl dieser sie betrogen habe, sei gut gewesen und habe auf körperlicher Sympathie beruht.

Der SV, Dr. XXXX , habe bestritten, dass Morbus Crohn eine psychosomatische Erkrankung sei, obwohl ihre Therapeutin es dargelegt habe. Als sie krank gewesen sei, habe sie acht Tabletten nehmen müssen. Nun sind die Entzündungen zurückgegangen, sie sei seit eineinhalb Jahren beschwerdefrei. Geblieben seien Durchfälle und Bauchschmerzen. Auf stressreiche Situationen reagiere sie mit Durchfällen.

Es bestehe bei ihr keine Speisenunverträglichkeit.

Es habe Tage gegeben, an denen sie die Wohnung nicht verlassen konnte, da sie so häufig auf die Toilette musste.

Die Erkrankung habe mit 19-20 Jahren begonnen. Am Anfang habe sie den Durchfällen keine Bedeutung beigemessen. Die Diagnose sei schließlich 2016 gestellt worden.

Nachdem man keine medizinische Ursache der Beschwerden gefunden habe, habe sie "Doktor" XXXX kontaktiert, bei der sie seit Mai 2017 in Behandlung sei.

Die Psychotherapie würde in Abständen von 2-3 Wochen, abhängig von Frau XXXX stattfinden.

Es gehe ihr schlecht, sie sei lustlos, unternehme nicht viel, sei unruhig und habe Bauchbeschwerden.

2017 sei sie beim Psychiater Dr. XXXX gewesen und habe Sertralin genommen.

Ein großer Teil ihrer Kindheit sei "verschüttet" gewesen. Durch die Gespräche bekomme sie mit, wie es wirklich gewesen sei. Eigene Erinnerungsquelle habe sie jedoch nicht, sie fühle sich so, als ob sie nicht dabei gewesen wäre. Bei den Gesprächen komme immer wieder etwas auf.

Sie habe immer wieder Schlafprobleme, könne nicht einschlafen oder wache des Öfteren auf. Warum sie aufwache wisse sie nicht. Dissoziative Zustände habe sie nie erlebt.

Sie wisse von ihrer Therapeutin, dass sie an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide, dass sie vor allem psychosomatisch krank sei und sich bei den Beziehungen viel gefallen lasse - das sei eine Abhängigkeit.

Sie habe seit zwölf Jahren eine Freundin, die gleich alt wie sie sei, und Kindergärtnerin. Sie bekomme eine Studienbeihilfe, einen Zuschuss vom Vater und arbeite geringfügig als persönliche Assistentin für Menschen mit Behinderung.

Wenn Sie mit Studium fertig werde, möchte sie in Kinder- oder Jugendhilfe arbeiten.

Ihre Beziehung zu Mutter habe sie mittlerweile gut gebessert. Anfänglich sei sie sehr enttäuscht gewesen, dass ihre Mutter, wissend über den Missbrauch, ihr nicht geholfen habe.

In der kleinen Ortschaft, aus der sie stamme und in der ihre Mutter noch immer wohne, sei ihre Familie nach der Inhaftierung und verstärkt nach dem Ableben des Täters einer Hetzkampagne und Verfolgung ausgesetzt gewesen. Es gab Drohungen, Steinschläge gegen das Haus.

Auch ihrer Mutter sei es schlecht gegangen. Diese bekomme noch immer Anrufe vom Bruder des Täters.

Sie sei mit 17 -18 Jahren wütend auf die Mutter gewesen, jetzt habe sich ihre Beziehung deutlich gebessert.

Ihre Mutter sei, genauso wie sie in psychotherapeutischer Behandlung und erhalte Medikamente.

Ihrer Freundin (der Tochter des Täters) wurde der Kontakt zu ihr verboten.

Sie habe sich schuldig an dem Selbstmord des Täters und verantwortlich dafür gefüllt. Ihre Eltern haben sich als sie sieben Jahre alt gewesen sei, scheiden lassen. Zum Vater bestehe ein oberflächlicher Kontakt, mit ihrem älteren Bruder verstehe sie sich jetzt gut.

Die erlebte Verfolgung habe die Familie zusammengeschweißt.

Sie träume von absurden Dingen, ohne Sinn, auch die am Tag erlebten Kleinigkeiten fließen in die Träume ein.

Ihre Regel sei unregelmäßig, sie verhüte nicht. Sie habe wegen einer geplatzten Zyste am Eierstock eine Notoperation erleiden müssen, habe 1 L. Blut im Bauch gehabt.

Eine Knieoperation vor vier Jahren sei wegen luxierter Kniescheibe notwendig gewesen. Sie sei enttäuscht und traurig, dass sich der Täter erhängt habe, da sie wusste, dass dadurch ihre Freundschaft mit seiner Tochter zu Ende gehen muss. Sie und auch die Tochter des Täters seien wütend, dass der Täter den leichteren Weg gegangen ist.

Die Panikattacken würden aktuell weniger auftreten, vor allem dann, wenn es ihr schlecht gehe.

Sie habe Angst, dass sie krank werde. Sie habe viele Male Magen-Darm-Grippe gehabt, habe Angst diese wieder zu bekommen. Sie sei des Öfteren wegen Durchfällen und Erbrechen zusammengebrochen, sei aufgrund dessen zweimal Krankenhaus gewesen. Sie habe nicht mal einen Schluck Wasser trinken können, und nichts behalten. Sie habe zwei Lungenentzündungen durchgemacht und sei deswegen im Krankenhaus gewesen.

Sie habe als Kind im Magen eine Helicobacterentzündung gehabt. Den Keim habe man zu spät diagnostiziert. Mit acht Jahren habe sie zwei Magenspiegelungen gehabt, dann habe man erst die Entzündung festgestellt.

Sie wisse nicht, wann ihre Beschwerden begonnen haben. Sie habe eine Zehennagelentzündung eines Keimes wegen gehabt, der Nagel sei ihr vor fünf Jahren entfernt worden.

Orientierender körperlicher/neurologischer Befund:

Normaler Habitus, Konfektionsschuhwerk wird getragen. Das Gangbild ist symmetrisch mit seitengleichen Pendelbewegungen und angemessener Schrittlänge.

Sensibilitätsstörung nach Knieoperation im Bereich des linken Knies und Unterschenkels vor vier Jahren.

Verkürzte vordere Hals und Brustmuskulatur, Narbe am Bauch, Tätowierung am Rücken, Piercing am rechten Nasenflügel und an den Ohren.

Druckschmerz bds. paravertebral HWS, kein Hinweis auf eine radikuläre Symptomatik, keine Nackensteife, kein Augenzittern, Hirnnerven o.B.

Im Bereich der oberen und unteren Extremitäten ergeben sich keine Hinweise auf eine radikuläre Symptomatik; die Sensibilität (mit Ausnahme der postoperativen Gefühlsstörung),

Trophik, Motorik, Koordination und Muskeleigenreflexe sind regelrecht.

Es ergibt sich kein Hinweis auf eine neurologisch bedingte psychiatrische Erkrankung.

Psychopathologischer Status

Während der Untersuchung ist Frau XXXX allseits orientiert, in der Kontaktaufnahme reserviert, jedoch freundlich. Konzentrative Belastbarkeit, Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit sind unauffällig. Die Schwingungsfähigkeit des Affektes imponiert deutlich begrenzt, eher im negativen Bereich verankert, eine Affektlabilität lässt sich nicht feststellen. Die Stimmung ist etwas angespannt, sorgevoll.

Das Denken ist das Ziel erreichend und in Summe aufeinander logisch aufbauend. Somatische und psychische Beschwerden werden angegeben (unter eigenen Angaben vermerkt). Gebundene (körperbezogene) und frei flottierende Ängste werden berichtet, diese sind in der Untersuchungssituation nicht fassbar. Störungen der Wahrnehmung, illusionarische Realitätsverkennung, Halluzination oder Körpergefühlsstörungen oder anankastische Symptome auf psychischer Grundlage ließen sich nicht eruieren.

Es besteht eine hohe Identifikation mit der Person der Psychotherapeutin. Die Erläuterungen der Psychotherapeutin, auch in medizinischen Belangen, werden ohne zu hinterfragen übernommen und den von Psychotherapeutin gestellten Schlussfolgerungen zu Traumaursachen das Gewicht medizinischer Diagnosen verliehen. Frau XXXX benennt die Therapeutin mehrfach "Dr. XXXX ".

Belastende Ereignisse, Panikattacken und die vorgebrachten dissoziativen Zustände werden, sachlich distanziert, ohne Nacherleben, und ohne dass bei der Untersuchten ein Mitschwingen mit den Belastungen und Gefühlen anzumerken ist, vorgebracht. Eine tiefgreifende emotionale Beteiligung ist dabei kaum zu erkennen.

Von den Merkmalen einer posttraumatischen Belastungsstörung findet sich weder auf den Beschwerden noch auf der Befundebene eines erfüllt. Genauso fanden sich bei der klinisch/ gutachterlichen Untersuchung keine Symptome einer manifesten depressiven Störung. Schlafstörungen wurden angegeben, kein Hinweis auf akute Selbst- oder Fremdgefährdung.

Beantwortung der Fragestellungen

1. Welche Gesundheitsschädigungen liegen derzeit vor?

Anmerkung: Im Falle zu einer dem fachärztlichen Befund Dris. XXXX gegenteiligen Diagnose, wird um entsprechende Begründung ersucht, weshalb die Beschwerdeführerin nicht (mehr) an einer posttraumatischen Belastungsstörung bzw. Panikstörung leidet.

Ad. 1 Im Längsschnitt, basierend auf der medizinischen Dokumentation und auf den Angaben der Untersuchten, und im Querschnitt durch die eigene gutachterliche Untersuchung bestätigt, finden sich bei Frau XXXX Symptome, welche die Diagnose einer Panikstörung ICD 10 F 41 und einer Dysthymie ICD 10 F 34.1 rechtfertigen.

Trotz Anzeichen (Ritzen, Beziehungsabbrüche, übertriebene Bemühungen das Verlassen werden zu vermeiden) einer emotional instabilen Persönlichkeitsakzentuierung vom Borderline Typ (als einer Variante des Charakters), erfüllen die in Eigenanamnese erhobenen Merkmale nicht die Eingangskriterien für die Feststellung einer Persönlichkeitsakzentuierung.

Weder in der eigenen Untersuchung noch anhand der im Akt befindlichen medizinischen Unterlagen (es wurden von der Untersuchten keine Befunde nachgereicht) sind gutachterlicherseits Kriterien (berücksichtigt wurden dabei sowohl das ICD-10 Klassifikationssystem als auch der DSM V Katalog) einer posttraumatischen Belastungsstörung feststellbar. Insbesondere lassen sich bei der Untersuchten keine anhaltenden Erinnerungen oder Wiedererleben der Belastung durch aufdringliche Nachhallerinnerungen, Flashbacks - in Form von dissoziativen Symptomen, in denen die Person fühlt und handelt als ob sich die traumatische Situation gerade wiederhole, lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume, vermehrte Schreckhaftigkeit feststellen.

Per definitionem sollen die PTBS Kriterien innerhalb von sechs Monaten nach dem Belastungsereignis oder nach Ende einer Belastungsperiode erfüllt sein.

(In einigen speziellen Fällen kann ein späterer Beginn berücksichtigt werden, dies sollte aber gesondert angegeben werden). Eine Begründung, warum die Symptome verzögert aufgetreten sind lässt sich gutachterlicherseits nicht erbringen.

2. Ist/sind diese Gesundheitsschädigung(en) mit Wahrscheinlichkeit auf die oben angeführten Straftaten zurückzuführen?

Ad 2. I. Das Auftreten von Morbus Crohn als eine Traumatisierungsfolge ist in der wissenschaftlichen Literatur nicht belegt.

II. Vor dem Hintergrund eines mehrdimensionalen Entstehungsmodells der Panikstörung zeichnen neben den psychosozialen Faktoren wie Lebensereignisse und Lernerfahrungen oder Rollenerwartungen, neurobiologische pathobiochemische Mechanismen (Störungen des assoziierten Neurotransmittersystems) und genetische Grundlagen für dieses Krankheitsbild verantwortlich.

Auch genetisch bedingte Vulnerabilität spielt lt. Literatur bei der Entstehung von Panikstörungen eine Rolle.

III. Dysthymie ist eine chronisch depressive Verstimmung, welche nicht den Schweregrad einer Depression erreicht. Die Beschreibung der Dysthymie-Symptomatik fìndet sich sowohl im Gutachten von Dr. XXXX als auch im Befund Dris. XXXX .

3. Falls die gegenständlichen Straftaten nicht alleinige Ursache sind, wird um Beurteilung ersucht, ob die Straftaten als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen haben. Es wird ersucht ausführlich darzulegen, was für den wesentlichen Einfluss der Straftaten spricht und was dagegen?

Ad 3. Die Frage ist gutachterlicherseits nicht eindeutig zu beantworten:

Wenn eine spezifische Vulnerabilität für die Entstehung der Panikstörung bei Frau XXXX angenommen wird, so lassen sich mehrere pathogene Faktoren (Ereignisse aus ihrem Leben) als mitverursachende Faktoren festmachen:

- Missbrauch

- Konflikt mit ihrer Mutter, welche vom erlebten Missbrauch ihrer Tochter durch diese in Kenntnis gesetzt wurde und nichts unternommen hat.

- Durch den Selbstmord des Täters fühlt sich Frau XXXX doppelt belastet und betrachtet sich einerseits als Opfer und andererseits als Täterin.

- Hetzkampagne gegen die gesamte Familie des Opfers, die krankheitswertige Belastungen nach sich trug (die Mutter des Opfers ist in psychiatrisch/psychotherapeutischer Behandlung).

- Und schließlich Angst vor Durchfällen, welche in der Vergangenheit mehrfach zum Kreislaufzusammenbruch und Hospitalisierung geführt haben. Diese Angst erlebt die Untersuchte nach eigenen Angaben während einer Panikattacke.

4. Falls die Kausalität bejaht wird: Für welchen Zeitraum erscheint eine psychotherapeutische Behandlung verbrechensbedingt notwendig bzw. wann ist eine Nachuntersuchung sinnvoll?

Ad.4. Die Lebensereignisse, die als mitverursachenden Faktoren für die Verschlimmerung des Gesundheitszustandes verantwortlich sein können, hat die SV bei der Beantwortung der Frage drei aufgelistet. Eine Gewichtung, welcher schädlicher Einfluss, und in welchem Ausmaß, für den Leidenszustand maßgeblich verantwortlich ist, ist gutachterlicherseits nicht möglich.

Falls das hohe Gericht zu dem Entschluss kommt, dass der Missbrauch als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen hat, wird eine Psychotherapie in Ausmaß von 100 Stunden empfohlen.

Die SV werde ersucht die vorgelegten, jeweils oben mit den Aktenblättern (Abl.) angeführten, medizinischen Unterlagen zu berücksichtigen bzw. in ihr Gutachten miteinfließen zu lassen und erforderlichenfalls (insbesondere bei abweichender Beurteilung) dazu Stellung zu nehmen.

Die Sachverständige hat alle im Akt befindliche medizinische Unterlagen berücksichtigt.

Sollte die Beschwerdeführerin zur Untersuchung weitere medizinische Unterlagen mitbringen, haben diese ebenfalls in das Gutachten einzufließen und sind entsprechend zu berücksichtigen.

Die Untersuchte hat keine zusätzlichen Befunde vorgelegt.

Sollte aus gutachterlicher Sicht die Beiziehung weiterer Sachverständigen aus anderen Teilbereichen der Medizin für erforderlich erachtet werden, so wird ersucht, dies entsprechend dem Bundesverwaltungsgericht umgehend mitzuteilen.

Die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen aus anderen Bereichen der Medizin ist nicht erforderlich."

Mit Schreiben vom 13.02.2020 wurde der Beschwerdeführerin, vertreten durch ihre Mutter, am 18.02.2020 zugestellt, und der belangten Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nachweislich zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt binnen zwei Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben.

In der dazu am 24.02.2020 ho. eingelangten Stellungnahme wurden persönlichen Eindrücke zum eingeholten fachärztlichen Gutachten vom 01.02.2020 und zur persönlichen Situation der Beschwerdeführerin dargelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin.

Die Beschwerdeführerin wurde mit der nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) erforderlichen Wahrscheinlichkeit Opfer einer zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung, indem sie Opfer sexuellen Missbrauchs im Zeitraum von 2004 bis 2008 wurde.

Bei der Beschwerdeführerin liegen nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitszustände (ICD-10) eine leichte depressive Reaktion mit Somatisierungstendenz F32.0 bzw. eine Dysthymie F34.1 (= depressive Verstimmung) sowie eine Panikstörung F41.0 als psychische Gesundheitsschädigungen vor.

Eine Posttraumatische Belastungsstörung liegt nicht vor.

Das Vorliegen einer Morbus Crohn Erkrankung bzw. eines Reizdarmsyndroms konnte nicht objektiviert werden.

Die Beschwerdeführerin nimmt keine regelmäßige psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung in Anspruch, war noch nie psychiatrisch-stationär aufhältig und nimmt keine Medikamente ein.

Es haben mehrere belastende pathogene Faktoren im Leben der Beschwerdeführerin zu den psychischen Gesundheitsschädigungen geführt, sind diese Leiden als ätiologisch multifaktoriell zu sehen und nicht kausal auf das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs zurückzuführen.

Der sexuelle Missbrauch hat nicht als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen, und ist eine verbrechenskausale psychotherapeutische Behandlung nicht notwendig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung zur österreichischen Staatsbürgerschaft beruht auf den Angaben im Verwaltungsakt.

Dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum von 2004 bis 2008 mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit Opfer einer mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohten Straftat wurde, ist aus den vorgelegten Unterlagen zum dies betreffend geführten Strafakt (Beschuldigten-, Opfer- und Zeugenvernehmungen, Anlass- und Abschlussberichte, Beschluss - Untersuchungshaft, Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft) ersichtlich.

Die Feststellungen zu den aktuellen Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin basieren auf den von der belangten Behörde bzw. dem Bundesverwaltungsgericht eingeholten fachärztlichen Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Psychiatrie und Neurologie vom 03.01.2018 und vom 01.02.2020, basierend auf persönlichen Untersuchungen und unter Berücksichtigung des von der Beschwerdeführerin in Vorlage gebrachten Berichtes der Psychotherapeutin vom 19.06.2017 sowie eines Befundberichtes eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 21.09.2017, und auf der fachärztlichen Stellungnahme vom 01.04.2018.

Die Beschwerdeführerin brachte in der Beschwerde vor, der fachärztliche Sachverständige (Gutachten vom 03.01.2018) habe das Gespräch in die Richtung gelenkt, dass ihr das Studium und der Job zu anstrengend seien, und dies Spuren hinterlasse, der Missbrauch aber nicht. Überdies sei das Gutachten der Psychotherapeutin und der Befund eines Psychiaters bei der gutachterlichen Beurteilung nicht berücksichtigt worden.

Eingangs ist diesbezüglich festzuhalten, dass ein Sachverständiger in seinem Gutachten einen Befund erstattet, aus dem Befund rechtsrelevante Schlüsse zieht und diese begründet (Gutachtenserstattung). Demnach handelt es sich bei dem Bericht der Psychotherapeutin vom 19.06.2017 nicht um ein Gutachten, sondern lediglich um einen Bericht an die belangte Behörde - auf deren Nachfrage an diese übermittelt - wonach die Beschwerdeführerin zwei Gesprächseinheiten bei der Therapeutin in Anspruch genommen habe, und Probleme in Beziehungen, Körpersymptome sowie Entzündungen im Darm (Vorstufe Morbus Crohn) auf einen posttraumatischen Stress hinweisen würden.

Auch ist das Vorbringen, der fachärztliche Sachverständige habe den Bericht der Psychotherapeutin vom 19.06.2017 nicht berücksichtigt, nicht korrekt bzw. haltlos, da im fachärztlichen Gutachten vom 03.01.2018 auf S. 2 angeführt ist: "1. Akentauszug: Psychologischer Befundbericht Frau N.N. vom 19.6.2017: (...)". Darunter ist der Inhalt des Berichtes angegeben. Somit ist der psychotherapeutische Befundbericht sehr wohl berücksichtigt worden. Auf S. 5 des Gutachtens vom 03.01.2018 unter ad 2) hat der fachärztliche Sachverständige auch festgestellt, dass sich Hinweise auf eine Posttraumatische Belastungsstörung nicht zeigen.

Der fachärztliche Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 03.01.2018 und der fachärztlichen Stellungnahme vom 01.04.2018 festgestellt, dass neben den Straftaten auch andere belastende Faktoren wie die Trennung der Eltern der Beschwerdeführerin in der frühen Kindheit, eine belastende Partnerschaft sowie eine stressvolle Ausbildung zur Entstehung der depressiven Erkrankung geführt hätten.

Dies wird auch im Gutachten vom 01.02.2020 von einer zweiten fachärztlichen Sachverständigen bestätigt, und ausgeführt, dass mehrere pathogene Faktoren - Ereignisse aus dem Leben der Beschwerdeführerin - als mitverursachende Faktoren festgemacht werden und sind dies der Missbrauch, der Konflikt der Beschwerdeführerin mit ihrer Mutter, welche vom erlebten Missbrauch ihrer Tochter durch diese in Kenntnis gesetzt worden sei und nichts unternommen hätte, der Selbstmord des Täters wodurch sich die Beschwerdeführerin doppelt belastet fühle und sich einerseits als Opfer und andererseits als Täterin betrachte, die Hetzkampagne gegen die gesamte Familie des Opfers, sowie die Angst vor Durchfällen im Zusammenhang mit Panikattacken, welche in der Vergangenheit mehrfach zum Kreislaufzusammenbruch und Hospitalisierung geführt hätten.

Überdies hat die Beschwerdeführerin anlässlich der persönlichen Untersuchung bei Dr. XXXX selbst angegeben: "Sie habe "Stress" wegen ihrer Lebenssituation."

Zum Vorbringen der fachärztliche Sachverständige habe in seinem Gutachten vom 03.01.2018 den Befund von Dr. XXXX nicht berücksichtigt ist festzuhalten, dass dieser Befundbericht dem Sachverständigen laut dem vorliegenden Verwaltungsakt weder zum Zeitpunkt der persönlichen Untersuchung bzw. der Gutachtenserstellung noch zum Zeitpunkt der Erstellung der fachärztlichen Stellungnahme vom 01.04.2018 vorgelegen ist, und der Befundbericht von Dr. XXXX vom 21.09.2017 dem Bundesverwaltungsgericht von der Beschwerdeführerin erst nach zweimaliger Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht (Schreiben vom 30.09.2019 und vom 09.10.2019) vorgelegt wurde.

Der fachärztliche Sachverständige hat sich insofern in seinem Gutachten vom 03.01.2018 (S. 3, Eigene Untersuchung) auf den Facharzt Dr. XXXX bezogen, als die Beschwerdeführerin anlässlich der persönlichen Untersuchung angab, sie sei zwei Mal bei Dr. XXXX gewesen, und er habe ihr ein Antidepressivum verordnet, welches sie jedoch nicht vertragen und selbständig wieder abgesetzt habe.

Im fachärztlichen Gutachten vom 01.02.2020 wurde der Befundbericht von Dr. XXXX dann explizit inhaltlich angeführt (S. 4 unter Pkt. 2).

Die fachärztliche Sachverständige führt in ihrem Gutachten aus, dass sich nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung bei der Beschwerdeführerin Symptome finden, die zur Diagnose Panikstörung und Dysthymie führen. Bei dem Leiden Dysthymie handelt es sich um eine chronisch depressive Verstimmung, welche nicht den Schweregrad einer Depression erreicht, und findet sich die Dysthymie-Symptomatik sowohl im Gutachten von Dr. XXXX vom 03.01.2018 als auch im Befundbericht von Dr. XXXX vom 21.09.2017. Die fachärztliche Sachverständige stellte weiters fest, dass sich bei der klinisch/gutachterlichen Untersuchung keine Symptome einer manifesten depressiven Störung fanden.

Zu den Panikstörungen führte die fachärztliche Sachverständige aus, dass vor dem Hintergrund eines mehrdimensionalen Entstehungsmodells der Panikstörung sich neben den psychosozialen Faktoren wie Lebensereignisse und Lernerfahrungen oder Rollenerwartungen, neurobiologische pathobiochemische Mechanismen (Störungen des assoziierten Neurotransmittersystems) und genetische Grundlagen für dieses Krankheitsbild verantwortlich zeigen.

Auch genetisch bedingte Vulnerabilität spielt bei der Entstehung von Panikstörungen eine Rolle.

Betreffend das Nichtvorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung bestätigt die fachärztlich Sachverständige Dr. XXXX die gutachterliche Beurteilung von Dr. XXXX und führt in ihrem Gutachten dazu aus, dass weder in der eigenen Untersuchung noch anhand der im Akt befindlichen medizinischen Unterlagen gutachterlicherseits Kriterien einer Posttraumatischen Belastungsstörung feststellbar sind. Insbesondere lassen sich bei der Untersuchten keine anhaltenden Erinnerungen oder Wiedererleben der Belastung durch aufdringliche Nachhallerinnerungen, Flashbacks - in Form von dissoziativen Symptomen, in denen die Person fühlt und handelt als ob sich die traumatische Situation gerade wiederhole, lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume, vermehrte Schreckhaftigkeit - feststellen.

Per definitionem sollen die Kriterien einer Posttraumatischen Belastungsstörung innerhalb von sechs Monaten nach dem Belastungsereignis oder nach Ende einer Belastungsperiode erfüllt sein. In einigen speziellen Fällen kann ein späterer Beginn berücksichtigt werden, dies ist aber im gegenständlichen Fall gutachterlicherseits nicht zu begründen, und gibt es keinen Hinweis dafür, dass die Symptome bei der Beschwerdeführerin verzögert aufgetreten sind.

Betreffend die im Befundbericht von Dr. XXXX angeführte Diagnose "Posttraumatische Belastungsstörung" ist festzustellen, dass sich im Befundbericht überhaupt keine Erklärungen finden, welche bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Kriterien aus Sicht des Facharztes auf eine bestehende Posttraumatische Belastungsstörung schließen ließen.

Im psychotherapeutischen Bericht wird lediglich darauf hingewiesen, dass Probleme in Beziehungen, Körpersymptome und Entzündungen im Darmbereich auf Posttraumatischen Stress hinweisen würden.

Zu der in beiden fachärztlichen Gutachten sowie im psychotherapeutischen Bericht angeführten Morbus Crohn Erkrankung bzw. einem Reizdarmsyndrom und einer damit einhergehenden Somatisierungstendenz ist festzuhalten, dass das Vorliegen einer diesbezüglichen Erkrankung lediglich auf den Angaben der Beschwerdeführerin beruht. Diesbezügliche medizinische Beweismittel wurden von der Beschwerdeführerin im gesamten Verfahren nicht vorgelegt bzw. sind dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Anlässlich der persönlichen Untersuchung bei Dr. XXXX gab die Beschwerdeführerin dazu an: "Jetzt sei es vor ca. 2-3 Jahren zum vermehrten Auftreten von körperlichen Erkrankungen gekommen, dabei insbesondere von Durchfällen, die auch organisch abgeklärt wurden. Primär wurde eine Morbus Crohn Erkrankung diagnostiziert, bei der letzten Untersuchung konnte nach Einnahme einer mehrere Wochen andauernden Therapie kein Hinweis mehr für eine Morbus Crohn Erkrankung getroffen werden. Ein Reizdarmsyndrom wurde in den Raum gestellt."

Im Rahmen der persönlichen Untersuchung bei Dr. XXXX führte die Beschwerdeführerin dazu aus: "Der SV, Dr. XXXX , habe bestritten, dass Morbus Crohn eine psychosomatische Erkrankung sei, obwohl ihre Therapeutin es dargelegt habe. Als sie krank gewesen sei, habe sie acht Tabletten nehmen müssen. Nun sind die Entzündungen zurückgegangen, sie sei seit eineinhalb Jahren beschwerdefrei. Geblieben seien Durchfälle und Bauchschmerzen. Auf stressreiche Situationen reagiere sie mit Durchfällen. (...) Die Erkrankung habe mit 19-20 Jahren begonnen. Am Anfang habe sie den Durchfällen keine Bedeutung beigemessen. Die Diagnose sei schließlich 2016 gestellt worden.

Nachdem man keine medizinische Ursache der Beschwerden gefunden habe, habe sie "Doktor" N.N. kontaktiert, bei der sie seit Mai 2017 in Behandlung sei."

Auch diese Ausführungen der Beschwerdeführerin lassen nicht auf eine bei der Beschwerdeführerin konkret diagnostizierte Diagnose Morbus Crohn Erkrankung oder ein Reizdarmsyndrom schließen.

Und selbst unter der Annahme, es läge eine Morbus Crohn Erkrankung oder ein Reizdarmsyndrom vor, hat der fachärztliche Sachverständige Dr. XXXX festgestellt, unter die von ihm gestellte Diagnose einer leichten depressiven Reaktion mit Somatisierungsneigung falle auch ein bestehendes Reizdarmsyndrom.

Die fachärztliche Sachverständige Dr. XXXX hat dazu festgestellt, das Auftreten einer Morbus Crohn Erkrankung als eine Traumatisierungsfolge ist wissenschaftlich nicht belegt.

Eine bei der Beschwerdeführerin vorliegende Posttraumatische Belastungsstörung konnte aus Sicht der beiden fachärztlichen Sachverständigen ebenfalls nicht objektiviert werden.

Zusammenfassend sind beide fachärztlichen Sachverständigen zur gutachterlichen Beurteilung gekommen, dass - wie bereits umfassend in der Beweiswürdigung ausgeführt - mehrere belastende pathogene Faktoren im Leben der Beschwerdeführerin zu den psychischen Gesundheitsschädigungen geführt haben, diese Leiden als ätiologisch multifaktoriell zu sehen und nicht kausal auf das Verbrechen des sexuellen Missbrauchs zurückzuführen sind.

Der sexuelle Missbrauch hat nicht als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen, und sind die Voraussetzungen für eine verbrechenskausale psychotherapeutische Behandlung nicht vorliegend.

Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen der Beschwerde und den Stellungnahmen kein substantiiertes Vorbringen erstattet, und auch die erhobenen Einwände bzw. die vorgelegten medizinischen Beweismittel waren nicht geeignet das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zu entkräften. Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit der beiden Sachverständigengutachten der Fachärzte für Psychiatrie und Neurologie vom 03.01.2018 und vom 01.02.2020 sowie der fachärztlichen Stellungnahme vom 01.04.2020 und werden dieses daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 9d Abs. 1 Verbrechensopfergesetz (VOG), BGBl. Nr. 288/1972 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des VOG durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit gegenständlich Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Zu A)

Gemäß § 1 Abs. 1 VOG haben österreichische Staatsbürger Anspruch auf Hilfe, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

Nach § 2 VOG sind als Hilfeleistungen unter anderem vorgesehen:

(...)

2. Heilfürsorge

a) Ärztliche Hilfe,

b) Heilmittel

c) Heilbehelfe

d) Anstaltspflege

e) Zahnbehandlung

f) Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit (§ 155 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955

(...)

Das VOG knüpft den Anspruch des Geschädigten an das Vorliegen einer zumindest bedingten vorsätzlichen Handlung iSd § 1 Abs. 1 VOG 1972. Eine ausreichende Wahrscheinlichkeit iSd § 1 Abs. 1 VOG 1972 ist erst gegeben, wenn erheblich mehr für als gegen das Vorliegen einer Vorsatztat spricht (vgl. VwGH 21.11.2013, 2011/11/0205 mit Verweis auf VwGH vom 26.04.2013, ZI. 2012/11/0001; VwGH vom 6. März 2014, 2013/11/0219).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 23.5. 2002, ZI. 99/09/0013 und vom 26.01.2012, ZI. 2011/09/0113) dargelegt hat, ist bei der Kausalitätsbeurteilung von der Theorie der "wesentlichen Bedingung" auszugehen. Danach ist es für eine solche Bedingtheit - dann, wenn die festgestellte Gesundheitsschädigung auf mehrere Ursachen, darunter auch ein vom Gesetz erfasstes schädigendes Ereignis zurückgehen könnte - erforderlich, dass das in Betracht kommende schädigende Ereignis eine wesentliche Ursache der Schädigung ist. Dies ist das Ereignis dann, wenn es nicht im Hinblick auf andere mitwirkende Ursachen erheblich in den Hintergrund tritt. Nur jene Bedingung, ohne deren Mitwirkung der Erfolg überhaupt nicht oder nur zu einem erheblich anderen Zeitpunkt oder nur in geringerem Umfang eingetreten wäre, ist wesentliche Bedingung. Die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Bedingung (mittels der genannten Theorie) ist keine Sachverhalts-, sondern eine Rechtsfrage.

Für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. VwGH 21.11.2013, 2011/11/0205).

Wie bereits in der Beweiswürdigung umfassend ausgeführt sind die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden psychische Gesundheitsschädigungen der Dysthymie-Symptomatik und Panikstörung nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit kausal auf den sexuellen Missbrauch zurückzuführen bzw. haben mehrere belastende pathogene Faktoren im Leben der Beschwerdeführerin zu den psychischen Gesundheitsschädigungen geführt, und sind diese als multifaktoriell zu sehen.

Eine Kausalität zwischen den psychischen Gesundheitsschädigungen und dem sexuellen Missbrauch im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung liegt nicht vor, und hat der sexuelle Missbrauch nicht als wesentliche Ursache zum derzeitigen Leidenszustand beigetragen.

Aus den dargelegten Gründen liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz in Form von psychotherapeutischer Krankenbehandlung nicht vor.

Die Beschwerdeführerin ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden und der gegenständliche Antrag abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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