TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/7 W104 2228194-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.04.2020
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Entscheidungsdatum

07.04.2020

Norm

AVG §10 Abs1
AVG §9
B-VG Art133 Abs4
Horizontale GAP-Verordnung §21 Abs1
Horizontale GAP-Verordnung §21 Abs2
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W104 2228194-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 9.1.2019, II/4-DZ/18-11714892010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Datum vom 15.5.2018 stellte Herr XXXX für den Betrieb seiner Mutter XXXX einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2018 und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Seine Mutter, die Betriebsführerin, war zu diesem Zeitpunkt noch am Leben.

2. Am 25.6.2018 verstarb die Betriebsführerin. Mit Einantwortungsbeschluss vom 28.11.2018 wurde die Verlassenschaft zur Hälfte ihrem Sohn XXXX und je zu einem Viertel ihren Enkeln XXXX und XXXX einverleibt. Mit Formular "Bewirtschafterwechsel", eingelangt bei der AMA am 15.2.2019, erklärten die Erben, dass auf Grund des Todes von XXXX und des nachfolgenden Einantwortungsbeschlusses mit Wirksamkeit vom 5.10.2018 deren Betrieb Nr. XXXX mit allen Verpflichtungen in vollem Umfang auf XXXX übergegangen sei. Auf dem Formular befand sich die Unterschrift des XXXX und des XXXX , unleserlich vermutlich auch des XXXX .

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag auf Direktzahlungen abgewiesen. Begründet wurde dies damit, dass der Mehrfachantrag-Flächen von einer nicht berechtigten Person unterschrieben worden sei.

4. Mit Beschwerde vom 5.2.2018 führte der Beschwerdeführer folgendes aus:

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5. Im Zuge der Aktenvorlage führte die AMA an, die Verpflichtungserklärung im Rahmen der Einreichung des Mehrfachantrages-Flächen 2018 sei vom Sohn der verstorbenen Frau XXXX , Herrn XXXX , unterschrieben worden, der dazu allerdings nicht berechtigt gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei Herr XXXX in der Datenbank der AMA nicht als Bewirtschafter und damit einhergehend nicht als zur Antragstellung berechtigte Person aufgeschienen. Er habe zu diesem Zeitpunkt auch über keine von der Bewirtschafterin auf ihn ausgestellte Vollmacht verfügt. Bevollmächtigt wäre die Schwester der Verstorbenen gewesen. Daher liege im vorliegenden Fall keine gültige Verpflichtungserklärung und in Folge auch kein gültiger Mehrfachantrag-Flächen 2018 vor. Für das Antragsjahr 2018 hätten daher keine Prämien im Rahmen der flächenbezogenen Direktzahlungen gewährt werden können.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Mit Datum vom 15.5.2018 stellte Herr XXXX für den Betrieb seiner Mutter XXXX einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2018 und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Seine Mutter, die Betriebsführerin, war zu diesem Zeitpunkt noch am Leben. Herr XXXX verfügte damals über keine bei der AMA hinterlegte Vollmacht seiner Mutter in Bezug auf die Beantragung von Prämien. Hinterlegt war (mit Datum 17.5.2016) jedoch eine Vollmacht der Betriebsführerin für ihre Schwester, XXXX .

Am 25.6.2018 verstarb die Betriebsführerin. Mit Einantwortungsbeschluss vom 28.11.2018 wurde die Verlassenschaft zur Hälfte ihrem Sohn XXXX und je zu einem Viertel ihren Enkeln XXXX und XXXX einverleibt. Mit Formular "Bewirtschafterwechsel", eingelangt bei der AMA am 15.2.2019, erklärten die Erben, dass auf Grund des Todes von XXXX und des nachfolgenden Einantwortungsbeschlusses mit Wirksamkeit vom 5.10.2018 deren Betrieb Nr. XXXX mit allen Verpflichtungen in vollem Umfang auf XXXX übergegangen sei. Auf dem Formular befand sich die Unterschrift des XXXX und des XXXX , unleserlich vermutlich auch des XXXX .

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EG) 1307/2013:

"Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten [...].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[...]."

"Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, [...].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[...].

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit horizontalen Regeln für den Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (Horizontale GAP-Verordnung), BGBl. II Nr. 100/2015, idF BGBl. II Nr. 57/2018:

"Einreichung

§ 21. (1) Der Sammelantrag (Mehrfachantrag-Flächen) gemäß Art. 11 der Verordnung (EU) Nr. 640/2014 ist bis spätestens 15. Mai des jeweiligen Antragsjahres ausschließlich gemäß § 3 Abs. 1 einzureichen.

[...]

(2) Der Betriebsinhaber hat auf den im eAMA verfügbar gemachten Unterlagen

1. beim vorausgefüllten Formular (Mantelantrag) die Angaben zu überprüfen, gegebenenfalls zu aktualisieren und die Teilnahme an den jeweiligen Beihilfemaßnahmen zu beantragen,

2. auf dem geografischen Beihilfeantragsformular innerhalb der Referenzparzellen die Schläge zu digitalisieren und damit deren Lage, Ausmaß und Nutzung anzugeben,

3. mittels qualifizierter elektronischer Signatur oder eigenhändig unterschriebener Verpflichtungserklärung (§ 3 Abs. 6) die Angaben und die Kenntnisnahme der für die betreffenden Direktzahlungsregelungen und/oder Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums geltenden Voraussetzungen zu bestätigen.

[...]."

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG:

"Rechts- und Handlungsfähigkeit

§ 9. Insoweit die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit von Beteiligten in Frage kommt, ist sie von der Behörde, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen.

Vertreter

§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis. [...]"

3.2. Rechtliche Würdigung:

Nach den angeführten Rechtsvorschriften können Direktzahlungen nur von Betriebsinhabern beantragt werden. Betriebsinhaberin war zum Zeitpunkt der Antragstellung XXXX . Da sie zu diesem Zeitpunkt nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts voll handlungsfähig war (es liegt keine Art der Erwachsenenvertretung vor) und die Person, die den Antrag unterschrieben hat, keine Vollmacht vorweisen konnte, liegt kein rechtsgültig gestellter Mehrfachantrag-Flächen vor. Daran ändert auch nichts, dass die unterschriebene Person, der Sohn der Betriebsinhaberin, nach deren Tod die Erbschaft angetreten hat, da dieser zwar u.U. Verfügungen für die Verlassenschaft, nicht jedoch für die Erblasserin zu deren Lebzeiten treffen konnte.

Auch eine Umdeutung in einen späteren Antrag der Verlassenschaft wäre von Vornherein nicht möglich, da zum letztmöglichen Termin der Stellung des Mehrfachantrages-Flächen am 15.5.2018 XXXX noch am Leben war.

Die Entscheidung der AMA erfolgte daher zu Recht.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534) sowie aktuell VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117-5.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Für die Antragsberechtigung im Verwaltungsverfahren bezogen auf die Regelungen des Bürgerlichen Rechts und den damit zusammenhängenden erbrechtlichen Fragestellungen liegt zahlreiche einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofes vor.

Schlagworte

Betriebsfortführung Betriebsübernahme Direktzahlung INVEKOS Mehrfachantrag-Flächen Prämiengewährung Unterfertigung Unterschrift Vertretung Vertretungsverhältnis Vertretungsvollmacht Vollmacht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W104.2228194.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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