Entscheidungsdatum
08.04.2020Norm
BBG §40Spruch
W261 2226962-1/6E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzerin und Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 18.09.2019, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.12.2019, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde und des Vorlageantrages wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer stellte am 10.05.2019 erstmals einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde) und legte ein Konvolut an medizinische Befunden bei.
Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Hals- Nasen und Ohren aufgrund der Aktenlage vom 26.06.2019 ein. Der medizinische Sachverständige stellte in seinem Gutachten fest, dass der Beschwerdeführer an "Morbus Meniére rechts" an einer "Hörstörung rechts" mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 40 von Hundert (vH) leide. Der von der belangten Behörde beigezogene allgemeinmedizinische Sachverständige kam in dessen medizinischen Sachverständigengutachten vom 01.07.2019, welches auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag beruht, zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer an einer "rezidivierend depressiven Störung bei Persönlichkeitsveränderung", an "degenerativen Wirbelsäulenveränderungen", an einer "arteriellen Hypertonie" und an einer "Sehverminderung auf 0,7 rechts bei normalem Sehvermögen links" mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 vH leide. In seinem Gesamtgutachten vom 19.08.2019 kommt der medizinische Sachverständige zum Ergebnis, dass die oben angeführten Leiden und Funktionseinschränkungen einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 vH erreichen würden. Es bestünde zwischen den Leiden einerseits keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Relevanz, bzw. seien einige Leiden von zu geringer funktioneller Relevanz.
Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer diese Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 21.08.2019 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte diesem eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein. Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.09.2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab und stellte einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH fest. Die belangte Behörde legte dem Bescheid die eingeholten Sachverständigengutachten in Kopie bei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass insbesondere seine psychische Befasstheit nicht hinreichend berücksichtigt sei. Er befinde sich gegenwärtig in einem Therapiezentrum (psychiatrisches Krankenhaus) und absolviere eine für drei Monate geplante Therapie. Der Beschwerdeführer legte der Beschwerde eine fachärztliche Stellungnahme bei.
Die belangte Behörde holte in weiterer Folge ein medizinisches Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Psychiatrie aufgrund der Aktenlage vom 09.11.2019 ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten stuft diese unter Einbeziehung der vom Beschwerdeführer neu vorgelegten Befunde das Leiden 3, eine "St. p. Komplexe posttraumatische Belastungsstörung bei andauernder Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung", mit einem GdB von 20 % ein. Der Gesamtgrad der Behinderung betrage nach wie vor 40 vH.
Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 11.11.2019 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte diesem eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein. Der Beschwerdeführer gab am 25.11.2019 eine schriftliche Stellungnahme ab, wonach das mit der Beschwerde vorgelegte Schreiben der Oberärztin missinterpretiert worden sei, weswegen er neuerlich eine fachärztliche Stellungnahme vorlege. Auch die im Gutachten genannte weitgehend positive Schilderung seiner sozialen Integration decke sich nicht mit dem tagesklinischen Patientenbrief des AKH, welchen er ebenfalls vorlege.
Die belangte Behörde ersuchte die befasste medizinische Sachverständige aus dem Fachbereich der Psychiatrie, hierzu eine ergänzende Stellungnahme abzugeben.
In deren Stellungnahme vom 05.12.2019 kommt diese zusammenfassend zum Ergebnis, dass trotz der neu vorgelegten Unterlagen keine andere Einschätzung des Leidens 3 vorgenommen werden könne.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 06.12.2019 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, wonach die Beschwerde abgewiesen werde. Mit einem Grad der Behinderung von 40 vH erfülle der Beschwerdeführer nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses.
Der Beschwerdeführer stellte mit Eingabe vom 25.12.2019 rechtzeitig einen Vorlageantrag und führt aus, dass der festgestellte Grad der Behinderung von 40 vH unrichtig sei. Insbesondere Leiden 3, die posttraumatische Belastungsstörung sei jedenfalls von Relevanz und würde Leiden 1 maßgeblich beeinflussen. Es werde daher beantragt, das Beschwerdeverfahren dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) vorzulegen, dieses möge der Beschwerde stattgeben bzw. in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Sozialministeriumservice zurückzuverweisen. Der Beschwerdeführer legte wiederum Befunde vor, wobei lediglich der Patientenbrief vom 19.12.2019 erstmals vorgelegt werde.
Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) mit Schreiben vom 27.12.2019 vor, wo dieser am selben Tag einlangte.
Das BVwG führte am 30.12.2019 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer bosnischer Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in der Folge VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.).
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Der Beschwerdeführer leidet unter anderem auch an psychischen Leiden. Ursprünglich beurteilte dieses Leiden, welches in der Gesamtbeurteilung als Nummer 3 geführt wird, ein allgemeinmedizinischer Sachverständiger, welcher in seinem Gutachten vom 01.07.2019 basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag, zum Ergebnis kam, dass der Beschwerdeführer unter einer "rezidivierenden depressiven Störung bei Persönlichkeitsänderung" leide, welcher dieser nach der Position 03.06.01 der Einschätzungsverordnung mit einem GdB von 20 % einstufte.
Nach Einbringung der Beschwerde ersuchte die belangte Behörde eine Fachärztin für Psychiatrie um Gutachtenserstellung. Diese kam in deren Gutachten vom 09.11.2019 aufgrund der Aktenlage, und ohne sich persönlich ein Bild von den psychischen Leidenszuständen des Beschwerdeführers zu machen, zum Ergebnis, dass bei diesem unter Leiden 3. eine "St. p. komplexe posttraumatische Belastungsstörung und eine andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung" vorliege, welche diese nach Position 03.05.01. der Einschätzungsverordnung mit einem GdB von 20 % einstufte.
Zu der vom Erstgutachter diagnostizierten "rezidivierenden depressiven Störung bei Persönlichkeitsänderung" gab die medizinische Sachverständige aus dem Fachbereich der Psychiatrie keine Stellungnahme ab, wiewohl es sich hierbei um ein anderes Krankheitsbild handelt.
Nun legte der Beschwerdeführer gleichzeitig mit seinem Vorlageantrag einen Entlassungsbericht des Therapiezentrums XXXX vom 19.12.2019 vor, worin folgende Diagnosen bei Entlassung gestellt wurden:
Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung F62.0
St. p. Posttraumatische Belastungsstörung F43.1
Rez. depressive Störung, ggw. Schwere Episode F 33.2
Innenohrläsion r. mit Hörverminderung H83.8
Kopfschmerz F51
Sensibilitätsstörung R26.8
Tinnitus re. H81
M. Meniere H81.0
Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer nach wie vor an der rezidivierenden depressiven Störung leidet, welche von der medizinischen Sachverständigen aus dem Fachbereich der Psychiatrie nicht in die Gesamtbeurteilung aufgenommen wurde, und demgemäß auch nicht nach der Einschätzungsverordnung bewertet wurde.
Hinzu kommt, dass es der medizinischen Sachverständigen alleine aufgrund der vorgelegten Befunde nicht möglich sein kann, eine wechselseitige Leidensbeeinflussung zu attestieren. Insbesondere auch im Hinblick darauf, dass das beim Beschwerdeführer vorliegende Leiden 1, der Morbus Meniére, auch psychische Ursachen haben könnte, was die belangte Behörde jedoch nicht ermittelte.
Im fortgesetzten Verfahren wird von der belangten Behörde sohin das der angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende psychiatrische Sachverständigengutachten vom 09.11.2019 aufgrund der Aktenlage samt Stellungnahme vom 05.12.2019 in der Form zu ergänzen sein, dass die Gutachtenserstellung auf Grundlage einer eingehenden persönlichen psychiatrischen Untersuchung des Beschwerdeführers erfolgt.
Dabei wird auf alle psychischen Leidenszustände des Beschwerdeführers in nachvollziehbarer Weise einzugehen sein, und werden diese entsprechend der Einschätzungsverordnung zu beurteilen sein.
Weiters ist unter Einbeziehung des Vorbringens im Vorlageantrag und des damit vorgelegten Entlassungsberichtes des Therapiezentrums XXXX vom 19.12.2019, welcher dem Beschwerdeführer neben dem St. p. Posttraumatische Belastungsstörung und andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung, auch eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtige schwerer Episode attestiert, eine Neubeurteilung des Leidens 3 vorzunehmen, bzw. allenfalls ein weiteres Leiden in die Beurteilung aufzunehmen.
Es wird auch dazu Stellung zu nehmen sein, ob Leiden 1 des Beschwerdeführers, Morbus Meniére, bei ihm aufgrund seiner Anamnese auch psychische Ursachen haben kann.
Schließlich wird die psychiatrische Sachverständige zu beurteilen haben, ob diese attestierten psychischen Leiden des Beschwerdeführers eine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung, insbesondere des Leidens 1, des Morbus Meniére, bedingen können.
Die Zusammenfassung aller im Verfahren eingeholten Gutachten hat durch den bereits im angefochtenen Verfahren befassten allgemeinmedizinischen Sachverständigen zu erfolgen.
Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes und angesichts der im gegenständlichen Fall unterlassenen Sachverhaltsermittlungen - nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass dem BVwG aktuell keine Amtssachverständigen aus dem Fachbereich der Psychiatrie zu Verfügung stehen, weswegen ein nichtamtlicher Sachverständiger zu bestellen wäre, was zu erheblichen Mehrkosten führen würde.
Im Übrigen scheint die Zurückverweisung der Rechtssache an die belangte Behörde auch vor dem Hintergrund der seit 01.07.2015 geltenden Neuerungsbeschränkung in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 46 BBG zweckmäßig. Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass dem Beschwerdeführer - wie bereits ausgeführt - im Rahmen des verwaltungsbehördlichen Verfahrens keine Möglichkeit gegeben wurde, zum letzten Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, der Stellungnahme der medizinischen Sachverständigen vom 05.12.2019, Stellung zu nehmen. Der Beschwerdeführer hatte sohin keine Gelegenheit, der sachverständigen Beurteilung konkret und substantiiert entgegenzutreten und auszuführen ob, gegebenenfalls welche, gutachterlichen Ausführungen dem tatsächlichen Leidensausmaß widersprechen.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen zurückzuverweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wird gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, zumal aus dem Beschwerdeakt ersichtlich ist, dass eine mündliche Erörterung der Rechtssache mangels ausreichender Sachverhaltserhebungen und Feststellungen der belangten Behörde eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W261.2226962.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020