TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/8 W261 2218720-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.04.2020
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Entscheidungsdatum

08.04.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W261 2218720-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzerin und Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen die aufgrund des Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung vom 25.10.2018 als Bescheid zu wertendende Ausstellung eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 vH durch das Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien vom 16.04.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer war seit 10.11.1993 Inhaber eines Behindertenpasses, seit 26.08.2003 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 %. Der Beschwerdeführer war auch Inhaber eines Parkausweises für Behinderte. Er stellte am 25.10.2018 per Email einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge belangte Behörde), weil seit dem Jahr 2018 einige schwere Krankheiten hinzugekommen seien.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 06.11.2018 auf, aktuelle Untersuchungsbefunde vorzulegen und das beiliegende Antragsformular auszufüllen.

Der Beschwerdeführer stellte am 13.11.2018 (einlangend) neuerlich mit dem von der belangten Behörde geforderten Antragsformular den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung unter anderem samt Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, sofern die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

Die belangte Behörde holte zur Überprüfung des Antrages ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 25.01.2019 erstatteten Gutachten vom 01.02.2019 stellte der medizinische Sachverständige beim Beschwerdeführer folgende Funktionseinschränkungen "Abnützung der Wirbelsäule", "permanentes Vorhofflimmern bei arterieller Hypertonie", "Zustand nach apoplektischen Insult", "Nierenfunktionsstörung", "degenerative Gelenksabnutzungen" und "Endoprothese des linken Kniegelenkes", und einen Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 60 von Hundert (in der Folge vH) fest. Der medizinische Sachverständige kam auch zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden.

Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 06.02.2019 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte diesem eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein.

Der Beschwerdeführer führte in seiner Stellungnahme vom 21.02.2019 aus, dass der medizinische Sachverständige seine Krankheiten unzureichend erfasst habe. Er habe seit dem Jahr 2003 einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 70 %. Den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung habe er aus dem Grund gestellt, weil seit diesem Zeitpunkt einige zusätzliche Erkrankungen und OPs hinzugekommen seien. Diese seien nicht hinreichend berücksichtigt worden, vielmehr sei im Gutachten eine Verminderung des Krankheitsbildes dargestellt, obwohl sich sein Gesundheitszustand verschlechtert habe. Seit seinem Schlaganfall 2018 benütze er einen Gehstock. Nach der Knie OP bis zum heutigen Tage nutze er diese Krücke als Gehunterstützung und zur Sicherheit vor Stolpern. Der Beschwerdeführer legte weitere Befunde und Unterlagen vor.

Die belangte Behörde nahm diese Stellungnahme und die vorgelegten Unterlagen zum Anlass, um den befassten medizinischen Sachverständigen um eine Stellungnahme hierzu zu ersuchen.

Der medizinische Sachverständige für Allgemeinmedizin führte in seiner Stellungnahme vom 04.04.2019 aus, dass der Beschwerdeführer keine neuen Befunde vorgelegt habe. Die vorgelegten Befunde und die Argumente des Beschwerdeführers seien nicht geeignet, um die gegebene Beurteilung zu entkräften, da höhergradige Funktionseinschränkungen durch die vorgelegten Untersuchungsbefunde und Behandlungsberichte nicht belegt seien.

Mit Schreiben vom 04.04.2019 ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer ein Lichtbild zu übermitteln, damit der Behindertenpass ausgestellt werden könne.

Der Beschwerdeführer gab am 10.04.2019 eine Stellungnahme ab, wonach er sich bereits mit Eingabe vom 08.02.209 gegen die Herabsetzung des Grades der Behinderung ausgesprochen habe. Er habe bereits mit seinem Erstantrag ein Foto samt den medizinischen Befunden vorgelegt. Er verstehe nicht, wie ein praktischer Arzt innerhalb von Minuten ein Gutachten des BSA aus dem Jahr 2003 außer Kraft setzen und seinen Grad der Behinderung von 70 % auf 60 % herabsetzen könne, obwohl bei ihm seit dem Jahr 2003 eine Reihe von zusätzlichen Leiden hinzugekommen sei. Er ersuche um Überprüfung der Angaben.

Mit Schreiben vom 10.04.2019 informierte die belangte Behörde den Beschwerdeführer darüber, dass beabsichtigt sei, ihm aufgrund seines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 vH samt den Zusatzeintragungen "Gesundheitsschädigung gemäß § 2 Abs. 1 zweiter Teilstrich VO 203/1996 liegt vor" und "Der Inhaber/die Inhaberin kann Fahrpreisermäßigungen nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen", auszustellen. Der alte Behindertenpass sei ungültig und sei der belangten Behörde vorzulegen, hierfür werde eine Frist von vier Wochen vorgemerkt.

Mit Bescheid vom 10.04.2019 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab.

Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16.04.2019, den Behindertenpass mit den genannten Zusatzeintragungen, welcher als Bescheid anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer erhob sowohl gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 10.04.2019, wonach sein Antrag auf Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen wurde, als auch gegen das als Bescheid zu wertende Behindertenpass mit Eingabe vom 25.04.2019 rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin führte der Beschwerdeführer aus, dass er Beschwerde gegen das ärztliche Gutachten und den Bescheid erhebe. Von den fachkundigen Ärzten des BSA in Wien sei bei ihm nach diversen Untersuchungen mit 26.08.2003 eine Behinderung von 70 % festgestellt worden. Es sei wohl für jedermann einsehbar, dass ein Mensch von 2003 bis 2019 (57 Jahre bis 73 Jahre) sowohl körperliche als auch geistige Abnützungen habe. Auch die erhebliche Anzahl der durch die Fachärzte verordneten Medikamente würde für einen schlechten Gesundheitszustand sprechen. Die aufgezählten Erkrankungen und OPs hätten auch nicht zu einer optimalen Besserung geführt. Seit dem Schlaganfall und der Nierenerkrankung würden bei ihm zusätzliche Beschwerden auftreten, welche vom Gutachter nicht festgehalten worden seien. Er habe Wasser in den Beinen, welche ihm zeitweilig heftige Schmerzen verursachen würden. Er leide noch immer an einer an den Händen und an den Beinen sichtbaren Hauterkrankung. Er habe laufend Kreislaufbeschwerden, einen unsicheren Gang, die Benützung der Krücke schaffe ein wenig Unsicherheit. Es sei ihm nicht möglich, Stiegen in sonst gewohnter Weise zu begehen, sondern müsse er Fuß für Fuß auf die selbe Stiege treten. Der Zustieg zu öffentlichen Verkehrsmitteln löse Angstzustände bei ihm aus, meist sei kein Sitzplatz frei. Festhalten möchte er auch, dass er selbst den Antrag auf zusätzliche Bekundung gestellt habe, daher scheine es so, dass er selbst an der Verminderung schuld sei. Gleichzeitig übermittelte der Beschwerdeführer seinen alten Behindertenpass an die belangte Behörde.

Die belangte Behörde legte die beiden Aktenvorgänge (einerseits Beschwerde gegen die Neufestsetzung des Grades der Behinderung und andererseits Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass) dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG) mit Schreiben vom 07.05.2019 vor, wo diese am selben Tag in der Gerichtsabteilung W260 einlangten.

Der Beschwerdeführer fragte mit Emailnachricht vom 11.02.2020 an, wie die weitere Vorgangsweise sei, bzw. ob eventuell ein Termin für eine weitere Abhandlung bekannt sei.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 21.01.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren der Gerichtsabteilung W260 abgenommen und der Gerichtsabteilung W261 neu zugeteilt, wo dieses am 12.02.2020 einlangte.

Das BVwG führte am 12.02.2020 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer war seit 10.11.1993 Inhaber eines Behindertenpasses, seit 26.08.2003 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 %.

Der Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung langte am 25.10.2018 bei der belangten Behörde ein.

Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.

Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand: altersentsprechend.

Ernährungszustand: adipös.

Größe: 178,00 cm Gewicht: 112,00 kg Blutdruck: 140/80

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput/Collum: keine Lippenzyanose, keine Halsvenenstauung. Sensorium: Umgangssprache wird anstandslos verstanden. Haut und Schleimhäute: unauffällig. Hals: unauffällig, keine Einflußstauung, blande Narbe nach STREK. Thorax: symmetrisch, mäßig elastisch. Lunge: sonorer Klopfschall, Vesikuläratmung, keine Atemnebengeräusche, keine Dyspnoe beim Gang im Zimmer. Herz: reine Herzgeräusche, rhythmisch, normfrequent. Abdomen: unauffällig, über Thoraxniveau, rektal nicht untersucht.

Neurologisch: rechter Arm und rechtes Bein ist manchmal gefühllos, keine signifikanten Paresen.

Wirbelsäule:

Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. HWS: altersentsprechend frei beweglich, Drehung und Seitneigung beidseits frei. KJA: 1 cm. BWS: Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen frei beweglich. LWS: endlagige FE, Finger-Bodenabstand im Stehen: unterhalb der Knie ca. 30 cm.

Obere Extremitäten:

Trophik und Tonus seitengleich normal, grobe Kraft beidseits nicht signifikant vermindert. Schultergelenk rechts: seitliches Anheben: 140°, Anheben nach vorne: 160°. Schultergelenk links: Seitliches Anheben: 140°, Anheben nach vorne: 160°. Nackengriff: beidseits möglich Schürzengriff: beidseits möglich. Hand- und Fingergelenke: keine signifikanten Funktionseinschränkungen, leichte feinmotorische Restsymptomatik rechtsseitig. Der Pinzettengriff ist beidseits mit allen Fingern möglich. Der Faustschluß ist beidseits mit allen Fingern möglich.

Untere Extremitäten:

Grobe Kraft beidseits nicht signifikant vermindert. Hüftgelenk rechts: Beugung: 100° Rotation: 30-0-30°. Hüftgelenk links: Beugung: 100° Rotation: 30-0-30°. Kniegelenk rechts: 0-0-140°, Kniegelenk links: 0-0-90°, TEP, leichte Valgusstellung. Sprunggelenke: beidseits annähernd normale Beweglichkeit, Fußheben und -senken beidseits durchführbar, alle Funktionen ungestört. Zehenstand und Fersenstand beidseitig mit Anhalten im Ansatz möglich, Einbeinstand beidseits mit Anhalten möglich, Fußpulse beidseits nicht palpabel. Ödeme linker Unterschenkel, keine postthrombotischen Veränderungen.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbstständig gehend, hinkend links, mit Halbschuhen und 1 Stützkrücke.

Status Psychicus:

Zeitlich, örtlich und zur Person orientiert. Wirkt in der Kommunikation unauffällig, die Stimmungslage ist ausgeglichen. Aufmerksamkeit und Konzentration scheinen nicht beeinträchtigt. Merkfähigkeit scheint unauffällig.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Abnützung der Wirbelsäule

2. Permanentes Vorhofflimmern bei arterieller Hypertonie

3. Zustand nach apoplektischen Insult

4. Nierenfunktionsstörung

5. Degenerative Gelenksabnutzungen

6. Endoprothese des linken Kniegelenkes

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 60 v. H.

Das führende Leiden Position 1 wird von den anderen Leiden um drei Stufen erhöht, und zwar durch Leiden Nr. 3 um eine Stufe, da ungünstiges Zusammenwirken besteht. Leiden Nummer Nr. 2 und Leiden Nr. 4 steigern um je eine weitere Stufe, da wechselseitige, ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt.

Die Divertikulitis (Veränderung des Dickdarmes durch Ausstülpungen) erreicht keinen Grad der Behinderung, weil dieses Leiden medikamentös behandelt wurde und abgeklungen ist.

Die Struma Operation erfolgte ohne signifikante funktionelle Defizite.

Die Operation gegen grauen Star an beiden Augen erfolgte ohne signifikante, dokumentierte Sehstörrungen.

Die Hallux Operation rechts erfolgte ohne signifikante funktionelle Defizite.

Dies gilt auch für die Entfernung von Polypen im Darm.

Die Hauterkrankung des Beschwerdeführers ist lokal begrenzt und dauert voraussichtlich nicht länger als sechs Monate an.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich der Antragsstellung basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland basieren auf dem vom BVwG eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 01.02.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 25.01.2019 und dessen ergänzender Stellungnahme vom 04.04.2019.

Darin wird auf die Art der aktuellen Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der medizinische Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Der Beschwerdeführer war seit dem Jahr 2003 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 70 % nach der Richtsatzverordnung. Diesem Behindertenpass lag ein medizinisches Gutachten zugrunde, wonach der Beschwerdeführer im Jahr 2003 an folgenden Leiden litt:

1. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen (mit funktionellen Einschränkungen der Hals- und Lendenwirbelsäule) mit einem GdB von 30 %

2. Degenerative Gelenksveränderungen mit funktionell leichten Einschränkungen im linken Knie- und im rechten Schultergelenk mit einen GdB von 20 %

3. Rezidivierende Collitis, welche schubweise auftrat mit einem GdB von 30 %

4. Zustand nach Hepatitis B bei geringradigen Störungen in Verbindung mit leicht positiven Leberfunktionsproben mit einem GdB von 30 %

5. Arterielle Hypertonie mit guter Ansprechbarkeit auf kombinierte antihypertensive Therapie mit einem GdB von 20 %

6. Cervikalsyndrom mit multiradikuläer Ausstrahlung C2, Cephalea, L4-S1 links mit einem GdB von 20 %

7. Hemissyndrom rechts mit milder Symptomatik mit einem GdB von 30%

8. Depressives Syndrom mit Energiemangel mit einem GdB von 20 %

Die im Zusammenwirken der oben angeführten Gesundheitsschädigungen verursachte Funktionsbeeinträchtigung betrug siebzig von Hundert (70 vH). Der führende Grad der Behinderung unter laufender Nummer 3 wurde um 4 Stufen erhöht, da eine ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung bestand. Die Einschätzung der Leiden erfolgte nach der damals gültigen Richtsatzverordnung vom 09.06.1965, BGl. Nr. 150/1965.

Wie der medizinische Sachverständige in seinem Sachverständigengutachten vom 01.02.2019 schlüssig und nachvollziehbar aufgrund der durchgeführten persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und der von ihm vorgelegten aktuellen Befunde ausführt, haben sich die Leidenszustände des Beschwerdeführers seit diesem Zeitpunkt verändert.

Das Leiden 1, die degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, des Vorgutachtens wird mit demselben GdB auch als Leiden 1, Abnützung der Wirbelsäule, im neuen Gutachten geführt.

Das Leiden 2 des Vorgutachten, die degenerativen Gelenksveränderungen im linken Kniegelenk und im rechten Schultergelenk mit einem GdB von 20 %, finden sich im aktuellen Sachverständigengutachten in den Leiden 5, degenerative Gelenksabnützungen mit einem GdB von 20% und im Leiden 6, der Endoprothese des linken Kniegelenks mit einem GdB von 20% wieder.

Die Leiden 3 (Rezidivierende Collitis), 4 (Zustand nach Hepatitis B) und 8 (Depressives Syndrom) entfallen, weil aktuell bei diesen Leiden keine manifeste, befundbelegte, relevante Ausprägung vorliegt, welche einen Grad der Behinderung bedingen würde.

Hingegen hat sich das Leiden 5, die arterielle Hypertonie, aus dem Jahr 2003 verschlimmert, es wird nunmehr als Leiden 2, permanentes Vorhofflimmern bei arterieller Hypertonie mit einem Grad der Behinderung von 30 % geführt.

Für das Leiden 6, das Cervikalsyndrom, liegen keine aktuellen Befunde vor, und ergab auch die persönliche Untersuchung durch den medizinischen Sachverständigen keine Einschränkungen der Halswirbelsäule, weswegen auch dieses Leiden entfällt.

Das ursprüngliche Leiden 7 des Vorgutachtens, das Hemissyndrom, findet sich im neu aufgenommenen Leiden 3, Zustand nach apoplektischem Insult (Schlaganfall), wieder.

Demgemäß hat sich der körperliche Zustand des Beschwerdeführers nicht nur verschlechtert, wiewohl es ihm subjektiv so erscheinen mag. Einige seiner Leiden und Funktionseinschränkungen, unter welchen er im Jahr 2003 noch litt, liegen aktuell nicht mehr vor.

Richtig ist, wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass bei ihm seit dem Jahr 2003 neue Leiden und Funktionseinschränkungen hinzugekommen sind. Der Beschwerdeführer erlitt im April 2018 einen Schlaganfall, der mit Gefühllosigkeit auf der rechten Seite verbunden war. Laut seinen eigenen Angaben bei der medizinischen Untersuchung am 25.01.2019 haben sich die Symptome größtenteils wieder zurückgebildet. Zurückgeblieben ist nur, dass er im rechten Bein gefühllos ist, und er unter Schwindel leidet. Diese feinmotorische Restsymptomatik berücksichtigte der medizinische Sachverständige bei der Einstufung des im Vergleich zum Vorgutachten neu hinzugekommenen Leidens 3, dem Zustand nach apoplektischem Insult (Schlaganfall).

Dies gilt auch für die Nierenfunktionsstörung, welche ebenfalls bei einem Aufenthalt bei den Barmherzigen Brüdern im April/Mai 2018 beim Beschwerdeführer diagnostiziert wurde, und welche der medizinische Sachverständige als neues Leiden 4 in das Ergebnis seiner Begutachtung aufnahm.

Im Oktober 2018 unterzog sich der Beschwerdeführer einer Operation für eine Knietotalendoprothese links. Er hat keine Schmerzen mehr, jedoch ist die Beweglichkeit des linken Knies eingeschränkt und die linke Unterschenkel ist geschwollen. Eine Beugung dieses Knies ist nach dem Ergebnis der medizinischen Untersuchung bis 90° möglich. Auch dieses Leiden fand neu als Leiden Nr. 6 Eingang in das Ergebnis der Begutachtung.

Die weiteren vom Beschwerdeführer angegebenen Operationen, wie beispielsweise die Struma Operation, die Operation an grauen Star an beiden Augen, die Hallux Operation, die Entfernung der Polypen in Darm, waren allesamt erfolgreich, und es verblieben keine signifikanten relevanten Defizite, welche länger als sechs Monate andauerten. Somit nahm der medizinische Sachverständige diese Operationen richtigerweise nicht in sein GdB relevantes Ergebnis der Begutachtung auf. Dies gilt auch für die vom Beschwerdeführer angegebene Hauterkrankung, welche ebenfalls weniger als sechs Monate lang andauerte.

Daraus folgt, dass der Sachverständige in seinem Gutachten vom 01.02.2019 und in seiner Stellungnahme vom 04.04.2019 ausführlich auf sämtliche Einwendungen und Befunde des Beschwerdeführers einging. Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des BVwG bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 01.02.2019 samt ergänzender Stellungnahme vom 04.04.2019. Es wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46 Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung beträgt 12 Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

"Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

- sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

- zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

..."

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der nunmehr geltenden Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Beim Leiden 1 des Beschwerdeführers handelt es sich um Abnützungen der Wirbelsäule, welche der medizinische Sachverständige richtig nach Position 02.01.02 der Einschätzungsverordnung als Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule mittleren Grades mit einem Grad der Behinderung von 30 % einstufte. Dabei berücksichtigte der medizinische Sachverständige, dass beim Beschwerdeführer keine radikuläre Symptomatik vorliegt.

Das Leiden 2 des Beschwerdeführers, das permanente Vorhofflimmern bei arterieller Hypertonie, stufte der medizinische Sachverständige richtig nach Position 05.02.01 der Einschätzungsverordnung als Herzmuskelerkrankung leichter Ausprägung mit einem Grad der Behinderung von 30 % ein. Es besteht bereits die Notwendigkeit zur medikamentösen Blutdruckverdünnung, jedoch besteht keine signifikante Herabsetzung der Herzpumpfunktion.

Das Leiden 3 des Beschwerdeführers ist der Zustand nach apoplektischen Insult (Schlaganfall), welches der medizinische Sachverständige richtig nach Position 04.01.01 der Einschätzungsverordnung als cerebrale Lähmung leichten Grades mit einem Grad der Behinderung von 30 % einstufte, da beim Beschwerdeführer einzelne Muskelgruppen ausfallen, was sich in der feinmotorischen Restsymptomatik rechts äußert.

Das Leiden 4 des Beschwerdeführers ist die Nierenfunktionsstörung, welcher der medizinische Sachverständige richtig nach Position 05.04.01 der Einschätzungsverordnung als Funktionsstörung leichten Grades mit einem GdB von 30 % als schwere Hypertonie einstufte. Dabei berücksichtigte der medizinische Sachverständige, dass der Kreatininwert beim Beschwerdeführe unter 2,0 lag.

Beim Leiden 5 des Beschwerdeführers handelt es sich um degenerative Gelenksabnützungen, welche der medizinische Sachverständige richtig nach Position 02.02.01 der Einschätzungsverordnung mit einem GdB von 20 % einschätze. Er wählte den oberen Rahmensatz dieser Position, weil mehrere Gelenke betroffen sind, jedoch geringe Belastungseinschränkungen bestehen.

Das Leiden 6 des Beschwerdeführers ist die Endoprothese des linken Knies, welche der medizinische Sachverständige richtig nach Position 02.05.18 der Einschätzungsverordnung als Funktionseinschränkung des Knies einseitig bei einer Beugung bis 90° mit einem GdB von 20 % einschätzte.

Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung hat bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 der Einschätzungsverordnung, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN).

Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 01.02.2019, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 25.01.2019 samt ergänzender Stellungnahme vom 04.04.2019 zu Grunde gelegt.

Der medizinische Sachverständige stellt in diesem Sachverständigengutachten fest, dass das führende Leiden Position 1 von den anderen Leiden um drei Stufen erhöht, und zwar durch Leiden Nr. 3 um eine Stufe, da ein ungünstiges Zusammenwirken besteht. Leiden Nr. 2 und Leiden Nr. 4 steigern um je eine weitere Stufe, da wechselseitige, ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt, woraus sich der Gesamtgrad der Behinderung von 60 vH ergibt.

Die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde vorgebrachten Beschwerdegründe waren nicht geeignet, die durch den medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes zu belegen. Es ist richtig, wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde ausführt, dass er es war, der eine Neubeurteilung seiner Leiden und Funktionsbeeinträchtigungen veranlasste, indem er den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung stellte. Dabei berücksichtigte der Beschwerdeführer nicht, dass nicht nur weitere Leiden hinzukamen, wie er mehrfach richtig ausführte, sondern, dass sich auch einige der Funktionseinschränkungen, unter welchen er im Jahr 2003 noch litt, seitdem verbessert haben.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere auf das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht, auf alle Einwände und die im Verfahren vorgelegten Atteste des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die strittige Tatsachenfrage, genauer die Art und das Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers sind einem Bereich zuzuordnen, der von einem Sachverständigen zu beurteilen ist. Beide Parteien haben keinen Verhandlungsantrag gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Neufestsetzung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W261.2218720.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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