TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/8 W235 2223599-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.04.2020
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Entscheidungsdatum

08.04.2020

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch

W235 2223599-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.08.2019, Zl. 1142552108-190761925, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 26.07.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Eine Eurodac-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer bereits am XXXX .01.2017 in Polen, am XXXX .02.2017 in Österreich sowie am XXXX .03.2018 und am XXXX .05.2019 erneut in Polen jeweils Asylanträge stellte (vgl. AS 25).

1.2. Am 27.07.2019 wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, dass er an keinen Krankheiten leide. In Österreich lebe seine Ehegattin. Nach dem negativen Asylbescheid in Österreich sei er am XXXX .10.2017 nach Polen überstellt worden, wo er bis XXXX .07.2019 aufhältig gewesen sei. Am XXXX .07.2019 sei er nach Österreich gekommen, um einen neuerlichen Asylantrag zu stellen.

Dem Beschwerdeführer wurde weiters am 27.07.2019 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Polen die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt. Diese Mitteilung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 5).

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 30.07.2019 ein Wiederaufnahmegesuch gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) an Polen.

Mit Schreiben vom 05.08.2019 stimmte die polnische Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Polen angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer nachweislich übergeben (vgl. AS 137).

1.4. Am 29.08.2019 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, in welcher der Beschwerdeführer zunächst angab, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die Befragung zu absolvieren. Er sei weder in ärztlicher Behandlung noch nehme er Medikamente. Eine Schwester von ihm lebe in Deutschland. In Österreich lebe seine Gattin als anerkannter Konventionsflüchtling. Er habe sie im Internet über eine russische Social Media Plattform vor ca. sechs Jahren gefunden. Zuvor hätten sie sich schon länger über diverse Cousins gekannt. Im Feber 2017 hätten sie in Polen traditionell über das Handy geheiratet. Die standesamtliche Hochzeit sei im September oder Oktober 2018 auch in Polen gewesen. Nach seiner Überstellung nach Polen hätten sie telefonischen Kontakt gehalten und habe ihn seine Frau ca. neunmal für jeweils eine bis zwei Wochen auch besucht. Es bestehe eine gegenseitige emotionale Abhängigkeit. Andere Verwandte habe er in Österreich nicht. Der Beschwerdeführer lebe mit seiner Frau in ihrer Wohnung in Wien. Seine Frau sei auf Arbeitssuche und besuche derzeit Kurse. Er wisse jedoch nicht welche das seien. Er glaube, dass sie einmal eineinhalb Jahre bei einer (namentlich genannten) Supermarktkette gearbeitet habe und auch in einer anderen Firma. Was sie genau gemacht habe, wisse er nicht. Wie lange sie dort und welche Firma das gewesen sei, wisse er auch nicht. Seine Gattin habe eine "normale" Schule - er glaube, bis zum 16. oder 17. Lebensjahr - besucht. Welche Schule sie zuletzt besucht habe, wisse er nicht.

Der Beschwerdeführer habe auch in Polen um Asyl angesucht und fünf negative Entscheidungen erhalten. Die letzte sei im Mai 2019 gewesen. Nachdem er von Österreich nach Polen überstellt worden sei, sei er sechs oder sieben Monate inhaftiert gewesen. Dann sei er ein Monat in einem offenen Lager in Betreuung gewesen. Für die restliche Zeit habe er sich selbst ein Zimmer genommen. Das sei seine Entscheidung gewesen; Versorgung hätte es gegeben. Zur geplanten Vorgehensweise des Bundesamtes, den Beschwerdeführer nach Polen auszuweisen, gab er an, er habe bereits fünf negative Bescheide erhalten und fürchte, auch wenn er freiwillig zurückkehre, werde er ins Gefängnis gesteckt. Er sei sich sicher, dass er nicht einmal ein Monat in Polen bleiben werde, da sie ihn sofort nach Russland abschieben würden. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen zu Polen gab der Beschwerdeführer an, dass es zwar schön geschrieben sei, aber es in Polen immer negative Bescheide gebe. Er wisse, was dort vor sich gehe.

Der in der Einvernahme anwesende Rechtsberater machte von der eingeräumten Möglichkeit, Fragen oder Anträge zu stellen keinen Gebrauch.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Polen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Polen zulässig ist.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer gesund sei und keine ärztliche Behandlung, Therapie oder Medikamente benötige. Festgestellt werde, dass er am XXXX .01.2017 in Polen, am XXXX .02.2017 in Österreich sowie am XXXX .03.2018 und am XXXX .05.2019 erneut in Polen jeweils einen Asylantrag gestellt hat. Festgestellt werde, dass sich Polen mit Schreiben vom 05.08.2019 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO für die Führung seines Asylverfahrens für zuständig erklärt habe. In Österreich verfüge er über seine Gattin, mit der er im gemeinsamen Haushalt lebe. Es bestehe kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Polen systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese dort zu erwarten hätte. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 12 bis 20 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum polnischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Polen.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt angegeben habe, dass er gesund sei und weder ärztliche Behandlung noch Therapie oder Medikamente benötige. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass er sich nach seiner Überstellung von Österreich nach Polen bis zur neuerlichen Einreise nach Österreich in Polen aufgehalten habe. Aufgrund des Fingerabdruckvergleichs und der Zustimmungserklärung Polens stehe fest, dass Polen das Land sei, über das die illegale Einreise in die Europäische Union erfolgt sei. Daher stehe auch die Antragstellung in Polen fest. Die weiteren Feststellungen zum Antrag auf internationalen Schutz, zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Aufgrund seiner Angaben bei der Einvernahme könne davon ausgegangen werden, dass es sich im Fall des Beschwerdeführers nicht um ein intensives Familien- oder Zusammenleben handle, da der Beschwerdeführer keine Angaben zum Tagesablauf und zur Schul- oder Ausbildung seiner Gattin habe machen können. Die Feststellungen zu seinem Privat- und Familienleben seien sohin aufgrund seiner nicht anzuzweifelnden Angaben getroffen worden. Dass offensichtlich keine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe, ergebe sich schon aus der Kürze des bisherigen Aufenthalts. Die Feststellungen zu Polen würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Aus den Angaben des Beschwerdeführers seien keine stichhaltigen Gründe glaubhaft gemacht worden, dass ihm in Polen eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Seine Angabe, er würde in Polen in sein Heimatland abgeschoben werden, sei nicht glaubhaft, da diese über eine in den Raum gestellte Behauptung nicht hinausgehe. Es sei kein Vorbringen dahingehend erstattet worden, dass der rechtliche und faktische Standard des Asylverfahrens in Polen per se die Verletzung der EMRK im Fall der Effektuierung eines negativen Verfahrensausganges wahrscheinlich erscheinen ließe. Eine Rückverbringung in sein Heimatland könne lediglich aufgrund ausführlicher Refoulementprüfung erfolge. Es ergebe sich weder aus den Feststellungen zu Polen noch aufgrund sonstiger Erkenntnisse, dass in Polen in rechtswidriger Weise über Asylwerber eine Schub- oder sonstige Haft verhängt werde. Außerdem bestehe die Möglichkeit eine tatsächlich verhängte Schubhaft oder sonstige behördliche Zwangsmaßnahme in Polen im Rechtsweg zu bekämpfen. Aus den Feststellungen zu Polen ergebe sich eine unbedenkliche Versorgungslage für Asylwerber. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass sich Polen mit Schreiben vom 05.08.2019 ausdrücklich bereit erklärt habe, den Beschwerdeführer im Rahmen der Verpflichtungen aus der Dublin III-VO zu übernehmen und könne daher nicht erkannt werden, dass ihm der Zugang zum Asylverfahren in Polen verweigert werde. Eine Schutzverweigerung in Polen könne daher auch nicht erwartet werden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO formell erfüllt sei. In Österreich befinde sich die Gattin des Beschwerdeführers, mit der er im gemeinsamen Haushalt lebe. Es bestünden jedoch keine Abhängigkeiten und auch keine besondere Beziehungsintensität. Daher könne von keinem im Sinne des Art. 8 EMRK schützenswerten Familienleben ausgegangen werden und stelle die Anordnung zur Außerlandesbringung keinen Eingriff in das in Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens dar. Betreffend das Privatleben des Beschwerdeführers wurde darauf verwiesen, dass insbesondere die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen vermöge. Die aus seinem Aufenthalt resultierenden privaten Interessen seien ausschließlich auf seine eigenen, in letzter Konsequenz rechtswidrigen Handlungen zurückzuführen, was kein Recht auf Schutz seines privaten Interesses an einem dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet ergebe. Ferner seien allfällige, sich aus seinem Aufenthalt in Österreich ergebende Beziehungen zu Verwandten in einer Zeit entstanden, als ihm sein unsicherer Aufenthaltsstatus in Österreich bewusst gewesen sein hätte müssen. Die Möglichkeit zur Aufrechterhaltung von Kontakten zu in Österreich befindlichen Verwandten bestehe - wenn auch in eingeschränkter Form - auch von Polen aus. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung der Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesen Aspekten zulässig sei. Polen sei bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen, seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen und die sonstigen, Polen aus der Dublin III-VO treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Es sei festzustellen, dass in Polen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG habe daher bei Abwägung aller Umstände nicht erschüttert werden können. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Eine Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Mit E-Mail vom 29.08.2019 legte der Beschwerdeführer seine polnische Heiratsurkunde sowohl in Polnisch als auch in deutscher Übersetzung vom XXXX .10.2018 vor, der zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer und Frau XXXX , geb. XXXX , am XXXX .10.2018 in XXXX geheiratet haben (vgl. AS 251).

4. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner nunmehr ausgewiesenen Vertretung am 17.09.2019 fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2018 Frau XXXX , die in Österreich anerkannter Flüchtling sei, geheiratet habe. Aufgrund seiner intensiven Beziehungen zu Österreich aufgrund der Hochzeit sei entsprechend der Dublin III-VO Österreich verpflichtet, in die Prüfung des Asylantrages einzutreten. Die Ehegattin des Beschwerdeführers führe ihre Fehlgeburt auf den Umstand zurück, dass sie vom Beschwerdeführer, der in Polen inhaftiert gewesen sei, getrennt gewesen sei.

5. Am 10.10.2019 wurde der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet auf dem Luftweg nach Polen überstellt (vgl. OZ 3).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit. Nach illegaler Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Polen stellte er erstmals am XXXX .01.2017 in Polen einen Asylantrag. In der Folge reiste er unrechtmäßig weiter nach Österreich, wo er am XXXX .02.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, der wegen der Zuständigkeit Polens als unzulässig zurückgewiesen und der Beschwerdeführer am XXXX .10.2017 nach Polen überstellt wurde. Dort stellte er am XXXX .03.2018 und am XXXX .05.2019 weitere Asylanträge. Ohne auf das Ergebnis seines (letzten) Asylverfahrens in Polen zu warten, begab sich der Beschwerdeführer am XXXX .07.2019 neuerlich unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 26.07.2019 den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 30.07.2019 ein Wiederaufnahmegesuch an Polen, welches von der polnischen Dublinbehörde am 05.08.2019 beantwortet und die ausdrückliche Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO erteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Polens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Polen sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Polen Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Polen aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.

In Polen heiratete der Beschwerdeführer am XXXX .10.2018 eine in Österreich asylberechtigte russische Staatsangehörige und lebte mit dieser bis zu seiner Überstellung nach Polen im gemeinsamen Haushalt. Wechselseitige Abhängigkeiten finanzieller oder sonstiger Natur können nicht festgestellt werden. Darüber hinausgehende Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet bestehen nicht.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer am 10.10.2019 auf dem Luftweg aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen überstellt wurde.

1.2. Zum polnischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Polen:

Zum polnischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Polen wurden auf den Seiten 12 bis 20 des angefochtenen Bescheides aktuelle Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Allgemeines:

In erster Instanz für das Asylverfahren in Polen zuständig ist das Office for Foreigners (Urzad do Spraw Cudzoziemcow, UDSC), das dem Innenministerium untersteht. Es gibt ein mehrstufiges Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 11.3.2019).

b). Dublin-Rückkehrer:

Es gibt keine Berichte über Zugangshindernisse zum Verfahren für Dublin-Rückkehrer. Personen, die im Rahmen der Dublin-Bestimmungen nach Polen zurückkehren, müssen bei der Grenzwache einen Asylantrag stellen oder die Wiedereröffnung eines etwaigen vorherigen Verfahrens beantragen. So eine Wiedereröffnung ist innerhalb von neun Monaten ab dessen Einstellung möglich. Sind diese neun Monate verstrichen, wird ihr Antrag als Folgeantrag betrachtet und auf Zulässigkeit geprüft. Für das Jahr 2018 ist kein Fall eines Antrags auf Wiedereröffnung des Verfahrens innerhalb der Neun-Monatsfrist bekannt. Viele Rückkehrer zogen hingegen die freiwillige Rückkehr ins Herkunftsland einer Wiedereröffnung ihrer Verfahren vor. Dublin-Rückkehrer mit aufrechtem Asylverfahren (z.B. Antrag auf Wiedereröffnung) sind zu denselben Bedingungen zu Versorgung in Polen berechtigt wie alle anderen Antragsteller (AIDA 11.3.2019; vgl. EASO 24.10.2017).

Das medizinische Personal der Grenzwache beurteilt den Gesundheitszustand eines Rückkehrers nach seiner Überstellung nach Polen, auch im Hinblick auf seine speziellen Bedürfnisse. Außerdem werden im Einvernehmen mit dem Fremdenamt (UDSC) und dem medizinischen Personal die Möglichkeiten der Anpassung der Aufenthaltsverhältnisse in Polen an die gesundheitliche Situation des Antragstellers bzw. die eventuelle Notwendigkeit, ihn in einer fachlichen medizinischen Einrichtung unterzubringen, abgesprochen. Abhängig von dem Zustand der motorischen Fähigkeit des Ausländers stellt die Grenzwache den Transport eines bedürftigen Rückkehrers zum Aufnahmezentrum, einer medizinischen Einrichtung (falls er einer sofortigen Hospitalisierung bedarf) oder einer fachlichen medizinischen Einrichtung sicher. Personen mit einer vorübergehenden oder dauerhaften motorischen Behinderung, die eines Rollstuhls bedürfen, werden in einem für die Bedürfnisse der motorisch Behinderten angepassten Zentrum untergebracht. Falls der Ausländer einer Rehabilitation bedarf, wird medizinische Ausrüstung sichergestellt. Das medizinische Personal des Flüchtlingszentrums bestimmt die Bedürfnisse des Rückkehrers im Bereich der Rehabilitation und der medizinischen Ausrüstung. Es besteht die Möglichkeit, eine vom Arzt verordnete Diät anzuwenden. Das Fremdenamt garantiert einen Transport zu fachärztlichen Untersuchungen oder Rehabilitation. Der Transport zu ärztlichen Terminen in medizinischen Einrichtungen wird garantiert. Antragsteller, die schwer behindert, pflegebedürftig oder bettlägerig sind, deren Pflege in einem Flüchtlingszentrum nicht gewährleistet werden kann, werden in speziellen Pflegeanstalten oder Hospizen untergebracht. Diese Einrichtungen garantieren medizinische Leistungen samt der notwendigen Rehabilitation für Behinderte rund um die Uhr und professionell ausgebildetes Personal (VB 7.7.2017).

c). Versorgung:

Asylwerber müssen sich binnen zwei Tagen ab Antragstellung in einem Erstaufnahmezentrum registrieren, ansonsten wird das Verfahren eingestellt. Ab Registrierung im Erstaufnahmezentrum sind sie während des gesamten Asylverfahrens sowie ohne Unterschied zu materieller Unterstützung berechtigt, auch im Zulassungs- und im Dublinverfahren sowie während laufender erster Beschwerde. Wenn Antragsteller nach einer erfolglosen Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid den Beschwerdeweg weiter beschreiten (Beschwerde an den Voivodeship Administrative Court in Warschau; 2. Beschwerdeinstanz), haben sie kein Recht auf Versorgung. Wenn das Gericht die angefochtene Entscheidung suspendiert, wird dem Beschwerdeführer das Recht auf Versorgung für die Dauer des Verfahrens wieder zuerkannt. Jedoch hat der Voivodeship Administrative Court dies im Jahr 2018 nur in einem von 87 Fällen getan, was dazu führte, dass die betroffenen Beschwerdeführer ohne staatliche Versorgung blieben (AIDA 11.3.2019; vgl. USCD o.D.b).

Generell werden Unterbringung, materielle Hilfe und Gesundheitsversorgung bis zu zwei Monate nach der endgültigen Entscheidung im Asylverfahren (positiv wie negativ) gewährt. Wird das Verfahren allerdings eingestellt (z.B. in der Zulassungsphase), verkürzt sich dieser Zeitraum auf 14 Tage. Da Antragsteller mit einer abschließend negativen Entscheidung Polen binnen 30 Tagen zu verlassen haben und keine Versorgung mehr gewährt wird, wenn sie diese Frist zur freiwilligen Ausreise verstreichen lassen, werden sie in der Praxis nur für 30 Tage weiter versorgt. Einzelne Asylwerber berichten jedoch, dass ihnen sogar ein längerer Verbleib im Zentrum gestattet wurde als rechtlich vorgesehen. Versorgung wird in Polen auch ohne Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten des AW gewährt. Für AW, die außerhalb des Zentrums wohnen, gibt es eine Zulage. Antragsteller dürfen sechs Monate nach Antragstellung arbeiten. Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist wegen mangelnden Sprachkenntnissen usw. in der Praxis aber potentiell schwierig (AIDA 11.3.2019).

Asylwerber sehen sich Sprachbarrieren gegenüber und ihr Zugang zu höherer Bildung ist eingeschränkt (USDOS 13. 11.3.2019).

Auf der Webseite der Behörde ist eine Liste mit 22 Organisationen verfügbar, welche Asylwerbern/Fremden verschiedenste Hilfestellung bieten (UDSC o.D.d).

d). Unterbringung:

Asylwerber, die in einem Zentrum leben, erhalten Unterkunft, medizinische Versorgung, Mahlzeiten (oder PLN 9,-/Tag für Selbstverpflegung), Taschengeld (PLN 50,-/Monat), Geld für Hygieneartikel (PLN 20,-/Monat), eine Einmalzahlung für Bekleidung (PLN 140,-). Asylwerber, die außerhalb der Zentren leben, erhalten eine finanzielle Beihilfe (von PLN 25,-/Tag für eine Einzelperson; bis hin zu PLN 12,50/Tag und Person für Familien mit vier oder mehr Familienmitgliedern). Beide Gruppen erhalten einen Polnisch-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (plus außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung. 2018 erhielten durchschnittlich 1.361 Asylwerber Versorgung innerhalb der Zentren und 1.730 außerhalb der Zentren. Die Höhe der Unterstützung für Asylwerber liegt unter dem sogenannten "sozialen Minimum" und wird als zu gering kritisiert, um in Polen außerhalb der Zentren einen angemessenen Lebensstandard führen zu können. Vor allem Mieten in Warschau, wo die meisten AW ihr Asylverfahren abwickeln, sind damit schwer abzudecken. Asylwerber, die außerhalb der Zentren leben wollen, wohnen daher oft zu mehreren in beengten Wohnungen oder unsicheren Verhältnissen. Selbst für Familien reicht die Unterstützung gerade einmal für die Miete (AIDA 11.3.2019; vgl. UDSC o.D.c).

In Polen gibt es elf Unterbringungszentren mit insgesamt 2.331 Plätzen. Zwei der Zentren dienen der Erstaufnahme. Mit Überbelegung gibt es keine Probleme. Alle Zentren unterstehen der polnischen Asylbehörde UDSC, sieben der Zentren werden von Vertragspartnern geführt. Die Unterbringungsbedingungen in den Zentren sind unterschiedlich. Gewisse Grundlagen müssen erfüllt werden, der Rest ist abhängig vom Willen und den finanziellen Möglichkeiten des Vertragspartners. Die Unterbringungsbedingungen werden generell eher niedrig bewertet, die meisten Beschwerden gibt es über andere Untergebrachte bzw. über das Essen. Alle diese Zentren sind offen, das bedeutet sie dürfen bis 23.00 Uhr frei verlassen und betreten werden (AIDA 11.3.2019).

Polen verfügt außerdem über sechs geschlossene Unterbringungszentren (guarded centers) in Biala Podlaska, Bialystok, Lesznowola, Ketrzyn, Krosno Odrzanskie, und Przemysl mit zusammen 590 Plätzen, von denen Ende 2018 insgesamt 216 belegt waren (AIDA 11.3.2019).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage (einschließlich der medizinischen Versorgung) von Asylwerbern in Polen auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das polnische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- bzw. Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Polen den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit sowie zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit, zu seiner Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Polen, zur nunmehrigen unrechtmäßigen Wiedereinreise in das österreichische Bundesgebiet und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz in Österreich ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren sowie aus dem Akteninhalt. Dass der Beschwerdeführer zuvor am XXXX .01.2017, am XXXX .03.2018 und am XXXX .05.2019 in Polen jeweils Asylanträge stellte, ergibt sich zweifelsfrei aus den jeweiligen Eurodac-Treffern. Ferner wurde die Asylantragstellung auch durch die polnische Dublinbehörde in ihrer Zustimmungserklärung zur auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestützten Wiederaufnahme des Beschwerdeführers vom 05.08.2019 bestätigt. Aus der polnischen Zustimmungserklärung ergibt sich auch die Feststellung, dass der Beschwerdeführer ohne das Ergebnis seines letzten Asylverfahrens abzuwarten, weiter nach Österreich gereist ist. Die Feststellung zum ersten Asylverfahren des Beschwerdeführers in Österreich gründet ebenso auf dem unbedenklichen Eurodac-Treffer, auf dem Akteninhalt sowie auf dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat auch niemals in Abrede gestellt, sowohl in Polen als auch in Österreich Asylanträge gestellt zu haben.

Die weiteren Feststellungen zum Wiederaufnahmegesuch und zur ausdrücklichen Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers durch Polen ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden. Darauf, dass die Zuständigkeit Polens beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise, da ein Vorbringen, das die Zuständigkeit Polens in Zweifel ziehen würde, nicht erstattet wurde, sondern - im Gegenteil - gab der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung an, dass er nach seiner Überstellung aus Österreich nach Polen am XXXX .10.2017 bis zu seiner Wiedereinreise am XXXX .07.2019 ausschließlich in Polen aufhältig gewesen sei (vgl. AS 15).

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Polen wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die Feststellung zum Nichtvorliegen schwerwiegender gesundheitlicher Beeinträchtigungen, die einer Überstellung des Beschwerdeführers nach Polen entgegenstehen bzw. entgegengestanden sind, ergibt sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Gegenteiliges ist auch dem sonstigen Akteninhalt nicht zu entnehmen. Sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer dezidiert an, an keinen Krankheiten zu leiden bzw. nicht in ärztlicher Behandlung zu sein und auch keine Medikamente zu nehmen (vgl. AS 13 bzw. AS 159).

Die Feststellung zur Eheschließung des Beschwerdeführers am XXXX .10.2018 in Polen gründet auf der von ihm vorgelegten polnischen Heiratsurkunde vom XXXX .10.2018 (vgl. AS 251). Dass es sich bei der Ehegattin des Beschwerdeführers um eine in Österreich asylberechtigte russische Staatsangehörige handelt, ergibt sich zum einen aus seinem Vorbringen im Verfahren und zum andern aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auskunft aus dem Zentralen Melderegister vom 04.04.2020. Ebenso auf der Einsicht in das Zentrale Melderegister basiert die Feststellung zur Führung eines gemeinsamen Haushalts des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin bis zu dessen Überstellung nach Polen (vgl. Auszüge vom 04.04.2020). Hinweise auf das Vorliegen wechselseitiger Abhängigkeiten sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Der Beschwerdeführer gab in seiner Einvernahme vom 29.08.2019 an, dass (lediglich) eine emotionale Abhängigkeit bestehe. An dieser Stelle ist allerdings darauf zu verweisen, dass eine solche aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ersichtlich ist. So konnte der Beschwerdeführer weder angeben, welche Kurse seine Ehegattin besucht noch wo genau sie gearbeitet und welche Tätigkeiten sie ausgeführt hat. Ebenso wenig konnte der Beschwerdeführer Angaben zur Schul(aus)bildung seiner Frau machen (vgl. AS 163). Weitere Bindungen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet wurden nicht vorgebracht und sind auch aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich.

Letztlich ergibt sich die Feststellung zur Überstellung des Beschwerdeführers nach Polen aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 10.10.2019.

2.2. Die Feststellungen zum polnischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Polen ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid - sie entsprechen dem Stand vom 27.06.2019 - jedenfalls zum Überstellungszeitpunkt hinreichend aktuell waren. Sollte in den Feststellungen auf Quellen älteren Datums verwiesen werden, ist auszuführen, dass diese mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Polen ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. In seiner Einvernahme gab der Beschwerdeführer diesbezüglich lediglich an, dass diese "schön" geschrieben seien, es aber in Polen immer negative Bescheide gebe und er wisse, was dort vor sich gehe (vgl. AS 179). Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen des Bundesamtes ist diesem Vorbringen sohin nicht zu entnehmen. Auch in den schriftlichen Beschwerdeausführungen wurde den Länderberichten des Bundesamtes nicht entgegengetreten und wurden insbesondere keine alternativen Berichte in das Verfahren eingeführt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 20 Abs. 1 BFA-VG dürfen in einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesamts neue Tatsachen und Beweismittel nur vorgebracht werden, 1. wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nach der Entscheidung des Bundesamtes maßgeblich geändert hat; 2. wenn das Verfahren vor dem Bundesamt mangelhaft war; 3. wenn diese dem Fremden bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes nicht zugänglich waren oder 4. wenn der Fremde nicht in der Lage war, diese vorzubringen.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

3.2.3. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (vgl. hierzu Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich und Urteil vom 07.06.2016, C-63/15 Mehrdad Ghezelbash gegen Niederlande und vom 07.06.2016, C-155/15, Karim gegen Schweden) regeln die Zuständigkeitskriterien der Dublin II-VO (nunmehr: Dublin III-VO) die subjektiven Rechte der Mitgliedstaaten untereinander, begründen jedoch kein subjektives Recht eines Asylwerbers auf Durchführung seines Asylverfahrens in einem bestimmten Mitgliedstaat der Union.

In einem Wiederaufnahmeverfahren nach Art. 18 Dublin III-VO findet eine neuerliche Überprüfung der seinerzeit erfolgten Zuständigkeitsbestimmung nicht mehr statt, es ist vielmehr primär zu prüfen, ob die Zuständigkeit inzwischen wieder erloschen ist (vgl. Filzwieser/Sprung "Dublin III-Verordnung", K6 zu Art. 18). Es ist allerdings eine Auseinandersetzung mit der Frage erforderlich, auf welcher Bestimmung diese Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedstaates beruht (vgl. VfGH vom 27.06.2012, U 462/12). Im gegenständlichen Fall ist die Zuständigkeit Polens zur Prüfung des in Rede stehenden Antrags auf internationalen Schutz in materieller Hinsicht in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer aus einem Drittstaat kommend, die Grenze von Polen illegal überschritten hat. Es gibt sohin im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates als Polen, wobei fallgegenständlich hinzukommt, dass die polnische Dublinbehörde der Wiederaufnahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zugestimmt hat. Auch wurde die grundsätzliche Zuständigkeit Polens zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers weder vor dem Bundesamt noch vor dem Bundesverwaltungsgericht bestritten.

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 17.06.2005, B336/05 sowie vom 15.10.2004, G237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/01/0114, vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949 sowie vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre. Somit ist unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorherrschen, und - soweit damit noch notwendig und vereinbar - aus menschenrechtlichen Erwägungen, ob der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung seines Antrags auf internationalen Schutz und seiner Außerlandesbringung nach Polen gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG - unter Bezugnahme auf seine persönliche Situation - in seinen Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist, wie ihn EGMR und VfGH auslegen.

3.2.4. Mögliche Verletzung von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC:

3.2.4.1. Gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (vgl. VwGH vom 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 98/18/0317 u.a.). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949) wie folgt ausgesprochen: "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist."

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 sowie EGMR vom 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov gegen Türkei Rz 71 bis 77). Auch eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Fall einer Überstellung und ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (vgl. VwGH vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673; vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025 und vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs.

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi gegen Österreich aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (nunmehr Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) auszuüben ist, hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, zu vergleichbaren Bestimmungen der Dublin II-VO befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in der Entscheidung vom 02.12.2008, Nr. 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011, Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufnahmestaat gebieten.

3.2.4.2. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer weder in seinem Vorbringen im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch in seinen schriftlichen Beschwerdeausführungen das Asylverfahren in Polen, seine Behandlung als Asylwerber durch die polnischen Behörden und/oder seine dortige Unterbringungs- oder Versorgungssituation (auch in Bezug auf die medizinische Versorgung) kritisiert hat bzw. in irgendeiner Weise darauf hingewiesen oder angedeutet hat, dass er in Polen keinen Zugang zum Asylverfahren gehabt hätte und/oder nicht ausreichend versorgt worden wäre. Zu Polen brachte der Beschwerdeführer lediglich vor, dass er fünf negative Entscheidungen erhalten habe und zwar die letzte vom Mai 2019. Allerdings entspricht dieses Vorbringen nicht den Tatsachen, da die polnischen Behörden ihre Zustimmung zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers auf lit. b des Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO stützen, was eindeutig belegt, dass der Beschwerdeführer "während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat" und sohin sein (letztes) Asylverfahren in Polen noch nicht abgeschlossen ist. Die diesbezüglichen Befürchtungen des Beschwerdeführers gehen sohin ins Leere. Der Vollständigkeit halber ist allerdings darauf zu verweisen, dass alleine der Umstand, dass gegenüber einem Asylwerber im zuständigen Dublinstaat eine negative Entscheidung ergangen ist, nicht dazu führen kann, das Asyl- und Refoulementverfahren dort in Frage zu stellen, da auch in anderen europäischen Staaten, einschließlich Österreich, je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls, negative Entscheidungen auch in Hinblick auf Staatsangehörige aus der Russischen Föderation getroffen werden.

Darüber hinaus brachte der Beschwerdeführer zu seinem Aufenthalt in Polen vor, dass er sechs oder sieben Monate "inhaftiert" (wohl im Sinne eines geschlossenen Lagers) gewesen und dann in einem offenes Lager betreut worden sei. Danach habe er sich ein Zimmer genommen, was aber seine eigene Entscheidung gewesen sei. Versorgung habe es in Polen gegeben. Aus diesem Vorbringen lassen sich jedenfalls keine systemischen Mängel im polnischen Asylwesen erkennen.

Generell ist zur Kritik am polnischen Asylwesen auszuführen, dass die seinerzeitige Judikatur zu § 4 AsylG 1997, die die Situation vor dem Beitritt Polens zur Europäischen Union betroffen hat, nicht mehr unmittelbar relevant ist (vgl. in diesem Sinne VwGH vom 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673). Relevant wären im vorliegenden Zusammenhang schon bei einer Grobprüfung erkennbare grundsätzliche schwerwiegende Defizite im Asylverfahren des zuständigen Mitgliedstaates (also etwa: grundsätzliche Ablehnung aller Asylanträge oder solcher bestimmter Staatsangehöriger oder Angehöriger bestimmter Ethnien; kein Schutz vor Verfolgung "Dritter"; kein Rechtsmittelverfahren). Solche Mängel (die bei einem Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht vorausgesetzt werden können, sondern zunächst einmal mit einer aktuellen individualisierten Darlegung des Antragstellers im Sinne des § 5 Abs. 3 AsylG plausibel zu machen sind) sind auf der Basis der Feststellungen des Bundesamtes nicht erkennbar. Das in den Länderfeststellungen beschriebene polnische Asylwesen entspricht unionsrechtlichen Vorgaben und es besteht kein Grund zu der Annahme, dass Polen allgemein oder im Besonderen gegenüber Schutzsuchenden aus der Russischen Föderati

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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