TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/9 W275 2230109-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.04.2020
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Entscheidungsdatum

09.04.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76

Spruch

W275 2230109-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Stella VAN AKEN als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl 536705308-190633757 über die weitere Anhaltung von XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 17.10.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz, der in weiterer Folge mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abgewiesen wurde.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Asylgerichtshof gemäß § 3 AsylG 2005 hinsichtlich Spruchpunkt I. als unbegründet abgewiesen, der bekämpfte Bescheid in den Spruchpunkten II. und III. behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs. 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Der Beschwerdeführer wurde für den 18.02.2011 geladen; da er als obdachlos gemeldet war, wurde die Ladung bei der Polizeiinspektion hinterlegt. In der Folge kam der Beschwerdeführer seiner Meldeverpflichtung bei der Polizeiinspektion nicht nach und hat die Ladung nicht behoben.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.02.2011 wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko abgewiesen (Spruchpunkt I.) und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Marokko ausgewiesen (Spruchpunkt II.).

Hiergegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, welche am 13.08.2014 durch das Bundesverwaltungsgericht bezüglich Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides abgewiesen und betreffend das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurde.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2016 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig sei. Weiters wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt sowie gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Die ausschließlich gegen das verhängte Einreiseverbot erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 19.12.2016 als unbegründet ab.

Aufgrund der nicht nachgewiesenen Identität des Beschwerdeführers leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit Algerien, Marokko und Tunesien ein. Seitens der Vertretungsbehörde von Tunesien langte eine negative Verbalnote zur Identifizierung des Beschwerdeführers ein.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2019 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Unter einem wurde ausgesprochen, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der (Straf-)Haft eintreten. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer keine Beschwerde.

Die Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit Marokko und Algerien sind laufend. Der Beschwerdeführer wurde am 29.11.2019 der algerischen Delegation zur Identifizierung vorgeführt.

Der Beschwerdeführer wurde am 08.01.2020 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er insbesondere an, in der Schweiz aufgewachsen zu sein. Er könne jedoch keine Dokumente oder andere Beweise vorlegen, welche seine Behauptung untermauern würden.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte daraufhin in Erfahrung, dass der Beschwerdeführer mit der in Österreich angegebenen Identität in der Schweiz nicht bekannt, jedoch unter Aliasidentitäten wegen illegalen Aufenthaltes vorgemerkt sei. Der Beschwerdeführer hat keinen Aufenthaltstitel in der Schweiz.

Am 28.02.2020 wurden gegen den Beschwerdeführer wegen des Einschmuggelns von Gegenständen und des Auffindens eines Mobiltelefons Disziplinierungsmaßnahmen angeordnet.

In den Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer urgierte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zuletzt am 20.02.2020 bei der marokkanischen Vertretungsbehörde sowie am 26.03.2020 (Urgenzliste) und am 30.03.2020 (Einzelurgenz) bei der algerischen Vertretungsbehörde.

Am 02.04.2020 legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft bzw. zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Der Beschwerdeführer hat bisher keine Dokumente vorgelegt, die seine Identität bescheinigen; seine Identität steht nicht fest. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der Beschwerdeführer wird seit 09.12.2019 in Schubhaft angehalten. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ordnete die Schubhaft (ursprünglich) mit Bescheid vom 22.08.2019 über den Beschwerdeführer - aufschiebend bedingt mit Ende der Strafhaft - gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung an.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig und hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor.

Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wurde letztlich sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtskräftig abgewiesen. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2016 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Marokko zulässig sei. Weiters wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt sowie gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Die ausschließlich gegen das verhängte Einreiseverbot erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 19.12.2016 als unbegründet ab.

Es besteht gegen den Beschwerdeführer eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme.

Der Beschwerdeführer leistete einer Ladung im Asylverfahren keine Folge. Der Beschwerdeführer hält die Meldevorschriften in Österreich nicht ein.

Beim Beschwerdeführer wurde während der Anhaltung in Schubhaft ein Mobiltelefon aufgefunden.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 13.07.2011 wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls gemäß den §§ 127, 130 erster Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. In weiterer Folge wurde zunächst die Probezeit auf fünf Jahre verlängert und sodann die bedingte Nachsicht der Strafe widerrufen.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 31.07.2013 wurde der Beschwerdeführer als junger Erwachsener wegen des Vergehens des versuchten unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach den §§ 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 SMG, 15 StGB, des Vergehens der versuchten falschen Beweisaussage nach den §§ 15, 12 zweiter Fall und 288 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB, des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG sowie des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls gemäß den §§ 127, 130 erster Fall und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von achtzehn Monaten, davon zwölf Monate bedingt, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt. In der Folge wurde die Probezeit der bedingten Nachsicht auf fünf Jahre verlängert.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 28.05.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs. 1 StGB, des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens der versuchten schweren Körperverletzung nach den §§ 15, 83 Abs. 1 und 84 Abs. 1 StGB, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 1 StGB sowie des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls gemäß den §§ 127, 130 erster Fall und § 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 11.11.2016 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls gemäß den §§ 127, 130 Abs. 1 erster Fall StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 2 StGB sowie des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 3 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Mit (rechtskräftigem) Urteil eines Landesgerichtes vom 26.04.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB sowie des Vergehens des versuchten unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach den §§ 27 Abs. 2a SMG und 15 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.

Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht. Auch die Inhaftierungen und Verurteilungen konnten den Beschwerdeführer nicht zu rechtskonformem Verhalten bewegen.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz. Er geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine eigenen finanziellen Mittel zur Existenzsicherung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der Beschwerdeführer ist in Österreich weder nennenswert sozial noch beruflich verankert. In Österreich leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen; es hat rechtzeitig und zielführend Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats für den Beschwerdeführer mit den algerischen, marokkanischen und tunesischen Vertretungsbehörden eingeleitet. Seitens der Vertretungsbehörde von Tunesien langte zwischenzeitig eine negative Verbalnote zur Identifizierung des Beschwerdeführers ein. Die Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit Marokko und Algerien sind laufend. Der Beschwerdeführer wurde am 29.11.2019 der algerischen Delegation zur Identifikation vorgeführt. Die algerische Botschaft hält es aufgrund der Aussprache und der Ortskenntnisse des Beschwerdeführers für möglich, dass er algerischer Staatsbürger ist. Es sind jedoch weitere Ermittlungen in Algerien erforderlich, um den Beschwerdeführer zweifelsfrei identifizieren zu können. Zuletzt wurde am 20.02.2020 bei der marokkanischen Vertretungsbehörde sowie am 26.03.2020 (Urgenzliste) und am 30.03.2020 (Einzelurgenz) bei der algerischen Vertretungsbehörde urgiert.

Eine (relevante) Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft hat sich im Verfahren nicht ergeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, die Akten des Asylgerichtshofes bzw. des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen A1 416518-1/2010, 1416518-2, 1416518-3 und 2230109-1, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Zur Person des Beschwerdeführers und zu den Voraussetzungen der Schubhaft bzw. zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Aus dem Verwaltungsakt sowie den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes ergibt sich, dass der Beschwerdeführer bisher keine Dokumente zum Nachweis seiner Identität vorgelegt hat. An seiner Volljährigkeit besteht jedoch kein Zweifel. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder Asylberechtigter bzw. subsidiär Schutzberechtigter ist, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Dass der Beschwerdeführer seit 09.12.2019 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie aus der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres. Die Feststellung zu der behördlichen Anordnung der Schubhaft ergibt sich zudem aus der zitierten Entscheidung.

Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde. Eine Haftunfähigkeit wird auch nicht behauptet. Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ergibt sich insbesondere daraus, dass er bereits in der Vergangenheit medizinisch versorgt wurde.

Der Stand des Asylverfahrens, der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers und die Feststellungen zu seiner fehlenden Integration ergeben sich aus der Aktenlage. Die Feststellungen zu dem mangelnden sozialen Netz, dem fehlenden Wohnsitz, den fehlenden finanziellen Mittel sowie der mangelnden beruflichen Tätigkeit ergeben sich ebenso wie die Feststellung, dass in Österreich keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers leben, überdies insbesondere aus den bisherigen Angaben des Beschwerdeführers in seinen Verfahren.

Dass der Beschwerdeführer einer Ladung im Asylverfahren keine Folge leistete und die Meldevorschriften in Österreich nicht einhält, ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem darin einliegenden Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellung, dass beim Beschwerdeführer während der Anhaltung in Schubhaft ein Mobiltelefon aufgefunden wurde, ergibt sich aus der im Akt einliegenden Maßnahmenmeldung des zuständigen Polizeianhaltezentrums.

Aus einer Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.

Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und sich an die Rechtsordnung in Österreich zu halten, ergibt sich aus dem bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, seinen strafrechtlichen Verurteilungen sowie auch seinem Verhalten während der Anhaltung in Schubhaft und aus dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer bereits dem Asylverfahren entzogen hat. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten würde. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern würde.

Die Feststellungen zu den Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit den algerischen, marokkanischen und tunesischen Vertretungsbehörden ergeben sich aus den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegten Schriftstücken sowie aus der Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Die Dauer der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft, welche die höchstzulässige Dauer im Entscheidungszeitpunkt nicht erreicht bzw. übersteigt, resultiert zudem aus der Notwendigkeit der Identifizierung des Beschwerdeführers, an der er nicht mitwirkt.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A) - Fortsetzung der Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

§ 22a Abs. 4 BFA-VG lautet:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.1.3. Gemäß § 22a Abs. 4 dritter Satz BFA-VG gilt mit der Vorlage der Verwaltungsakten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung (nur) ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Diese Entscheidung stellt - ebenso wie ein Ausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG - einen neuen Hafttitel dar. Über vor (oder nach) der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH vom 29.10.2019, Ra 2019/21/0270; 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist.

3.1.4. Im vorliegenden Fall liegt eine rechtskräftige, durchsetzbare und durchführbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor.

3.1.5. Es wurden bereits Heimreisezertifikatsverfahren eingeleitet. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bereits mehrfach urgiert. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikats innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer ist derzeit sehr wahrscheinlich. Der Beschwerdeführer kann durch entsprechende Mitwirkung selbst auf eine kurze Schubhaftdauer hinwirken.

3.1.6. Im gegenständlichen Fall liegt weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung mit allen Mitteln zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht, er ist nicht kooperativ. Der Beschwerdeführer hat auch keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde.

Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer somit ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.

Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.1.7. Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Der Beschwerdeführer wurde (teilweise als junger Erwachsener) bereits fünf Mal strafrechtlich verurteilt; er hat wiederholt gegen das Suchtmittelgesetz verstoßen sowie die Vergehen des (teilweise versuchten) gewerbsmäßigen Diebstahls, der versuchten falschen Beweisaussage, der Hehlerei, der gefährlichen Drohung, der Urkundenunterdrückung, der versuchten Nötigung, des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt, der (teilweise versuchten) schweren Körperverletzung, der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel sowie der Sachbeschädigung verübt. Er hat damit qualifiziert und nachhaltig gegen die österreichische Rechtsordnung verstoßen. Das zuständige Strafgericht verhängte wiederholt unbedingte Freiheitsstrafen über den Beschwerdeführer. Zuletzt wurde er zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer hat keine nennenswerten familiären oder sozialen Bindungen in Österreich. Einer legalen Erwerbstätigkeit geht er in Österreich nicht nach. Er hat in Österreich auch keinen eigenen gesicherten Wohnsitz.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat die Ausstellung eines Heimreisezertifikates urgiert und wirkt somit auf eine kurze Anhaltung in Schubhaft hin. Die Dauer der Schubhaft ist durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Es obliegt dem Beschwerdeführer durch eine Kooperation mit den Behörden und Mitwirkung bei seiner Identitätsfeststellung die Dauer der Schubhaft möglichst kurz zu halten.

Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers kommt daher ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen - insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung - zumal der Beschwerdeführer bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er sich nicht rechtskonform verhält und im Verfahren auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er dieses Verhalten in Zukunft ändert.

Aufgrund der derzeitigen Corona-Pandemie kommt es auch weiterhin zu Verzögerungen im internationalen Flugverkehr. Die realistische Möglichkeit einer Überstellung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat (innerhalb der gesetzlich normierten Zeitspanne für die Anhaltung in Schubhaft) besteht jedoch aus aktueller Sicht weiterhin. Die absehbare weitere Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist nach derzeitigem Stand - kooperatives Verhalten des Beschwerdeführers vorausgesetzt - mit wenigen Monaten einzustufen. Eine Abschiebung im (Spät-)Sommer 2020 ist aus derzeitiger Sicht jedenfalls realistisch. Es ist auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit Covid-19 zumindest weitgehend gelockert und Abschiebungen durchführbar sein werden. Eine Verzögerung der Abschiebung unmittelbar aufgrund dieser Umstände ist zum Entscheidungszeitpunkt (zumindest noch) nicht ersichtlich.

Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund, dass sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bemüht auch verhältnismäßig.

3.1.8. Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.1.9. Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine "ultima ratio" dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3.1.10. Es konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

3.2. Zu Spruchteil B) - Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Im vorliegenden Akt findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Ob die weitere Anhaltung in Schubhaft verhältnismäßig ist, ist eine Frage des konkreten Einzelfalles, sodass keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung vorliegt.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Einreiseverbot Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Identität Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf strafrechtliche Verurteilung Überprüfung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W275.2230109.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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