TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/17 I412 2227421-1

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Veröffentlicht am 17.04.2020
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Entscheidungsdatum

17.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §37
AVG §58 Abs2
AVG §60
AVG §66 Abs2
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I412 2227421-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemGmbH, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich vom 28.11.2019, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zur Erlassung einer neuen Entscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin war von September 2014 bis Februar 2019 legal in Ungarn aufhältig. Ihre Aufenthaltsberechtigung wurde am 30.03.2019 abgelehnt und reiste sie am 05.07.2019 ins österreichische Bundesgebiet ein. Sie stellte am selben Tag gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach Einleitung eines Konsultationsverfahrens mit Ungarn wurde die Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO erteilt. Von der belangten Behörde wurde der Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 06.08.2019 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass für die Prüfung des Antrages Ungarn zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung angeordnet und die Abschiebung nach Ungarn für zulässig erklärt.

Zur Lage in Ungarn traf die belangte Behörde Feststellungen aus dem Länderinformationsblatt mit Stand Juni 2016.

Der Bescheid wurde mit Entscheidung des BVwG vom 09.09.2019, Zl. W212 2222727-1/4E, behoben. Begründend wurde ausgeführt, dass seit Juni 2016 mehr als drei Jahre vergangen sind und die Länderfeststellungen daher nicht mehr ausreichend aktuell sind. Es haben sich seither wesentliche Änderungen ergeben und sei die derzeitige Sachlage in keiner Weise berücksichtigt worden. Im fortgesetzten Verfahren werde die belangte Behörde aktuelle Feststellungen zur Lage von Asylwerbern in Ungarn ins Verfahren einzubringen haben.

Das Verfahren wurde in Österreich zugelassen und die Beschwerdeführerin am 07.11.2019 niederschriftlich einvernommen. Ihr wurden das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Nigeria mit Stand 07.08.2017 und eine Anfragebeantwortung ausgehändigt und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

Mit angefochtenem Bescheid vom 28.11.2019, Zl. XXXX, wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Für die freiwillige Ausreise besteht eine Frist von 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

Die belangte Behörde traf Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat und zitierte das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Nigeria mit Stand 02.09.2016 vollständig. Vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen können weder asylrelevante Bedrohungen noch derartige Umstände erblickt werden, welche eine individuelle oder "eine pauschale Gewährung subsidiären Schutzes für alle somalischen [!] Antragsteller rechtfertigen könnte".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die erhobene Beschwerde vom 20.12.2019.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, reiste 2014 mittels eines von der ungarischen Botschaft in Abuja ausgestellten Visums für Ausbildungszwecke nach Ungarn und hielt sich dort in weiterer Folge aufgrund ihrer Aufenthaltsgenehmigung für Ausbildungszwecke auf. Die Verlängerung dieser Aufenthaltsberechtigung wurde durch die ungarischen Behörden am 30.03.2019 abgelehnt und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Am 05.07.2019 reiste die Beschwerdeführerin von Ungarn nach Österreich ein.

Die Beschwerdeführerin stellte am 05.07.2019 in Österreich den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach mit Ungarn geführten Konsultationen erteilte Ungarn am 30.07.2019 seine Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführerin gemäß Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO.

Der Bescheid der belangten Behörde, mit dem der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen und ausgesprochen wurde, dass Ungarn für die Prüfung des Antrags zuständig sei, wurde mit Beschluss des BVwG vom 09.09.2019 behoben und die Angelegenheit zurückverwiesen. Als Grund dafür wurden mangelhaft ermittelte und als Basis für die Außerlandesbringung verwendeten Länderfeststellungen angeführt.

Das Verfahren wurde in Österreich zugelassen. Der Beschwerdeführerin wurde das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für Nigeria mit Stand 07.08.2017 im Rahmen eines Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.

Die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid zur Lage in Nigeria beruhen auf Quellen mit Stand September 2016 (LIB Nigeria, Gesamtaktualisierung 02.09.2016) und sind daher nicht mehr ausreichend aktuell.

2. Beweiswürdigung:

Die Festgestellungen zum Aufenthalt in Ungarn, der Einreise nach Österreich, den geführten Konsultationen und den Entscheidungen des BFA und des BVwG im Zulassungsverfahren samt den Entscheidungsgründen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde, einem Auszug aus dem IZR, dem Gerichtsakt und der Entscheidung des BVwG zu W212 2222727.

Dass die im nunmehr angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderfeststellungen nicht mehr ausreichend aktuell sind, ergibt sich aus dem Umstand, dass seit September 2016 (Gesamtaktualisierung am 02.09.2016) mittlerweile über drei Jahre vergangen sind. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 28.11.2019 lagen dem BFA, das gleichzeitig auch die Staatendokumentation betreibt, bereits mehrere aktuellere Fassungen vor. Die letzte Gesamtaktualisierung ist mit Stand 12.04.2019 datiert.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 28 Abs. 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 leg. cit. in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, für den Fall, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben hat, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Veraltungsgericht in seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 28 VwGVG Anm. 11). Der VwGH hat festgehalten, dass bei der Ausübung des Ermessens nach § 66 Abs. 2 und 3 AVG auch die Bedeutung und Funktion der Rechtmittelbehörde ins Kalkül zu ziehen sei und die Einräumung eines Instanzenzuges nicht "zur bloßen Formsache degradiert" werden dürfe. Der Umstand, dass es die Vorinstanz ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse zu erarbeiten, rechtfertige nicht, dass sich der Rechtsweg "einem erstinstanzlichen Verfahren (...) nähert", in dem eine ernsthafte Prüfung des Antrages erst bei der zweiten und letzten Instanz beginnt und auch endet (VwGH 21.11.2002, Zl. 2000/20/0084).

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063, in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa, weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebrauch macht.

3.2. Im gegenständlichen Fall hat sich ergeben, dass die belangte Behörde zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts nur völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt hat. Dies aus folgenden Überlegungen:

Die Beschwerdeführerin wurde im Asylverfahren am 07.11.2019 niederschriftlich einvernommen und wurden ihr im Anschluss Länderfeststellungen zu Nigeria mit Stand 07.08.2017 ausgehändigt. Zu diesem Zeitpunkt war die aktuellste Fassung mit Stand 12.04.2019 (Gesamtaktualisierung) bereits knapp sieben Monate verfügbar.

Auch wenn von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme nicht Gebrauch gemacht wurde, hatte die Beschwerdeführerin ohnehin nicht die Möglichkeit, zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat Vorbringen zu erstatten.

Im Bescheid selbst wurden zwar Länderfeststellungen zu Nigeria getroffen, allerdings mit Stand 02.09.2016. Die belangte Behörde stützt sich somit auf noch ältere Tatsachen und legte diese Umstände der rechtlichen Beurteilung zu Grunde.

Die Staatendokumentation wurde mit der Einführung des AsylG 2005 im ehemaligen Bundesasylamt etabliert und ist seit 01.01.2014 Teil des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Die belangte Behörde musste also um die aktuelleren Fassungen des LIB Nigeria wissen und hätte folgerichtig auch die aktuellste Version für seine Entscheidung heranziehen müssen. Dies nicht zuletzt auch deswegen, weil der Bescheid der belangten Behörde im Zulassungsverfahren bereits wegen Zugrundelegens veralteter Länderfeststellungen (damals zu Ungarn) in der Instanz behoben wurde.

Im Ergebnis hat es die belangte Behörde (neuerlich) unterlassen, geeignete Ermittlungen betreffend den Herkunftsstaat anzustellen und fehlen aktuelle Feststellungen zur Lage in Nigeria im Bescheid. Der Ermittlungsmangel ist insbesondere gravierend, da bereits im Zulassungsverfahren aufgrund mangelnder Aktualität der Länderfeststellungen eine Zurückverweisung erfolgte und außerdem die neueste Version des LIB Nigeria von der belangten Behörde selbst (Staatendokumentation) erstellt wurde.

Der Beschwerdeführerin wurde zwar nach der niederschriftlichen Einvernahme ein LIB Nigeria ausgehändigt, allerdings hätte sie sich aufgrund der mit Stand 07.08.2017 datierten Version wieder nur zur veralteten Lage äußern können.

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren die notwendigen Ermittlungen hinsichtlich der Klärung der aktuellen Lage im Herkunftsstaat zu führen haben und der Beschwerdeführerin entsprechend Gelegenheit zur Äußerung zu gewähren haben.

3.3. Aus all dem ergibt sich, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid weder eine hinreichende Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes, noch eine Beantwortung aller relevanten Rechtsfragen vorgenommen hat, die auch eine geeignete nachfolgende verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Bescheides ermöglichen würden (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Die Gründe, die zu den im Spruch getroffenen Entscheidungen der belangten Behörde geführt haben, sind jedoch in der Bescheidbegründung (§ 60 AVG) klar und umfassend darzulegen. Die im angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde geführten Ermittlungsverfahrens getroffenen Feststellungen und Erwägungen entsprechen aber jedenfalls nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung (§ 60 iVm § 58 Abs. 2 AVG), da sich die rechtliche Beurteilung auf Umstände stützt, die nicht den aktuellen Gegebenheiten entsprechen.

Die belangte Behörde wird daher erneut alle zur Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes erforderlichen Ermittlungen, allenfalls unter neuerlicher Einräumung von Parteiengehör oder Ladung zur niederschriftlichen Einvernahme, vorzunehmen und - je nach Ausgang des Ermittlungsverfahrens - einen neuen Bescheid zu erlassen haben, in dessen Begründung in klarer und übersichtlicher Weise darlegt wird, auf Grund welcher für sie als erwiesen anzunehmender Sachverhaltsfeststellungen sie zu der im Spruch wiedergegebenen rechtlichen Beurteilung gekommen ist.

Es hat sich insgesamt nicht ergeben, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das BVwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen wäre, zumal nichts darauf hindeutet, dass die erforderliche Feststellung durch das BVwG selbst, verglichen mit der Feststellung durch die belangte Behörde nach Zurückverweisung der Angelegenheit, mit einer wesentlichen Zeitersparnis und Verkürzung der Verfahrensdauer verbunden wäre.

Schließlich liegt auch kein Anhaltspunkt dahingehend vor, dass die Feststellung durch das BVwG selbst im Vergleich zur Feststellung durch die Verwaltungsbehörde mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre.

Die den Bescheid erlassende Regionaldirektion der belangten Behörde ist in Oberösterreich, Linz, ansässig, ebenso hat die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz dort. Insgesamt sind die Wege innerhalb von Linz für die Beschwerdeführerin und gegebenenfalls ihrer Rechtsberatung oder einer Begleit- oder Vertrauensperson erheblich kürzer und mit vergleichsweise geringen Aufwand zu bewältigen, als in die Außenstelle des BVwG in Innsbruck zu gelangen.

Da alle Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorliegen, war der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Da auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Möglichkeit bzw. zu den Voraussetzungen einer Aufhebung und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abschiebung Asylverfahren Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht Kassation mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Sachverhaltsfeststellung Rückkehrentscheidung Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I412.2227421.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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