TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/17 I411 1418705-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.04.2020
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Entscheidungsdatum

17.04.2020

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §66
FPG §66 Abs1
FPG §70 Abs3
NAG §51 Abs1 Z1
NAG §53
NAG §54
NAG §55 Abs3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I411 1418705-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Ägypten (alias XXXX, geb. XXXX, Staatenlos), vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.08.2016, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in Folge auch: BF) stellte im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle am 25.09.2010 unter der Identität XXXX, geb. XXXX, Staatenlos, einen Antrag auf internationalen Schutz. In weiterer Folge korrigierte er die Angaben zu seiner Identität auf XXXX, geb. XXXX, StA. Ägypten. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.03.2011, Zl. XXXX, wurde der Antrag abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.) und die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ägypten ausgesprochen (Spruchpunkt III.) wurde. Die hiergegen erhobene Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (in Folge auch: BVwG) vom 09.06.2015, GZ. I402 1418705-1/15E als unbegründet abgewiesen; das Verfahren hinsichtlich Spruchpunkt III. des Bescheides wurde gem. § 75 Abs 20 AsylG an das BFA zurückverwiesen.

2. Am 16.10.2015 heiratete der BF in Ungarn die ungarische Staatsangehörige XXXX.

3. Am 22.02.2016 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte gem. § 54 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers), welcher mit Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 23.05.2017 gem. § 54 Abs 1 iVm Abs 7 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) zurückgewiesen wurde.

4. Mit gegenständlichem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 30.08.2016 wurde die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet gem. § 66 Abs 1 FPG iVm § 55 Abs 2 NAG ausgesprochen (Spruchpunkt I.) und wurde ihm ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung erteilt (Spruchpunkt II.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der dringende Verdacht einer Aufenthaltsehe bestehe.

Hiergegen erhob der BF durch seinen Rechtsvertreter mit Schriftsatz vom 15.09.2016 das Rechtsmittel der Beschwerde mit der Begründung eine Rückkehrentscheidung könne nicht erlassen werden, da der BF durch seine Heirat begünstigter Drittstaatsangehöriger sei.

5. Auch gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23.05.2017 erhob der BF das Rechtsmittel der Beschwerde, welche mit Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien vom 08.06.2018 abgewiesen wurde.

Zusammenfassend führte das Verwaltungsgericht (in Folge auch: VwG) Wien aus, dass der BF seine Ehe ausschließlich zu dem Zweck eingegangen sei, um sich ein Aufenthaltsrecht in Form der beantragten Aufenthaltskarte für Österreich zu verschaffen; er habe weder vor noch nach der Eheschließung mit seiner Ehefrau eine tatsächliche familiäre Beziehung geführt. Die Zurückweisung des Antrags des BF und die Feststellung des fehlenden Anwendungsbereichs des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts gem. § 54 Abs 7 NAG sei daher zu Recht erfolgt. Die hiergegen erhobene Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes (in Folge auch: VwGH) vom 08.11.2018 zurückgewiesen.

6. Am 11.11.2019 stellte der BF einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gem. § 55 Abs 1 AsylG (Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit).

7. Mit Schriftsatz vom 16.09.2016, beim Bundesverwaltungsgericht (in Folge auch: BVwG) eingelangt am 23.09.2016, legte die belangte Behörde dem BVwG die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird zum maßgeblichen Sachverhalt erhoben und darüber hinaus festgestellt:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Ägypten. Seide Identität steht fest. Er ist gesund und arbeitsfähig. Außerdem ist er strafgerichtlich unbescholten.

Am 25.09.210 stellte der BF im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher jedoch mit Bescheid des BFA vom 16.03.2011 negativ entschieden wurde und auch eine Rückkehrentscheidung des BF aussprach. Mit Erkenntnis des BVwG vom 09.06.2015 erwuchs die abweisende Asylentscheidung des BFA vom 16.03.2011 in Rechtskraft; die erlassene Rückkehrentscheidung wurde jedoch gem. § 75 Abs 20 AsylG zurückverwiesen.

In der Zwischenzeit heiratete der BF am 16.10.2015 die ungarische Staatsangehörige XXXX, welche von ihrem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht Gebrauch machte und wurde der BF somit zum begünstigten Drittstaatsangehörigen.

Am 22.02.2016 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte.

Da sich der belangten Behörde der dringende Verdacht des Vorliegens einer Aufenthaltsehe aufdrängt, wurden dahingehend Ermittlungen getätigt und stand für das BFA in weiterer Folge aufgrund der Aktenlage fest, dass der BF die Ehe lediglich zum Zweck des Erlangens eines Aufenthaltstitels eingegangen ist, weshalb sie mit gegenständlichen Bescheid vom 30.08.2016 den BF aus dem österreichischen Bundesgebiet auswies.

Auch wurde sein Antrag vom 22.02.2016 mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 23.05.2017, Zl. MA35-9/3116678, aufgrund des Vorliegens einer Aufenthaltsehe zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des VwG Wien vom 08.06.2018, GZ. VGW-151/082/9249/2017-15, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof wies die hiergegen erhobene Revision mit Beschluss vom 08.11.2018, Ra 2018/22/0138-5 zurück.

Es steht somit fest, dass es sich bei der am 16.10.2015 geschlossenen Ehe zwischen dem BF und der ungarischen Staatsangehörigen um eine Aufenthaltsehe handelt.

Am 11.11.2019 stellte der BF einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gem. § 55 Abs 1 AsylG (Ausübung einer erlaubten Erwerbstätigkeit).

Der BF spricht gebrochen Deutsch, qualifizierte Sprachzertifikate wurden nicht vorgelegt. Der BF geht in Österreich einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach.

Darüber hinaus verfügt der BF über keine nennenswerte Integration; er hat keine in Österreich lebenden Verwandten, die Ehe mit seiner Frau ist eine Scheinehe; er führt kein Familienleben. Vielmehr leben seine Familienangehörigen in Ägypten, wo auch er den Großteil seines Lebens verbracht und Anknüpfungspunkte hat.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, hier insbesondere in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das Erkenntnis des VwG Wien vom 08.06.2018 und Beschluss des VwGH vom 08.11.2018; außerdem in das Strafregister der Republik Österreich und das Zentrale Melderegister.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Staatsangehörigkeit und Integration in Österreich gründen sich auf die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen sowie auf die Feststellungen im Erkenntnis des VwG Wien vom 08.06.2018. Aufgrund einer im Akt aufliegenden Kopie des Reisepasses steht die Identität des BF fest. Zu den Feststellungen bezüglich der Deutschkenntnisse des BF gelangt das erkennende Gericht aufgrund des Erkenntnisses des VwG Wien vom 08.06.2018, wo das "gebrochene Deutsch" des BF und die notwendige Heranziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache eindeutig und nachvollziehbar dargelegt wurden. Aufgrund der Gehaltsabrechnungen im Akt steht fest, dass der BF einer Erwerbstätigkeit nachgeht.

Dass der BF eine ungarische Staatsangehörige geheiratet und dadurch zum begünstigten Drittstaatsangehörigen wurde, geht aus dem gesamten Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes und der Kopie der Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger/-innen der Ehefrau vom 22.02.2016 hervor. Ebenfalls geht aus dem gesamten Akteninhalt und hier insbesondere aus dem Erkenntnis des VwG Wien vom 08.06.2018 hervor, dass es sich bei dieser Ehe um eine Aufenthaltsehe handelt; das VwG Wien hat in seinem Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Einvernahme des BF widerspruchsfrei und plausibel nachvollziehbar dargelegt, dass der BF die Ehe mit seiner ungarischen Ehefrau lediglich zum Zweck eingegangen ist, um sich ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu verschaffen. Dieser Feststellung konnte sich das erkennende Gericht anschließen. Bekräftigend kommt hinzu, dass die Entscheidung des VwG Wien vom VwGH mit Beschluss vom 08.11.2018 bestätigt wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Ausweisung (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1. Rechtslage

Die im gegenständlichen Fall relevanten gesetzlichen Bestimmungen finden sich im Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, idgF, und lauten:

"Begriffsbestimmung

§ 2. (4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

11. begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;

Ausweisung

§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.

(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist."

Im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, idgF, ist bestimmt:

"Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate

§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;

2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder

3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen. ...

Anmeldebescheinigung

§ 53. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), haben, wenn sie sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, dies binnen vier Monaten ab Einreise der Behörde anzuzeigen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen (§§ 51 oder 52) ist von der Behörde auf Antrag eine Anmeldebescheinigung auszustellen. ...

Aufenthaltskarten für Angehörige eines EWR-Bürgers

§ 54. (1) Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

...

(7) Liegt eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30), eine Zwangsehe oder Zwangspartnerschaft (§ 30a) oder eine Vortäuschung eines Abstammungsverhältnisses oder einer familiären Beziehung zu einem unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger vor, ist ein Antrag gemäß Abs. 1 zurückzuweisen und die Zurückweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Antragsteller nicht in den Anwendungsbereich des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts fällt.

§ 55. (1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.

(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.

(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.

(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/20012, idgF, lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Im Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde aus, dass der BF gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen werde.

Der belangten Behörde ist beizupflichten, dass die Voraussetzungen für eine Ausweisung des BF aus dem Bundesgebiet vorliegen.

Der BF ehelichte am 16.10.2015 eine ungarische Staatsangehörige, welcher aufgrund ihrer unselbständigen Tätigkeit in Österreich als Arbeitnehmerin gem. § 51 Abs 1 Z 1 eine Anmeldebescheinigung am22.02.2016 von der MA35 ausgestellt wurde. Der BF ist somit begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 11 FPG und hat er aufgrund dieser Eigenschaft am 22.02.2016 einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte gestellt.

Aufgrund obenstehender Erwägungen steht für das Bundesverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der entsprechenden Beurteilung durch die belangte Behörde und das VwG Wien jedoch fest, dass es sich bei der zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Gattin geschlossenen Ehe um eine Aufenthaltsehe handelt, die den Zweck verfolgt, dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsmöglichkeit im Bundesgebiet zu verschaffen, wobei keine Absicht bestand und besteht, eine eheliche Lebensgemeinschaft zu begründen.

Somit wurde auch sein Antrag vom 22.02.2016 gem. § 54 Abs 1 iVm Abs 7 NAG zurückgewiesen und dies mit Erkenntnis des VwG Wien vom 08.06.2018 auch bestätigt.

Aufgrund der vom Beschwerdeführer eingegangenen Aufenthaltsehe ergibt sich gegenständlich Folgendes:

Der Umstand, dass sich der Fremde auf eine Ehe zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels berufen hat, obwohl ein gemeinsames Familienleben nicht geführt wird, stellt infolge des miteinander - auf Grund der gebotenen Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben - in inhaltlichem Zusammenhang stehenden Gefährdungsmaßstabes des § 86 Abs 1 FrPolG 2005 und des § 55 Abs 1 NAG 2005 grundsätzlich auch eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung iSd § 55 Abs 1 NAG 2005 dar, sodass das Bestehen eines Niederlassungsrechtes nach § 54 NAG 2005 im Falle einer Scheinehe jedenfalls von vornherein nicht gegeben ist. Fehlt aber einem begünstigten Drittstaatsangehörigen aus den Gründen des § 55 Abs 1 NAG 2005 das Niederlassungsrecht, so darf dieser infolge der Bestimmung des § 86 Abs 2 FrPolG 2005 ausgewiesen werden, zumal auch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig wäre (Hinweis E 18. Juni 2009, 2008/22/0612); (VwGH 22.09.2011, Zl. 2007/18/0902).

Der Umstand, dass sich der BF auf eine Ehe zum Zwecke der Erlangung eines Aufenthaltstitels berufen hat, obwohl ein gemeinsames Familienleben nicht geführt wird, begründet demnach die Annahme, dass durch sein Verhalten eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit iSd § 55 Abs 3 NAG vorliegt, sodass dem Beschwerdeführer das Aufenthaltsrecht iSd § 54 NAG nicht zukommt und er ausgewiesen werden kann.

Soll ein begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, ist gemäß § 66 Abs. 3 FPG insbesondere die Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet, sein Alter, sein Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftssaat zu berücksichtigen. Zudem normiert § 9 BFA-VG, dass, wenn durch eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Es ist daher nunmehr eine individuelle Abwägung der betroffenen Interessen vorzunehmen, um festzustellen, ob der Eingriff als verhältnismäßig - auch im Sinne des Art. 8 EMRK - angesehen werden kann:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (in Folge "EGMR") als auch jener des Verfassungsgerichtshofes muss der Eingriff hinsichtlich des verfolgten legitimen Ziels verhältnismäßig sein.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des bzw. der Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (EGMR, Maslov/Österreich, 23.06.2008, 1638/03, RN 63). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration der Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Ein schützenswertes Familienleben im Bundesgebiet im oben dargestellten Sinn liegt gegenständlich nicht vor, da es sich bei der aufrechten Ehe des Beschwerdeführers um eine Aufenthaltsehe (Scheinehe) handelt. Zudem konnten keine Anhaltpunkte für ein tatsächlich bestehendes Ehe- bzw. Familienleben zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau ausgemacht werden, hierzu sei auf die beweiswürdigenden Erwägungen verwiesen. Eine relevante Bindung zu in Österreich lebenden Verwandten hat er nicht dargetan.

Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls lediglich in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen. Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Geht man nun im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten des Beschwerdeführers aus und stellen Ausweisung und Aufenthaltsverbot jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar:

Bei der Beurteilung der Frage, ob er in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der BF befindet sich zwar seit (mindestens) 20.09.2010 (Datum seiner Asylantragsstellung) in Österreich, jedoch sind - wie oben ausgeführt - keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine tatsächliche, fortgeschrittene Integration des Beschwerdeführers hervorgekommen, aufgrund derer das Vorliegen eines schützenswerten Privatlebens anzunehmen wäre. Vielmehr hat der BF Anknüpfungspunkte zu seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines Lebens verbracht hat; er spricht die Landessprache und ist mit der Kultur Ägyptens vollkommen vertraut. In Österreich hingegen hat er - bis auf seine rudimentären Deutschkenntnisse und seiner unselbständigen Erwerbstätigkeit - kaum integrative Schritte vorzuweisen. Zudem spricht das Verhalten des Beschwerdeführers (Eingehen einer Aufenthaltsehe) gegen eine gelungene Eingliederung.

Den schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das FPG und NAG nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich. Ein allenfalls verursachter Eingriff in sein Recht auf Privatleben ist somit jedenfalls insofern iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, als das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung sein Interesse an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegt.

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher das Aufenthaltsverbot eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht bewirkt.

Die Ausweisung stellt sohin keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. So ergibt auch die (der obenstehenden Prüfung immanente) Berücksichtigung seiner individuellen Interessen iSd § 66 Abs. 2 FPG ein Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen ist.

3.2. Zum Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Der mit "Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub" überschriebene § 70 FPG lautete:

"(1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet."

Im vorliegenden Fall ergibt sich zwar die Notwendigkeit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, jedoch erscheint es ausreichend, wenn der Beschwerdeführer - wie gesetzlich vorgesehen - binnen einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Maßnahme aus dem Bundesgebiet ausreist. Die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers ist im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht erforderlich, daher war ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen ist.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist sowohl durch die belangte Behörde als auch durch das VwG Wien (Erkenntnis vom 08.06.2018) vollständig erhoben und hat sich das Bundesverwaltungsgericht diesen angeschlossen. Darüber hinaus lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und waren auch keine Beweise aufzunehmen.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für den Beschwerdeführer kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden und die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

aufenthaltsbeendende Maßnahme Aufenthaltsehe Ausweisung Ausweisung rechtmäßig Ausweisungsverfahren begünstigte Drittstaatsangehörige Durchsetzungsaufschub Interessenabwägung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Scheinehe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I411.1418705.2.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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