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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des F, vertreten durch Dr. Georg Huber, Rechtsanwalt in Kufstein, Josef-Egger-Straße 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 5. Mai 1997, Zl. 1997/20/72-2, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 29. Jänner 1997 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 bestraft, weil er am 29. Juni 1996 um 13.49 Uhr als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Motorrades "in Radfeld, B 171, km 27.5 in Richtung Westen die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 45 km/h überschritten" habe.
Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 Abs. 1 und 51e Abs. 2 VStG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses insofern "berichtigt" werde, "als der Berufungswerber nicht die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich zulässige, sondern die für Freilandstraßen geltende zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten hat, weshalb dem Berufungswerber eine Übertretung nach § 20 Abs. 2 StVO vorgeworfen wird".
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer macht - unter anderem - den Eintritt der Verfolgungsverjährung geltend, weil erst in der Berufungsinstanz die für diesen gegenständlichen Fall richtige Übertretungsnorm herangezogen worden sei. Damit ist er im Ergebnis im Recht.
Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt bei Übertretungen der StVO 1960 zufolge des § 31 Abs. 2 VStG sechs Monate. Diese Frist ist ab dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichteten Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Im Beschwerdefall begann die sechsmonatige Verjährungsfrist ab dem 29. Juni 1996, dem Tatzeitpunkt, zu laufen; sie endete im Grunde des § 33 Abs. 2 AVG am 30. Dezember 1996. Innerhalb dieser Frist erging als Verfolgungshandlung lediglich die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 15. Juli 1996, in der dem Beschwerdeführer die Begehung der in der Folge im Straferkenntnis vom 29. Jänner 1997 umschriebenen Tat angelastet wurde.
Dieser Tatvorwurf bezog sich auf eine Übertretung des § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960, nicht aber auf eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs. 2 StVO 1960. Der Tatbestand der letzteren Verwaltungsübertretung besteht nämlich im Überschreiten (u.a.) der auf Freilandstraßen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Ein dahingehender Tatvorwurf wurde gegen den Beschwerdeführer innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nicht erhoben. Die - mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene - Auswechslung wesentlicher Teile des Sachverhaltes nach Ablauf der Verjährungsfrist (und nicht bloß Änderung der rechtlichen Qualifikation der Tat) ist aber unzulässig, wenn dem Beschuldigten dieses Verhalten - wie hier - nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. April 1996, Zl. 96/03/0017).
Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997030169.X00Im RIS seit
12.06.2001