TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/20 W280 2219201-1

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Veröffentlicht am 20.04.2020
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Entscheidungsdatum

20.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
BFA-VG §18 Abs2 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4

Spruch

W280 2219201-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Wolfgang BONT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Serbien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie - Flüchtlingsdienst gem. GmbH gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl / Regionaldirektion Niederösterreich vom XXXX , XXXX , zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. insofern stattgegeben, dass die Dauer des befristeten Einreiseverbotes von fünf Jahren auf 18 Monate herabgesetzt wird.

II. Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt IV. wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der aus Serbien stammende Beschwerdeführer (BF) wurde gemeinsam mit einem namentlich bekannten weiteren serbischen Staatsangehörigen am XXXX , mit einem Kastenwagen auf der A2 Südautobahn auf der Richtungsfahrbahn Graz fahrend, nach mehreren Verwaltungsübertretungen im Straßenverkehr, einer Personenkontrolle durch Beamte der Autobahnpolizeiinspektion Tribuswinkel unterzogen. Dies Insassen des Wagens versuchten sich zweimal der Kontrolle durch Missachtung der Anhalteaufforderung zu entziehen.

Im Zuge der Kontrolle wies sich der BF mit seinem serbischen Reisepassa aus. Aus diesem war ersichtlich, dass der im Schengenraum erlaubte Aufenthaltszeitraum von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen überschritten war.

Nach erfolgter Festnahme wegen des Verdachtes des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet und niederschriftlicher Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wurde mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom " XXXX ", zugestellt am XXXX , ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt und gegen den BF gem. § 10 Abs. 2 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt I.). Gem. § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass eine Abschiebung gem. 46 FPG nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt II.), gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Zif. 6 FPG ein befristetes Einreiseverbot auf die Dauer von 5 (fünf) Jahren erlassen (Spruchpunkt III.) und gem. § 18 Abs. 2 Zif. 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Zur Sicherung der Abschiebung wurde gegenüber dem BF mit Mandatsbescheid vom XXXX die Schubhaft verhängt und dieser am XXXX auf dem Luftweg in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde wurde fristgerecht am 17.05.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Die Beschwerde richtet sich ausdrücklich nur gegen die Spruchpunkte III. (Einreiseverbot) und IV. (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung). Der BF beantragt darin den angefochtenen Bescheid im Umfang der Spruchpunkte III. und IV. zu beheben und festzustellen, dass dem BF eine Frist für die freiwillige Ausreise hätte eingeräumt werden müssen, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes zu verkürzen.

Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX , eingelangt am XXXX , vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am XXXX geborene BF ist Staatsangehöriger der Republik Serbien und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist im Besitz eines am XXXX ausgestellten und bis XXXX gültigen serbischen Reisepasses. Seine Identität steht fest.

Der BF hat seinen Lebensmittelpunkt in Serbien und betreibt dort eine kleine Baufirma und Schlosserei. Sein Vater, eine Schwester und ein Sohn leben in Serbien, ein Sohn in der Bratislava/Slowakei.

In Österreich verfügt der BF über keinen Wohnsitz. Es gibt kein Abhängigkeitsverhältnis zu in Österreich lebenden Personen und es bestehen keine sozialen, wirtschaftlichen oder sonstigen Bindungen im Bundesgebiet. Er verfügte im Zeitpunkt der Kontrolle über ca. EUR 125 an Bargeld. Weitere finanzielle Absicherungen sind nicht gegeben. Der BF gilt sohin als mittellos.

Der BF reiste zuletzt am XXXX aus Serbien kommend in das Schengengebiet ein. Zuvor hielt er sich vom XXXX bis zum XXXX und vom XXXX bis zum XXXX im Schengengebiet auf. Die erlaubte Höchstaufenthaltsdauer wurde erheblich überschritten.

Der BF hat am XXXX versucht sich zweimal vorsätzlich der Anhalteaufforderung durch Beamte der Autobahnpolizei zu entziehen.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint keine Verurteilung auf.

Es steht fest, dass der BF keine Gesundheitsbeschwerden hat und keine Medikamente benötigt.

Gründe, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegengestanden hätten, liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, so beruhen diese auf dem vom BF vorgelegten Reisepass an dessen Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Die Feststellungen betreffend die persönlichen, familiären, finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse und Lebensumstände des BF in Serbien sowie in Österreich beruhen auf den Angaben des BF bei seiner niederschriftlichen Befragung sowie dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes aufgrund der eingeholten Abfrage aus dem zentralen Melderegister und der Grundversorgung.

Die Feststellungen zu seinen Einreisen in den Schengenraum und die Überschreitung der höchstzulässigen Aufenthaltsdauer ergibt sich aus den Einreisestempeln seines Reisepasses und seinen Angaben vor dem BFA.

Der zweifache Versuch des BF sich vorsätzlich einer Anhaltung durch Beamte der Autobahnpolizei zu entziehen aus dem im Verfahrensakt einliegenden Aktenvermerk der Beamten der Autobahnpolizei, dem bekämpften Bescheid sowie den Angaben des BF in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF in Österreich entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich.

Dass der BF gesund ist und keinerlei medizinische Behandlung benötigt beruht auf seinen Angaben vor der belangten Behörde.

Die Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien beruht darauf, dass der BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde Angaben getätigt hat, die eine solche in Zweifel ziehen würden und geeignet gewesen wären eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen. Auch sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG aus von dem BF zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre (§ 52 Abs. 9 FPG).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom BFA mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Nach § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

§ 53 Abs. 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert.

Dies ist demnach beispielsweise der Fall, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt (für seinen Aufenthalt) nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs. 2 Z 6 FPG).

Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden, sondern steht im Ermessen der Behörde. Es soll bestimmte, mit dem Aufenthalt der betroffenen Fremden potentiell verbundenen Gefährdungen öffentlicher Interessen hintanhalten. Dabei ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, inwiefern private und familiäre Interessen des Fremden der Verhängung des Einreiseverbots in der konkreten Dauer allenfalls entgegenstehen.

Ein Einreiseverbot ist dann zu verhängen, wenn die Gefährdungsprognose eine zukünftige Gefährdung relevanter öffentlicher Interessen ergibt und eine Interessenabwägung nach Art 8 EMRK zu Lasten des betroffenen Drittstaatsangehörigen ausgeht (vgl Filzwieser/Frank/ Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10 ff).

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit er gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9), zu berücksichtigen.

Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist.

Der BF verfügte im Zeitpunkt der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde lediglich über Barmittel in der Höhe von ca. EUR 125 zur Bedeckung seines Aufenthaltes. Sonstige finanzielle Absicherungen, wonach der Lebensunterhalt des BF im Bundesgebiet durch einen Rechtsanspruch im gesetzlichen Ausmaß gesichert ist als auch das Vorliegen einer rechtlich abgesicherten Unterkunftsmöglichkeit konnte er nicht vorbringen.

Serbische Staatsangehörige, die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art 1 Abs 2 iVm Anhang II Visumpflichtverordnung (Verordnung [EG] Nr. 539/2001 ABl. Nr. L81 vom 21.03.2001, S.1, idgF) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit. Der BF durfte daher unter den Einreisevoraussetzungen des Art 6 Abs 1 lit a, c, d und e Schengener Grenzkodex (Verordnung [EU] 2016/399 ABl. Nr. L 77 vom 9.3.2016 idgF) in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen und sich dort gem Art 20 Schengener Durchführungsübereinkommen unter den Voraussetzungen des Art 5 Abs 1 lit a, c, d und e Schengener Durchführungsübereinkommen frei bewegen.

Zu diesen Voraussetzungen gehört unter anderem, dass er den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen kann, über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben, und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt.

Die Angaben des BF, wonach er sich bei einer österreichischen Firma lediglich ein Auto ausgeborgt habe um in weiterer Folge mit diesem nach Kroatien zu fahren und dort einer Arbeit nachzugehen, erscheint unglaubwürdig, nicht schlüssig und lässt der BF jegliche Konkretisierung zur Glaubhaftmachung vermissen.

Der Tatbestand des § 53 Abs. 2 Zif. 6 FPG ist sohin erfüllt und indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet.

Dieses öffentliche Interesse überwiegt in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung das private Interesse des BF an einem Aufenthalt in den vom Einreiseverbot umfassten Staaten, zumal sein Lebensmittelpunkt in Serbien liegt und er keine schützenswerten Bindungen in Österreich oder in einem anderen vom Einreiseverbot umfassten Staaten hat. Auch die in der Beschwerde monierte und von der belangten Behörde unterlassene Würdigung des Umstandes, dass ein Sohn des BF in der Slowakei wohnhaft ist, kann im gegenständlichen Fall eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen, zumal dem BF die mit der Einreise in den Schengenraum verbundenen Voraussetzungen und Regelungen vertraut und der Missbrauch der visumfreien Einreise sohin bekannt sein musste.

Das Vorhandensein von besonderen, die üblichen familiären Beziehungen zu einem - angesichts des Umstandes, dass der Sohn allein in einem anderen Staat als dem Herkunftsstaat lebt - offensichtlich bereits erwachsene Kind überschreitende Anknüpfungspunkte wurden vom BF weder belegt noch vorgebracht. Es ist dem BF sohin zumutbar, die Aufrechterhaltung der bestehenden Kontakte zu seinem in der Slowakei lebenden Sohn vorübergehend für die Dauer des befristeten Einreiseverbotes durch andere Kommunikationsmittel und/oder aufgrund der geographischen Nähe und der verhältnismäßig geringen Reisekosten von der Slowakei nach Serbien, durch Besuchsreisen seines Sohnes in dessen Herkunftsstaat aufrechtzuerhalten.

Aus der festgestellten Mittelosigkeit des BF gem. § 53 Abs. 2 Zif 6 FPG resultiert sohin die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinn der zitierten Bestimmung dem Grunde nach gerechtfertigt ist.

Die von der belangten Behörde verhängte Dauer des Einreiseverbotes im Ausmaß von 5 (fünf) Jahren, steht jedoch im Vergleich zu der im gegenständlichen Fall von der belangten Behörde festgestellten Verwaltungsübertretung, die sich allein auf den Tatbestand der im § 53 Abs. 2 Zif 6 FPG umschriebenen Bestimmung stützt, außer Relation.

Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) oder das Unterbleiben eines Einreiseverbotes kommt nur in Betracht, wenn vom betroffenen Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht und sein Fehlverhalten die öffentliche Ordnung und Sicherheit nur geringfügig beeinträchtigt (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207).

Eine derartige geringfügige Beeinträchtigung liegt jedoch, angesichts der durch den zweifachen Versuch sich der Kontrolle durch Exekutivbeamten zu entziehen und die dadurch dokumentierte Missachtung der im Bundesgebiet geltenden Rechtsordnung, nicht vor. Daher kommt trotz der strafgerichtlichen Unbescholtenheit des BF der von der Beschwerde angestrebte gänzliche Entfall des Einreiseverbots nicht in Betracht. Im Hinblick darauf war die Dauer des Einreiseverbotes daher in angemessener Weise auf 18 (achtzehn) Monate herabzusetzen und der Beschwerde insoweit stattzugeben.

Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Gemäß § 18 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vom Bundesamt abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt [vgl. dazu die Ausführungen zur Verhängung des Einreiseverbots], sodass das Bundesamt im Ergebnis zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannte. Das Vorliegen eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdenden Verhaltens indiziert gemäß dem Wortlaut der ggstl. Bestimmung die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, weshalb der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt IV. der Erfolg zu versagen war.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht in den wesentlichen Teilen angeschlossen. Es lagen keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vor und es waren auch keine Beweise aufzunehmen. Die wesentlichen Feststellungen sind unbestritten geblieben. Vor diesem Hintergrund hätte auch die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks nicht zu einem anderen Ergebnis der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessensabwägung führen können. Im Übrigen wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden (vgl. VwGH, 15.03.2016, Ra 2015/19/0302; VwGH, 12.11.2015, Ra 2015/21/0184).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Ausreise Dauer Einreiseverbot Frist Gefährlichkeitsprognose Herabsetzung Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W280.2219201.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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