Entscheidungsdatum
21.04.2020Norm
AlVG §10Spruch
L525 2230328-1/3Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über den Antrag von XXXX , SV Nr. XXXX auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur weiteren Führung des Verfahrens im Rahmen seiner Beschwerde gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Freistadt vom 11.3.2020, betreffend Sperre der Notstandshilfe beschlossen:
A) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer bezieht im Wesentlichen seit November 2018 Notstandshilfe. Seit letztes arbeitslosenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis datiert aus dem Jahr 2011. Dem Beschwerdeführer wurde mit Betreuungsplan vom 13.11.2019 die Teilnahme an einer Wiedereingliederungsmaßnahme vom 25.11.2019 bis zum 31.1.2020 aufgetragen. Mit Bescheid vom 23.1.2020 sprach das AMS Freistadt aus, dass der Beschwerdeführer seinen Anspruch auf Notstandshilfe für den 16.12.2019 sowie vom 18.12.2019 bis zum 7.1.2020 verloren habe (prot zur hg Zl. L517 2228859-1).
Mit Schreiben vom 4.2.2020 schrieb das AMS Freistadt abermals die Teilnahme an einer Wiedereingliederungsmaßnahme vor. Mit dem nunmehr gegenständlichen Bescheid vom 11.3.2020 sprach das AMS Freistadt aus, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe vom 17.2.2020 bis zum 29.3.2020 verloren habe. Begründend führte das AMS Freistadt aus, der Beschwerdeführer habe sich ohne wichtigen Grund geweigert an der Maßnahme teilzunehmen.
Mit Schreiben vom 9.4.2020 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde habe ihm immer wieder die gleiche Maßnahme bzw. anders bezeichnete Maßnahmen mit gleichem Inhalt vorgeschrieben. Er habe es auch oft in seinen vorherigen Beschwerden erwähnt, dass auch die Entfernung bis zur Kursmaßnahme aufgrund seiner Krankheit sehr schwierig sei. Er wolle ausdrücklich festhalten, dass er durch den Kurs keinerlei Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt bekomme, die ihm eine Wiedereingliederung erleichtern würden. Aufgrund der Corona-Krise werde seitens der belangten Behörde keinerlei Rücksicht genommen, ob die Existenz seiner Familie und ihm bedroht sei. Aufgrund der zahlreichen Beteiligten und widersprüchlichen Aussagen bzw der fehlenden Informationen komme diesem Fall eine ausreichende Komplexität zu, die einer anwaltlichen Unterstützung bedürfe. Aufgrund des massiven Machtungleichgewichts beim AMS (Anm.: Freistadt), welches seiner gesetzlichen Pflicht der Neutralität zwischen Arbeitgebern und Arbeitsnehmern nicht nachkomme, sei er in der Durchsetzung seiner Rechte schwer im Nachteil.
Mit Schreiben vom 14.4.2020 gewährte die belangte Behörde Parteiengehör und führte im Wesentlichen nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrens aus, dem Beschwerdeführer sei eine Teilnahme an einer näher bezeichneten Wiedereingliederungsmaßnahme vorgeschrieben worden, welche ihm auch nachweislich zugestellt worden sei. Bereits im Zuge einer persönlichen Vorsprache am 19.12.2019 sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, dass vor dem Kursinstitut ein Behindertenparklatz zur Verfügung stehe. Laut einem - näher angeführten - Gutachten vom 4.10.2019 sei dem Beschwerdeführer die Wegstrecke zumutbar. Der Beschwerdeführer könne bis 4.5.2020 Stellung nehmen.
Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 14.4.2020 die Beschwerde samt den Akten des (bisherigen) Verfahrens vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A) Abweisung des Antrages auf Verfahrenshilfe:
§ 8a Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, idgF lautet:
"Verfahrenshilfe
§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.
(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.
(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.
(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.
(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.
(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.
(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.
(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.
(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt."
Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, Verfahrenshilfe einer Partei zu gewähren, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist. Durch den Verweis auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC ist sichergestellt, dass die Verfahrenshilfe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Anforderungen des Europäischen Menschenrechtsschutzes entspricht (vgl. RV 1255 BlgNR 25. GP, 2ff, welche auf VwGH 03.09.2015, Ro 2015/21/0032 verweisen).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist dabei nicht erforderlich, dass Verfahrenshilfe in allen erdenklichen Verfahren zu gewähren ist. Vielmehr ist eine Prüfung im Einzelfall vorzunehmen. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss, der zur Aufhebung des § 40 VwGVG führte (vgl. VfSlg. 19.989/2015), die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte dahingehend zusammengefasst, dass der "Zugang zu einem Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse"; in jenen Fällen, in denen es "unentbehrlich sei, dass der Partei eines Verfahrens ein unentgeltlicher Verfahrenshelfer beigestellt werde," müsse ein solcher beigestellt werden.
Für diese Beurteilung sind verschiedene Kriterien maßgeblich. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (vgl. 1255 BlgNR 25. GP, 2 ff.).
Seine Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden stellte der Beschwerdeführer zunächst bereits mit der fristgerechten Erhebung der gegenständlichen Beschwerde dar. Dass der Beschwerdeführer darüber hinaus in der Lage ist rechtlich zu argumentieren, ergibt sich für das erkennende Gericht aus der Zitierung von zumindest teilweise einschlägiger höchstgerichtlicher Judikatur im Beschwerdeschriftsatz. Eine besondere Komplexität des gegenständlichen Falles, der die Beiziehung eines Rechtsanwaltes bedarf, kann seitens des erkennenden Gerichtes nicht erkannt werden. Obgleich es sich bei der Notstandshilfe um eine Versorgungsleistung handelt, die zwar von großer Bedeutung für den Beschwerdeführer ist, wird seitens des erkennenden Gerichtes keine derartige Komplexität erwartet, die die Gewährung der Verfahrenshilfe notwendig macht, zumal im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ohnehin das Prinzip der Amtswegigkeit samt Anleitungspflicht für den nicht vertretenen Beschwerdeführer besteht. Im Ergebnis ergibt sich daher, dass die Verfahrenshilfe im Blickwinkel des Art. 6 Abs. 1 EMRK bzw. Art. 47 GRC nicht geboten ist, weswegen der Antrag abzuweisen ist. Es wird darauf hingewiesen, dass im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten jede Partei seine Kosten selbst zu tragen hat und gemäß § 70 AlVG keine Gebühren im Führen eines Verfahrens anfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. An einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8a VwGVG fehlt es nicht mehr (siehe VwGH vom 11.09.2019, Ro 2018/08/0008; VwGH vom 19.06.2019, Ro 2019/01/0004).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L525.2230328.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020