TE Bvwg Beschluss 2020/4/22 W235 2222662-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.2020
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Entscheidungsdatum

22.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §11
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W235 2222662-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Beirut vom 26.07.2019, Zl. Damaskus-OB/KONS/0335/2019, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Beirut vom 23.04.2019, Visum Nr. 190402136300, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Botschaft Beirut zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 27.03.2019 bei der Österreichischen Botschaft Beirut unter Verwendung des vorgesehenen Formulars einen Antrag auf Erteilung eines zur Einreise berechtigenden Schengen-Visums der Kategorie C für die geplante Aufenthaltsdauer von XXXX .07.2019 bis XXXX .07.2019 mit dem Hauptzweck "Tourismus", wobei er hinsichtlich seiner aktuellen beruflichen Tätigkeit anführte, als selbstständiger Kaufmann ("Merchant") tätig zu sein.

Mit dem Antrag wurden folgende verfahrensrelevante Dokumente (in Kopie) vorgelegt:

* Auszüge aus dem Reisepass des Beschwerdeführers, ausgestellt am XXXX .10.2015 unter der Nummer XXXX mit Gültigkeit bis zum XXXX .10.2021;

* Familienkarte, ausgestellt vom syrischen Innenministerium unter der Nr. XXXX am XXXX .06.2013 (in Originalsprache und englischer Übersetzung), aus welcher hervorgeht, dass der Beschwerdeführer mit XXXX , geb. XXXX , verheiratet ist und XXXX , geb. am XXXX , ihre gemeinsame Tochter ist, und werden XXXX , geb. XXXX (laut handschriftlichem Vermerk verheiratet und in Damaskus wohnhaft), Mhd XXXX , geb. XXXX (laut handschriftlichem Vermerk in Ankara wohnhaft und in einem Maschinenbauunternehmen tätig) sowie XXXX , geb. XXXX (laut handschriftlichem Vermerk verheiratet und in Damaskus wohnhaft) als weitere Kinder des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin genannt;

* Formular "Verpflichtungserklärungen: Privateinladungen" betreffend den Beschwerdeführer als eingeladene Person und XXXX , geb. am XXXX , als Einladende (Verpflichtete), welcher zu entnehmen ist, dass die Verpflichtete Pensionistin ist, über ein monatliches Nettoeinkommen von ? 1.671,20, zuzüglich ? 300,00, verfügt und Kreditverpflichtungen in Höhe von ? 180,00 hat sowie, dass die Einladende keine Mietkosten zu bestreiten hat, da ihr Sohn der Eigentümer der angeführten Unterkunft ist und wurde als Reisegrund "Familie" angeführt;

* Schreiben der Verpflichteten vom XXXX .02.2019, mit welchem der Beschwerdeführer und seine Ehefrau zu einem Aufenthalt in Österreich sowie zur Hochzeit der Tochter der Verpflichteten eingeladen werden, ferner ist dem Schreiben zu entnehmen, dass die Verpflichtete die Patentante der Enkelkinder des Beschwerdeführers sowie eine Freundin seiner Tochter ist;

* Flugreservierungen lautend auf den Namen des Beschwerdeführers sowie auf jenen seiner Ehefrau, für den Hinflug am XXXX .07.2019 von Beirut über Istanbul nach Wien sowie für den Rückflug am XXXX .07.2019 von Wien über Istanbul nach Beirut;

* Kontoauszug vom XXXX .03.2019, auf welchem ein Kontostand von 1.360.514 SYP ausgewiesen ist;

* "Membership Certificate for 2019" der "Damascus Chamber of Commerce" für den Zweck "Business of trade in electrical generation sets and their accessories, submerged pumps, mechanical and electrical equipment, import & export and tender participation", ausgestellt am XXXX .02.2019;

* Karte der "Damascus Chamber of Commerce" ausgestellt auf den Beschwerdeführer;

* Mietvertrag über ein Warenlager, in welchem der Beschwerdeführer als Mieter angeführt wird, abgeschlossen für den Zeitraum von XXXX .01.2018 bis XXXX .12.2018 mit der Möglichkeit der Verlängerung;

* Eigentumsurkunde über eine landwirtschaftliche Fläche mit Olivenbäumen (Nr. der Immobilie: XXXX ), in welcher der Beschwerdeführer als Eigentümer angeführt wird, ausgestellt vom "Directorate of Real-Estate in Damaskus", datiert mit XXXX .06.1985;

* Eigentumsurkunde über eine landwirtschaftliche Fläche (Nr. der Immobilie: XXXX ), in welcher der Beschwerdeführer als Eigentümer angeführt wird, ausgestellt vom "Directorate of Real-Estate" in Damaskus, datiert mit XXXX .08.2017 und

* Eigentumsurkunde über eine Wohnung (Nr. der Immobilie: XXXX ), ausgestellt vom "Directorate of Real-Estate Services in Damaskus", datiert mit XXXX .08.2009.

Ferner liegt seinem Antrag ein Befragungsformular bei, welchem zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer seine in Österreich asylberechtigte Tochter besuchen wolle. Sie lebe dort mit ihrem Ehemann und ihren drei Kindern. Bei der letzten Antragstellung sei ihm ein Visum versagt worden, während seine Frau ein Visum erhalten habe. Die Verpflichtete sei eine Freundin seiner Tochter. Seine Ehefrau habe sie bereits im Jahr 2017 kennengelernt. Hinsichtlich seiner Ausreiseabsicht wurde angeführt, dass der Großteil seiner Familie in Damaskus lebe. Ferner betreibe der Beschwerdeführer ein eigenes Geschäft.

Ergänzend wurde dem Antrag eine nicht datierte Notiz ohne Unterschrift beigelegt, wonach der Beschwerdeführer bereits zu einem früheren Zeitpunkt gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Visum beantragt habe, ihm dieses jedoch versagt worden sei, während seiner Ehefrau ein Visum für den Zeitraum XXXX .08.2017 bis XXXX .09.2017 erteilt worden sei.

1.2. Mit Stellungnahme vom 12.04.2019 legte die Österreichische Botschaft Beirut ihre Bedenken hinsichtlich der Erteilung des beantragten Visums dar und forderte den Beschwerdeführer zur Stellungnahme binnen einer Woche auf. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer angeführten Informationen zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts nicht glaubhaft seien. So sei im Jahr 2017 bereits ein Antrag auf Erteilung eines Visums von der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt worden. Die behaupteten familiären und sozialen Bindungen hätten zudem nicht nachgewiesen werden können. Folglich sei es unwahrscheinlich, dass beim Beschwerdeführer tatsächlich eine Wiederausreiseabsicht vorliege.

1.3. In der Folge brachte der Beschwerdeführer mit Stellungnahme vom 16.04.2019 vor, er habe seinem Antrag eine Verpflichtungserklärung beigelegt und stehe die Verpflichtete jederzeit für genaue Auskünfte zur Verfügung. Seiner Ehefrau sei bereits ein Visum erteilt worden. Sie würden beabsichtigen gemeinsam zu reisen. Seine Ehefrau brauche besondere Unterstützung, da sie schwer gehbehindert sei. Im gemeinsamen Interview hätten sie ihre Lebenssituation genau geschildert. Damaskus sei von jeher ihr Lebensmittelpunkt gewesen und bestehe kein Grund für den Beschwerdeführer aus Syrien zu flüchten. Eine Zukunftsperspektive in Österreich hätten sie hingegen nicht. Seine anderen Töchter würden mit ihren Familien ebenfalls in Damaskus leben. Der Beschwerdeführer habe sich ein kleines Unternehmen aufgebaut, habe auch ein Büro in Dubai und arbeite selbstständig. Diesbezüglich sei auf die Registrierung bei der syrischen Handelskammer zu verweisen. Als Geschäftsmann sei er bereits öfter nach Europa bzw. in den Schengenraum ein- und ausgereist. Die Verpflichtete sei mit seiner Tochter sowie mit der ganzen Familie bereits seit mehreren Jahren befreundet. Es bestehe der dringliche Wunsch des Beschwerdeführers, seine Enkelkinder persönlich zu sehen. Die Verpflichtete sei die Patentante seiner Enkelkinder. Zwischen den Familien bestehe eine enge emotionale Bindung. Die Verpflichtete habe den Beschwerdeführer auch zur Hochzeit ihrer Tochter eingeladen. Diese Einladung würde er gerne annehmen. Es werde sohin ersucht, dem Antrag stattzugeben.

Der Stellungnahme wurde ein Schreiben der Verpflichteten vom XXXX .04.2019 beigelegt, in welchem ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau im Rahmen ihres Aufenthalts bei der Einladenden wohnen und die Hochzeit ihrer Tochter besuchen würden. Den Schwerpunkt des Aufenthalts des Beschwerdeführers werde aber der Besuch seiner Tochter und deren Familie bilden. Für ihre Patenkinder sei es ein großes Geschenk ihre Großeltern zu treffen. Zweck des Aufenthalts sei sohin ein üblicher Familienbesuch.

2. Mit Bescheid vom 23.04.2019 wurde dem Beschwerdeführer von der Österreichischen Botschaft Beirut das beantragte Visum verweigert. Begründend wurde festgehalten, dass die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts nicht glaubhaft seien und die Wiederausreiseabsicht des Beschwerdeführers nicht festgestellt habe werden können.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seines ausgewiesenen Vertreters am 05.06.2019 fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde zusammengefasst und verfahrenswesentlich ausgeführt, es sei nicht nachvollziehbar, wie die Behörde zu dem Ergebnis komme, dass die Angaben des Beschwerdeführers zum Zweck und zu den Bedingungen seines Aufenthalts nicht glaubhaft wären und eine Wiederausreiseabsicht nicht vorliege. Er lebe mit seiner Ehefrau in Damaskus. Ferner betreibe er dort ein kleines Unternehmen und sei auch Mitglied der Handelskammer. Der Beschwerdeführer sei Eigentümer von zwei Immobilien, welche zur Nummer XXXX und XXXX im Grundbuchregister eingetragen seien. Nach dem Auszug der International Bank for Trade and Finance vom XXXX .05.2019 verfüge er auch über ein ausreichendes Kontoguthaben im Herkunftsstaat. Aus der beigelegten Fotokopie des Reisepasses sei zudem ersichtlich, dass er in den Jahren 2010, 2011 und 2014 bis 2015 mehrfach Schengen-Visa für Deutschland, Spanien und Großbritannien erhalten habe und jeweils fristgerecht ausgereist sei. Aus dem vorgelegten Auszug aus dem Familienregister vom XXXX .05.2019 gehe weiters hervor, dass neben seiner Ehefrau auch noch zwei seiner Kinder in Syrien leben würden. Unverständlich sei ferner, dass seiner Ehefrau ein Visum erteilt worden sei, während sein Antrag abgewiesen worden sei. Die Tochter des Beschwerdeführers lebe seit vier Jahren mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in Österreich. Der gesamten Familie sei internationaler Schutz gewährt worden. Der Beschwerdeführer habe nachvollziehbar dargelegt, dass er seine Tochter sowie seine Enkelkinder besuchen wolle. Ferner sei er zur Hochzeit der Tochter der Verpflichteten eingeladen worden. Die Stellungnahme der Verpflichteten habe die Behörde jedoch nicht berücksichtigt. Der Beschwerdeführer erfülle sämtliche Voraussetzungen des Artikel 21 Visakodex; Verweigerungsgründe würden nicht vorliegen und wäre daher das beantragte Visum zu erteilen gewesen.

Die bis dato im Verfahren vorgelegten Unterlagen waren der Beschwerde (erneut) beigelegt.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 26.07.2019, Zl. Damaskus-OB/KONS/0335/2019, wies die Österreichische Botschaft Beirut die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Nach Darstellung des Verfahrensgangs, welchem unter anderem der Hinweis zu entnehmen ist, dass die Elektronische Verpflichtungserklärung als tragfähig erachtet werde, führte die Behörde begründend im Wesentlichen und zusammengefasst aus, dass bereits im Jahr 2017 ein Visumsantrag des Beschwerdeführers abgelehnt worden sei, da er der Passfälschung verdächtigt worden wäre. Zum damaligen Zeitpunkt habe er allein reisen wollen; im gegenständlichen Fall habe er jedoch mit seiner Frau gemeinsam einen Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums der Kategorie C gestellt. Daher scheine es für die belangte Behörde möglich, dass das Ehepaar gemeinsam in Österreich bleiben wolle. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.2008; Zl. 2008/22/0560, werde ausgeführt, dass sich bei der Beurteilung gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 FPG ein Verbleib des Fremden im Bundesgebiet nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums - solle es zu einer Visumserteilung kommen - als unwahrscheinlich erweisen müsse; Zweifel hieran gingen zu Lasten des Fremden. Laut Urteil des EuGH vom 19.12.2013, C-84/12 verlange diese Bestimmung von der Behörde nicht, Gewissheit zu erlangen, ob der Antragsteller beabsichtigte, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Die Behörde habe festzustellen, ob begründete Zweifel an dieser Absicht bestünden, wobei den Behörden bei der Beurteilung eines Versagungsgrundes im Sinne des Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex ein weiter Beurteilungsspielraum zukomme.

Bei der Prüfung der Wiederausreiseabsicht seien sowohl die allgemeinen Verhältnisse des Wohnsitzstaates als auch die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers, insbesondere seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Situation sowie seine Bindungen im Wohnsitzstaat und in den Mitgliedstaaten zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer könne grundsätzlich eine berufliche bzw. wirtschaftliche Verwurzelung im Herkunftsstaat nachweisen; aufgrund seines Alters stelle sich diesbezüglich jedoch die Frage, wie lange er noch arbeiten könne oder wolle. Hinsichtlich der vorgelegten Grundstücksnachweise sei auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.03.2019, Zl. W165 2120620-1, zu verweisen, wonach Grundstücke veräußert oder an die im Herkunftsstaat lebenden Angehörigen des Beschwerdeführers übertragen werden könnten. Folglich könne dadurch keine soziale Verwurzelung nachgewiesen werden. Im gegenständlichen Fall könnte der Beschwerdeführer seine Grundstücke leicht an seine beiden erwachsenen Töchter in Syrien weitergeben. Hinsichtlich des Verweises auf die im Reisepass des Beschwerdeführers ausgewiesenen Visa wurde ausgeführt, dass die Erteilungen dieser Visa erfolgt seien, bevor seine Tochter und deren Familie in Österreich Anträge auf internationalen Schutz gestellt hätten. Ferner habe der Beschwerdeführer selbst darauf hingewiesen, dass seine Ehefrau aufgrund einer Gehbehinderung in einer schlechten gesundheitlichen Verfassung sei, sodass es für die Behörde nicht überraschend oder lebensfremd wäre, wenn das Ehepaar aufgrund einer besseren gesundheitlichen Versorgung gemeinsam in Österreich verbleiben würde. Es bestünden sohin konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer einen über die Gültigkeitsdauer des Visums hinausgehenden Verbleib in Österreich beabsichtige. Dem Beschwerdeführer sei es sohin nicht gelungen, die bestehenden Bedenken durch ein unter Beweis zu stellendes geeignetes Vorbringen zu zerstreuen. Die Zweifel würden - wie bereits ausgeführt - zu Lasten des Fremden gehen. Zusammengefasst sei es aufgrund der fehlenden Verwurzelung im Herkunftsstaat, der prekären Sicherheitslage in Syrien sowie des Aufenthalts seiner asylberechtigten Tochter und deren Familie in Österreich wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer über die Dauer der Gültigkeit des Visums hinaus im Schengenraum verbleibe. Folglich sei seine Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

5. Am 08.08.2019 stellte der Beschwerdeführer im Wege seines ausgewiesenen Vertreters einen Vorlageantrag. Hinsichtlich des Zwecks seines Aufenthalts in Österreich wurde ausgeführt, entgegen der Begründung der Beschwerdevorentscheidung, habe der Beschwerdeführer nicht nur seine Tochter und deren Familie, sondern auch die Patin seiner drei Enkelkinder, nämlich die Verpflichtete, besuchen wollen. Zu seinen familiären Bindungen in Syrien wurde festgehalten, dass in Damaskus neben seinen beiden Töchtern auch seine sechs Enkelkinder, seine acht Geschwister sowie seine 30 Nichten und Neffen leben würden. Es bestünden sohin intensive soziale und familiäre Bindungen und eine tiefe Verwurzelung im Herkunftsstaat. Der Sohn des Beschwerdeführers lebe mit seiner Familie in Ankara. Aus der vorgelegten Passkopie sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer auch seinen Sohn und dessen Familie regelmäßig besuche, jedoch zu keinem Zeitpunkt einen Antrag auf internationalen Schutz oder einen sonstigen Aufenthaltstitel gestellt habe. Die von der Behörde dargelegten Bedenken seien reine Mutmaßungen. Die Ehefrau des Beschwerdeführers habe zwischenzeitlich die gemeinsame Tochter in Österreich besucht und an der Hochzeit der Tochter der Verpflichteten teilgenommen. Anschließend sei sie fristgerecht wieder ausgereist.

Entgegen der Begründung in der Beschwerdevorentscheidung und in den Ausführungen in der Stellungnahme vom 12.04.2019 habe der Beschwerdeführer im Jahr 2017 keinen Antrag auf Erteilung eines Visums in Deutschland gestellt und könne daher auch keine entsprechende Ablehnung erfolgt sein. Die Behörde habe eine solche Behauptung bereits infolge des Antrags vom 19.07.2017 aufgestellt. Bereits zum damaligen Zeitpunkt sei XXXX die Verpflichtete gewesen, was die lange Beziehung belege. Der Beschwerdeführer habe daraufhin beim dafür zuständigen Bundesverwaltungsamt in Köln ein Auskunftsbegehren gestellt. Das Bundesverwaltungsamt habe mit beiliegender Auskunft vom XXXX .08.2019 mitgeteilt, dass im Ausländerzentralregister keine Speicherungen zu den Personaldaten des Beschwerdeführers vorlägen.

Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Behörde willkürlich handle, wenn sie ausführe, es bestünde die Möglichkeit, dass das Ehepaar in Österreich verbleiben wolle. So könne die bloße Möglichkeit nicht widerlegt werden. Tatsächlich wäre von der belangten Behörde aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände eine Bewertung vorzunehmen gewesen. Das Abstellen auf begründete Zweifel in Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex mache deutlich, dass nicht ohne weiteres - generell - unterstellt werden dürfe, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften in Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin im Schengenraum (unrechtmäßig) aufhältig bleiben würden. Es werde daher konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung bedürfen, und die Behörde könne die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem "Generalverdacht" zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig werde daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt seien, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen werde, wobei begründete Zweifel zu Lasten des Fremden gehen würden (vgl. VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0057 sowie vom 29.09.2011, Zl. 2010/21/0344). Die Argumentation der Behörde, wonach sich aufgrund des Alters des Beschwerdeführers die Frage stelle, wie lange er noch arbeiten könne oder wolle, stelle eine unions- und verfassungswidrige Diskriminierung aufgrund des Alters dar. Diese Begründung verletze auch Art. 20 GRC und die Gleichheit aller Personen vor dem Gesetz. Auch die Begründung, der Beschwerdeführer könnte die Grundstücke an seine Töchter weitergeben, sei eine reine Mutmaßung. Abschließend wurde erneut auf die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Beschwerdeführers hingewiesen und ergänzend festgehalten, dass auch die Tochter des Beschwerdeführers Syrien nicht verlassen hätte, wäre ihr Ehemann nicht politisch verfolgt worden.

Dem Vorlageantrag wurde (neben den bereits vorgelegten bzw. sich im Akt befindlichen Unterlagen) ein Schreiben des deutschen Bundesverwaltungsamtes vom 18.08.2017 beigelegt, in welchem ausgeführt wird, dass zu den Personalien des Beschwerdeführers keine Speicherungen gefunden werden könnten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss.

2. Zu A)

2.1. Gesetzliche Grundlagen:

2.1.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:

§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.

§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

2.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) lauten wie folgt:

Art. 1 Ziel und Geltungsbereich

(1) Mit dieser Verordnung werden die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum festgelegt.

[...]

Art. 21 Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung

(1) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.

(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.

(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüft das Konsulat,

a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;

c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;

d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;

e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist.

(4) Das Konsulat prüft gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Gesamtaufenthaltsdauer im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger rechtmäßiger Aufenthalte aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Aufenthaltstitels.

(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.

(6) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein Visum für den Flughafentransit überprüft das Konsulat insbesondere Folgendes: a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist; b) den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits; c) den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.

(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen. DE L 243/12 Amtsblatt der Europäischen Union 15.9.2009

Art. 32 Visumverweigerung

(1) Unbeschadet des Artikels 25 Absatz 1 wird das Visum verweigert,

a) wenn der Antragsteller:

i. ein Reisedokument vorlegt, das falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

ii. den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;

iii. nicht den Nachweis erbringt, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des geplanten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt, bzw. nicht in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;

iv. sich im laufenden Sechsmonatszeitraum bereits drei Monate im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines einheitlichen Visums oder eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aufgehalten hat;

v. im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist; DE 15.9.2009 Amtsblatt der Europäischen Union L 243/15;

vi. als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Absatz 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats eingestuft wird, insbesondere wenn er in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist; oder

vii. nicht nachweist, dass er, soweit erforderlich, über eine angemessene und gültige Reisekrankenversicherung verfügt; oder

b) wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.

(2) Eine Entscheidung über die Verweigerung und die entsprechende Begründung werden dem Antragsteller unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI mitgeteilt.

(3) Antragstellern, deren Visumantrag abgelehnt wurde, steht ein Rechtsmittel zu. Die Rechtsmittel sind gegen den Mitgliedstaat, der endgültig über den Visumantrag entschieden hat, und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Die Mitgliedstaaten informieren die Antragsteller über das im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren nach Anhang VI.

[...]

2.2. § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Im vorliegenden Fall erweist sich die bekämpfte Entscheidung in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

2.2.1. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.09.2011, Zl. 2010/21/0344, ist zu entnehmen, dass der Visakodex keine ausdrückliche Bestimmung über die Gewährung von Parteiengehör bzw. - wie § 11 Abs. 1 letzter Halbsatz FPG - über die Verpflichtung, der Partei Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme zu geben, enthält. § 11 FPG normiert nichtsdestotrotz die Minimalanforderungen an ein geordnetes rechtsstaatliches Verfahren. Zu diesen Anforderungen gehört unter anderem die Pflicht zur Gewährung von Parteiengehör. Ebenso erfordern es die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens, dass der für eine Entscheidung maßgebliche Sachverhalt, wenn er schon nicht in der Begründung des Bescheides darzulegen ist, zumindest im Akt nachvollziehbar sein muss, was für den Rechtsschutz (die Rechtsverfolgung vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts) gerade noch hinreicht und in § 11 FPG ausdrücklich normiert ist (vgl. E 22. Mai 2007, 2006/21/0117).

Das gegenständliche, von der Behörde geführte Verfahren entspricht diesen Grundsätzen jedoch nicht, weshalb der Beschwerdeführer auch nicht in die Lage versetzt wurde, seinen Rechtsstandpunkt ausreichend zu vertreten.

Die belangte Behörde stützte die Verweigerung des Visums rechtlich erkennbar auf Artikel 32 Abs. 1 lit. b Visakodex. Demnach ist das Visum unbeschadet des Artikels 25 Abs. 1 zu verweigern, wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Konkret wurde festgehalten, dass die Informationen des Beschwerdeführers zum Zweck sowie zu den Bedingungen seines Aufenthalts nicht glaubhaft seien und Zweifel an seiner Wiederausreiseabsicht bestünden. Die Behörde stützte sich in ihrer Begründung insbesondere darauf, dass bereits im Jahr 2017 ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Visums verweigert worden sei, da der Verdacht bestanden habe, sein Reisepass sei verfälscht. Dieser Sachverhalt geht jedoch aus dem Akt nicht nachvollziehbar hervor. Zwar befindet sich darin eine Notiz, wonach der Beschwerdeführer zu einem früheren Zeitpunkt gemeinsam mit seiner Ehefrau einen Antrag auf Erteilung eines Visums gestellt habe und in der Folge allerdings nur seiner Ehefrau ein Visum von XXXX .08.2017 bis XXXX .09.2017 erteilt worden sei. Diese Notiz ist jedoch weder datiert noch unterfertigt und lässt sich daraus im Übrigen auch nicht ableiten, aus welchem Grund das Visum zum damaligen Zeitpunkt verweigert worden sein soll. Der entsprechende Bescheid oder sonstige Unterlagen aus dem damaligen Verfahren liegen im Akt nicht auf.

Insoweit in der Stellungnahme der Österreichischen Botschaft Beirut vom 12.04.2019 darauf hingewiesen wird, es sei im Jahr 2017 eine "Ablehnung" von Deutschland erfolgt, ist festzuhalten, dass sich ein solcher Sachverhalt aus den im Akt erliegenden Unterlagen ebenso wenig ergibt. Ob eine deutsche Vertretungsbehörde im Jahr 2017 tatsächlich einen Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Visums abgewiesen hat und ob eine allfällige Abweisung auf ein Fehlverhalten des Beschwerdeführers, wie etwa die (Ver-)Fälschung seines Reisepasses, zurückzuführen ist, kann sohin aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse nicht abschließend beurteilt werden.

Überdies hat es die Behörde verabsäumt offenzulegen, aufgrund welcher konkreter Anhaltspunkte sie davon ausgeht, dass die Versagungsgründe, welche zur Begründung der Abweisung früherer Anträge des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Visums herangezogen wurden, auch aktuell vorliegen. Hinsichtlich der entsprechenden Erwägungen wäre dem Beschwerdeführer zudem Parteiengehör zu gewähren gewesen.

2.2.2. Hinsichtlich der weiteren Argumentation der Behörde ist festzuhalten, dass diese für sich allein betrachtet nicht geeignet ist, die gegenständliche Verweigerung der Erteilung eines Schengen-Visums der Kategorie C zu begründen.

Das von der Behörde angesprochene Fehlen einer wirtschaftlichen und familiären Verwurzelung im Herkunftsstaat kann zwar für sich betrachtet Zweifel an der Wiederausreiseabsicht begründen, aber wenn die Behörde darauf hinweist, dass die Wiederausreiseabsicht des Beschwerdeführers zu bezweifeln sei, da nunmehr seine asylberechtigte Tochter mit ihrer Familie in Österreich wohne und er sohin familiäre Anknüpfungspunkte im Schengengebiet habe, ist dem entgegenzuhalten, dass - wie in der Beschwerdevorentscheidung festgestellt - zwei erwachsene Töchter des Beschwerdeführers hingegen in Damaskus leben. Der Beziehung zu seiner Tochter und ihrer Familie in Österreich stehen sohin die Bindungen zu seinen erwachsenen Töchtern in seiner Heimatstadt gegenüber. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer zu seiner in Österreich lebenden Tochter ein engeres Naheverhältnis als zu seinen Töchtern in Damaskus pflegt, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Folglich hätte die Behörde im Rahmen der Prüfung der sozialen Verwurzelung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat die Bindungen zu seinen Angehörigen in Syrien, insbesondere zu seinen Töchtern, berücksichtigen müssen.

Wenn die Behörde weiter zu dem Ergebnis gelangt, es bestehe die Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines Alters nicht mehr in der Lage oder willens sei, sein Unternehmen fortzuführen, verabsäumt sie es, konkrete Anhaltspunkte, die gegen die Fortführung des Unternehmens sprechen, aufzuzeigen und sich umfassend mit der finanziellen Situation des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen. So räumte die Behörde selbst ein, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat wirtschaftlich und beruflich verwurzelt ist. Der Verweis, wonach es leicht möglich wäre, das Eigentum an seinen Immobilien seinen erwachsenen Töchtern in Syrien zu übertragen, vermag an diesem Umstand nichts zu ändern, da keine Anhaltspunkte im Verfahren hervorgekommen sind, die auf eine solche Absicht des Beschwerdeführers schließen lassen. Im Gegensatz zu der von der Behörde zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.03.2019, Zl. W165 2120620-1, hat der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall zudem nicht nur das Eigentum an landwirtschaftlichen Flächen und an einem Spar- bzw. Kontoguthaben, sondern auch an einer Wohnung sowie an einem Unternehmen durch verschiedene Urkunden - deren Echtheit und Richtigkeit von der Behörde nicht bezweifelt wurden - belegt.

Ungeachtet dieser ohnehin bestehenden Anknüpfungspunkte zu Syrien wäre vor allem auch die elektronische Verpflichtungserklärung der österreichischen Staatsbürgerin bzw. die von ihr angegebene Zusicherung, der Beschwerdeführer werde sich nur im beantragten Zeitraum in Österreich aufhalten, mitzuberücksichtigen gewesen, hielt die Behörde doch in der Beschwerdevorentscheidung fest, dass die vorliegende elektronische Verpflichtungserklärung als tragfähig erachtet werde.

Ergänzend führte die Behörde aus, es sei aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers zur Gehbehinderung seiner Ehefrau davon auszugehen, dass das Ehepaar einen über die Gültigkeit des Visums hinausgehenden Verbleib in Österreich beabsichtige, um besseren Zugang zu medizinischer Versorgung zu erhalten. Vor dem Hintergrund, dass die Behörde der Ehegattin des Beschwerdeführers ein Visum erteilt hat, ist diese Begründung jedoch in keiner Weise nachvollziehbar, hätte nach der Argumentation der Behörde doch gerade die Ehefrau einen erhöhten Bedarf an medizinischer Versorgung. Inwieweit der Beschwerdeführer selbst einen besseren Zugang zu medizinischer Versorgung benötige, wurde von der Behörde hingegen nicht dargelegt.

Auch unter Bedachtnahme auf den den zuständigen Behörden insoweit zukommenden weiten Beurteilungsspielraum (vgl. EuGH vom 19.12.2013, C-84/12, Rahmanian Koushkaki, Rz 60 ff) liegt sohin der herangezogene Versagungsgrund - unter der Voraussetzung, dass im fortzusetzenden Verfahren keine weiteren verfahrensrelevanten Aspekte hinzutreten - nicht vor (vgl. dazu auch VwGH vom 22.01.2014, Zl. 2013/21/0185).

2.2.3. In einer Gesamtbetrachtung der oben angeführten Punkte kann sohin anhand der vorliegenden Ermittlungsergebnisse nicht abschließend beurteilt werden, ob die Angaben des Beschwerdeführers zum Zweck und zu den Bedingungen seines Aufenthalts glaubhaft sind und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder aus dem Schengen-Gebiet auszureisen.

2.3. Im fortgesetzten Verfahren wird die Behörde daher zunächst zu klären haben, ob der Beschwerdeführer im Jahr 2017 einen Antrag auf Erteilung eines Visums bei der deutschen Vertretungsbehörde gestellt hat und gegebenenfalls, aus welchen Gründen ihm ein solches Visum versagt worden ist. In diesem Zusammenhang wird auch das vorgelegte Schreiben des deutschen Bundesverwaltungsamtes vom XXXX .08.2019 zu berücksichtigen sein. Allenfalls wird die Behörde weiter zu klären haben, aus welchen Gründen dem Beschwerdeführer im Jahr 2017 von der österreichischen Vertretungsbehörde ein Visum versagt worden ist. In weiterer Folge wird sie sich damit auseinanderzusetzen haben, ob allfällige Versagungsgründe, welche in bereits abgeschlossenen Verfahren hervorgekommen sind, auch aktuell vorliegen und sohin der Erteilung eines Schengen-Visums der Kategorie C entgegenstehen. Bestehen weiterhin Bedenken am Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen des beantragten Visums, wird die Behörde ihre Bedenken gegenüber dem Beschwerdeführer unter Einräumung von Parteiengehör offenzulegen haben.

2.4. Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die notwendigen Ermittlungen zur Überprüfung der Angaben des Beschwerdeführers zum Zweck und zu den Bedingungen seines Aufenthalts bzw. ob es glaubhaft ist, dass er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder aus dem Schengen-Gebiet auszureisen, nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch das Bundesverwaltungsgericht selbst durchgeführt werden können.

2.5. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

4. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W235.2222662.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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