TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/22 W114 2166683-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

22.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W114 2166683-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , vom 08.02.2017 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/16-5382944010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF) stellte am 31.03.2016 für seinen Heimbetrieb einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA) für das Antragsjahr 2016, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen mit einem Umfang von 3,2070 ha.

2. Am 02.06.2016 fand auf dem Betrieb des Beschwerdeführers eine Vor-Ort-Kontrolle (VOK) hinsichtlich der Einhaltung der Bestimmungen der Cross Compliance statt. Dabei wurden fahrlässige Verstöße gegen den GLÖZ-Standard 3: Grundwasserschutz (Indirekte Einleitung von Stoffen der Anlage 2 und 3 der Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser) und die Nitrat-Anforderungen 3 (Technische Anforderungen an die Düngerlagerung) und 4 (Regeln für Feldmieten) festgestellt.

Hinsichtlich des Grundwasser-Verstoßes wurde im Kontrollbericht ausgeführt, dass auf dem Feldstück 2, Schlag 4 die abgedeckte Feldmiete zu nahe an einem fließenden Gewässer gelagert worden wäre. Der Abstand habe 16 m betragen. Es habe sich aber um einen trockenen, sehr strohreichen Mist (ausschließlich von Schafen) gehandelt. Im Hinblick auf die Düngerlagerung wurde festgestellt, dass keine ordnungsgemäße Lagerkapazität für den Mist vorhanden sei. Konkret wurde festgestellt, dass der Mist im Stall gelagert werde, der jedoch über keinen festen Untergrund verfüge. Das "Stallgebäude" bestehe aus einem Folientunnel, dessen Unterbau nach den Angaben des Landwirtes aus einer Folie, einer 20 cm dicken verdichteten Lehmschicht und Schotter bestehe.

Die angeführte Feststellung wurde fotografisch dokumentiert.

3. Der Bericht über die am 02.06.2016 durchgeführte VOK wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben der AMA vom 12.08.2016, AZ GBI/Abt.24172380010, zum Parteiengehör übermittelt.

Der Beschwerdeführer hat zu diesem Kontrollbericht keine Stellungnahme abgegeben.

4. Mit Bescheid der AMA vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/16-5382944010, wurden dem Beschwerdeführer für das Antragsjahr 2016 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX (Basisprämie in Höhe von EUR XXXX , Greeningprämie in Höhe von EUR XXXX ) gewährt. In dieser Entscheidung wurden die Prämienbeträge um ein 5 % wegen Cross-Compliance-Verstößen gekürzt. In der Begründung des Bescheides wird zu dieser Kürzung auf Art. 39 der Verordnung (EU) 640/2014 und auf einen dem Bescheid beigefügten Anhang "Cross Compliance" hingewiesen.

Im diesem Bescheid beigefügten Anhang "Cross Compliance-Berechnung" wurde der Verstoß gegen den GLÖZ-Standard 3 als fahrlässig qualifiziert und mit 3 % bewertet. Der fahrlässige Verstoß gegen die Nitrat-Anforderung 3 wurde mit 5 % bewertet, der Verstoß gegen die Regeln für Feldmieten wurde ebenfalls mit 5 % bewertet. Aufgrund des sogenannten Durchschlagsprinzips gemäß Art. 73 Abs. 2 VO (EU) 809/2014, wonach mehrere Verstöße innerhalb desselben Bereichs bei der Festsetzung der Kürzung als ein einziger Verstoß anzusehen sind, wurde ein Gesamtkürzungsprozentsatz von 5 % vergeben.

Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 13.01.2017 zugestellt.

5. Gegen diese Entscheidung hat der Beschwerdeführer am 08.02.2017 elektronisch Beschwerde erhoben. Begründend führt er dazu aus, dass die Lagerung schon seit 17 Jahren so praktiziere. Aufgrund der Bauausführung sei eine Versickerung in den Untergrund bzw. ein Abfließen von Sickersäften in den nahegelegenen Bach nicht möglich. Darüber hinaus wolle der Beschwerdeführer einen Gutachter, der den Sachverhalt untersuchen und bestätigen werde, beauftragen. Die Feldmiete werde, sobald der gesetzliche Verbotszeitraum enden würde und die Witterungsverhältnisse es zulassen würde, ausgebracht werden.

6. Die AMA legte am 04.08.2017 die Beschwerde und die Unterlagen des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zur Entscheidung vor.

Mit den Unterlagen des Verwaltungsverfahrens übermittelte die AMA auch eine "Aufbereitung für das BVwG", in welcher auszugsweise Folgendes ausgeführt wird:

"Die AMA führt dazu aus, dass in § 6 Abs. 1 des Aktionsprogrammes Nitrat (NAP) 2012 das Mindestmaß an Lagerkapazität für die Lagerung von Stallmist auf technisch dichten Flächen geregelt ist. In § 6 Abs. 5 wird bezüglich der technischen Ausführung bei der Errichtung von Lagerstätten auf allgemein anerkannte Richtlinien und Merkblätter verwiesen. Diesbezüglich verweist die AMA auf die ÖKL-Merkblätter 24 und 24a aus 2015 (7. Auflage), wonach Festmistlagerflächen aus einer flüssigkeitsdichten Platte bestehen. Aus Sicht der AMA kann das Lager daher nicht als technisch dicht angesehen werden. Der Beschwerdeführer hat der AMA bislang kein Gutachten übermittelt, welches das Gegenteil beweisen würde.

Zum Feldmieten-Verstoß, der unabhängig von der Abdeckung der Feldmiete vorliegt, wird festgehalten, dass für die Beurteilung, ob ein CC-Verstoß vorliegt, der Zeitpunkt der Kontrolle maßgeblich ist (vgl. dazu Art. 38 Abs. 5 VO (EU) Nr. 640/2014). Die nach der Kontrolle beabsichtigten Abhilfemaßnahmen können daher von der AMA nicht berücksichtigt werden.

Festgehalten wird, dass der Grundwasser-Verstoß nach neuerlicher Beurteilung aus Sicht der AMA aufzuheben wäre, da so wie im Kontrollbericht bereits angeführt, die Feldmiete aus einem trockenen, sehr strohreichen Schafmist besteht und augenscheinlich keine mehr als geringfügige Sickerspuren am Foto erkennbar sind.

D.h. wenn die AMA für dieses Verfahren noch zuständig wäre, wäre die CC-Sanktion im Hinblick auf den Grundwasser-Verstoß daher erstinstanzlich aufgehoben worden. Auf den Gesamtkürzungsprozentsatz hätte dies aufgrund des Durchschlagsprinzips allerdings keine Auswirkung.

Somit führt die Beschwerde vom 08.02.2017 gegen den Bescheid Direktzahlungen 2016 im Hinblick auf die festgestellten NIT-Verstöße aus Sicht der AMA zu keiner Änderung der Beurteilung."

7. Mit Schreiben des BVwG vom 14.02.2020, GZ W113 2166683-1/3Z, wurde die "Aufbereitung für das BVwG" an den Beschwerdeführer zum Parteiengehör übermittelt und ersucht eine allfällige entgegnende Stellungnahme an das BVwG binnen zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens zu übermitteln.

8. Der Beschwerdeführer hat innerhalb der ihm zugestandenen Frist keine Stellungnahme abgegeben.

9. Gemäß einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des BVwG vom 21.01.2020 wurde die verfahrensgegenständliche Angelegenheit mit 12.02.2020 der Gerichtsabteilung W113 und mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des BVwG vom 19.03.2020 der Gerichtsabteilung W114 (Mag. Bernhard DITZ) zur Erledigung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Am 31.03.2016 stellte der Beschwerdeführer einen MFA für das Antragsjahr 2016.

1.2. Am 02.06.2016 fand auf dem Betrieb des Beschwerdeführers eine VOK betreffend die Einhaltung der Bestimmungen der Cross Compliance statt. Dabei wurden Abweichungen in den Bereichen "Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat (NIT)" und "Guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand (GLÖZ)" festgestellt.

Konkret wurde festgehalten, dass eine Feldmiete zu nahe an einem fließenden Gewässer gelagert wurde; diese Feldmiete war fast zur Gänze abgedeckt; dein als "Stallgebäude" bezeichnetes Gebäude war ein Folientunnel, der auf einem nicht betonierten Untergrund aufsetzte und sich nur 7 m entfernt von einem fließenden Gewässer befand.

Es wurde keine Versickerung von mehr als geringfügigen Mengen an Gülle, Jauche und Silagesickersäften über eine Bodenpassage in das Grundwasser ohne wasserrechtliche Bewilligung festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den von der AMA dem BVwG vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und wurden von keiner Partei bestritten. Auch von der AMA wird zwischenzeitig anerkannt, dass die Feldmiete aus einem trockenen, sehr strohreichen Schafmist bestand, wobei keine Versickerung von mehr als geringfügigen Mengen an Gülle oder Jauche über eine Bodenpassage in das Grundwasser ohne wasserrechtliche Bewilligung festgestellt wurde, was auch durch ein dem Kontrollbericht beigefügtes Foto erkennbar ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit und zum Verfahren:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013, lautet auszugsweise:

"Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs,

[...]."

"Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf."

Die Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 549, im Folgenden VO (EU) 1306/2013, lautet auszugsweise:

"TITEL VI

CROSS-COMPLIANCE

KAPITEL I

Geltungsbereich

Artikel 91

Allgemeiner Grundsatz

(1) Erfüllt ein in Artikel 92 genannter Begünstigter die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Artikel 93 nicht, so wird gegen ihn eine Verwaltungssanktion verhängt.

(2) Die Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn der Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem betreffenden Begünstigten anzulasten ist, und mindestens eine der beiden folgenden zusätzlichen Bedingungen erfüllt ist:

a) Der Verstoß betrifft die landwirtschaftliche Tätigkeit des Begünstigten;

b) die Fläche des Betriebs des Begünstigten ist betroffen.

[...]."

"Artikel 92

Betroffene Begünstigte

Artikel 91 gilt für Begünstigte, die Direktzahlungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, Zahlungen gemäß den Artikeln 46 und 47 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und die jährlichen Prämien gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben a und b sowie den Artikeln 28 bis 31, 33 und 34 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 erhalten.

[...]."

"Artikel 93

Cross-Compliance-Vorschriften

(1) Die in Anhang II aufgeführten Cross-Compliance-Vorschriften umfassen die Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Unionsrecht und die auf nationaler Ebene aufgestellten Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand und betreffen die folgenden Bereiche:

a) Umweltschutz, Klimawandel und guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen,

b) Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen,

c) Tierschutz.

(2) Die in Anhang II genannten Rechtsakte über die Grundanforderungen an die Betriebsführung gelten in der zuletzt in Kraft getretenen Fassung und im Falle von Richtlinien so, wie sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden.

[...]."

"Artikel 97

Anwendung von Verwaltungssanktionen

(1) Werden die Cross-Compliance-Vorschriften in einem bestimmten Kalenderjahr (im Folgenden "betreffendes Kalenderjahr") zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt und ist dieser Verstoß dem Begünstigten, der den Beihilfe- oder den Zahlungsantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat, unmittelbar anzulasten, so wird die Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 verhängt.

[...]."

"Artikel 99

Berechnung der Verwaltungssanktion

(1) Zur Anwendung der Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 wird der Gesamtbetrag der in Artikel 92 genannten Zahlungen, der dem betroffenen Begünstigten gewährt wurde bzw. zu gewähren ist, für die Beihilfeanträge, die er in dem Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, eingereicht hat oder einreichen wird, gekürzt oder gestrichen.

Bei der Berechnung dieser Kürzungen und Ausschlüsse werden Schwere, Ausmaß, Dauer und wiederholtes Auftreten der Verstöße sowie die Kriterien nach den Absätzen 2, 3 und 4 berücksichtigt.

(2) Bei einem Verstoß aufgrund von Fahrlässigkeit beträgt die Kürzung höchstens 5 %, im Wiederholungsfall höchstens 15 %.

[...].

(3) Bei vorsätzlichen Verstößen beträgt die Kürzung grundsätzlich nicht weniger als 20 % und kann bis zum vollständigen Ausschluss von einer oder mehreren Beihilferegelungen gehen und für ein oder mehrere Kalenderjahre gelten.

[...]."

Zu den in Art. 93 Abs. 2 VO (EU) 1306/2013 verwiesenen Rechtsakten zählen gemäß Anhang II VO (EU) 1306/2013 die Art. 4 und 5 der Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12.12.1991 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen, ABl. L 375 vom 31.12.1991, S. 1.

Die angeführten Bestimmungen wurden in Österreich durch das Aktionsprogramm Nitrat 2012, veröffentlicht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 04.05.2012, Nr. 087, umgesetzt. Dieses lautet auszugsweise:

"Bedingungen für das Ausbringen von stickstoffhältigen Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Nutzflächen in der Nähe von Wasserläufen

§ 5. (1) Bei der Düngung auf landwirtschaftlichen Nutzflächen entlang von Oberflächengewässern ist

1. ein direkter Eintrag von Nährstoffen in oberirdische Gewässer durch Einhaltung eines im Folgenden angeführten Abstandes zwischen dem Rand der durch die Streubreite bestimmten Ausbringungsfläche und der Böschungsoberkante des jeweiligen oberirdischen Gewässers zu vermeiden und

2. dafür zu sorgen, dass kein Abschwemmen in oberirdische Gewässer erfolgt.

Wenn eine natürliche Böschungsoberkante nicht eindeutig erkennbar ist, so ist der im Folgenden angeführte Abstand zwischen dem Rand der durch die Streubreite bestimmten Ausbringungsfläche und der Anschlagslinie des Wasserspiegels bei Mittelwasser zuzüglich weiterer drei Meter einzuhalten.

(2) Der in Abs. 1 Z 1 bezeichnete Abstand hat zu betragen:

 

Bei Vorliegen eines ganzjährig mit lebenden Pflanzen bewachsenen Streifens* zur Böschungsoberkante des Gewässers Abstand in m

Bei Ausbringen der stickstoffhältigen Düngemittel mit direkt injizierenden Geräten Abstand in m

In allen anderen Fällen Abstand in m

Zu stehenden Gewässern (ausgenommen Beregnungsteiche), wenn der zur Böschungsoberkante des Gewässers angrenzende Bereich von 20 m eine durchschnittliche Neigung von bis zu 10% aufweist

10

10

20

Zu stehenden Gewässern (ausgenommen Beregnungsteiche), wenn der zur Böschungsoberkante des Gewässers angrenzende Bereich von 20 m eine durchschnittliche Neigung von mehr als 10% aufweist

20

20

20

Zu fließenden Gewässern, wenn der zur Böschungsoberkante des Gewässers angrenzende Bereich von 20 m eine durchschnittliche Neigung von bis zu 10% aufweist

2,5

2,5

5 (3**)

Zu fließenden Gewässern, wenn der zur Böschungsoberkante des Gewässers angrenzende Bereich von 20 m eine durchschnittliche Neigung von mehr als 10% aufweist

5 (3**)

5 (3**)

10

Fassungsvermögen und Bauweise von Behältern zur Lagerung von Wirtschaftsdünger

§ 6. [...]

(6) Eine Zwischenlagerung von Stallmist in Form von Feldmieten ohne befestigte Bodenplatte darf nur auf landwirtschaftlich bewirtschafteten Flächen erfolgen, wenn

1. die Verbringung des Stallmistes vom Hof frühestens nach drei Monaten erfolgt,

[...]."

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.06.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014, lautet auszugsweise:

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1) Für die Zwecke des integrierten Systems im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:

[...]

2. "Verstoß":

a) [...]

b) bei der Cross-Compliance die Nichtbeachtung der gemäß Unionsrecht geltenden Grundanforderungen an die Betriebsführung, der von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 94 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festgelegten Standards für die Erhaltung der Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand oder der Erhaltung von Dauergrünland im Sinne von Artikel 93 Absatz 3 der genannten Verordnung;

[...]."

"Artikel 38

Allgemeine Vorschriften betreffend Verstöße

(1) "Wiederholtes Auftreten" eines Verstoßes liegt vor, wenn dieselbe Anforderung oder derselbe Standard mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren nicht eingehalten wurde, sofern der Begünstigte auf den vorangegangenen Verstoß hingewiesen wurde und er je nach Fall die Möglichkeit hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung des vorangegangenen Verstoßes zu ergreifen. Für den Zweck der Bestimmung des wiederholten Auftretens eines Verstoßes sind die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 festgestellten Verstöße zu berücksichtigen, und ist insbesondere der in Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 aufgeführte GLÖZ 3 der GAB 2 in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in ihrer am 21.12.2013 gültigen Fassung gleichzusetzen.

(2) Das "Ausmaß" eines Verstoßes wird insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache bestimmt, ob der Verstoß weitreichende Auswirkungen hat oder auf den Betrieb selbst begrenzt ist.

(3) Die "Schwere" eines Verstoßes hängt insbesondere davon ab, welche Bedeutung den Auswirkungen des Verstoßes unter Berücksichtigung der Ziele der betreffenden Anforderung oder des betreffenden Standards beizumessen ist.

(4) Ob ein Verstoß von "Dauer" ist, richtet sich insbesondere danach, wie lange die Auswirkungen des Verstoßes andauern oder welche Möglichkeiten bestehen, diese Auswirkungen mit angemessenen Mitteln abzustellen.

(5) Für die Zwecke dieses Kapitels gelten Verstöße als "festgestellt", sofern sie sich als Folge jedweder Kontrollen nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung ergeben oder der zuständigen Kontrollbehörde bzw. Zahlstelle auf andere Weise zur Kenntnis gelangt sind.

Artikel 39

Berechnung und Anwendung von Verwaltungssanktionen bei Fahrlässigkeit

(1) Ist der festgestellte Verstoß auf Fahrlässigkeit des Begünstigten zurückzuführen, so wird eine Kürzung vorgenommen. Diese Kürzung beläuft sich in der Regel auf 3 % des Gesamtbetrags der Zahlungen und jährlichen Prämien gemäß Artikel 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Auf der Grundlage des bewertenden Teils des Kontrollberichts, in dem die zuständige Kontrollbehörde die Bedeutung der Verstöße bewertet, und unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 38 Absätze 1 bis 4 kann die Zahlstelle jedoch beschließen, den genannten Prozentsatz auf 1 % des in Unterabsatz 1 genannten Gesamtbetrags zu verringern oder auf 5 % dieses Betrags zu erhöhen oder aber keine Kürzung vorzunehmen, wenn die Vorschriften über die betreffende Anforderung oder den betreffenden Standard einen Ermessensspielraum lassen, den festgestellten Verstoß nicht weiterzuverfolgen, oder wenn die Förderung gemäß Artikel 17 Absätze 5 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gewährt wird.

[...]."

"Artikel 40

Berechnung und Anwendung von Verwaltungssanktionen bei vorsätzlichen Verstößen

Ist der festgestellte Verstoß vom Begünstigten vorsätzlich begangen worden, so ist der in Artikel 39 Absatz 1 genannte Gesamtbetrag in der Regel um 20 % zu kürzen.

Auf der Grundlage des bewertenden Teils des Kontrollberichts, in dem die zuständige Kontrollbehörde die Bedeutung der Verstöße bewertet, und unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 38 Absätze 1 bis 4 kann die Zahlstelle jedoch beschließen, den genannten Prozentsatz auf nicht weniger als 15 % des genannten Gesamtbetrags zu verringern oder auf bis zu 100 % dieses Betrags zu erhöhen.

Artikel 41

Kumulierung von Verwaltungssanktionen

Stellt ein Verstoß im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 2 Nummer 2 Buchstabe b der vorliegenden Verordnung auch einen Verstoß nach Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 2 Nummer 2 Buchstabe a der vorliegenden Verordnung dar, so werden die Verwaltungssanktionen gemäß den von der Kommission auf der Grundlage von Artikel 77 Absatz 8 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erlassenen Vorschriften angewendet."

Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission vom 17.07.2014 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems, der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums und der Cross-Compliance, lautet auszugsweise:

"KAPITEL III

Berechnung und Anwendung von Verwaltungssanktionen

Artikel 73

Allgemeine Grundsätze

[...]

(2) Wurde mehr als ein Verstoß in Bezug auf verschiedene Rechtsakte oder desselben Bereichs der Cross-Compliance festgestellt, so gelten diese Fälle zum Zweck der Festsetzung der Kürzung gemäß Artikel 39 Absatz 1 und Artikel 40 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 als ein einziger Verstoß.

(3) Ein Verstoß gegen eine Norm, der gleichzeitig einen Verstoß gegen eine Anforderung darstellt, gilt als ein einziger Verstoß. Zum Zweck der Berechnung von Kürzungen gilt der Verstoß als Teil des Anforderungsbereichs.

(4) Die Verwaltungssanktion bezieht sich auf den Gesamtbetrag der Zahlungen im Sinne des Artikels 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, die dem betreffenden Begünstigten aufgrund folgender Anträge gewährt wurden oder gewährt werden sollen:

a) Beihilfe- oder Zahlungsanträge, die er im Laufe des Jahrs der Feststellung eingereicht hat oder einreichen wird und/oder

b) Anträge auf Unterstützung im Weinsektor gemäß den Artikeln 46 und 47 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013.

In Bezug auf Unterabsatz 1 Buchstabe b wird der entsprechende Betrag bei Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen durch 3 geteilt.

[...]."

Gemäß § 24 Horizontale GAP-Verordnung, BGBl. II Nr. 100/2015, ist die AMA zuständig für die Kontrolle der Einhaltung der Nitrat-Richtlinie (GAB 1).

3.3. Rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greening-prämie"), abgelöst.

In der gegenständlichen Angelegenheit wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Kürzung der Basisprämie und der Greeningprämie aufgrund von Verstößen gegen die Bestimmungen der Cross Compliance.

Seit Einführung der Cross Compliance im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im Jahr 2005 ist die Gewährung von Direktzahlungen mit der Einhaltung von primär umweltbezogenen Mindeststandards verknüpft. Die Cross Compliance umfasst gemäß Art. 92 VO (EU) 1306/2013 aktuell die Bezieher von Direktzahlungen gemäß der VO (EU) 1307/2013. Anhang I der zuletzt genannten VO listet u.a. die Basisprämienregelung und die Greeningprämie auf.

Teil der Cross Compliance sind gemäß Anhang II VO (EU) 1306/2013 die Art. 4 und 5 RL 91/676/EWG (Nitrat-Richtlinie), die in Österreich durch das Aktionsprogramm Nitrat 2012 umgesetzt wurden; vgl. ausführlich zum AP Nitrat 2012 als Teil der Cross Compliance BVwG 13.02.2018, W118 2179805-1/4E, W118 2179808-1/2E.

Aufgrund der VOK am 02.06.2016 wurden im Rahmen der Cross Compliance gemäß Art. 39 VO (EU) Nr. 640/2014 fahrlässige Verstöße gegen den GLÖZ-Standard 3: Grundwasserschutz (Indirekte Einleitung von Stoffen der Anlage 2 und 3 der Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser) und die Nitrat-Anforderungen 3 (Technische Anforderungen an die Düngerlagerung) und 4 (Regeln für Feldmieten) festgestellt.

Der fahrlässige Verstoß gegen den GLÖZ-Standard wurde aufgrund der von der AMA festgelegten Kriterien mit Ausmaß: 1, Schwere: 3 und Dauer: 5, somit 3 % bewertet. Der fahrlässige Verstoß gegen die Nitrat-Anforderung 4 wurde mit Ausmaß: 3, Schwere: 5 und Dauer: 5, somit mit 5 % bewertet.

Die von der AMA vorgenommene Bewertung ist schlüssig und nachvollziehbar. Zudem wurde vom Beschwerdeführer auch nach Durchführung des entsprechenden Parteiengehörs weder sachlich noch fachlich entgegengetreten.

Aufgrund des sogenannten Durchschlagsprinzips gemäß Art. 73 Abs. 2 VO (EU) Nr. 809/2014, wonach mehrere Verstöße innerhalb desselben Bereichs bei der Festsetzung der Kürzung als ein einziger Verstoß anzusehen sind, wurde rechtskonform ein Gesamtkürzungsprozentsatz von 5 % vergeben.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da der Sachverhalt hinreichend geklärt war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117; vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 [534]). Im Übrigen wurde eine Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht beantragt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar liegt für den vorliegenden Fall noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Rechtslage ist jedoch so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann; vgl. VwGH 28.02.2014, Ro 2014/16/0010 sowie VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.

Schlagworte

Aktionsprogramm Nitrat Bewertung Cross Compliance Direktzahlung Fahrlässigkeit Kontrolle Kürzung Nachvollziehbarkeit Prämiengewährung Schlüssigkeit Unregelmäßigkeiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2166683.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten