TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/22 G306 2223228-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.2020
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Entscheidungsdatum

22.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

G306 2223228-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Albanien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.08.2019, Zl.: XXXX, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 5 Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Verständigung vom XXXX.2018 des Landesgerichts XXXX, Zl. XXXX, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) davon in Kenntnis gesetzt, dass gegen den Beschwerdeführer (BF) am XXXX.2018 ein rechtskräftiges Urteil wegen strafbarer Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) ergangen sei.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgericht XXXX vom XXXX.2019, Zl. XXXX, wurde der BF aufgrund des Verbrechens des Suchtgifthandels, gemäß §§ 28a Abs. 1 erster Fall, Abs. 4 Z 3 SMG zu einer 20-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit Schreiben vom 02.07.2019 des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich, zugestellt am selben Tag, wurde der BF über das Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von 10 Tagen, dazu Stellung zu nehmen. Der BF gab keine Stellungnahme ab.

Mit oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, von dem BF persönlich am 10.08.2019 übernommen, wurde dem BF kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt, gegen den BF gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß 46 FPG nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt I., II. u III.); des Weiteren wurde dem BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Mit Verfahrensanordnung vom 08.08.2010 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe amtswegig zur Seite gestellt.

Der BF reiste am XXXX.2019 - unter Inanspruchnahme einer Rückkehrhilfe - freiwillig aus dem Bundesgebiet nach Albanien aus.

Mit Schreiben des BF - durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung vom 02.09.2019, eingelangt beim BFA am selben Tag, erhob der BF Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid (Spruchpunkte I. bis IV.). Darin wurde jeweils in eventu beantrag, den bekämpften Bescheid hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis IV. ersatzlos zu beheben; den bekämpften Bescheid hinsichtlich der bekämpften Punkte zu beheben und dem Bundesamt zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen; festzustellen dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist; den Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes IV., Einreiseverbot, ersatzlos zu beheben; den Bescheid betreffend Einreiseverbot die Dauer angemessen herabzusetzen sowie eventuell die ordentliche Revision zuzulassen.

Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die gegenständliche Beschwerde sowie der Verwaltungsakt wurde vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und langte am 09.10.2019 ein und wurde der Gerichtsabteilung G314 zugewiesen.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom 12.09.2019 wurde dem BF aufgetragen, seine Beschwerdeeingabe zu verbessern.

Mit Schreiben der ausgewiesenen Rechtsvertretung vom 23.09.2019, eingelangt am Bundesverwaltungsgericht am 25.09.2019, wurde die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. bis III. zurückgezogen.

Mit Geschäftsverteilungsbeschluss vom 18.12.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung G314 abgenommen und der erkennenden Gerichtsabteilung mit 07.01.2020 zur Erledigung zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Da die Beschwerde zu den Spruchpunkten I. bis III. des bekämpften Bescheides mit Schreiben vom 23.09.2019 zurückgezogen wurden, richtet sich die Beschwerde ausschließlich gegen den Spruchpunkt IV. (Einreiseverbot) des bekämpften Bescheides.

Der BF heißt, XXXX und wurde am XXXX in XXXX (Albanien) geboren. Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Albanien, ist ledig, beschäftigungslos und vermögenslos. Er hat keine Sorgepflichten. Die Muttersprache der BF ist albanisch.

Es konnten keine Feststellungen zu den privaten, familiären sowie sozialen Verhältnisse des BF in seinem Heimatsstaat Albanien getroffen werden. Es konnten auch keine Feststellungen zu den privaten, familiären sowie sozialen Verhältnissen zum Bundesgebiet getroffen werden.

Der BF weist im Bundesgebiet folgende Wohnsitzmeldung auf: 13.07.2018 - 21.08.2019 (XXXX).

Der BF ist arbeitsfähig und gesund.

Der BF wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgericht XXXX vom XXXX.2019, Zl. XXXX, aufgrund des Verbrechens des Suchtgifthandels, gemäß §§ 28a Abs. 1 erster Fall, Abs. 4 Z 3 SMG zu einer 20-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Aufgrund des zitierten Urteils des Landesgerichts wird festgestellt, dass der BF die im genannten Urteil festgestellten strafbaren Handlungen begangen und je das umschriebene Verhalten gesetzt hat.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der BF hat das Bundesgebiet bereits am XXXX.2019 in Richtung Albanien verlassen. Der gegenwärtige Aufenthaltsort des BF ist unbekannt.

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Dass keine Feststellungen zu den privaten, familiären und sozialen Bindungen des BF in Albanien sowie zu Österreich gemacht werden konnten, beruht darauf, dass der BF diesbezüglich im gesamten Verfahren keine Angaben gemacht hat. Die Feststellungen, dass der BF erwerbslos, vermögenslos, ledig ist und keine Sorgeverpflichtungen hat, ergibt sich aus des Strafurteil des Landesgericht XXXX.

Dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Spruchpunkte IV. und V. richten ergibt sich aus der Stellungnahme zum Mängelbehebungsauftrag (OZ 5).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und der Arbeitsfähigkeit des BF beruhen auf dem Nichtvorbringen eines die Gesundheit und/oder Arbeitsfähigkeit des BF ausschließenden Sachverhaltes, seitens des BF.

Die rechtskräftige Verurteilung, die bezughabenden Ausführungen hinsichtlich der Straftaten, sowie die Feststellung, dass der BF die ihm angelasteten Straftaten begangen hat, beruhen auf den im Akt befindlichen obzitierten Urteilsausfertigung und dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichts (Einsichtnahme in dem Strafregister der Republik Österreich).

Dass der BF im Bundesgebiet nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen ist und hier behördlich nie gemeldet war (außer XXXX), ergibt sich aus den diesbezüglichen Auszügen des Sozialversicherungsträgers sowie aus einem aktuellen ZMR Abgleich.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Zum Einreiseverbot:

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Wie sich aus § 53 Abs. 2 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

In diesem Zusammenhang weist das erkennende Gericht der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen unabhängig und eigenständig, von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen hat (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt daher dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).

Der BF wurde unbestritten mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts XXXX aufgrund des Verbrechens des Suchtgifthandels zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt.

Im gegebenen Zusammenhang ist anzumerken, dass es bei der gebotenen Prognosebeurteilung in Bezug auf strafgerichtliche Verurteilungen letztlich immer auf das zugrundeliegende Verhalten ankommt. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. dazu und zu den im FPG vorgesehenen Gefährdungsprognosen sowie deren "Rangordnung" das Erkenntnis des VwGH vom 20.11.2008, Zl. 2008/21/0603).

Gemäß § 53 Abs. 1 iVm . 3 FPG ist ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach Z 1 leg. cit. zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist, und nach dem qualifizierten Tatbestand der Z 5 leg. cit., wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der BF ist offensichtlich nur zur Begehung von Straftaten ins Bundesgebiet eingereist bzw. im Bundesgebiet geblieben um seine finanzielle Situation durch einen aufgezogenen Drogenhandel zu verbessern. Schon aufgrund dessen geht die belangte Behörde richtigerweise davon aus, dass beim BF eine hohe Gefahr einer Tatwiederholung gegeben ist.

Bei Suchtgiftdelikten handelt es sich, wie auch der VwGH festhält (vgl. VwGH 18.10.2012, 2011/23/0318), nämlich ohne Zweifel um ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten des BF. Das vom BF gezeigte Verhalten weist nicht nur auf eine hohe Bereitschaft der Negierung österreichscher Gesetze und gesellschaftlicher Regeln hin, sondern weist die Bereitwilligkeit des BF, sich unter Hinwegsetzung von Staatsgrenzen und der damit verbunden Verletzungen der Rechtsordnungen mehrerer Staaten, unrechtmäßig zu bereichern sowie die durch die Tat allfällig geförderten - notorisch bekannten - körperlichen und seelischen Folgen der Konsumenten, in Kauf zu nehmen, auf eine hohe kriminelle Energie sowie eine beachtliche Herabsetzung der inneren Hemmschwelle hin. So schreckte dieser nicht vor der Begehung von Verbrechen zurück, sondern nahm dieser die mit seinen Taten verbundene Förderung der Abhängigkeit und des Leides der Konsumenten, sohin die potentielle Gefährdung der Volksgesundheit, durch die Überlassung des Suchtmittels, in Kauf.

Das dargestellte Verhalten des BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit massiv zuwidergelaufen und konnte keine Gefahrenprognose zu Gunsten des BF erstellt werden. Auf Grund des oben angeführten geht das erkennende Gericht davon aus, dass nach wie vor eine kriminelle Gefahr vom BF ausgeht und kam es daher zum Erkenntnis, dass das Einreiseverbot nicht zu beheben, sondern auf 5 Jahre herab zu setzen war. Herabzusetzen deshalb, da die Verhängung eines befristeten Einreiseverbotes für die Dauer von 7 Jahren für das dargelegte Verhalten des BF zu hoch und im Verhältnis als unangemessen erscheint (die Bemessung des Einreiseverbotes von 5 Jahren erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass von § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 FPG auch kriminelle Handlungen von höherem Unrechtsgehalt erfasst sind, so strafgerichtliche Verurteilungen zu unbedingten Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren, als angemessen und geboten). Man bedenke hier, dass der BF zwar zu 20 Monaten unbedingte Freiheitsstrafe verurteilt wurde, jedoch bereits nach 13 Monaten bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen wurde. Die Verhängung eines 7 Jahre dauernde Einreiseverbot scheint hier überschießend.

Den insoweit geminderten persönlichen Interessen des BF stehen sohin zum einen der Umstand der offensichtlich fehlenden sozialen, familiären, persönlichen und beruflichen Bezüge (es wurden im gesamten Verfahren diesbezüglich keine Angaben gemacht), der fehlende Wohnsitz im Bundesgebiet, sowie zum anderen die aufgrund seines in einer Straftat gipfelnden Verhaltens resultierende erhebliche Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber, wobei dem ein, im Lichte des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität (vgl. VwGH 12.09.2012, 2011/23/0311; 18.10.2012, 2011/23/0318), sohin den Interessen der österreichischen Gesellschaft zuwiderlaufendes, verwerfliches Fehlverhalten zur Last liegt.

Gegenständlich sind keine für das Unterlassen der Verhängung eines Einreiseverbotes sprechenden Anhaltspunkte fassbar, zumal der BF sich selbst von der allfällig drohenden Gefahr für längere Zeit das Bundesgebiet nicht betreten zu dürfen von der Begehung strafbarer Handlungen nicht abgehalten gefühlt hat.

Vor dem Gesagten, insbesondere davor, dass der BF - die begründete Annahme einer Tatwiederholung aufgrund der sehr angespannten auch gegenständlich zur Straftat führende finanzielle Lage nach Haftentlassung vorfinden wird - rechtfertigend die Annahme, dass ein Aufenthalt des BF im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährden werde und sohin der Tatbestand des § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG jedenfalls verwirklicht ist.

Der Sinn der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde in einem Aufenthaltsbeendigungsverfahren liegt in der Verhinderung einer Effektuierung einer, im Rechtswege überprüfbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme samt Abschiebeentscheidung, zum Zwecke der Verhinderung von möglichen Rechtsverletzungen iSd. EMRK. (vgl. § 18 Abs. 5 BFA-VG)

Im gegenständlichen Fall liegt eine im Rechtswege überprüfbare solche Rechtssache aufgrund unterlassener Beschwerdeerhebung jedoch nicht vor. Ein Einreiseverbot stellt keine solche Rechtsache dar, zumal dabei keine Fragen hinsichtlich der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und Abschiebung des BF zu thematisieren sind, sondern diese an eine aufrechte, den BF zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtende Rückkehrentscheidung anschließt bzw. auf eine solche aufbaut. (§ 53 Abs. 1 FPG)

Einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde es verfahrensgegenständlich sohin an einer maßgeblichen Wirkung mangeln, zumal gegenständlich Fragen der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und einer Abschiebung des BF nicht zu thematisieren sind, sondern bereits rechtskräftig negativ beschieden wurden. Die gegenständlich zu treffende Entscheidung (bzw. getroffene Entscheidung), möge diese auch dergestalt ausfallen, dass das Einreiseverbot zu beheben gewesen wäre, vermag nichts an der verpflichteten Ausreise des BF aufgrund einer gültigen - nicht angefochtenen - Rückkehrentscheidung ändern. Insofern kann der BF durch die verfahrensgegenständlich erfolgte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung) aufgrund in Rechtskraft erwachsener Rückkehrentscheidung - und mittlerweile erfolgter Rückkehr nach Albanien sowie bereits allfällig verstrichener Zweiwochenfrist iSd. § 55 Abs. 1 iVm. Abs. 2 erster Satz FPG - auch nicht in seinen Rechten verletzt sein, weshalb es gegenständlich am nötigen Rechtsschutzinteresse mangelt. (vgl. VfGH 24.09.2019, E162/2019-22).

Eine vermittels der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bzw. Entscheidung über die erfolgte Aberkennung derselben zu beseitigende Rechtsverletzung kann verfahrensgegenständlich sohin nicht festgestellt werden, weshalb die Beschwerde auch in diesem Umfang abzuweisen war.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Einreiseverbot Gefährdungsprognose Herabsetzung Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2223228.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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