TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/27 W279 2200075-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.04.2020
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Entscheidungsdatum

27.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W279 2200074-1/16E

W279 2200075-1/15E

W279 2200072-1/15E

W279 2200082-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX .1966, StA Ukraine, 2) XXXX geb. XXXX 1988, StA. Moldawien, 3) XXXX , geb. XXXX .2014, StA. Ukraine, 4) XXXX , geb. XXXX .1997, StA. Ukraine, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .05.2018, Zl. 1) XXXX , 2) XXXX , 3) XXXX , 4) XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.12.2019, zu Recht:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin; diese sind die Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers. Weiters ist der Erstbeschwerdeführer der Vater (der aus erster Ehe stammenden) Viertbeschwerdeführerin (alle zusammen als BF bezeichnet). Der Erstbeschwerdeführer sowie die Viertbeschwerdeführerin sind Staatsangehörige der Ukraine, die Zweitbeschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Moldawien, der minderjährige Drittbeschwerdeführer ist (wenn auch noch nicht registriert) Staatsangehöriger sowohl der Ukraine als auch Moldawiens.

2. Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin sowie die Viertbeschwerdeführerin reisten im Juni 2014 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 17.06.2014 Anträge auf internationalen Schutz.

3. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 21.06.2014 führte der 1.BF aus, dass er in Kabul geboren und dort 11 Jahre die Grundschule besucht habe. Anschließend habe er von 1985 bis 1989 die Berufsschule in der Ukraine besucht. Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der BF zu Protokoll, dass er insgesamt 30 Jahre lang in der Ukraine gelebt habe und dort oftmals wegen seiner Nationalität verfolgt und ungerecht behandelt worden sei, da man ihm mehrmals geschlagen und mit dem Tod gedroht habe. Überdies seien seine Töchter in der Schule verhöhnt worden. Nach den vergangenen Ereignissen in der Ukraine habe sich die Gesamtsituation verschlechtert, weshalb er die Ausreise beschlossen habe. Bei einer Rückkehr in die Ukraine habe er Angst vor willkürlichen Untaten und dem allgemeinen Kriegsgeschehen.

Die 2.BF erklärte im Rahmen ihrer Erstbefragung, dass sie wegen Problemen ihres Ehemannes nach Österreich gekommen sei, da er im letzten Monat zwei Mal zusammengeschlagen worden sei. Da in der Ukraine eine unsichere Sicherheitslage vorherrsche und willkürliche Entscheidungen getroffen werden würden, habe ihnen niemand Hilfe geleistet. Sie habe im Herkunftsstaat Moldawien 10 Jahre die Grundschule besucht. Ihre Mutter und ihr Bruder seien nach wie vor im Herkunftsstaat wohnhaft. Aufgrund der Kriegsgeschehnisse habe sie Angst vor einer Rückkehr in die Ukraine.

Die 4.BF brachte zum Fluchtgrund befragt vor, dass sie im Kriegsgebiet in der Ostukraine gelebt hätten und ihr Vater zwei Mal von Separatisten verletzt worden sei. Auch ihre Schwester sei einmal bedroht worden, weshalb ihr Vater beschlossen habe, das Land zu verlassen. Bei einer Rückkehr habe sie Angst um ihr Leben. Im Herkunftsstaat habe sie zehn Jahre die Grundschule besucht.

4. Am 29.06.2017 wurden der 1.BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA" genannt), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen. Dabei brachte er zusammenfassend vor, dass es ihm gesundheitlich gut gehe und nicht in ärztlicher Behandlung sei. Er habe seine ukrainische Staatsangehörigkeit, die ihm 1995 durch das ukrainische Innenministerium verliehen worden sei, durch seine Einreise in Österreich verloren. Am XXXX .2012 habe er in Odessa seine Ehefrau geheiratet und in Donezk gelebt. Auf Nachfrage erklärte der BF, dass er seit dem 17.06.2014 in Österreich aufhältig sei und sein minderjähriges Kind, das keine eigenen Fluchtgründe vorbringe, im Asylverfahren vertrete. Sein ukrainischer Reisepass sei mangels Beantragung einer weiteren Verlängerung nicht mehr gültig.

Zu seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat befragt, entgegnete der 1.BF, dass nach absolvierter Grundschule in Afghanistan die Nachricht erhalten habe, in die Sowjetunion reisen zu dürfen. In weiterer Folge habe er in Russland ein Vorbereitungskolleg sowie von 1985 bis 1989 eine medizinische Berufsschule bis 1989 besucht. Die Frage, ob er in der Heimat einen Militärdienst abgeleistet habe, wurde vom 1.BF verneint und ausgeführt, dass afghanische Schüler vom Militärdienst befreit gewesen seien. Auf Aufforderung, sein Berufsleben vor seiner Ausreise zu schildern, erwiderte der 1.BF, dass er seinen Herkunftsstaat am 15.06.2014 verlassen habe und er zuvor Unternehmer im Schuhhandel gewesen sei. Überdies habe er seit 2000 eine Viehzucht betrieben und sei seit 2007 Mitinhaber einer Disco-Bar gewesen. Auf Nachfrage, wo er die erwähnte Viehzucht betrieben habe, replizierte der BF, dass er ein Grundstück gekauft habe, auf dem er einen Stall errichtet und Stiere für den Eigenbedarf gehalten habe. Nachgefragt, welchen Beruf seine Gattin ausgeübt habe, führte der BF an, dass diese zu Beginn ihrer Beziehung in einem Restaurant gearbeitet habe und dann ausschließlich der BF1 mit seiner Tätigkeit den Lebensunterhalt der Familie verdient habe. Im österreichischen Bundesgebiet habe er einen Bruder, weitere Geschwister seien in Deutschland bzw. in den Niederlanden aufhältig. Zur Frage, wann er erstmals über eine Ausreise nachgedacht habe, erwiderte der 1.BF, dass er den Entschluss zur Flucht am 28.05.2014 getroffen habe, da er Probleme mit der Mafia sowie der Polizei gehabt habe. Die Fragen, ob er in der Ukraine vorbestraft sei oder in seinem Heimatland inhaftiert gewesen sei, wurden vom 1.BF verneint, er habe jedoch Schwierigkeiten mit der Polizei gehabt. Es bestehe gegen ihn kein Haftbefehl, sei ebenfalls nicht politisch tätig gewesen und auch kein Mitglied in einer Organisation oder einem Verein gewesen. Die Fragen, ob er in der Ukraine aufgrund seiner Religionszugehörigkeit bzw. seiner Volksgruppenzugehörigkeit Probleme gehabt habe, wurden vom 1.BF bejaht und erklärt, dass er in der Öffentlichkeit nicht beten habe dürfen bzw. mehrere Male als Anhänger der Taliban und Terrorist bezeichnet worden sei. Die weiteren Fragen, ob er in der Ukraine Probleme mit Privatpersonen gehabt habe oder an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen habe, wurden vom 1.BF verneint.

Zum Fluchtgrund befragt, gab der 1.BF an, dass er im Laufe der letzten 30 Jahren in der Ukraine oftmals wegen seiner Nationalität verfolgt und ungerecht behandelt worden sei, da er auch oftmals von Polizisten zusammengeschlagen worden sei. In der Ukraine sei die Mafia vorherrschend und sogar kleine Händler müssten dieser Geld bezahlen. Seine Kinder hätten aufgrund dieser Vorkommnisse auch Probleme in der Schule gehabt. Auf Nachfrage, ob er sich nach den Übergriffen in einem Krankenhaus behandelt habe, erklärte der 1.BF, dass er eine Woche zu Haus gewesen sei und anschließend zur Polizei gegangen sei, die seine Anzeige jedoch nicht ernst genommen habe. Befragt, von wem er konkret angegriffen worden sei, brachte der 1.BF vor, dass es am 28. Mai in der Nähe seines Hauses beim Aussteigen aus seinem Haus durch Prügel auf den Kopf sowie auf seine Beine niedergeschlagen worden sei. Auf die Frage, ob er seine Angreifer gekannt habe, gab der 1.BF an, dass er diese weder gekannt noch gesehen habe und damals davon ausgegangen sei, dass diese Angriffe mit der politischen Lage in Verbindung gestanden seien. Er vermute, dass Russland die Vorkommnisse gelenkt habe und er aufgrund seines äußeren Erscheinungsbildes sowie seiner Volksgruppenzugehörigkeit bedroht worden sei. 2002 habe ihm die Polizei Drogen untergeschoben, die er in weiterer Folge weggeworfen habe. Auf Nachfrage, ob er im Herkunftsland Hilfe in Anspruch genommen habe, brachte der 1.BF vor, dass eine etwaige Anzeige von der Staatsanwaltschaft gar nicht akzeptiert werden würde. Befragt, ob es noch andere Gründe für die Ausreise aus der Ukraine gegeben habe, erwiderte der 1.BF, dass seine gesamte Familie in Gefahr gewesen sei und sein Kind nicht in einem Kriegsgebiet zur Welt kommen sollte. Bei einer Rückkehr würde ihm die Ermordung drohen.

Zu seinen Lebensumständen in Österreich befragt, gab der 1.BF an, dass er einen Bruder sowie einen Cousin im Bundesgebiet habe. Die Frage, ob er private Interessen wie Grundstücke, Firmen oder Aktien in Österreich habe, wurde vom 1.BF verneint. Er habe insgesamt sieben Monate freiwillige Tätigkeiten bei der Volkshilfe verrichtet und diverse Deutschkurse besucht. Der 1.BF gab befragt an, derzeit von der Grundversorgung zu leben und derzeit über keine Vermögenswerte zu verfügen.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom 1.BF die Kopie eines abgelaufenen afghanischen Reisepasses, die Kopie eines ukrainischen Führerscheins, die Kopie eines ukrainischen Inlandsreisepasses, die Kopie eines österreichischen Staatsbürgerschaftsnachweises des Bruders des 1.BF vom 22.03.2006, die Kopie eines Personalausweises der Schwester des 1.BF, die Kopie eines deutschen Aufenthaltstitels der Schwester des 1.BF, zwei weitere Kopien von deutschen Aufenthaltstiteln der beiden Brüder des 1.BF, eine Kopie eines Bescheides über die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an einen Bruder des 1.BF, bestandenes Prüfungszeugnis eines ÖIF-Testes des 1.BF auf dem Niveau A2 vom 02.06.2017, eine Teilnahmebestätigung vom 13.10.2015 über die Teilnahme des 1.BF an einem Kurs "Deutsch als Fremdsprache A2/1" vom 07.09.2015 bis zum 21.10.2015, eine Bestätigung der Volkshilfe vom 28.06.2017 über die Verrichtung freiwilliger Tätigkeiten des 1.BF vom 15.05.2016 bis zum 31.12.2016, die Kopie eines österreichischen Reisepasses des Bruders des 1.BF, die Kopie eines russischen Diploms des 1.BF als Geburtshelfer sowie medizinischer Assistent vom 05.07.1989, drei Empfehlungsschreiben den 1.BF betreffend, eine Bestätigung der Quartiergeber vom 28.06.2017 und eine Teilnahmebestätigung vom 10.10.2016 über die Teilnahme am Kurs "Deutsch als Fremdsprache B1/1" sowie ein Originaldokument in russischer Sprache in Vorlage gebracht.

Die 2.BF erklärte im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 29.06.2017, dass sie ihr minderjähriges Kind, den 3.BF, im Verfahren vertrete und dieser keine eigenen Fluchtgründe habe. Sie habe in ihrem Herkunftsstaat 11 Jahre eine Grundschule absolviert und ein anschließend begonnenes Fernstudium nicht abgeschlossen. Ihr Ehemann sei in der Ukraine als Geschäftsmann tätig gewesen, da er eine Viehzucht sowie ein Kaffeehaus betrieben habe. In ihrem Heimatland seien nach wie vor ihre Mutter und ihr Bruder aufhältig, der bei einer Militärbasis arbeite. Sie habe in Moldawien zwar auch zwei Onkeln und eine Tante, zu denen sie jedoch keinen Kontakt habe. Die Fragen, ob sie in ihrer Heimat vorbestraft sei, je vor Gericht gestanden sei oder Probleme mit den moldawischen Behörden gehabt habe, wurden von der 2.BF verneint. Es bestehe gegen sie keine staatliche Fahndungsmaßnahme und sie sei auch weder politisch tätig gewesen noch ein Mitglied einer politischen Partei oder einer Organisation gewesen. Sie habe auch weder aufgrund ihres Religionsbekenntnisses, mit Privatpersonen gehabt und an keinen bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen.

Die 2.BF habe keine eigenen Fluchtgründe und beziehe sich lediglich auf die Fluchtgründe ihres Ehemannes. In der Ukraine sei jedoch auch ihr Leben in Gefahr gewesen, da dort Krieg und Gesetzeslosigkeit vorherrschen würden. Da ihr Ehemann kein Russe sei, habe die Polizei ihm nach einer Prügelattacke nicht geholfen. Zudem wolle sie anmerken, dass ihr Gatte in der Ukraine nie respektvoll behandelt worden sei und es ihren Stiefkindern ähnlich ergangen sei. Der Bruder ihres Ehemannes befinde sich ebenfalls im österreichischen Bundesgebiet. Auf Nachfrage, die Attacken gegen ihren Mann zu konkretisieren, führte die 2.BF an, dass dieser oftmals angegriffen sowie zusammengeschlagen worden sei und sie gedacht hätten, dass er den zuletzt erfolgten Angriff eventuell nicht überleben würde.

Zu ihren Lebensumständen in Österreich befragt, brachte die 2.BF vor, dass sie in keinen Vereinen tätig sei und Deutschkurse besucht habe. Sie lebe von der Grundversorgung und sei gelegentlich für den Hausmeister tätig.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden von der 2.BF eine Bestätigung vom 16.08.2016 über den Erhalt der Grundversorgung, eine Teilnahmebestätigung einer Volkshochschule vom 12.12.2016 über die Teilnahme an einem Kurs/Seminar "Deutsch als Fremdsprache" auf dem Niveau A1/1 vom 03.11.2016 bis zum 21.12.2016, eine Teilnahmebestätigung einer Volkshochschule vom 25.04.2017 über die Teilnahme an einem Kurs/Seminar " Deutsch Integrationskurs A2/1" vom 06.03.2017 bis zum 02.05.2017, eine Teilnahmebestätigung einer Volkshochschule vom 16.06.2017 über die Teilnahme an einem Kurs/Seminar " Deutsch- Integrationskurs A2/2" vom 08.05.2017 bis zum 28.06.2017 und eine ukrainische Heiratsurkunde vorgelegt.

Die 4.BF gab im Rahmen ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 04.07.2017 an, dass sie sich zwar auf die Fluchtgründe ihres Vaters beziehe, aber auch eigene Fluchtgründe vorbringen könne. Sie habe wegen ihrer Religions-und Volksgruppenzugehörigkeit Probleme mit Verwandten und Mitschülern gehabt. In der sechsten Klasse habe es eine Schlägerei gegeben, nachdem sie zuvor wegen ihrer Hautfarbe beleidigt worden sei. Alle hätten sie ausgeschlossen. Befragt, ob sie an der Schlägerei beteiligt gewesen sei, erwiderte die 4.BF, dass sie nur eine Zielscheibe dieser Auseinandersetzung gewesen sei. Zudem sei es ihrer Familie unmöglich gewesen, die muslimische Religion auszuüben, da sie und ihre Familienmitglieder als Terroristen und Taliban bezeichnet worden seien. Nachgefragt, ob sie über die Fluchtgründe ihres Vaters Bescheid wisse, erklärte die 4.BF, dass ihr Vater einmal im März und einmal im Mai 2014 von Unbekannten zusammengeschlagen worden sei. Es sei jedoch nicht bekannt, ob die Angreifer Mitglieder der Mafia oder Nazis gewesen seien oder ob es sich bei diesen um Ukrainer oder Russen gehandelt habe. Obwohl ihr Vater eine Anzeige einbringen habe wollen, habe die Polizei diese nicht entgegengenommen.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden von der 4.BF ein ukrainischer Inlandsreisepass, eine ukrainische Geburtsurkunde, ein Bestätigung des Direktors eines Gymnasiums vom 26.06.2017 über die erfolgreiche Integration der 4.BF, eine Bestätigung der Quartiergeber vom 28.06.2017, eine Unterstützungserklärung vom 25.06.2017, eine Teilnahmebestätigung vom 23.09.2014 über die Teilnahme der 4.BF an einem Deutschkurs für Jugendliche (Stufe 1) vom 05.08.2014 bis zum 23.04.2014, eine Teilnahmebestätigung vom 04.12.2014 über die Teilnahme an einem Deutschkurs für Jugendliche Stufe 2, eine Zahlungsbestätigung vom 15.01.2016 für eine geleistete Arbeit, eine Praktikumsbestätigung von SOS Menschenrechte vom 25.06.2017 über ein freiwilliges Praktikum von März bis Dezember 2016, eine Aufenthaltsbestätigung eines Spitals vom 21.04.2016, eine Bestätigung zur Vorlage vom 15.07.2014, eine Schulbesuchsbestätigung eines Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums über den Besuch der Klasse 8B im Schuljahr 2016/17 vom 31.01.2017, eine Schulnachricht eines Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums vom 12.02.2016 (Schuljahr 2015/16), ein Jahreszeugnis vom 02.05.2017 (Schuljahr 2016/17), Zahlungsbestätigungen vom 30.10.2015 bzw. vom 31.08.2015 über geleistete Arbeiten, mehrere Fotos und eine Schulbesuchsbestätigung vom 08.07.2016 (Schuljahr 2015/16) vorgelegt.

5. Der minderjährige 3.BF wurde im Juli 2014 in Österreich geboren und stellte vertreten durch seine Eltern am 08.07.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

6. Im Zuge einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme am 13.11.2017 führte der 1.BF aus, dass er ukrainischer Staatsbürger sei, der Volksgruppe der Paschtunen angehöre und der sunnitischen Religionszugehörigkeit des Islam angehöre. Seine Ehefrau und seine drei Kinder seien mit ihm ins Bundesgebiet miteingereist. Sein Cousin lebe in Österreich, er wisse jedoch weder, welchen genauen Aufenthaltstitel dieser habe noch, an welcher Adresse dieser wohnhaft sei. Seine Tochter habe im Herkunftsstaat eine zehnjährige Grundschule besucht. Befragt, wer die Miteigentümer seiner Disco-Bar gewesen seien, entgegnete der 1.BF, dass er zwar zu 30% Eigentümer dieses Lokals sei, die vollständigen Namen seiner Miteigentümer jedoch nicht kenne, da er nie offizieller Eigentümer, sondern nur Lieferant gewesen sei. Für die Vornahme von Einkäufen sowie die Entgegennahme von Bestellungen habe er 30% der Tageseinnahmen erhalten. Auf Nachfrage, wie viel ihm für die geleistete Arbeit übriggeblieben sei, erklärte der 1.BF, dass er am Ende des Monats dafür ungefähr 300,- Dollar bekommen und nebenbei noch zusätzlich eine eigene Landwirtschaft und Viehzucht betrieben habe. Überdies habe er auch einen Schuhgroßhandel geführt und bis zum Herbst 2013 Schuhe an Einzelhändler verkauft. Zur Frage, wann er vor seiner Ausreise zuletzt die erwähnte Disco-Bar beliefert habe, erwiderte der 1.BF, dass er am 27.05.2014 die erwähnte Tätigkeit durchgeführt habe und am nächsten Tag verprügelt worden sei. Seine Viehzucht habe er aufgegeben, da er dadurch keine Gewinne mehr erzielt habe. Befragt, wie oft er eine Moschee besucht habe, erklärte der 1.BF, dass er in der Ukraine lediglich einmal die Moschee aufgesucht habe, das genau Datum jedoch nicht mehr angeben könne. Er sei kein gläubiger Mensch und seine Familie und er hätten auch nicht den Ramadan eingehalten. Zum Vorhalt, dass er bei seiner letzten Einvernahme einen Vorfall angegeben habe, im Zuge dessen er einen Vorfall in der Nähe seines Hauses zu Protokoll gegeben habe, nachdem er aus seinem Fahrzeug gestiegen sei und auf Aufforderung, dieses Ereignis nochmals genau anzugeben, führte der 1.BF aus, dass er im März 2014 einen Schlag auf den Kopf gespürt habe, nachdem er aus dem Auto gestiegen sei. Seine Frau habe ihn auf dem Boden aufgefunden. Nachgefragt, was der Grund für diese Schläge gewesen sei, entgegnete der 1.BF, dass er die genaue Ursache für den Vorfall nicht kenne, die Kriminalität in der Ukraine aber generell hoch sei. Er habe nach dem Angriff jedenfalls keine Wertsachen vermisst und erst eine Woche danach Anzeige bei der Polizei erstattet, die jedoch keine Ermittlungen in Erwägung gezogen habe. Die Frage, ob seine älteren Kinder noch mit seiner Exfrau in Kontakt stehen würden, wurde vom 1.BF verneint, da seine Exfrau Alkoholikerin sei. Die Frage, ob er von seinem in Österreich aufhältigen Bruder Sach-oder Geldleistungen erhalten habe, wurde vom 1.BF ebenfalls verneint, da er Leistungen von der Grundversorgung beziehe.

Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme wurden vom 1.BF eine Scheidungsurkunde sowie die Kopie eines Staatsbürgerschaftsbescheids seines Bruders in Vorlage gebracht.

Aus einer eingeholten Anfragebeantwortung vom 04.03.2018 geht hervor, dass die 2.BF Staatsangehörige der Republik Moldau sei, der 1.BF sowie der 4.BF seien weder Staatsangehörige der Republik Ukraine noch der Republik Moldau.

7. In einer weiteren Einvernahme am 14.03.2018 wurde dem 1.BF vorgehalten, dass die Behörde ermittelt habe, dass er kein ukrainischer, sondern afghanischer Staatsbürger sei, woraufhin dieser erwiderte, dass er bereits die Kopien seines Inlandsreisepasses vorgelegt habe und daher nicht nachvollziehen könne, weshalb die ukrainischen Behörden seine Identität nicht bestätigt hätten. Er habe seinen Reisepass im Jahr 2003 zwar verloren, jedoch nach Einbringung einer Verlustanzeige einen neuen erhalten.

Die 2.BF führte im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 14.03.2018 aus, dass sie orthodoxe Christin sei und am XXXX .2012 in Odessa geheiratet habe. Sie besitze einen moldawischen Inlandsreisepass.

Aus einer ergänzenden Anfragebeantwortung vom 22.03.2018, beim BFA am 26.03.2018 eingelangt, geht hervor, dass es sich bei dem vorgelegten Reisepass des 1.BF um keine Fälschung handle und nicht nach seiner Person gefahndet werde. Überdies wurde festgestellt, dass der 4.BF in keiner Datenbank registriert sei.

In einer weiteren Anfragebeantwortung vom 03.04.2018 wurde festgestellt, dass die Erhebungen ergeben hätten, dass der Besitz eines ukrainischen Inlandspasses die ukrainische Staatsbürgerschaft sowie ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht impliziert.

Mit Schriftsatz vom 10.04.2018 wurde dem BFA vom 1.BF ein Zertifikat über eine gut bestandene Prüfung auf dem Niveau B1 übermittelt.

8. Mit den o.a. Bescheiden vom 08.05.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine bzw. Moldawien ab (Spruchpunkt II.) und erteilte ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine bzw. Moldawien zulässig sei (Spruchpunkte III.). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidungen wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG (hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers, des minderjährigen Drittbeschwerdeführers sowie der Viertbeschwerdeführerin) bzw. gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG (hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin) die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).

Beweiswürdigend wurde in den Bescheiden ausgeführt, dass der 1.BF zu den Asylgründen ausgeführt habe, dass er in seiner Heimat Ukraine Diskriminierung durch die Behörden und Private ausgesetzt sei, da er ein Afghane muslimischen Glaubens sei. Der 1.BF habe in seinem Heimatland die Möglichkeit gehabt, eine Moschee zu besuchen, die ihm jedoch zu weit entfernt gewesen sei, da er ungefähr 30km hin und retour zurücklegen hätte müssen. All seinen Ausführungen sei jedoch kein Hinweis darauf zu entnehmen gewesen, dass Angehörige der Volksgruppe der Afghanen und Angehörige des Islam in der Ukraine einer landesweiten Gruppenverfolgung unterliegen würden. Hinsichtlich des Datums der Übergriffe hätten sich der 1.BF und die 2.BF in wesentlichen Punkten widersprochen, da der 1.BF angegeben habe, er sei am 28.05.2014 geschlagen worden, seine Ehefrau im Gegensatz dazu erklärt habe, dass er am 28.03.2014 bzw. am 28.06.2014 geschlagen worden sei. Aufgrund dieser widersprüchlichen Angaben seien auch die Ausführungen, die ukrainischen Behörden hätten dem 1.BF Drogen untergeschoben, nicht nachvollziehbar, da seine Gattin dieses Vorbringen mit keinem Wort erwähnt habe. Eine Schutzunwilligkeit oder Schutzunfähigkeit der ukrainischen Beamten sei seinen Ausführungen jedenfalls nicht zu entnehmen gewesen. Seinen Schilderungen zu den Motiven der Täter sei ebenso nicht zu entnehmen gewesen, dass der 1.BF aufgrund seiner afghanischen Abstammung oder aufgrund der Religionszugehörigkeit geschlagen worden sei, sondern dass er ein Opfer einfacher Kriminalität geworden sei und kein Bezug zu seiner Herkunft oder Religionszugehörigkeit vorliege. Auch den aktuellen Länderfeststellungen zur Ukraine sei nicht zu entnehmen, dass Angehörige der Volksgruppe der Afghanen bzw. Angehörige des Islam in der Ukraine landesweite Gruppenverfolgung zu gewärtigen gehabt oder aktuell zu gewärtigen hätten. Die Behörde gehe vielmehr davon aus, dass allein wirtschaftliche Probleme bzw. die Arbeitslosigkeit die BF veranlasst hätte, ihrer Heimat den Rücken zu kehren. Im Ergebnis sei festzustellen, dass sich die Angaben der BF zu den behaupteten Ausreisegründen als nicht nachvollziehbar und daher als nicht asylrelevant erwiesen hätten und daher den weiteren Feststellungen und Erwägungen nicht zu Grunde gelegt werden können.

9. Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer am 21.06.2018, am 25.06.2018 beim BFA eingelangt, fristgerecht durch ihren bevollmächtigten Vertreter gleichlautende Beschwerden, in denen die Bescheide in vollem Umfang angefochten wurden. Zusammenfassend wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde ihren Ermittlungspflichten nicht im ausreichenden Maße nachgekommen sei und das Verfahren daher mit schwerwiegenden Mängeln belastet habe. Die Feststellung der Behörde, dass die BF in ihrem Herkunftsland keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt seien, sei unrichtig. Die BF hätten glaubhaft und schlüssig vorgebracht, dass sie in der Ukraine verfolgt werden würden, weil sie afghanischer Abstammung sowie dunkelhäutig seien und daher in ihrem Heimatland rassistisch motivierter Gewalt unterlegen seien. Wenn die Behörde den BF vorhalte, sie hätten keine asylrelevanten Probleme oder behördliche Verfolgung vorgebracht, so sei dies unrichtig. Tatsächlich hätten die BF in der Einvernahme erwähnt, dass sie im Heimatland massivster Verfolgung unterlegen seien und sie die heimischen Behörden nicht ausreichend geschützt hätten. Hinsichtlich des Vorhalts, dass es nicht nachvollziehbar sei, dass die ukrainischen Behörden dem 1.BF Drogen untergeschoben hätten, sei anzumerken, dass selbst die Länderinformationen des BFA auf Korruption und Missbrauch bei den staatlichen Behörden hinweisen würden. Die angeblichen Widersprüche der Behörde würden konstruiert und willkürlich erscheinen. Hinsichtlich der vorgelegten Beweismittel sei anzumerken, dass die belangte Behörde nicht alle Beweismittel aufgenommen habe. Es sei daher festzustellen, dass das Ermittlungs-und Beweisverfahren nicht annähernd den dafür vorgesehenen Grundsätzen entsprochen habe. Bei richtiger Beurteilung des von den BF erstatteten Fluchtvorbringens hätte die Erstbehörde zumindest-schon alleine angesichts der prekären Sicherheitslage in der Ukraine- den Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf deren Herkunftsstaat zuzuerkennen müssen, da die BF nicht in Lage wären eine Arbeit zu finden. Auch die restliche Familie der BF könnte diese nicht unterstützen, da keine ausreichenden finanziellen Mittel vorhanden seien. Die BF seien strafgerichtlich unbescholten und sein Aufenthalt in Österreich gefährde weder die öffentliche Ruhe oder Ordnung noch die nationale Sicherheit oder das öffentliche Wohl. Der Eingriff in das schützenswerte Privatleben der BF sei als unverhältnismäßig zu qualifizieren und daher auf Dauer unzulässig. Die BF hätten sich während ihres mittlerweile mehr als vierjährigen legalen Aufenthaltes in Österreich sehr gut integriert. Alle BF würden auf hohem Niveau Deutsch sprechen und hätten bereits einen großen Freundes-und Bekanntenkreis in Österreich aufgebaut. Überdies würden sie sich am sozialen und kulturellen Leben in Österreich beteiligen und seien auch für karitative Einrichtungen in einem nicht unerheblichen Ausmaß unentgeltlich tätig und hätten sich um die bestmögliche Integration bemüht. Den BF mangelnde Integration zu unterstellen sei eine absolute Verkennung der Sach-und Rechtslage. Die BF hätten bereits sämtliche sozialen Kontakte zu ihren Herkunftsländern abgebrochen und ihren Lebensunterhalt mittlerweile ausschließlich in Österreich begründet. Zum Beweis der Integration der Familie wurde ein Konvolut an Unterstützungsschreiben, Zeugnissen und Arbeitsbestätigungen vorgelegt. Beantragt wurde, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Der Beschwerde wurden zahlreiche Fotos sowie Unterstützungserklärungen angeschlossen.

10. Die gegenständlichen Beschwerden langten samt Verwaltungsakten am 05.07.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

11. Mit Erkenntnis vom 05.07.2018 wurde den Beschwerden gegen die Spruchpunkte IV der angefochtenen Bescheide stattgegeben und diese ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wurde den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Begründend wurde ausgeführt, dass zur Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Angaben der BF unter Berücksichtigung des im Entscheidungszeitpunkt aktuellen Berichtsmaterials zur Lage in der Ukraine bzw. Moldawien eine mündliche Verhandlung durchzuführen sei.

Mit Eingabe vom 11.12.2019, beim Bundesverwaltungsgericht am 16.12.2019 eingelangt, wurden von den BF eine Teilnahmebestätigung vom 10.12.2016 die 4.BF betreffend, eine Teilnahmebestätigung vom 04.04.2019 über die Teilnahme der 2.BF am Kurs "Deutsch als Fremdsprache A2/2, Kontoauszüge des 1.BF, Auszug aus dem Gewerberegister den 1.BF betreffend für die Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteige, eine Gewerbeanmeldung des 1.BF vom 24.07.2018, Bestätigung des Quartiergebers vom 25.08.2019 , wonach der 1.BF keine Verpflegungsgeld aus der Grundversorgung erhalte und ein Werkvertrag vom 22.09.2019 zwischen einer Zustellfirma und dem 1.BF sowie eine Umsatzaufstellung des 1.BF vom 12.02.2019 und vom 15.05.2019 in Vorlage gebracht.

Bezüglich der 4.BF wurden ein Reifeprüfungszeugnis eines Gymnasiums vom 11.06.2018 sowie eine Bestätigung des Studienerfolges vom 12.12.2019 über sieben Lehrveranstaltungen für ein Bachelorstudium der Wirtschaftswissenschaften in Vorlage gebracht.

12. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.12.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Russisch und im Beisein des Rechtsvertreters der BF eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der die BF ausführlich zu ihren persönlichen Umständen und ihren Fluchtgründen befragt wurde. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hat an der Verhandlung nicht teilgenommen; die Verhandlungsschrift wurde der Erstbehörde übermittelt. Mit den BF wurde die Situation aufgrund der vorliegenden Länderfeststellungen besprochen und ihnen ausführlich Gelegenheit eingeräumt, hierzu Stellung zu nehmen.

Zur Frage, ob sie die deutsche Sprache gut verstehen würden, gab die 2.BF zu Protokoll, dass sie einen Deutschkurs auf dem Niveau A2 besucht habe und ab Jänner einen weiteren Kurs besuchen werde. Die 4.BF brachte vor, dass sie in Deutsch maturiert und zuvor Kurse besucht habe. Alle fünf BF seien gesund und der 3.BF besuche den Kindergarten.

Auf Aufforderung, seinen Lebenslauf zu schildern, führte der 1.BF aus, dass er 1966 in Kabul geboren worden sei und dort bis zur 12ten Schulstufe eine Schule besucht habe. 1984 sei er in die ehemalige UDSSR übersiedelt, um dort eine weitergehende Ausbildung zu absolvieren. Im Jahr 1985 habe er im Zuge eines Vorbereitungskurses Russisch gelernt und sei noch im selben Jahr zu einer medizinischen Schule in Donezk entsandt worden, die er 1989 abgeschlossen habe. Der 1.BF sei sowohl als medizinischer Assistent als auch als Hebamme ausgebildet worden und habe bereits eine medizinische Leitungsfunktion in Afghanistan in Aussicht gehabt. Im Rahmen seiner medizinischen Kurse habe er seine erste Ehefrau kennengelernt und seine Tochter sei in Donezk geboren worden, weshalb er beschlossen habe, auch weiterhin in der Ukraine zu leben und als Krankenpfleger in Donezk tätig gewesen sei. Da er als Ausländer jedoch keine Arbeitserlaubnis gehabt habe, sei er jedoch gekündigt worden und habe in weiterer Folge als illegaler Metallarbeiter gearbeitet und den Beruf des Schweißers erlernt. Nach dreijähriger Tätigkeit habe ihn eine ökonomische Krise dazu gezwungen, in Russland einen Schuhhandel zu betreiben, seine Familie sei in der Ukraine geblieben. Aufgrund der Mafiapräsenz in Russland sei es schwierig, gute Geschäfte zu lukrieren, zudem sei die Armut groß gewesen und die Grenze zwischen der Ukraine und Russland sei streng kontrolliert worden. Zudem habe der 1.BF eine Stierzucht gehabt und sei zur Hälfte Teilhaber eines Discocafes gewesen. Aufgrund einer Dürreperiode habe er im Jahr 2013 seine Stierzucht aufgegeben. Ab 1989 habe er sich in der Ukraine sehr unsicher gefühlt, weil er oftmals diskriminiert worden sei und ihn die Polizei einige Male beleidigt und geschlagen habe, sodass er von einem Angriff sogar eine Narbe auf der Oberlippe erlitten habe. Einer seiner Angreifer sei verhaftet und in weiterer Folge zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Er habe auch allgemeine Diskriminierungen gegen Unbekannte mitbekommen, weshalb er sich nicht mehr getraut habe, das Haus zu verlassen. Seine Tochter sei an einer Haltestelle bedrängt worden, ein Bekannter habe sie jedoch nach Hause bringen können. Nach zwei Prügelattacken im März und Mai 2014 habe er eine Anzeige eingebracht, sei von der örtlichen Polizei jedoch lediglich ausgelacht worden. Auf Aufforderung, die beiden Vorfälle im März und Mai 2014 zu schildern, führte der 1.BF aus, dass er im März 2014 in einem Club völlig grundlos von vier oder fünf Personen angegriffen und geschlagen worden sei. Am 27. oder 28.Mai habe er einen Schlag auf den Kopf erlitten und sei daraufhin bewusstlos geworden, nachdem er aus seinem Auto ausgestiegen sei. Der 1.BF habe die Angreifer nicht gesehen, weshalb er nicht wisse, von wem er attackiert worden sei, gehe jedoch davon aus, dass es unbekannte Personen gewesen seien. Seine Ehefrau habe ihn jedenfalls halbtot vor dem Haus gefunden. Auf Nachfrage, womit er geschlagen worden sei, erklärte der 1.BF, dass er dies zwar nicht genau wisse, jedoch vermutet, dass es sich bei der Tatwaffe um eine Keule gehandelt habe. Sein Bein sei jedenfalls schwarz angelaufen gewesen. Befragt, ob das geschilderte Ereignis fluchtauslösend gewesen sei, entgegnete der 1.BF, dass er in der Ukraine von der Polizei ausgelacht worden sei und gemerkt habe, dass es dort keine Rechtsstaatlichkeit gebe und er daher nicht mehr in diesem Land leben wolle. Österreich habe er ausgewählt, weil sein Bruder bereits seit 23 Jahren in diesem Land aufhältig sei. Zur Frage, wieso er nicht in einen anderen Teil der Ukraine gezogen sei, erwiderte der 1.BF, dass ihm überall Gefahr drohe, da sich im Westen ukrainische Nationalisten verbreitet hätten. In Russland sei die Lage noch schlechter als in der Ukraine. Auf die Frage, ob es vor den Vorfällen 2014 weitere Vorfälle gegeben habe, im Zuge dessen er zusammengeschlagen worden sei, replizierte der 1.BF, dass er sich während seines dreißigjährigen Aufenthaltes in der Ukraine und in Russland nie sicher gefühlt habe und es zig Vorfälle gegeben habe, wo er zum Kommissariat gebracht worden sei. Er wisse jedoch nicht genau, weshalb er so oft belästigt worden sei und führe es auf Nachfrage seines Rechtsvertreters auf seine ethnische Zugehörigkeit sowie sein optisches Erscheinungsbild zurück.

Die 2.BF brachte zusammengefasst vor, dass sie ihren Ehemann am Strand in Odessa, wo sie auch als Kellnerin tätig gewesen sei, kennengelernt habe. Sie sei in Moldawien geboren worden. Auf Nachfrage, ob das ausländische Erscheinungsbild ihres Ehemannes ein Problem gewesen sei, erklärte die 2.BF, dass er oftmals beschimpft worden sei und einige Male von der Polizei, die ihm auch Drogen untergejubelt habe, mitgenommen worden sei. Befragt, wie oft ihr Ehegatte bei der Polizei gewesen sei, entgegnete die 2.BF, dass er sofort vorgeladen worden sei, obwohl er seinen ukrainischen Pass hergezeigt habe. Insgesamt sei er 15 Mal bei der Polizei gewesen. Zur Frage, weshalb sie nach Österreich geflohen seien, gab die 2.BF zu Protokoll, dass im Donbass Kriegszustände und Gesetzeslosigkeit geherrscht hätten und ihr Ehegatte schwer verletzt worden sei. Zu ihren Lebensumständen in Österreich befragt, gab die 2.BF an, dass sie im Bundesgebiet Deutsch lernen und einen Kurs für die Tätigkeit als Bäckerin oder Konditorin absolvieren wolle.

Überdies wurden von der BF ein Auszug aus dem elektronischen Datensammelsystem der Sozialversicherungsträger und eine Einnahmen-/Ausgabenrechnung für das Jahr 2019 für den Unternehmensgegenstand "Kochworkshops" vorgelegt.

Die 4.BF erklärte, dass sie von Schulkollegen gemobbt und geschlagen worden sei. Überdies sei sie aufgrund des Umstandes, dass sie Muslimin sei, immer ausgelacht worden.

13. In einer Stellungnahme der bevollmächtigten Vertreterin vom 09.01.2020, beim Bundesverwaltungsgericht am 10.01.2020 eingelangt, wurde ausgeführt, dass der 1.BF und seine Kinder in der Ukraine regelmäßig Opfer rassistischer Übergriffe gewesen seien, die sowohl verbal als auch psychisch erfolgt und zum Teil lebensgefährlich gewesen seien. Dies sei auf die ethnische Zugehörigkeit des 1.BF und seiner Kinder zur Volksgruppe der Afghanen zurückzuführen. Die Familie sei in dem von Separatisten kontrollierten Teil der Ukraine, aus welchem sie stamme, diesen Übergriffen schutzlos ausgeliefert, da der ukrainische Staat keine Handhabe habe und die Polizei nicht willens sei, die BF vor Übergriffen zu schützen. Wegen der Schutzunwilligkeit der ukrainischen Behörden hinsichtlich der Verfolgung aus rassistischen und religiösen Gründen gegen die BF, sei den BF somit Asyl zuzuerkennen. Bestimmte Vorfälle, wie die schweren körperlichen Übergriffe auf den 1.BF, würden jedenfalls einen Schweregrad, welche die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls begründen könnten, erreichen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht, da rassistische Übergriffe durch nationalistische Gruppen in der ganzen Ukraine stattfinden könnten. Wie in der mündlichen Verhandlung vorgebracht und durch zahlreiche Dokumente nachgewiesen worden sei, seien die BF außergewöhnlich gut in Österreich integriert und seit bereits mehr als fünfeinhalb Jahren in Österreich. Daher sei eine Rückkehrentscheidung für unzulässig zu erklären und ein Aufenthaltstitel nach Art. 8 EMRK zu erteilen. Der Stellungnahme wurde ein Empfehlungsschreiben die 4.BF betreffend in Vorlage gebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Der 1.BF ist der Ehemann der 2.BF; diese sind die Eltern des minderjährigen 3.BF. Weiters ist der 1.BF der Vater (der aus erster Ehe stammenden) 4.BF. Der 1.BF sowie die 4.BF sind Staatsangehörige der Ukraine, die 2.BF ist Staatsangehörige von Moldawien, der minderjährige 3.BF ist (wenn auch noch nicht registriert) Staatsangehöriger sowohl der Ukraine als auch Moldawiens. Die Identitäten der Beschwerdeführer stehen fest und sind aus dem Spruch der gegenständlichen Entscheidung ersichtlich.

Die 1.-2.-und 4.BF reisten schlepperunterstützt ins Bundesgebiet ein und stellten am 17.06.2014 Anträge auf internationalen Schutz. Am 08.07.2014 stellten der 1.BF und die 2.BF für den nachgeborenen 3.BF einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die BF haben vor ihrer Ausreise nach Europa in der Provinz Donezk gelebt. Der 1.BF wurde in Afghanistan geboren und hat dort die Grundschule besucht. 1984 ist er in die ehemalige UDSSR übersiedelt und hat 1989 eine medizinische Schule für den Beruf medizinischer Assistent und Hebamme abgeschlossen. Der 1.BF hat mit Schuhen gehandelt und eine Stierzucht betrieben. Er ist überdies zur Hälfte Teilhaber eines Discocafes gewesen. Die 2.BF war als Hausfrau tätig und hat einen gültigen Aufenthaltstitel für die Ukraine. Die Exfrau des 1.BF und die Mutter der 4.BF ist nach wie vor in der Ukraine wohnhaft.

Dem Verfahren wird nicht zugrunde gelegt, dass die BF in der Ukraine respektive die 2.BF in Moldawien aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten bedroht wären. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung der BF in der Ukraine respektive in Moldawien festgestellt werden.

Ebenfalls wird dem Verfahren nicht zugrunde gelegt, dass die BF im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine respektive Moldawien in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wären.

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass die BF im Fall ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Die BF leiden an keinen physischen oder psychischen Krankheiten, welche eine Rückkehr in die Ukraine bzw. Moldawien iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.

Die BF waren in der Ukraine in der Lage sich ihren Lebensunterhalt - zuletzt durch die berufliche Tätigkeit des 1.BF als Unternehmer sowie als Teilhaber eines Kaffeehauses - zu sichern.

Die unbescholtenen BF halten sich nunmehr seit etwa fünf Jahren und acht Monaten im Bundesgebiet auf. Die BF leben nicht mehr von der Grundversorgung und sind in einer gemeinsamen Wohnung untergebracht. Der 1.BF hat seit 11.07.2018 eine Gewerbeberechtigung für die Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren zulässiges Gesamtgewicht 3.500kg nicht übersteigt und hat am 22.09.2019 mit einer Zustellungsfirma einen Werkvertrag über die Zustellung von Speisen und Getränken abgeschlossen. Der 1.BF hat einen Deutschkurs auf dem Niveau B1 erfolgreich bestanden und war im Bundesgebiet bereits ehrenamtlich tätig.

Die 2.BF hat mehrere Deutschkurse auf dem Niveau A1 und A2 besucht, jedoch keine Deutschprüfung absolviert.

Die 4.BF hat in Österreich mehrere Jahre die Schule besucht und am 11.06.2018 die Reifeprüfung bestanden. Sie hat Deutschkurse für Jugendliche besucht, ein freiwilliges Praktikum für SOS Menschenrechte absolviert und ist derzeit an einer österreichischen Universität für das Bachelorstudium "Wirtschaftswissenschaften" inskribiert. Sie hat in Österreich bereits zahlreiche Freunde gefunden.

Die BF konnten zwar Empfehlungsschreiben in Vorlage bringen, jedoch bestehen in Österreich keine engen sozialen Beziehungen. Es hält sich lediglich ein Bruder und ein Cousin des 1.BF in Österreich auf. Eine nachhaltige Integration der BF im Sinne einer tiefgreifenden Verwurzelung im Bundesgebiet kann nicht erkannt werden.

Eine die BF betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde keinen ungerechtfertigten Eingriff in deren gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.

1.3. Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zur medizinischen Versorgungssituation und zur Lage von Rückkehrern und Binnenflüchtlingen wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Länderfeststellungen in Bezug auf die Ukraine Folgendes festgestellt:

Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 24.04.2019, Präsidentschaftswahlen (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage)

Der ukrainische Schauspieler, Jurist und Medienunternehmer Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj gewann laut vorläufigem Endergebnis am 21. April die Präsidentschaftsstichwahl der Ukraine gegen den Amtsinhaber Petro Poroschenko mit 73,2% zu 24,5% der abgegebenen Stimmen (Wahlbeteiligung: 61,4%) (DS 21.4.2019; ZO 21.4.2019; ZDF 23.4.2019). Beobachtern zufolge verlief die Wahl im Großen und Ganzen frei und fair und entsprach generell den Regeln des demokratischen Wettstreits. Kritisiert wurden unter anderem die unklare Wahlkampffinanzierung und die Medienberichterstattung in der Wahlauseinandersetzung (KP 22.4.2019).

Es ist ziemlich unklar, wofür der designierte Präsident Selenskyj steht, bzw. was man politisch von ihm erwarten darf. Bekannt geworden ist Selenskyj durch die beliebte ukrainische Fernsehserie "Diener des Volkes", in der er einen einfachen Bürger spielt, der eher zufällig Staatspräsident wird und dieses Amt mit Erfolg ausübt. Tatsächlich hat Selenskyj keine nennenswerte politische Erfahrung, ist dadurch jedoch auch unbefleckt von politischen Skandalen. Eigenen Aussagen zufolge will er den Friedensplan für den umkämpften Osten des Landes wiederbeleben und strebt wie Poroschenko einen EU-Beitritt an. Über einen Nato-Beitritt der Ukraine soll jedoch eine Volksabstimmung entscheiden (DS 21.4.2019; ZO 21.4.2019). Selenskyj hat sich vor allem den Kampf gegen die Korruption auf seine Fahnen geschrieben (UA 27.2.2019).

Kritiker sehen Selenskyj als Marionette des Oligarchen Igor Kolomojskyj, dessen weitgehende Macht unter Präsident Poroschenko stark beschnitten wurde, und auf dessen Fernsehsender 1+1 viele von Selenskyjs Sendungen ausgestrahlt werden. Diesen Vorwurf hat Selenskyj stets zurückgewiesen (UA 27.2.2019; CNN 21.4.2019; Stern 23.4.2019).

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--Quellen: - CNN - Cable News Network (21.4.2019): Political newcomer Volodymyr Zelensky celebrates victory in Ukraine's presidential elections,

https://edition.cnn.com/2019/04/21/europe/ukraine-election-results-intl/index.html, Zugriff 24.4.2019 - DS - Der Standard (21.4.2019): Politikneuling Selenski wird neuer Präsident der Ukraine, https://derstandard.at/2000101828722/Politik-Neuling-Selenski-bei-Praesidenten-Stichwahlin-der-Ukraine-vorn, Zugriff 24.4.2019 - KP - Kyiv Post (22.4.2019): Election watchdog Opora: Presidential election free and fair, https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/election-watchdog-opora-presidential-election-freeand-fair.html, Zugriff 24.4.2019

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--- Stern (23.4.2019): Ihor Kolomojskyj, der milliardenschwere Strippenzieher hinter der Sensation Selenskyj, https://www.stern.de/politik/ausland/ukraine-ihor-kolomojskyj--derstrippenzieher-hinter-der-sensation-selenskyj-8678850.html, Zugriff 24.4.2019 - UA - Ukraine Analysen (27.2.2019):

Präsidentschaftswahlen 2019, per E-Mail - ZDF - Zweites Deutsches Fernsehen (23.4.2019): Ukraine: Vorläufiges Ergebnis. Selenskyj gewinnt Wahl mit 73 Prozent,

https://www.zdf.de/nachrichten/heute/nach-der-wahl-in-derukraine-vorlaeufiges-ergebnis-steht-fest-100.html, Zugriff 24.4.2019 - ZO - Zeit Online (21.4.2019): Komiker Wolodymyr Selenskyj gewinnt Präsidentschaftswahl, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-04/ukraine-wahl-komiker-wolodymyr-selenskyj-liegtlaut-prognosen-vorne, Zugriff 24.4.201

KI vom 09.01.2019, Kriegsrecht beendet (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat wie angekündigt, das für Teile der Ukraine verhängte 30-tägige Kriegsrecht, nicht verlängert. Es lief damit wie geplant am 26.12.2018 um 13 Uhr (MEZ) aus. Der Präsident betonte, das Kriegsrecht habe in keiner Weise den Alltag der Zivilbevölkerung beeinflusst (ZO 26.12.2018; vgl. DW 26.12.2018).

Quellen: - DW - Deutsche Welle (26.12.2018): Poroschenko beendet das Kriegsrecht,

https://www.dw.com/de/poroschenko-beendet-das-kriegsrecht/a-46868008, Zugriff 9.1.2019 - ZO - Zeit Online (26.12.2018): Kriegsrecht in der Ukraine ist beendet,

https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-12/petro-poroschenko-ukraine-kriegsrechtbeendet, Zugriff 9.1.2019

KI vom 28.11.2018, 30 Tage Kriegsrecht für bestimmte Oblaste verhängt (relevant für Abschnitt 3/Sicherheitslage)

Das ukrainische Parlament hat am 26. November dem Antrag von Präsident Poroschenko zugestimmt, in Teilen des Landes für 30 Tage das Kriegsrecht zu verhängen. Betroffen sind die "gegenüber russischer Aggression verwundbarsten Regionen" des Landes (siehe Karte) (RFE/RL 26.11.2018).

...

Das Kriegsrecht ermöglicht in den genannten Oblasten eine teilweise Mobilisierung, eine Stärkung der Luftverteidigung sowie eine nicht näher spezifizierte Stärkung des Konterspionage-, Konterterrorismus- und Kontersabotage-Regimes und der Informationssicherheit. Von den 450 Abgeordneten der Obersten Rada (ukrainisches Parlament) stimmten nach hitziger Debatte 276 für und 30 gegen den Antrag. Zuerst hatte Poroschenko die Maßnahme noch für 60 Tage gefordert, das aber später reduziert (RFE/RL 26.11.2018).

Anlass für diesen in der ukrainischen Geschichte beispiellosen Schritt, war ein Vorfall in der Meerenge von Kertsch (der einzigen Zufahrt zum Asowschen Meer) vom vergangenen Wochenende, bei dem die russische Küstenwache Patrouillenboote der ukrainischen Marine erst beschoss, einen Schlepper rammte und die Boote danach festsetzte und insgesamt 23 ukrainische Seeleute inhaftierte. Russland behauptet, die ukrainischen Seefahrzeuge hätten illegal russische Gewässer befahren. Seit die ukrainische Krimhalbinsel von Russland annektiert worden ist, gibt es gehäuft Probleme beim freien Zugang zum Asowschen Meer und damit zum für die ukrainische Wirtschaft so wichtigen Hafen Mariupol. Mittlerweile hat Russland auch eine Brücke über die Meerenge von Kertsch gebaut (RFE/RL 26.11.2018).

Präsident Poroschenko sagte vor der Debatte im Parlament, die Verhängung des Kriegsrechts sei nötig, damit die Ukraine unverzüglich die Verteidigung stärken kann, um im Falle einer Invasion schnell reagieren zu können. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Ukraine offensive Operationen unternehmen wolle; es gehe ausschließlich um den Schutz des Territoriums und die Sicherheit der Bürger. Das Kriegsrecht sieht Dutzende Handlungsoptionen vor, die ergriffen werden können - aber nicht müssen. Diese müssen vor Inkrafttreten von der Regierung festgelegt werden. So gehen die Polizeiaufgaben in Kampfgebieten an die Armee über. Das Militär erhält erweiterte Rechte und ist beispielsweise berechtigt, Ausgangssperren zu verhängen sowie Wohnungsdurchsuchungen und Verkehrs- und Personenkontrollen vorzunehmen. Männer im wehrpflichtigen Alter unterliegen Meldeauflagen. Auch ist es während des Kriegsrechts verboten, Verfassungsänderungen, Parlaments- oder Präsidentenwahlen durchzuführen. Das Kriegsrecht lässt aber keine Folter zu. Bei Rechtsverstößen können nur reguläre Gerichte urteilen. Zusätzlich können weitere Maßnahmen getroffen werden wie Einschränkung der Pressefreiheit, Kontrollen oder Einschränkungen der Kommunikationsmittel usw. Im Gesetz ist festgehalten, dass das Kriegsrecht nach dem festgelegten Zeitraum enden muss. Eine Verlängerung würde dementsprechend einen erneuten Antrag des Präsidenten erfordern. Allerdings kann das Kriegsrecht auch frühzeitig beendet werden. Das derzeit geltende Kriegsrecht gilt für 30 Tage. Es trat am 28. November 2018, 9 Uhr morgens in Kraft und endet am 27. Dezember 2018 (SO 27.11.2018).

Präsidentschaftswahlen in der Ukraine sind für den 21. März 2019 angesetzt und sollen wie geplant stattfinden (RFE/RL 26.11.2018).

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--Quellen: - RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (26.11.2018): Ukraine Backs Martial Law After Gunfire At Sea, https://www.rferl.org/a/ukrainian-lawmakers-to-considermartial-law-proposal-after-russia-opens-fire-on-ships-in-black-sea/29620128.html?

ltflags=mailer, Zugriff 28.11.2018 - RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (27.11.2018): Ukraine's Martial Law, https://www.rferl.org/a/ukraines-martial-law/29623833.html?ltflags=mailer, Zugriff 28.11.2018 - SO - Spiegel Online (27.11.2018): So weitreichend ist das ukrainische Kriegsrecht, http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-was-bedeutet-das-kriegsrecht-a1240658.html, Zugriff 28.11.201

KI vom 19.12.2017, Antikorruption (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage, Abschnitt 4/Rechtsschutz/Justizwesen und Abschnitt 7/Korruption)

Die Ukraine hat seit 2014 durchaus Maßnahmen gesetzt, um die Korruption zu bekämpfen, wie die Offenlegung der Beamtenvermögen und die Gründung des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU). Gemeinsam mit dem ebenfalls neu geschaffenen Antikorruptionsstaatsanwalt kann das NABU viele Fälle untersuchen und hat einige aufsehenerregende Anklagen vorbereitet, u.a. wurde der Sohn des ukrainischen Innenministers festgenommen. Doch ohne ein spezialisiertes Antikorruptionsgericht läuft die Arbeit der Ermittler ins Leere, so die Annahme der Kritiker, da an normalen Gerichten die Prozesse erfahrungsgemäß eher verschleppt werden können. Das Antikorruptionsgericht sollte eigentlich bis Ende 2017 seine Arbeit aufnehmen, wurde aber noch immer nicht formell geschaffen. Präsident Poroschenko äußerte unlängst die Idee, eine auf Korruption spezialisierte Kammer am Obersten Gerichtshof sei ausreichend und schneller einzurichten. Diesen Vorschlag lehnte jedoch der Internationale Währungsfonds (IWF) ab. Daher bot Poroschenko eine Doppellösung an: Zuerst solle die Kammer eingerichtet werden, später das unabhängige Gericht. Der Zeitplan dafür ist jedoch offen (NZZ 9.11.2017).

Kritiker sehen darin ein Indiz für eine Einflussnahme auf die Justiz durch den ukrainischen Präsident Poroschenko. Mit Juri Luzenko ist außerdem Poroschenkos Trauzeuge Chef der Generalstaatsanwaltschaft, welche von Transparency International als Behörde für politische Einflussnahme bezeichnet wird. Tatsächlich berichtet die ukrainische Korruptionsstaatsanwaltschaft von Druck und Einflussnahme auf ihre Ermittler (DS 30.10.2017).

Ende November 2017 brachten Abgeordnete der Regierungskoalition zudem einen Gesetzentwurf ein, der eine "parlamentarische Kontrolle" über das NABU vorsah und heftige Kritik der westlichen Partner und der ukrainischen Zivilgesellschaft auslöste (UA 13.12.2017). Daraufhin wurde der Gesetzesentwurf wieder von der Tagesordnung genommen (DS 7.12.2017), dafür aber der Vorsitzende des Komitees der Werchowna Rada zur Korruptionsbekämpfung entlassen, welcher die Ernennung des von der Regierung bevorzugten Kandidaten für das Amt des Auditors im NABU blockiert hatte (UA 13.12.2017).

Im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt Kiew haben zuletzt mehrere Tausend Menschen für eine Amtsenthebung von Präsident Petro Poroschenko demonstriert. Die Kundgebung wurde von Micheil Saakaschwili angeführt - Ex-Staatschef Georgiens und Ex-Gouverneur des ukrainischen Odessa, der ursprünglich von Präsident Poroschenko geholt worden war, um gegen die Korruption vorzugehen. Saakaschwili wirft Poroschenko mangelndes Engagement im Kampf gegen die Korruption vor und steht seit einigen Wochen an der Spitze einer Protestbewegung gegen den ukrainischen Präsidenten. Mit seinen Protesten will er vorgezogene Neuwahlen erzwingen. Saakaschwili war Anfang Dezember, nach einer vorläufigen Festnahme, von einem Gericht freigelassen worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen Organisation eines Staatsstreiches (DS 17.12.2017).

Die EU hat jüngst die Auszahlung eines Hilfskredits über 600 Mio. ?

an die Ukraine gestoppt, und der Internationale Währungsfonds (IWF) ist ebenfalls nicht zur Gewährung von weiteren Hilfskrediten bereit, solange der Kampf gegen die grassierende Korruption nicht vorankommt (NZZ 18.12.2017). Der IWF hat die Ukraine aufgefordert, die Unabhängigkeit von NABU und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu gewährleisten und rasch einen gesetzeskonformen Antikorruptionsgerichtshof im Einklang mit den Empfehlungen der Venediger Kommission des Europarats zu schaffen (UA 13.12.2017).

Quellen:

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--DS - Der Standard (17.12.2017): Tausende fordern in Kiew Amtsenthebung von Poroschenko,

http://derstandard.at/2000070553927/Tausende-fordern-in-Kiew-Amtsenthebung-von-Poroschenko?ref=rec, Zugriff 19.12.2017

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--DS - Der Standard (7.12.2017): Interventionen verhindern Gesetz gegen ukrainisches Antikorruptionsbüro, http://derstandard.at/2000069775196/Ukrainischer-Antikorruptionsbehoerde-droht-Verlust-an-Unabhaengigkeit, Zugriff 19.12.2017

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--DS - Der Standard (30.10.2017): Die ukrainische Justizfassade bröckelt noch immer,

http://derstandard.at/2000066853489/Die-ukrainische-Justizfassade-broeckelt-noch-immer?ref=rec, Zugriff 19.12.2017

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--NZZ - Neue Zürcher Zeitung (18.12.2017): Das politische Risiko in der Ukraine ist zurück,

https://www.nzz.ch/finanzen/das-politische-risiko-in-der-ukraine-ist-zurueck-ld.1340458, Zugriff 19.12.2017

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--NZZ - Neue Zürcher Zeitung (9.11.2017): Der ukrainische Präsident verschleppt längst überfällige Reformen, https://www.nzz.ch/meinung/ukraine-revolution-im-rueckwaertsgang-ld.1327374, Zugriff 19.12.2017

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--UA - Ukraine Analysen (13.12.2017): Ukraine Analysen Nr. 193, http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen193.pdf?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=Ukraine-Analysen+193&newsletter=Ukraine-Analysen+193, Zugriff 19.12.2017

1. Politische Lage

Die Ukraine ist eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Ihr Staatsoberhaupt ist seit 7.6.2014 Präsident Petro Poroschenko. Regierungschef ist seit 14.4.2016 Ministerpräsident Wolodymyr Hroisman. Das Parlament (Verkhovna Rada) der Ukraine besteht aus einer Kammer; 225 Sitze werden über ein Verhältniswahlsystem mit Listen vergeben, 225 weitere Sitze werden in Mehrheitswahl an Direktkandidaten in den Wahlkreisen vergeben. 27 Mandate bleiben aufgrund der Krim-Besetzung und des Konflikts in der Ost-Ukraine derzeit unbesetzt. Im Parlament sind folgende Fraktionen und Gruppen vertreten (mit Angabe der Zahl der Sitze):

Block von Petro Poroschenko (Blok Petra Poroschenka)

142

Volksfront (Narodny Front)

81

Oppositionsblock (Oposyzijny Blok)

43

Selbsthilfe (Samopomitsch)

26

Radikale Partei von Oleh Ljaschko (Radykalna Partija Oleha Ljaschka)

20

Vaterlandspartei (Batkiwschtschyna)

20

Gruppe Wolja Narodu

19

Gruppe Widrodshennja

24

Fraktionslose Abgeordnete

48

 

 

(AA 2.2017a)

Der nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 und der Flucht von Wiktor Janukowytsch mit großer Mehrheit bereits im ersten Wahldurchgang zum Präsidenten gewählte Petro Poroschenko verfolgt seither mit unterschiedlichen Koalitionen eine europafreundliche Reformpolitik. Zu den Schwerpunkten des Regierungsprogramms gehören die Bekämpfung der Korruption sowie eine Verfassung- und Justizreform. Die Parteienlandschaft ist pluralistisch und reflektiert alle denkbaren Strömungen von national-konservativ bis links-sozialistisch. Die kommunistische Partei ist verboten. Die Regierung Hrojsman, die seit April 2016 im Amt ist, setzt den euroatlantischen Integrationskurs der Vorgängerregierung unter Arseni Jazenjuk fort und hat trotz zahlreicher koalitionsinterner Querelen und zum Teil großer Widerstände wichtige Reformen erfolgreich durchführen können. Gle

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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