TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/18 96/09/0365

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.02.1998
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BDG 1979 §118 Abs1 Z2;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):96/09/0384

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerden

1.) des Disziplinaranwaltes (Stellvertreter) bei der Disziplinaroberkommission gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG im Zusammenhalt mit § 103 Abs. 4 BDG 1979 und 2.) des Kurt S in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl, Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 15. Oktober 1996, Zl. 82/7-Dok/96, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird auf Grund der Beschwerde des Beschuldigten Kurt S wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Beschwerde des Disziplinaranwaltes (Stellvertreter) wird als somit gegenstandslos geworden erklärt und hierüber das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Kurt S Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit dem Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 25. Juni 1996 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt,

"1.) im Mai 1992 die Michaela K, 1971 geb., im Bereich der Kärntnertor-Passage - Karlsplatz angesprochen und ihr angeboten zu haben, auf das Wachzimmer mitzukommen zwecks scheinbarer Durchführung einer Perlustrierung, tatsächlich jedoch in der Absicht, ihr dabei Rohypnol zukommen zu lassen,

2.) diese Perlustrierung tatsächlich durchgeführt, dabei die Michaela K unsittlich an der Brust berührt und ihr Rohypnol übergeben zu haben,

3.) diese Vorgangsweise in Abständen von ca. 14 Tagen insgesamt 5 bis 6 Mal wiederholt zu haben,

4.) die Michaela K - vermutlich im Zeitraum zwischen August und September 1992 - in Uniform in ihrer Wohnung aufgesucht und sie in der Folge mehrfach, trotz Geheimnummer, in der Wohnung angerufen zu haben, offensichtlich nach unbefugter Beschaffung dieser Telefonnummer."

Es wurde über ihn gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 BDG in Verbindung mit § 126 Abs. 2 BDG 1979 idgF die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt, jedoch von der Anschuldigung, er sei schuldig,

"5.) in weiterer Folge - vermutlich im Zeitraum zwischen Februar und Juli 1994 - sie neuerlich in der Wohnung besucht zu haben, diesmal in Zivilkleidung und bei seinem letzten Besuch in Abwesenheit ihres Gatten - vermutlich Februar 1995 - sie aufgefordert zu haben, mit ihm einen Geschlechtsverkehr zu vollziehen mit Hinweis auf ihre frühere Geheimprostitution und seine damaligen Geschenke von Rohyponol,

6.) ihr und dem Ehegatten Michael K gedroht zu haben, beide einzusperren, soferne sie etwas erzählen sollten;"

gemäß § 126 Abs. 2 BDG freigesprochen.

Die Behörde erster Instanz legte ihrem Schuldspruch im wesentlichen eine Anzeige der Michaela K vom 15. März 1995 zugrunde, wonach die Anzeigerin bis etwa zwei Jahre vor der Anzeigeerstattung im Bereich des Karlsplatzes aufhältig gewesen sei. Etwa 1989 habe sie den Beschwerdeführer im Zuge von Kontrollen in der Passage kennengelernt und mit ihm Gespräche geführt. Er habe ihr damals schon die Frage gestellt, ob sie Rohypnoltabletten bei sich hätte. Sie habe dies verneint. Zu ihrer Überraschung habe ihr der Beamte einige Streifen dieses Medikamentes überreicht. Sie habe dann in der Folge ihren nunmehrigen Ehemann Michael K kennengelernt und sei dann nicht mehr in der Passage aufhältig gewesen. 1992 sei sie wieder in die Passage zurückgekehrt; der Beschwerdeführer habe ihr ein Angebot gemacht, nämlich eine scheinbare Perlustrierung im Wachzimmer durchzuführen, dabei würde er ihr Rohypnol in ihre Tasche stecken. Da sie das Mittel benötigt habe, sei sie auf diesen Vorschlag eingegangen und mit ihm ins Wachzimmer in den Spindraum gegangen. Der Beamte habe ihr tatsächlich das versprochene Rohypnol übergeben und dann plötzlich einer ihrer Brüste in die Hand genommen und geknetet. Sie sei völlig überrascht gewesen und habe ihn aufgefordert damit aufzuhören. Der Beamte habe sich entschuldigt und sie gebeten, nichts weiterzuerzählen. Sie habe diesen Vorfall sofort ihrem Freund erzählt. Dieses Abtasten sei eine eindeutige sexuelle Handlung und daher sicher kein Zufall gewesen. Aus Angst hätte sie keine Meldung erstattet. Sie habe den Kontakt mit ihm daraufhin vermieden. Ca. drei Monate später habe es an der Wohnungstür geläutet und der Beamte sei in Uniform vor ihrer Wohnung gestanden. Zu diesem Zeitpunkt sei auch ihr Ehegatte zu Hause gewesen, der Beamte sei darüber offensichtlich erschrocken gewesen. Der Beamte, in Kenntnis der Vorliebe der Zeugin für Cremeschnitten, habe solche bei sich gehabt. Er sei ca. 15 Minuten zu einem Gespräch bei ihnen gewesen und habe sich dann entfernt. Etwa Februar 1994 habe er sie trotz ihrer Geheimnummer daheim angerufen und gefragt, aus welchem Grund sie nicht mehr am Karlsplatz aufhältig sei. Sie habe darauf verwiesen, daß sie inzwischen Mutter geworden sei und daher keine Drogen mehr konsumiere. Der Beamte habe sich mit ihr verabreden wollen, dies habe sie abgelehnt. Einige Monate später - sie glaube im Juli 1994 - sei der Beamte in Zivilkleidung wieder mit Cremeschnitten vor der Wohnung gestanden. Nach einem Gespräch habe er nach ca. 15 Minuten die Wohnung verlassen. Im Februar 1995 habe sie der Beamte neuerlich in Zivil aufgesucht, um ihr vorzuschlagen, mit ihm frühstücken zu gehen. Sie habe das abgelehnt, der Beamte habe Cremeschnitten geholt. Der Beamte habe sie dann aufgefordert, mit ihr zu schlafen, dies habe sie strikt abgelehnt. Er habe daraufhin auf ihre Geheimprostitution zum Zeitpunkt der Suchtgiftabhängigkeit hingewiesen, sowie auf das Schenken des Rohypnols. Sie habe jedoch trotzdem sein Ansinnen abgelehnt. Aus Angst habe sie bisher keine Anzeige erstattet, der Beamte habe ihr nämlich gedroht, sie in diesem Fall ohne Grund 48 Stunden einzusperren.

Die Behörde erster Instanz ging ferner davon aus, am gleichen Tage sei auch der Ehemann der Anzeigerin, Michael K, einvernommen worden. Er habe dabei angegeben, er sei arbeitslos und beziehe Sozialhilfe. Er habe seine Frau, die er im Jänner 1995 geheiratet habe, im Mai 1992 in der Karlsplatzpassage kennengelernt. Beide seien sie damals drogenabhängig gewesen. Kurz vor ihrem Kennenlernen sei ihr damaliger Freund Mario G an einer Überdosis gestorben. Einige Tage nach dem Kennenlernen habe auch er den Beamten in der Passage kennengelernt, der seiner damaligen Freundin und jetzigen Ehefrau offenbar schon länger bekannt gewesen sei. Bei einer Unterhaltung über ihren verstorbenen Ex-Freund habe der Beamte seiner Gattin in seiner Anwesenheit angeboten, zum Schein eine Visitierung auf Verdacht des Suchtgiftbesitzes durchzuführen und ihr dabei Rohypnol zukommen zu lassen. Der Beamte sei dann tatsächlich mit seiner Freundin in einen gesonderten Raum des Wachzimmers gegangen, er sei nicht dabei gewesen und könne daher über die Perlustrierung nichts angeben. Seine Freundin sei dann mit zwei Streifen Rohypnol aus dem Wachzimmer gekommen und habe diese auch konsumiert. Dieser Vorfall habe sich in der Folge alle 14 Tage d.h. fünf bis sechs Mal wiederholt. Nach ca. drei Monaten habe seine Freundin ihm gegenüber erklärt, daß sie nicht mehr mit dem Polizeibeamten mitgehen wolle, da sie von diesem jedesmal bei den sogenannten Visitierungen an die Brust gegriffen würde. Sie hätten sich daher entschlossen, in Zukunft nicht mehr mit diesem Polizisten mitzugehen. Glaublich im August oder September 1992 vormittags sei der Beamte in Uniform zu ihnen in die Wohnung gekommen. Er habe eine Mehlspeise zum Frühstück mitgebracht. Der Beamte habe in der Folge auch mehrfach in der Wohnung angerufen. Er habe danach den Beamten nicht mehr gesehen. Aus Erzählungen seiner Frau wisse er, daß dieser noch ein drittes Mal in der Wohnung zum Frühstück gewesen sei.

Der Beschwerdeführer hat diese Vorwürfe von Anbeginn an entschieden bestritten.

Schon die Behörde erster Instanz erkannte, daß die im vorliegenden Fall zu lösende Hauptfrage jene der Glaubwürdigkeit der Belastungszeugen sei. Im Rahmen der Darlegung ihrer Erwägungen zur Beweiswürdigung führte die Behörde erster Instanz in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Disziplinaranwaltes aus, beide Zeugen (K) hätten in den wesentlichen Punkten der Vorwürfe übereinstimmende und glaubwürdige Angaben gemacht. Beide Zeugen hätten in ihren Aussagen - sei es nun durch unmittelbares Wahrnehmen oder mittelbar durch Erzählungen seitens der Partner - die Übergabe von Rohypnol, die unsittlichen Berührungen und den Besuch in der Wohnung in Uniform dargestellt. Die Divergenzen in einigen Details seien durchaus erklärbar aufgrund des langen Zeitablaufes sowie aufgrund der Persönlichkeitsstruktur und Krankheit der beiden Zeugen. Die beiden Zeugen seien seit Jahren suchtgiftabhängig, und es seien daraus gewisse Gedächtnislücken über die Vorwürfe erklärbar. Bei Berücksichtigung des Milieus der Zeugen sei es durchaus glaubhaft gewesen, daß die Zeugin Michaela K erst über Aufforderung durch andere Polizeibeamte die Anzeige am 15. März 1995 erstattet habe, und auch die spätere Weigerung, einer Zeugenladung ordnungsgemäß Folge zu leisten, sei nachvollziehbar. All diese Handlungen seitens der Zeugen seien milieubedingt erklärbar und somit "Hilfestellungen" für die Behörde erster Instanz bei Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Aussage der Zeugen. Andererseits habe die erstinstanzliche Behörde folgende Erkenntnisse zur Person des Beamten für die Beurteilung dessen Unglaubwürdigkeit bei seiner Rechtfertigung herangezogen:

* Die "Schlüssellochaffaire" aus dem Jahr 1990 lasse gewisse Schlußfolgerungen auf sexuelle Absonderlichkeiten einschlägiger Art zu.

* Bei gleichartigen Vorwürfen im Jahre 1992 zum Disziplinarverfahren GZ 114-DK/12/92 sei zwar ein rechtskräftiger Freispruch erfolgt, jedoch nur deshalb, weil die (damalige) Zeugin (Anzeigerin) vor der Verhandlung aufgrund eines "goldenen Schusses" verstorben sei und somit damals im Zweifel für den Beschuldigten habe entschieden werden müssen.

In beiden früheren Fällen sei somit der sachliche Vorwurf gleicher Art gewesen und nach Ansicht des Senates auch für die Beurteilung der Unglaubhaftigkeit der Verantwortung des Beschuldigten einerseits sowie der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage andererseits heranzuziehen. Die negativen Erhebungen (gemeint: negativen Ergebnisse von Erhebungen) seitens der Dienstbehörde hinsichtlich des Beschwerdeführers als Anfragendem bezüglich der Geheimnummer der Anzeigerin könnten nicht als ihn entlastend gewertet werden, weil die Dienstbehörde auf den unvertretbaren Aufwand bei Überprüfung aller Auskünfte ab dem Jahre 1992 mit Schreiben vom 2. Jänner 1996 hingewiesen habe (gemeint: der Entlastungsbeweis daher nicht durchgeführt habe werden können). Es habe daher eine Einschränkung auf Februar 1994 bzw. November bis Dezember 1994 stattgefunden, die Erhebungen (Erhebungsergebnisse) bezüglich dieses Zeitraumes seien negativ gewesen. Auch sei die Einstellung des Gerichtsverfahrens gemäß § 90 StPO für die Disziplinarkommission in keiner Weise rechtlich bindend gewesen.

Gegen den Schuldspruch und die Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung erhob der Beschwerdeführer Berufung, deren Schwerpunkt - der Sache gemäß - in der Bekämpfung der Beweiswürdigung durch die Behörde erster Instanz lag.

Mit dem nunmehr angefochtenen Disziplinarerkenntnis vom 15. Oktober 1996 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge. Sie bestätigte den erstinstanzlichen Schuldspruch mit der Maßgabe, daß dieser nunmehr zu lauten habe,

"Bez.Inspek. Kurt S ist schuldig,

1.) im Mai 1992 die Michaela K, 1971 geb., im Bereich der Kärntnertor-Passage - Karlsplatz angesprochen und ihr angeboten zu haben, auf das Wachzimmer mitzukommen zwecks scheinbarer Durchführung einer Perlustrierung, tatsächlich jedoch in der Absicht ihr dabei Rohypnol zukommen zu lassen,

2.) diese Perlustrierung wiederholt durchgeführt, dabei die Michaela K unsittlich an der Brust berührt und ihr Rohypnol übergeben zu haben,

3.) die Michaela K - im Zeitraum zwischen August und September 1992 - in Uniform in ihrer Wohnung aufgesucht und in der Folge mehrfach, trotz Geheimnummer, in der Wohnung angerufen zu haben, nach unbefugter Beschaffung dieser Telefonnummer.

Er hat dadurch gegen §§ 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 i.V.m. der Anhaltevorschrift vom 29. März 1991, Zl. P152/1/0/91 verstoßen und Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 i. d.g.F. begangen."

Der Ausspruch über die Strafe wurde von der belangten Behörde dahingehend abgeändert, daß über den Beschwerdeführer gemäß § 92 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von fünf Monatsbezügen verhängt wurde. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes und der maßgeblichen Rechtslage insbesondere zur Beweiswürdigung aus, der erkennende Senat schließe sich in der Frage der Beweiswürdigung den Ausführungen im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis im wesentlichen an. Die Aussagen der Zeugen Michaela und Michael K. stimmten im Kernbereich überein, wobei es Abweichungen lediglich im Randbereich ihrer Aussagen gebe. Da auch kein überzeugendes Motiv zutage getreten sei, daß die Zeugen sich drei Jahre nach den Vorfällen an dem Beschwerdeführer hätten rächen wollen, vielmehr über Anregung eines anderen Beamten, dem die Vorfälle zu Ohren gekommen seien, die Anzeige erstattet hätten, glaube der Senat der lebensnahen und plausiblen Schilderung der Vorfälle durch diese Zeugen und sehe in der bestreitenden Rechtfertigung des Beschwerdeführers eine bloße Schutzbehauptung. Daß es Divergenzen in den Details, was die genaue zeitliche Abfolge der Vorfälle betreffe, gegeben habe, erkläre sich - wie bereits die Behörde erster Instanz zutreffend ausgeführt habe - aus dem langen Zeitablauf und den wiederholten Angriffen des Beschwerdeführers während eines längeren Zeitraumes. Daraus auf die Unglaubwürdigkeit bzw. die Unzuverlässigkeit der Zeugen insgesamt zu schließen, sei nach Auffassung des Senates nicht zulässig, wenn die Schilderung der Vorgänge in den wesentlichen Punkten durchaus schlüssig und glaubwürdig sei.

Die belangte Behörde kam daher zum rechtlichen Schluß, der Beschwerdeführer habe Dienstpflichtverletzungen begangen, die ein beträchtliches Gewicht hätten. Ein Exekutivorgan, zu dessen Kernbereich seiner Aufgaben auch die Hilfestellung für die ratsuchende Bevölkerung in vielen Lebensbereichen gehöre und dem man sich uneingeschränkt anvertrauen können müsse, erschüttere das in ihn von seinem Dienstgeber gesetzte Vertrauen ganz tiefgreifend und schädige gleichzeitig empfindlich sein Ansehen nicht nur innerhalb seines Wachkörpers, sondern auch in der Öffentlichkeit, wenn es sich zu sexuellen Belästigungen und rechtswidrigen Handlungen in der festgestellten Art und Weise hinreißen lasse. Derartige Dienstpflichtverletzungen würden in allen Bevölkerungskreisen als besonders verwerflich angesehen. Es liege daher durchaus nahe, hier die Verhängung der schwersten Disziplinarstrafe, die Entlassung, in Erwägung zu ziehen. Dennoch sei der Senat auf Grund des Umstandes, daß dem Beschwerdeführer durch Versetzung auf eine andere Dienststelle der dienstliche Kontakt zu den sich am Karlsplatz aufhältigen Personen der Drogenszene genommen worden sei und in der Berücksichtigung der zahlreichen Belobigungen während seines langjährigen Dienstes bei der Polizei zur Ansicht gekommen, daß von der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung noch einmal abgesehen und mit der Verhängung einer Geldstrafe im Höchstausmaß das Auslangen gefunden werden könne. Dem Beschwerdeführer solle damit noch eine Chance gegeben werden, sich im Dienst zu bewähren. Der Senat weise allerdings mit Nachdruck darauf hin, daß jede weitere einschlägige Dienstpflichtverletzung die Untragbarkeit des Beschwerdeführers für den öffentlichen Dienst zur Folge haben könnte.

Gegen diesen Bescheid in seiner Gesamtheit richtet sich die Beschwerde des Beschuldigten (Beschwerdeführers). Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft der Beschwerdeführer im einzelnen die Beweiswürdigung der belangten Behörde, unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit im wesentlichen mit dem Argument, die Schuldsprüche zu Punkten 2 und 3 seien nicht durch die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen gedeckt. Zum Anschuldigungspunkt 2 habe sich eine angeblich unsittliche Berührung auch nach Darstellung der Zeugin M.K. nur einmal ereignet, zum Anschuldigungspunkt 3 habe sich eine Verletzung gegen Uniformtragevorschriften ebensowenig ergeben wie die unbefugte Beschaffung der Geheimnummer der Anzeigerin. Für die diesbezüglichen Schuldsprüche fehle es daher an entsprechenden Sachverhaltsgrundlagen.

Gegen denselben Bescheid, allerdings nur im Umfange seines Strafausspruches, richtet sich die Beschwerde des Disziplinaranwalt-Stellvertreters bei der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes durch "unrichtige rechtliche Beurteilung bei der Bemessung des Strafausmaßes" aufzuheben. Er führt hiezu begründend aus, ein Beamter, der derartige Delikte begangen habe, der insbesondere seine Amtsstellung für unsittliche Berührungen einer weiblichen Person, die sich noch dazu in einer offensichtlichen Zwangssituation befunden habe, nämlich der einer Süchtigen, als Gegenleistung gegen Übergabe von Rohypnol ausnütze, sei für die Dienstbehörde untragbar. Ein solches Verhalten - konträr zur originären Aufgabe eines Sicherheitswachebeamten im Sinne einer Hilfestellung für die ratsuchende Bevölkerung - erschüttere nicht nur das in ihn gesetzte Vertrauen, er habe auch gleichzeitig durch solche sexuellen Belästigungen empfindlich sein Ansehen nicht nur innerhalb des Wachkörpers, sondern auch in der Öffentlichkeit geschädigt. Es sei daher "durchaus naheliegend", hier die Verhängung der schwersten Disziplinarstrafe, die Entlassung, "in Erwägung zu ziehen".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über beide Beschwerden nach Verbindung derselben zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung infolge ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges erwogen:

Nach § 91 BDG 1979 ist der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, nach diesem Abschnitt (das ist der 9. Abschnitt des BDG 1979) zur Verantwortung zu ziehen.

I. § 60 AVG bestimmt, daß in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte rechtliche Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. Daraus ergibt sich auch die Gliederung eines Bescheides in Tatsachenfeststellungen, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung. Der Inhalt jeder Begründung muß daher zunächst den im konkreten Fall festgestellten maßgebenden Sachverhalt mit den hiebei als feststehend angenommenen Tatsachen zum Ausdruck bringen; sie hat darzulegen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde und aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt (vgl. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 463, abgedruckte hg. Judikatur). Die bloße Wiedergabe des Inhaltes von Anzeigen oder anderen Beweisergebnissen, insbesondere wenn diese widersprüchlich sind bzw. mehrfach korrigiert wurden, genügen diesem Anspruch nicht. Es muß auch für die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechtes eindeutig klargestellt sein, von welchem konkreten Sachverhalt die Behörde bei ihrer nachfolgenden rechtlichen Subsumtion ausgegangen ist. Dies hat die belangte Behörde im vorliegenden Verfahren unterlassen, wobei sich diese Verfahrensverletzung auch als entscheidungswesentlich erweist, weil - wie noch unter einem im anderen Zusammenhang auszuführen sein wird - die Angaben der Zeugen K. allein über die Anzahl der dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemachten sexuellen Belästigungen einander widersprechen und daher die bloße Wiedergabe der divergierenden Darstellungen nicht erkennen läßt, welcher Darstellung die belangte Behörde gefolgt ist. Solches läßt sich nur dem Spruch des angefochtenen Bescheides entnehmen, der aber in diesem Umfang unbegründet bleibt. Dasselbe gilt auch für den Schuldspruch zu Punkt 3. des angefochtenen Bescheides, dessen Begründungsteil die Feststellung, der Beschwerdeführer habe sich die Geheimnummer der Anzeigerin widerrechtlich beschafft - der diesbezüglich unklaren Darstellung der Anzeigerin zu diesem Punkt stehen "negative" Erhebungsergebnisse und die leugnende Verantwortung des Beschwerdeführers gegenüber - nicht enthält. Zutreffend weist der Beschwerdeführer ferner in seiner Beschwerde darauf hin, daß keinerlei Feststellungen getroffen wurden, aus denen sich die disziplinäre Vorwerfbarkeit des angeblichen Besuches (oder mehrerer) des uniformierten Beschwerdeführers in der Wohnung der Anzeigerin ergeben hätte. Der - insoweit feststellende - Inhalt des Spruches eines Disziplinarerkenntnisses ersetzt die diesbezügliche Begründungspflicht nicht.

II. Auch im Disziplinarverfahren haben die Behörden nach dem Grundsatz der Offizialmaxime den maßgebenden Sachverhalt nicht nur zu ermitteln, sondern in ihren Disziplinarerkenntnissen überprüfbar, schlüssig und ausreichend zu begründen, welche Umstände zur Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer tatsächlichen Behauptung geführt haben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 94/09/0016, und die dort wiedergegebene Judikatur). Die auch im Disziplinarverfahren anzuwendende Bestimmung des § 45 Abs. 3 AVG (in Verbindung mit § 105 BDG 1979), wonach die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (sogenannter Grundsatz der freien Beweiswürdigung), bedeutet nicht, daß dieser in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die genannte Bestimmung hat nur zur Folge, daß, sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, die Würdigung der Beweise keinen anderen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Diese Regelung schließt auch eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend ermittelt ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind aber solche Erwägungen nur dann, wenn sie u.a. den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1997, Zl. 94/09/0063, und die dort wiedergegebene Judikatur).

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - ohne konkrete Tatsachenfeststellungen, sondern lediglich nach Wiedergabe der Verfahrensergebnisse - gezogene Schlußfolgerung, auf Grund der vorliegenden Beweis- und Erhebungsergebnisse seien die behaupteten Dienstpflichtverletzungen des Beschwerdeführers hinreichend erwiesen, hält aber der Überprüfung der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht stand.

Sowohl die Behörde erster Instanz als auch die belangte Behörde sind im Rahmen ihrer Beweiswürdigung davon ausgegangen, daß zwar die Angaben der (Hauptbelastungs-)Zeugen K. mehrfach korrigiert und zum Teil widersprüchlich waren, meinen jedoch, dies beträfe lediglich "Randbereiche", im Kernbereich der Anschuldigungen jedoch seien diese Angaben stets gleich geblieben. Dies ist unzutreffend. In unaufgeklärtem Widerspruch zur Angabe der Anzeigerin, die am 15. März 1995 ausdrücklich und auch über Vorhalt betonte, der Beschwerdeführer habe sie in der beschriebenen Weise nur einmal sexuell belästigt, und auch zur Aussage des Zeugen Michael K. anläßlich seiner Vernehmung vor der Disziplinarkommission, in der er letztlich zugestand, seine Gattin habe ihm über unsittliche Berührungen nur einmal, nämlich das erste Mal, erzählt, steht dessen ursprüngliche Angabe, wo von mehreren und sich alle 14 Tage ca. fünf bis sechs Mal wiederholenden sexuellen Angriffen des Beschwerdeführers auf M.K. die Rede ist, eine Aussage, die die Betroffene wiederum als "Blödsinn" bezeichnet (Aktenseite 375). Letztendlich stellt die betroffene Zeugin selbst den gesamten Vorgang in Frage, indem sie über Vorhalt erklärt, sie könne sich im Zeitpunkt der Disziplinarverhandlung nicht mehr erinnern "wenn jemals so etwas war, dann.....". Abgesehen davon, daß die Anzahl der behaupteten sexuellen Angriffe des Beschwerdeführers auf die betroffene Zeugin keinesfalls einen bloßen "Randbereich" derselben bildet, in dem gewisse Unschärfen der Aussagen hingenommen werden könnten, ist die Wiederholung der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen sexuellen Belästigung immerhin - insoweit unbegründet - Teil des Strafausspruches. Mit diesen Divergenzen, die auch in der Berufung bereits im einzelnen aufgezeigt wurden, hat sich die belangte Behörde detailliert und in nachvollziehbarer Weise nicht auseinandergesetzt.

Auch die Beweiswürdigung im Hinblick auf den Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides erweist sich als nicht schlüssig. Gibt die Zeugin anläßlich ihrer Ersteinvernahme noch an, der erste telefonische Anruf durch den Beschwerdeführer sei im Februar 1994 erfolgt und das einzige Telefonat gewesen, gibt der dazu befragte Zeuge Michael K. an, der Beschwerdeführer habe mehrfach in ihrer Wohnung angerufen, um sich ein Treffen mit der Zeugin M.K. zum Essen auszumachen. Aus dem Kontext gelesen, muß dies nach der damaligen Darstellung des Zeugen M.K. vor Oktober 1993 begonnen haben; es habe - so dieser Zeuge - mit der Änderung der Telefonnummer (November 1994) geendet. Demgegenüber gab die Zeugin M.K. im Disziplinarverfahren (Aktenseite 367) an, dem Beschwerdeführer ihre Telefonnummer (freiwillig) gegeben (= "ausgetauscht") und mit ihm ein Mittagessen vereinbart zu haben. Dennoch enthält der Spruchpunkt 3 den Vorwurf an den Beschwerdeführer, sich diese Telefonnummer (Geheimnummer) der Anzeigerin illegal, d.h. unter Ausnützung seiner Amtsstellung, beschafft zu haben. Auf welchem Beweisergebnis der Schuldspruch in diesem Punkte beruht, zumal auch die diesbezüglichen Anfragen durch die Disziplinarbehörde "negativ" verlaufen sind, bleibt völlig unklar. Auch im Disziplinarverfahren gilt die Unschuldsvermutung, es gibt keine formelle Beweislast der Parteien. Eine "Schuldvermutung", wie § 5 Abs. 1 VStG für Ungehorsamsdelikte normiert, besteht im Disziplinarrecht nicht. Kann dem Beamten die schuldhafte Begehung einer Dienstpflichtverletzung nicht nachgewiesen werden, so ist im Zweifel mit Freispruch vorzugehen (Kucsko-Stadlmayer, Disziplinarrecht2, 361). Insgesamt ergeben die Ausführungen im angefochtenen Disziplinarerkenntnis keine schlüssigen und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür, warum die belangte Behörde das jedes schuldhafte dienstpflichtverletzende Verhalten abstreitende Vorbringen des Beschwerdeführers pauschal als "Schutzbehauptungen" abtut. Abgesehen davon, daß der Nachweis für negative Behauptungen (z.B. etwas nicht zu wissen bzw. jemanden nicht zu kennen bzw. an einem Ort nicht gewesen zu sein) in der Regel einen Beweisnotstand hervorruft, sind auch von Amts wegen eingeholte Beweisergebnisse vorhanden, die die Darstellung des Beschwerdeführers stützen. So hat der Zeuge K. in der Disziplinarverhandlung angegeben, der (einzige?) Besuch des Beschwerdeführers in der Wohnung der Anzeigerin in Uniform sei möglicherweise am 27. Jänner 1995 erfolgt, es sind jedoch Beweisergebnisse vorhanden, denen zufolge der Beschwerdeführer am 27. Jänner 1995 an einem anderen Ort (nämlich im Spital am Krankenbett seiner Mutter) gewesen ist. Eine - als Anlaß für eine mögliche Revanche zu wertende - Amtshandlung gegen den ehemaligen Freund der Anzeigerin Mario G., die der Beschwerdeführer als mögliches Motiv ins Treffen führte, konnte ebenfalls verifiziert werden (am 13. Dezember 1989, Aktenseite 321, in ONr. 52).

Erfahrungsgemäß bleibt auch einem durch Krankheit beeinträchtigten Erinnerungsvermögen das Essentielle eines Eingriffes in die Intim- oder Privatsphäre haften, wohingegen genaue Daten, Details im Ablauf sowie der Örtlichkeiten davon ausgenommen sein können. Zweifelhaft muß es aber sein, wenn es einer - wenn auch im Erinnerungsvermögen beeinträchtigten - Zeugin mißlingt, zumindest in groben Umrissen zu schildern, was sie dem Beamten vorwirft. Dabei kann es wohl sein, daß die Anzahl mehrerer gleichartiger Angriffe vergessen wurde, nicht aber, ob es sich um einen einzigen Angriff oder mehrere gehandelt hat. Dasselbe gilt für den Ort der angeblichen Tathandlung: es mag dahingestellt bleiben, in welchen Räumlichkeiten des Wachzimmers die angebliche Perlustrierung stattgefunden haben mag, schwerwiegend erscheint hingegen, wenn als Tatort einmal die Dienststelle des Beschwerdeführers (Wachzimmer), ein anderes Mal aber ein "Mistkübelraum neben dem Street Worker" bezeichnet wird. Mit diesen doch erheblichen Divergenzen hat sich die belangte Behörde ebenfalls nicht auseinandergesetzt. Es erscheint auch dem Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, weshalb - wie auch die belangte Behörde durch Übernahme der diesbezüglichen Ausführungen des erstinstanzlichen Erkenntnisses offenbar meint - die Weigerung, vor der Disziplinarbehörde auszusagen und diese auch unter Zuhilfenahme von Vortäuschung falscher Tatsachen (eines Krankenstandes der Zeugin, der nicht gegeben war, die Entschuldigung durch eine namentlich genannte Person, die mit dem Anrufenden nicht ident war) durchzusetzen, als "Hilfestellung bei Beurteilung der Glaubwürdigkeit dieser Zeugen" gewertet wurde.

Erweisen sich schon die Überlegungen zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Zeugen als nicht schlüssig, so gilt dasselbe auch für die Überlegungen der belangten Behörde (der Disziplinarbehörde erster Instanz), mit denen die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers begründet wurde. Die "Schlüssellochaffäre" aus dem Jahre 1990, anläßlich derer der Beschwerdeführer weibliche Kolleginnen beim Umkleiden beobachtet haben soll, läßt keineswegs eindeutig auf "sexuelle Absonderlichkeiten einschlägiger Art" schließen, die von vornherein die Durchführung eines Beweisverfahrens entbehrlich machen würden.

Das weiters gegen den Beschwerdeführer ins Treffen geführte Disziplinarverfahren im Jahr 1992, welches gleichartige Vorwürfe zum Gegenstand gehabt hatte, endete mit rechtskräftigem Freispruch. Entgegen der Annahme der belangten Behörde war jedoch nicht einziger Grund des Freispruchs (arg. "jedoch nur deshalb...."), der Tod der Betroffenen, sondern enthielt die Begründung dieses Freispruches auch weitergehende Begründungselemente (die schlechten Arbeitsverhältnisse, die in Zweifel stehende Glaubwürdigkeit der Hauptbelastungszeugen sowie die nicht widerlegbare Möglichkeit einer Racheaktion). Nicht bewiesene Vorwürfe, die zudem bereits Gegenstand eines mit Freispruch endenden Verfahrens gewesen sind, können aber nicht im Rahmen der Beweiswürdigung neu aufgegriffen werden. Dies bedeutet eine Verletzung des Prinzips der Unschuldsvermutung. Auch billigt der Verwaltungsgerichtshof die Vorgangsweise der belangten Behörde nicht, negative Ergebnisse amtswegiger Erhebungen im Rahmen der Beweiswürdigung zum Nachteil einer Partei zu verwerten.

Da aus all diesen Gründen nicht nur maßgebliche Feststellungen nicht getroffen wurden, sondern auch die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung einer Überprüfung nicht standhält und dieser Umstand sämtliche gegen den Beschwerdeführer erhobene Vorwürfe berührt, war der angefochtene Bescheid sowohl in seinem Schuld- wie auch in seinem Strafausspruch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Damit ist aber die Beschwerde des Disziplinaranwaltes (Stellvertreter), die sich lediglich gegen den Strafausspruch richtet, als gegenstandslos geworden zu betrachten, weshalb das Verfahren über diese Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel AllgemeinBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung Anfechtungserklärung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996090365.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten