TE Bvwg Beschluss 2020/4/29 W256 2002670-3

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Veröffentlicht am 29.04.2020
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Entscheidungsdatum

29.04.2020

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §59 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W256 2002670-3/15E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. ungeklärt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 3. November 2017 betreffend Ausstellung der Karte Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005, Zl. XXXX :

A) Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Behandlung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin stellte am 20. August 2007 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 11. Juni 2008 als unbegründet abgewiesen wurde. Unter einem wies das (damals zuständige) Bundesasylamt die Beschwerdeführerin aus dem österreichischen Bundesgebiet aus. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 10. August 2009, GZ XXXX , ab. Auch der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 22. September 2009 ab.

In weiterer Folge stellte die Beschwerdeführerin zwei neuerliche Anträge auf internationalen Schutz, die jeweils gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurden. Die zurückweisenden Entscheidungen erwuchsen in Rechtskraft. Ein nachfolgend gestellter Antrag gemäß § 69 AVG auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10. August 2009 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens blieb ebenfalls erfolglos und wurde mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 2. September 2010, GZ XXXX , rechtskräftig abgewiesen.

Am 18. Juli 2013 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete, der mit Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 17. Oktober 2013 mit der wesentlichen Begründung abgewiesen wurde, die Beschwerdeführerin habe an der Erlangung eines Heimreisezertifikats nicht mitgewirkt.

Die dagegen erhobene Berufung wurde vom Verwaltungsgericht XXXX ab 1. Jänner 2014 als Beschwerde weiterbehandelt. Das Verwaltungsgericht XXXX gab der Beschwerde mit Erkenntnis vom 16. April 2015 statt und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung einer Karte für Geduldete vorlägen. Insbesondere sei keine Verletzung der Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführerin an der Erlangung eines Heimreisezertifikats festzustellen. Die Duldung der Beschwerdeführerin sei bereits mit dem Vorliegen der tatsächlichen Unmöglichkeit ihrer Abschiebung "spätestens mit 14.1.2010 eingetreten". In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführerin eine vom 09.06.2015 bis 08.06.2016 gültige Karte für Geduldete ausgestellt.

Am 18. Juni 2015 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung "besonderer Schutz" gem. § 57 AsylG 2005 sowie mit Schreiben vom 15. Juli 2015 ergänzend einen Eventualantrag auf Heilung des Mangels der Nichtvorlage erforderlicher Dokumente gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 AsylG-DV 2005. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 10. August 2016, den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zurück und den Eventualantrag ab.

Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. September 2016, W237 XXXX , stattgegeben und der Beschwerdeführerin gem. § 57 Abs. 1 Z 1 iVm § 54 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" erteilt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte der Beschwerdeführerin mit 4. Oktober 2016 die Karte mit dem entsprechenden Aufenthaltstitel aus und ist dieser bis 3. Oktober 2017 gültig gewesen.

Mit Schreiben vom 22. August 2017 beantragte die Beschwerdeführerin die Verlängerung des Aufenthaltstitels "Besonderer Schutz" gem. § 59 AsylG 2005 und legte dazu diverse Unterlagen vor.

Die Beschwerdeführerin beantragte bei der belangten Behörde am 23. August 2017 persönlich die Verlängerung des Aufenthaltstitels "Besonderer Schutz" gem. § 59 AsylG 2005.

Mit Verbesserungsauftrag vom 23. August 2017 ersuchte die belangte Behörde um schriftliche Begründung ihres Antrages und um Vorlage von Identitätsdokumenten in Kopie.

Die Beschwerdeführerin teilte durch ihre Rechtsvertretung mit Schreiben vom 1. September 2017 mit, dass die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 weiter vorliegen würden, weil die Beschwerdeführerin spätestens seit 14. Jänner 2010 geduldet sei, keine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit sei und keine Verurteilung aufweise. Weiters wurde ausgeführt, dass die Botschaft der Republik Kenia dem fremdenpolizeilichen Büro bereits mitgeteilt habe, dass die Beschwerdeführerin keine Staatsbürgerin Kenias sei und damit kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden könne. Auch würden die sonstigen Voraussetzungen für eine Mitteilung gem. § 59 Abs. 4 AsylG 2005 - wie den bereits von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen zu entnehmen sei - vorliegen.

In einem Aktenvermerk vom 22. September 2017 hielt die belangte Behörde folgendes fest:

"Aktenvermerk betreffend Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung § 57 AsylG

FESTSTELLUNGEN

Genannte befindet sich seit 2007 im Bundesgebiet. Eine Feststellung der Identität konnte bis dato nicht durchgeführt werden, da Genannte über keinerlei Dokumente verfügt. Eine Klärung dieser konnte auch durch Anforderungen von Heimreisezertifikaten nicht geklärt werden.

Mit Bescheid des VwG vom 16.04.2015 wurde festgestellt, dass eine Duldungskarte auszustellen ist. Dies wurde auch veranlasst. Sofort nach Ausfolgung der Duldungskarte wurde ein Antrag gemäß § 57 AsylG gestellt. Dieser Antrag wurde negativ beschieden. Der Beschwerde dagegen wurde mit Erkenntnis vom 15.09.2016 stattgegeben und festgestellt, dass der Genannten eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz auszustellen ist. Es wurden bereits mehrere § 57 AsylG Aufenthaltstitel ausgestellt.

BEWEISMITTEL:

-Erkenntnis BVwG vom 15.09.2016

-Krankenversicherung vorhanden

Es wurde daher die Verlängerung des Aufenthaltsitels gemäß § 57 AsylG für die Dauer von 1 Jahr veranlasst."

Am 3. November 2017 erteilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 57 AsylG 2005. Auf der Karte wurde eine ungeklärte Staatsangehörigkeit vermerkt und das Gültigkeitsende mit 3. Oktober 2018 datiert.

In der dagegen erhobenen Beschwerde macht die (sich als somalische Staatsangehörige bezeichnende) Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde habe es gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 unterlassen, eine zum Zweck der amtswegigen Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte plus" gemäß § 41a Abs. 3 NAG erforderliche Mitteilung an die nach dem NAG zuständige Behörde zu erstatten.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt samt Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A)

Im vorliegenden Fall war die Beschwerdeführerin im Besitz eines Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" und stellte diese vor Gültigkeitsablauf einen Verlängerungsantrag gemäß § 59 Asylgesetz 2005. In ihrem Schreiben vom 1. September 2017 verwies die Beschwerdeführerin ausdrücklich auf § 59 Abs. 4 Asylgesetz 2005 und die darin vorgesehene Mitteilungspflicht der belangten Behörde an die örtlich zuständige Behörde nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz.

Die Beschwerdeführerin bekämpft nunmehr die in weiterer Folge von der belangten Behörde (als Bescheid zu wertende) Ausstellung der (verlängerten) Aufenthaltsberechtigung in Kartenform gemäß § 57 Asylgesetz 2005 mit der Begründung, die belangte Behörde hätte nach § 59 Abs. 4 Asylgesetz 2005 vorranging eine Mitteilung an die örtlich zuständige Behörde nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz erstatten müssen (siehe zur Qualifikation einer Aufenthaltsberechtigungskarte als Bescheid ausdrücklich VwGH, 12.12.2017, Ra 2017/22/0045).

Die hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen nach dem Asylgesetz 2005, BGBl. Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. Nr. I Nr. 68/2017 (im Folgenden: AsylG 2005) lauten auszugsweise wie folgt:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht, [...]."

"§ 59. (1) Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels, frühestens jedoch drei Monate vor diesem Zeitpunkt, beim Bundesamt einzubringen. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet der Bestimmung nach dem FPG, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Über die rechtzeitige Antragstellung kann dem Drittstaatsangehörigen auf begründeten Antrag eine einmalige Bestätigung im Reisedokument angebracht werden, die keine längere Gültigkeitsdauer als drei Monate aufweisen darf. Diese Bestätigung berechtigt zur visumfreien Einreise in das Bundesgebiet. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, Form und Inhalt der Bestätigung durch Verordnung zu regeln.

(2) Die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels beginnt mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.

(3) Anträge, die nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels gestellt werden, gelten nur dann als Verlängerungsanträge, wenn

1. der Antragsteller gleichzeitig mit dem Antrag glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis gehindert war, rechtzeitig den Verlängerungsantrag zu stellen, und ihn kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, und

2. der Antrag binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses gestellt wird; § 71 Abs. 5 AVG gilt.

Der Zeitraum zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels und der Stellung des Antrages, der die Voraussetzungen der Z 1 und 2 erfüllt, gilt nach Maßgabe des bisher innegehabten Aufenthaltstitels als rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt.

(4) Das Bundesamt hat der örtlich zuständigen Behörde nach dem NAG unverzüglich mitzuteilen, dass

1. die Voraussetzung des § 57 weiterhin vorliegen,

2. der Antragsteller das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG erfüllt hat, und

3. die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 4 erfüllt sind.

Liegen die Voraussetzungen der Z 2 oder Z 3 nicht vor, hat das Bundesamt den Aufenthaltstitel gemäß § 57 zu erteilen. Die Entscheidung über den Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels nach Abs. 1 ist unverzüglich, längstens jedoch binnen 4 Monaten ab Einbringung des Antrages zu treffen.

(5) Im Falle einer Mitteilung gemäß Abs. 4 ist der Ablauf der Frist gemäß Abs. 4 letzter Satz gehemmt. Das Bundesamt hat den Antragsteller von der Mitteilung in Kenntnis zu setzen. Mit Ausfolgung des Aufenthaltstitels gemäß § 41a Abs. 3 NAG ist das Verlängerungsverfahren formlos einzustellen."

Nach § 41 a Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 (im Folgenden: NAG) ist Drittstaatsangehörigen von Amts wegen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" zu erteilen, wenn eine Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 vorliegt. Der Aufenthaltstitel ist unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen ab Zustellung der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, zu erteilen.

Aus dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung des § 59 Abs. 4 AsylG 2005 ("Das Bundesamt hat ... unverzüglich mitzuteilen, ...") geht hervor, dass der belangten Behörde im Falle eines Verlängerungsantrags kein Ermessen eingeräumt ist, ob es eine Mitteilung an die örtlich zuständige Behörde nach dem NAG macht oder nicht; der Antragsteller hat vielmehr ein Recht darauf, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 59 Abs. 4 AsylG 2005 vorgegangen wird, zumal es in seinem Interesse liegt, dass ihm eine "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" ausgestellt wird (siehe dazu VwGH 12.12.2017, Ra 2017/22/0045).

Auch nach den Erläuterungen zum Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, RV 1803 BlgNR 24. GP, 77, normiert § 59 Abs. 4 AsylG 2005, dass im Verlängerungsfall die Prüfkompetenz bei der belangten Behörde liegt. Diese hat zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Aufenthaltstitels "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" weiterhin vorliegen, der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt hat, über eine Unterkunft, eine Krankenversicherung und über ausreichende Unterhaltsmittel verfügt. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat die belangte Behörde die örtlich zuständige Niederlassungsbehörde unverzüglich darüber zu informieren. In weiterer Folge hat die Niederlassungsbehörde von Amts wegen - ohne weitere Prüfung - einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 41a Abs. 3 NAG zu erteilen. Mit der Ausstellung des Bescheides durch die NAG-Behörde ist das Verlängerungsverfahren beim Bundesamt abgeschlossen. Eine zusätzliche Erledigung über den Antrag bedarf es wie bisher nicht. Liegen die Voraussetzungen - wie oben beschrieben - nicht vor, aber erfüllt der Drittstaatsangehörige weiterhin die Voraussetzung des besonderen Schutzes, ist die Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz vom Bundesamt zu verlängern. Andernfalls hat das Bundesamt den Antrag abzuweisen und gegebenenfalls ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einzuleiten.

Daraus folgt, dass die Prüfpflicht der belangten Behörde im Falle eines Verlängerungsantrags nach § 59 AsylG 2005 primär auf das Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 41a Abs. 3 NAG und lediglich sekundär auf die Ausstellung eines Aufenthaltstitels besonderer Schutz nach § 57 AsylG 2005 gerichtet ist ("Liegen die Voraussetzungen der Z 2 oder Z 3 nicht vor, hat das Bundesamt den Aufenthaltstitel gemäß § 57 zu erteilen").

Im vorliegenden Fall hat sich die belangte Behörde - wie insbesondere ihrem Aktenvermerk "betreffend Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung § 57 AsylG" vom 22. September 2017 zu entnehmen ist - mit § 59 Abs. 4 AsylG 2005 und damit mit dem Vorliegen der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 41a Abs. 3 NAG in keiner Weise auseinandergesetzt. Jedenfalls finden sich im gesamten Akt keine Hinweise darauf, dass die belangte Behörde Ermittlungen in diese Richtung vorgenommen hätte. In ihrem Aktenvermerk vom 22. September 2017 hielt die belangte Behörde auch lediglich fest, dass der Beschwerdeführerin bereits der Aufenthaltstitel besonderer Schutz ausgestellt worden sei und daher der Aufenthaltstitel zu verlängern sei. Ausführungen dazu, dass die Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 - wie in § 59 Abs. 4 Z 1 AsylG 2005 normiert - weiterhin und auch ansonsten die in § 59 Abs. 4 Z 2 und 3 normierten Voraussetzungen (nicht) vorliegen würden, finden sich darin allerdings nicht. Dass sich die belangte Behörde mit den von der Beschwerdeführerin zu diesem Zweck vorgelegten Unterlagen auseinandergesetzt hätte, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2018/57 (im Folgenden: "VwGVG") kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Diese Vorgangsweise setzt nach § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG voraus, dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

In seinem Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG insbesondere dann in Betracht kommen wird, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. auch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 2017, Ra 2016/12/0109, Rz 18 ff).

Wie oben aufgezeigt, hat es die belangte Behörde - entgegen ihrer in § 18 AsylG 2005 normierten Ermittlungspflicht - insgesamt unterlassen, sich mit dem Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin nach § 59 AsylG 2005 (hinreichend) zu befassen. Der Sachverhalt ist somit in einem wesentlichen Punkt umfassend ergänzungsbedürftig geblieben, weshalb im Hinblick auf diese besonders gravierende Ermittlungslücke eine Zurückverweisung erforderlich und auch gerechtfertigt ist (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 2015, Ra 2015/09/0088 uvm).

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren angehalten, sich mit dem Verlängerungsantrag der Beschwerdeführerin eingehend auseinanderzusetzen und dazu konkrete Ermittlungsschritte, sei es durch Einholung aktueller Unterlagen oder durch weitere sich daraus ergebender Maßnahmen, zu setzen.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann nicht im Sinne des Gesetzes liegen. So soll eine ernsthafte Prüfung eines Verlängerungsantrags nach § 59 AsylG 2005 nicht erst beim Bundesverwaltungsgericht beginnen und zugleich enden.

Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - auch angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Folglich war das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Eine mündliche Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass die angefochtenen Bescheide "aufzuheben" waren. Dieser Tatbestand ist auch auf Beschlüsse zur Aufhebung und Zurückverweisung anwendbar (vgl. zur gleichartigen früheren Rechtslage Hengstschläger/Leeb, AVG § 67d [Stand 1.7.2007, rdb.at] Rz 22).

zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes (vgl. die oben angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; diese ist auch nicht uneinheitlich.

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W256.2002670.3.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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