Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
B-VG Art10 Abs1 Z9;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des Dr. Eduard Michaelis in Seewalchen, vertreten durch Dr. Franz Hitzenberger und Dr. Otto Urban, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, Feldgasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 2. Februar 1995, Zl. 102560/III-11/95, betreffend Postzustellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg in Linz vom 2. Jänner 1995 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf bescheidmäßige Feststellung, auch an Samstagen einen Brief zugestellt zu bekommen, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er auch
folgenden Antrag stellte:
"Im Rahmen dieser Berufung ergeht weiters der
A N T R A G ,
festzustellen, daß der Berufungswerber das Recht hatte, den am Freitag, den 30.7.1993, sowie den am Freitag, den 6.8.1993, in Seewalchen zur Post gegebenen Brief jeweils am darauf folgenden Samstag zugestellt zu bekommen."
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Februar 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Ferner wurde der Antrag des Beschwerdeführers "auf Feststellung, er hätte das Recht gehabt, einen am Freitag, dem 30. Juli 1993, und einen am Freitag, dem 6. August 1993, in Seewalchen zur Post gegebenen Brief jeweils am darauffolgenden Samstag zugestellt zu bekommen, abgewiesen".
In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß die Post die Pflicht und auch das Recht habe, die Zeiten, in denen Sendungen zugestellt werden, nach den örtlichen und den postdienstlichen Erfordernissen selbst festzulegen (§ 7 Postgesetz). In den maßgeblichen materiell-rechtlichen Normen des Postgesetzes und der Postordnung werde weder den Absendern noch den Empfängern von Briefen eine subjektive Berechtigung bzw. rechtliche Einspruchmöglichkeit eingeräumt, daß der Empfänger die Sendung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder an einem bestimmten Wochentag erhalte. Ebenowenig komme dem Beschwerdeführer als Absender von Postsendungen ein subjektives Recht zu, daß von ihm selbst aufgegebene Sendungen ihm als Empfänger zu einem bestimmten Wochentag bzw. zu einem bestimmten Zeitpunkt zugestellt werden.
Weiters führte die belangte Behörde aus, daß, da der Beschwerdeführer kein Recht habe, Briefe an Samstagen zugestellt zu bekommen, auch sein in der Berufungsschrift gestellter Antrag auf Feststellung dieses Rechtes, abzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher ihre Behandlung mit Beschluß vom 12. Juni 1995, B 784/95-3, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer behauptet, daß das durchgeführte Verwaltungsverfahren mangelhaft gewesen sei, weil die belangte Behörde die ordnungsgemäße Kundmachung der Dienstübersicht des Postamtes Seewalchen am Attersse (trotz angebotener Beweise) nicht geprüft habe. Weiters bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung vor, die Einschränkung, wonach an Samstagen keine Briefpost zugestellt werden könne, sei der Postordnung nicht zu entnehmen. Die Entscheidung der Bundesregierung im Ministerrat vom 14. Dezember 1971 anläßlich der Einführung der 5-Tage-Woche im Postdienst sei höchstens eine politische Willenskundgebung, jedoch keine rechtliche Norm im materiellen und formellen Sinn. Wie bereits in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde hingewiesen, "mangelt es an einer gesetzlichen Determinierung der Zustellung, weshalb, da die Samstagzustellung weder gesetzlich noch durch die Postordnung ausgeschlossen ist, dem Beschwerdeführer sehr wohl ein subjektives Recht auf Zustellung der Samstagpost zukommt".
Das im Beschwerdefall noch anzuwendende Postgesetz, BGBl. Nr. 58/1957, in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 765/96, (im folgenden: PG) bestimmte in dessen § 7, daß die Bedingungen für die Beförderung von Postsendungen und den Geldverkehr der Post entsprechend den der Post zur Verfügung stehenden Einrichtungen sowie unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer ordnungemäßen Beförderung und die Sicherheit des Postbetriebes durch Verordnung festzusetzen sind.
Ob die Beförderungsbedingungen eingehalten sind, entscheidet gemäß § 8 PG im Streitfall in erster Instanz die örtlich zuständige Post- und Telegraphendirektion.
Die Regelung der Beförderungsbedingungen ist durch die Postordnung, BGBl. Nr. 110/1957, (im folgenden: PO) erfolgt, die sich in ihrem Titel als Verordnung über die Bedingungen für die Beförderung von Postsendungen und den Geldverkehr der Post bezeichnet.
Da die Zustellung von Postsendungen vom Begriff der Beförderung umfaßt ist (§ 9 PG), ist auch die Regelung der Zustellung von Postsendungen ein Teilbereich der Beförderungsbedingungen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1982, Slg. Nr. 9517).
Nach § 168 PO i.d.F. BGBl. Nr. 648/1975 sind die Tage, an denen Postsendungen zuzustellen sind, in den Dienstübersichten anzugeben.
An welchen Tagen Postsendungen zuzustellen sind, ist somit in der Postordnung nicht geregelt. Dies ist lediglich in den Dienstübersichten "anzugeben".
Hinsichtlich der Dienstübersicht bestimmt § 5 erster Satz PO i.d.F. BGBl. Nr. 169/1993, daß an einer allgemein zugänglichen Stelle des Postamtes eine Dienstübersicht anzubringen ist, in welcher der von der örtlich zuständigen Post- und Telegraphendirektion für das Postamt festgesetzte Umfang des Postdienstes kundzumachen ist.
Dafür, daß eine - subjektiv-öffentliche Rechte vermittelnde - Verpflichtung zur Einhaltung der in der Dienstübersicht enthaltenen Angaben nicht besteht, spricht schon der § 4 PO, wonach die Postämter den Postdienst "in der Regel" im vollen Umfang auszuüben haben. Die Bedeutung dieser Feststellung liegt darin, daß Beschwerden über die Nichtbeachtung dieser Bestimmungen durch die Postämter keine Streitfälle über Beförderungsbedingungen darstellen und daher nicht gemäß § 8 PG zu entscheiden sind.
Angesichts dieses Regelungssystems gewinnt auch § 1 PO i. d.F. BGBl. Nr. 340/1971 Bedeutung, wonach die Postordnung - also diese selbst - die Bedingungen für die Beförderung von Briefsendungen, Zeitungen und Paketen sowie für den Geldverkehr enthält.
Als Ergebnis ist daher festzuhalten, daß die Frage, an welchen Tagen Postsendungen zuzustellen sind, als Beförderungsbedingung in der Postordnung nicht geregelt ist. Damit kann aber auch die Frage einer Postzustellung an einem Samstag in einem Verfahren nach § 8 PG, das darauf abstellt, "ob die Beförderungsbedingungen eingehalten sind", nicht releviert werden. Der Beschwerdeführer wurde dadurch, daß mit dem angefochtenen Bescheid sein Antrag, auch an Samstagen einen Brief zugestellt zu bekommen, abgewiesen wurde, in seinen Rechten nicht verletzt, wobei es den geltend gemachten Verfahrensrügen an der rechtlichen Relevanz mangelt.
Zu bemerken ist noch, daß im Beschwerdefall nicht zu prüfen war, ob der Beschwerdeführer allenfalls durch die (abweisliche) Entscheidung über seinen oben wiedergegebenen, "im Rahmen" der Berufung gestellten Antrag in seinen Rechten verletzt wurde. Als Beschwerdepunkt erachtet sich der Beschwerdeführer nämlich "durch den angefochtenen Bescheid ... in seinem subjektiven Recht, auch an Samstagen einen Brief zu erhalten, verletzt". Dieser Beschwerdepunkt bezieht sich unmißverständlich nur auf den (allgemeinen) Antrag auf bescheidmäßige Feststellung, auch an Samstagen einen Brief zugestellt zu bekommen (und nicht auch auf den "im Rahmen" der Berufung gestellten Antrag). Wie der Verwaltungsgerichtshof aber wiederholt ausgesprochen hat (vgl. etwa das Erkenntnis vom 16. Februar 1994, Zl. 92/13/0263), ist die Bezeichnung des Beschwerdepunktes nach § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG nicht Selbstzweck, sondern vielmehr unter dem Gesichtspunkt von rechtlicher Relevanz, daß es dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen obliegt, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt ist, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995030182.X00Im RIS seit
18.02.2002