TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/30 W167 2201814-1

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Veröffentlicht am 30.04.2020
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Entscheidungsdatum

30.04.2020

Norm

AlVG §1 Abs1 lita
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W167 2201814-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom XXXX , wegen Feststellung der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht von XXXX (Mitbeteiligter) im Zeitraum XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der Mitbeteiligte aufgrund seiner Beschäftigung bei der Beschwerdeführerin im angegebenen Zeitraum der Voll-(Kranken-, Unfall- und Pensions-)Versicherungspflicht gemäß § 4 Absatz 1 Ziffer 1 iVm Absatz 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Absatz 1 lit. a AlVG unterliegt.

2. Der Bescheid wurde sowohl der Vertreterin der Beschwerdeführerin als auch dem Mitbeteiligten zugestellt.

3. Gegen den Bescheid erhob die vertretene Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde. Sie machte wesentliche Verfahrensverstöße, unrichtige Tatsachenfeststellungen und materielle Rechtswidrigkeit mit näheren Ausführungen geltend.

4. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Beschwerdegegenständlicher Zeitraum ist XXXX .

1.2. Geschäftszweig der Beschwerdeführerin ist das Baumeistergewerbe. Die Beschwerdeführerin war auf der beschwerdegegenständlichen Baustelle jedenfalls für die beschwerdegegenständliche Montage und Verspachtelung von Rigipswänden zuständig.

1.3. Der Mitbeteiligte verfügte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum über eine Gewerbeberechtigung für das Bauhilfsgewerbe. Der Gewerbewortlaut lautet: "Aufräumen von Baustellen, bestehend im Zusammentragen und eigenverantwortlichem Trennen von Bauschutt und -abfällen entsprechend der Wiederverwertbarkeit einschließlich des Bereitstellens zum Abtransport sowie im Reinigen von Baumaschinen und Bauwerkzeugen durch Beseitigung von Rückständen mittels einfacher mechanischer Methoden, wie Abkratzen, Abspachteln und dergleichen und nachfolgendem Abspritzen mit Wasser, unter Verwendung ausschließlich eigener Arbeitsgeräte sowie unter Ausschluss einer Grund- oder Bauschlussreinigung."

1.4. Zwischen der Beschwerdeführerin und dem Mitbeteiligten wurden zwei als Werkverträge bezeichnete Verträge geschlossen. Dem Wortlaut nach verpflichtet sich der Mitbeteiligte zu "Spachtelarbeiten der montierten Rigipswände" bzw. "Spachtelarbeiten der montierten Gipskartonwände - ausbesserung" an einer näher bezeichneten Adresse einer Baustelle. Der Mitbeteiligte ist bei der Herstellung weisungsfrei und zeitlich ungebunden, es ist allerdings ein Datum für die Fertigstellung vereinbart. Er kann sich laut Vertragstext bei der Herstellung durch eine qualifizierte dritte Person vertreten lassen. Allfällige Mängel sind auf eigene Kosten innerhalb einer festgesetzten Frist zu beheben. Nach Abnahme des Werkes bzw. Mängelbehebung erhält der Auftragnehmer bei Vorlage einer Honorarnote das pauschal vereinbarte Honorar in näher bezeichneter Höhe über der Geringfügigkeitsgrenze.

Die Verträge sind auf Deutsch abgefasst, der damalige handelsrechtliche Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hat dem Mitbeteiligten den Inhalt in dessen Muttersprache erklärt, beide haben den Verträge unterschreiben. Allerdings wurde Gewährleistung durch den Mitbeteiligten entgegen dem Wortlaut der Verträge nicht vereinbart.

1.5. Der Mitbeteiligte verfügte über keine Firmenräumlichkeiten und reiste mit seinem Privat-PKW zur Baustelle an. Um Zutritt zur Baustelle zu erhalten, musste er Namen und Firma nennen. Im beschwerdegegenständlichen Zeitraum war der Mitbeteiligte nur für die Beschwerdeführerin tätig. Der Mitbeteiligte konnte sich selbst einteilen, wann er auf der Baustelle arbeitete; er war jedoch fast jeden Tag dort. Er ließ sich im beschwerdegegenständlichen Zeitraum für die Tätigkeit nicht vertreten. Der Mitbeteiligte führte Spachtelarbeiten an den von den Mitarbeitern der Beschwerdeführerin montierten Rigipsplatten durch. Das Kleinwerkzeug (Spachtel) brachte der Mitbeteiligte selbst mit, das zu verarbeitende Material (Spachtelmasse, Glasfaserbandage) befand sich bereits auf der Baustelle und wurde ihm von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt. Auf der Baustelle waren regelmäßig der damalige bzw. aktuelle Geschäftsführer der Beschwerdeführerin anwesend.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich insbesondere aus den Niederschriften der Befragungen der Vertreter der Beschwerdeführerin bzw. des Mitbeteiligten durch die belangte Behörde sowie die Äußerungen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde.

Die Feststellungen finden sich bereits im Bescheid der belangten Behörde. Die Beschwerde ist ihnen nicht substantiiert entgegengetreten, sondern verweist vielmehr auszugsweise auf die Einvernahmen des Mitbeteiligten und die vorgelegten Verträge, welche ohnehin den Feststellungen des bekämpften Bescheides zugrunde liegen. Soweit die Beschwerdeführerin unter Verweis auf die Einvernahmen des Mitbeteiligten vorbringt, dass die Feststellungen der belangten Behörde unrichtig seien, weil der Mitbeteiligte in diesem Jahr mehrerer Auftraggeber gehabt habe, widerlegt dies nicht die aktenkundige Feststellung, dass die Beschwerdeführerin im beschwerdegegenständlichen Zeitraum die einzige Auftraggeberin des Mitbeteiligten war. Es wurde auch wie von der Beschwerdeführerin angeführt aufgrund der Aussagen des Mitbeteiligten festgestellt, dass dem Mitbeteiligten der Vertragsinhalt in dessen Muttersprache erklärt wurde. Da der Mitbeteiligte allerdings in den Einvernahmen auch dezitiert angegeben hat, dass die Gewährleistung bei der Beschwerdeführerin lag (was in der Beschwerde nicht zitiert und dem auch nicht sbustantiiert entgegengetreten wurde, zumal nur auf den Wortlaut des Vertrags verwiesen wird), stellte auch das Bundesverwaltungsgericht fest, dass keine Gewährleistung durch den Mitbeteiligten vereinbart wurde. Festgehalten wird auch, dass der aktuelle Geschäftsführer bei seiner Befragung durch die belangte Behörde diesbezüglich angegeben hat, dass es sich bei der beschwerdegegenständlichen Tätigkeit um eine einfache Hilfstätigkeit handle, bei der keine Fehler passieren (Bescheid S. 6). Auch dass faktisch keine Vertretung des Mitbeteiligten erfolgte, wurde nicht bestritten. Zur Frage, ob die Baustelle als Betriebsort der Beschwerdeführerin anzusehen ist und hinsichtlich der Definition von Kontrolle/stiller Autorität wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen. Inwieweit die Niederschriften und Werkverträge den getroffenen Feststellungen entgegenstehen, ist nicht ersichtlich und wurde auch von der Beschwerdeführerin nicht konkret aufgezeigt (Beschwerde Punkt B). Soweit die Beschwerdeführerin moniert, dass die belangte Behörde das Parteiengehör nicht gewahrt habe, indem sie die Beschwerdeführerin nicht über die neuerliche niederschriftliche Einvernahme des Mitbeteiligten bzw. das diesbezügliche Ergebnis informiert habe, wird darauf hingewiesen, dass dieses Versäumnis jedenfalls durch die - von der Beschwerdeführerin genutzte - Möglichkeit im Rahmen der Beschwerde zu den diesbezüglichen Feststellungen Stellung zu nehmen, saniert ist. Die Beschwerde bekämpft im Wesentlichen die rechtliche Einordnung. Eine mündliche Verhandlung konnte daher trotz des Antrags der Beschwerdeführerin entfallen, da die getroffenen Feststellungen aufgrund der Aktenlage (unter Einbeziehung des Vorbringens in der Beschwerde) getroffen werden konnten.

Zu 1.1. Der beschwerdegegenständliche Zeitraum ergibt sich aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides.

Zu 1.2. Der Geschäftszweig der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem Firmenreport (VwAkt ON 12) und dem Firmenbuchauszug (vom BVwG eingeholt). Die Zuständigkeit der Beschwerdeführerin auf der Baustelle ergibt sich aus dem unstrittigen Vorbringen im Verfahren.

Zu 1.3. Der Gewerbewortlaut wurde der belangten Behörde von der zuständigen Behörde übermittelt (VwAkt ON 5), im angefochtenen Bescheid festgestellt und von den Parteien nicht bestritten.

Zu 1.4. Der Inhalt der Verträge ergibt sich aus dem Wortlaut der vorgelegten Verträge (VwAkt ON 13). Die Angaben zum Abschluss und der Frage, ob Gewährleistung vereinbart war, ergibt sich aus den Befragungen des Mitbeteiligten, denen die Beschwerdeführerin nicht substantiiert entgegengetreten ist (siehe oben).

Zu 1.5. Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, wurden auch im Bescheid aufgeführt und nicht bestritten. Soweit die Beschwerdeführerin darauf hinweist, dass der Zutritt zur Baustelle durch den Bauherren und nicht durch sie kontrolliert wurde und auch ein Vertreter des Mitbeteiligten zur Baustelle gelassen wurde, tritt sie damit nicht der Feststellung entgegen, dass eine Namensnennung des Mitbeteiligten erforderlich war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Maßgebliche Bestimmungen und Judikatur zur Dienstnehmereigenschaft

Die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet (vergleiche § 4 Absatz 1 Ziffer 1 ASVG). Dienstnehmer in diesem Sinn ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen (vergleiche § 4 Absatz 2 ASVG).

Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert), soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind [...] und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind, beispielsweise weil sie nach der Höhe des Entgelts geringfügig beschäftigt sind (vergleiche § 1 Absatz 1 lit a und Absatz 2 lit d AlVG).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung des Dienstvertrages vom Werkvertrag kommt es entscheidend darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liegt ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es beim Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf die Bereitschaft des Letzteren zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, ankommt. Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gilt: Ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (zum Beispiel auf Grund eines freien Dienstvertrages iSd § 4 Abs. 1 Z 14 ASVG) - nur beschränkt ist. Die unterscheidungskräftigen Kriterien sind nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie zum Beispiel die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Nebenkriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgebender Bedeutung sein.

Der Nichtgebraucht der Berechtigung sich generell vertreten zu lassen, ist bei der Klärung der Frage, ob dem Beschäftigten tatsächlich rechtswirksam eine Berechtigung eingeräumt wurde, sich generell vertreten zu lassen oder ob es sich hierbei nur um eine Scheinvereinbarung gehandelt hat, mit zu berücksichtigen (Zehetner in Sonntag (Hrsg.), ASVG10, § 4 Rz. 54 mit Judikaturverweis).

Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, wozu zweifelsohne auch die vorliegenden Bauhilfstätigkeiten zählen, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2011, Zl. 2010/08/0089, mwN). (VwGH 17.10.2012, 2010/08/0012 bezogen auf Bauhilfstätigkeiten wie Verspachteln).

Eine Einbindung des Beschäftigten in die betriebliche Organisation der Beschäftigenden setzt das Vorhandensein eines Betriebs voraus. Nach § 34 Abs. 1 ArbVG gilt diejenige Arbeitsstätte als Betrieb, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb derer eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolgt, ohne Rücksicht darauf, ob Erwerbsabsicht besteht oder nicht (VwGH 15.7.2013, 2011/08/0151). Dazu können zB auch Baustellen zählen (VwGH 11.07.2012, 2010/08/0217; 3.10.2013, 2013/08/0162, 0169-0172). Maßgeblich ist insbesondere, ob von der aus Infrastruktur und beteiligten Personen gebildeten organisatorischen Einheit ein personenbezogener Anpassungsdruck auf den darin eingebundenen Erwerbstätigen ausgeht. (VwGH 14.11.2018, Ra 2018/08/0172, siehe auch VwGH 03.04.2019, Ro 2019/08/0003)

Die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation hat in der Regel zur Folge, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier oft weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die "stille Autorität" des Arbeitgebers indiziert (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Mai 2013, 2013/08/0051, und vom 25. Juni 2013, 2013/08/0093). (VwGH 21.08.2017, Ra 2016/08/0119, zu Bau[hilfs]arbeiten)

Wenn sich bei einfachen Tätigen, für welche eine spezifische Berufsausbildung nicht notwendig ist, die Erteilung von Weisungen bezüglich des arbeitsbezogenen Verhaltens weitgehend erübrigt, weil der Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerähnliche von sich aus wissen sollte, wie er sich bei seiner Tätigkeit zu bewegen und zu verhalten hat, sich das nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an sich unterscheidungskräftige Merkmal des Weisungsrechtes in Form von Kontrollrechten ("stille Autorität des Arbeitgebers") äußert (vergleiche VwGH 05.09.2013, 2012/09/0119, zu einfachen Reinigungstätigkeiten).

Die wirtschaftliche Abhängigkeit ist nach der Rechtsprechung des VwGH bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit (vergleiche beispielsweise VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0011).

Der VwGH mehrfach Verspachtler als Dienstnehmer eingeordnet (vergleiche beispielsweise VwGH 13.12.2019, Ra 2019/08/0164, VwGH 24.01.2017, Ra 2016/08/0181, VwGH 04.09.2013, 2011/08/0063, VwGH 14.02.2013, 2011/08/0115), dies auch bei Vorliegen einer Gewerbeberechtigung (VwGH 17.10.2012, 2010/08/0012, vergleiche aber auch VwGH 21.08.2017, Ra 2016/08/0119, zu Bau[hilfs]arbeiten).

3.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Mitbeteiligte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum aufgrund einer Vereinbarung mit der Beschwerdeführerin Rigips-/Gipswände verspachtelt hat. Die Beschwerdeführerin bestreitet allerdings die rechtliche Einordnung dieser Tätigkeit und die von der belangten Behörde festgestellte Versicherungspflicht des Mitbeteiligten als Dienstnehmer der Beschwerdeführerin. Der Mitbeteiligte hat kein Rechtsmittel erhoben.

Zwischen der Beschwerdeführerin und dem Mitbeteiligten waren die vereinbarten Arbeiten nur der Art nach definiert, nämlich als Spachtelarbeiten an den von den Mitarbeitern der Beschwerdeführerin aufgestellten Rigipswänden. Ein bestimmtes individualisiertes, konkretisiertes und gewährleistungstaugliches Werk wurde somit nicht definiert. Zudem sind derartige Spachtelarbeiten manuelle Tätigkeiten, die ihrer Art nach keine höhere Qualifikation erfordern. Der Mitbeteiligte brachte im Wesentlichen nur seine eigene Arbeitskraft ein und verfügten über keine eigene Betriebsorganisation. Zudem war aufgrund der aufgetragenen Erbringung von gattungsmäßig umschriebenen Leistungen (Verspachteln) nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit (§ 539a ASVG) ein dauerndes Bemühen, nicht aber die Erbringung von Werken geschuldet. Eine selbstständige Erwerbstätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages lag daher - anders als von der Beschwerdeführerin vorgebracht - nicht vor.

Der Mitbeteiligte wurde auf einer Baustelle tätig. Diese Baustelle ist als Betrieb im Sinne der Judikatur anzusehen und der Beschwerdeführerin zuzurechnen, weil sie für die beschwerdegegenständliche Aufstellung und Verspachtelung der Rigipswände die handwerkliche Verantwortung gegenüber dem Bauherrn trug. Somit kommt es nicht darauf an, dass der Mitbeteiligte nicht am Sitz der im Baumeistergewerbe tätigen Beschwerdeführerin tätig wurde, zumal Spachtelarbeiten auch ihrer Natur nach für im Baugewerbe tätige Arbeitgeber/innen idR auf Baustellen stattfinden.

Strukturen einer betrieblichen Organisation von Arbeitgeber/innen, in die eine Einbindung erfolgen kann, manifestieren sich beispielsweise in einem durch die Erfordernisse der betrieblichen Einrichtung vorgegebenen Ablauf, in einer gemeinsamen aufeinander abgestimmten Tätigkeit mehrerer Mitarbeiter/innen oder in der Anwesenheit von Vorgesetzten an der Arbeitsstätte. Schon aufgrund des notwendigerweise aufeinander abgestimmten Arbeitens der Mitarbeiter der Beschwerdeführerin, welche u.a. die Rigipsplatten aufstellten, und des Mitbeteiligten, welcher diese verspachtelte, sowie der regelmäßigen Anwesenheit von Vertretern der Beschwerdeführerin auf der Baustelle ergibt sich im Beschwerdefall eine Einbindung des Mitbeteiligten in den Betrieb der Beschwerdeführerin. Der Mitbeteiligte erhielt die Beschäftigung lediglich über Mundpropaganda, ließ sich im beschwerdegegenständlichen Zeitraum nicht vertreten, arbeitete zu dieser Zeit nur für die Beschwerdeführerin und bot seine Arbeit auch nicht auf dem Markt an. Wie oben ausgeführt schuldete er ein dauerndes Bemühen, weshalb ihm kein relevanter unternehmerischer Gestaltungsspielraum blieb. Das Baumaterial wurde von der Beschwerdeführerin gestellt, lediglich die Spachtel brachte der Mitbeteiligte mit. Der Mitbeteiligte verfügte somit weder über eine eigene betriebliche Organisation noch über nennenswerte Betriebsmittel.

Zwischen der Beschwerdeführerin und dem Mitbeteiligten wurde das Verspachteln der von Mitarbeitern der Beschwerdeführerin aufgestellten Rigipswände vereinbart. Es war daher grundsätzlich nicht erforderlich, laufende Anweisungen betreffend das arbeitsbezogene Verhalten oder die fachliche Ausführung zu geben. Im Hinblick auf die Art der Tätigkeit war die stille Autorität der Beschwerdeführerin ausreichend. Zudem wurde eine gewisse Kontrolle durch die regelmäßige Anwesenheit von Vertretern der Beschwerdeführerin auf der Baustelle ausgeübt, welche sich vom Tätigkeitsfortschritt überzeugen konnten. Da im Übrigen die Bezahlung erst nach Fertigstellung vereinbart war, war es auch im Interesse des Mitbeteiligten, regelmäßig seiner Tätigkeit nachzugehen.

Da der Mitbeteiligte Spachtelarbeiten und somit einfache manuelle Tätigkeiten ausführte und wie angeführt keine gegenläufigen Anhaltspunkte hervorgekommen sind, ist in Übereinstimmung mit der oben zitierten Judikatur von einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis in persönlicher Abhängigkeit und damit in weitere Folge auch in wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen.

Dieser Qualifikation steht nach der Judikatur auch eine allfällige Gewerbeberechtigung des Mitbeteiligten nicht entgegen, weshalb auch deren Umfang nicht zu prüfen ist.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht von der Dienstnehmereigenschaft des Mitbeteiligten ausgegangen und hat, da das Entgelt über der entsprechenden Geringfügigkeitsgrenze lag, die Pflicht zur Vollversicherung nach dem ASVG sowie in der Arbeitslosenversicherung festgestellt.

Daher ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der zitierten bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

Schlagworte

Dienstnehmereigenschaft Dienstverhältnis persönliche Abhängigkeit Versicherungspflicht wirtschaftliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W167.2201814.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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