Entscheidungsdatum
30.04.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W146 2229731-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen Spruchpunkt VIII. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2020, Zl. 1253484302/191210161, nach Beschwerdevorentscheidung vom 03.03.2020, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf drei Jahre herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer wurde am 26.11.2019 als Lenker eines LKW angehalten, wobei er sich mit einem totalgefälschten tschechischen Personalausweis und Führerschein auswies. Er wurde daher gemäß § 171 Abs. 2 iVm § 170 Abs. 1 Z 1 StPO festgenommen.
Er stellte am 27.11.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung des Beschwerdeführers gab dieser an, dass er seinen Herkunftsstaat Mitte Oktober 2019 verlassen habe und nach Österreich gereist sei, da sein Bruder bereits hier aufhältig sei. Er habe zwei Kriege miterlebt und habe zu Hause keine Zukunft mehr gesehen.
Bei seiner niederschriftlichen Befragung am 02.12.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer an, XXXX zu heißen, am XXXX geboren, Staatsangehöriger der Russischen Föderation zu sein und der tschetschenischen Volksgruppe anzugehören. Er sei verheiratet und habe vier Kinder. Sein Reifezeugnis sei während des Krieges verloren gegangen. Er habe keine Ausbildung, aber viele Arbeitsstellen gehabt. Er habe auch als Fernfahrer gearbeitet.
In Österreich befinde sich sein Bruder; sein Ziel sei gewesen möglichst in der Nähe seines Bruders zu sein.
Er sei mit einem gefälschten tschechischen Personalausweis und Führerschein nach Österreich eingereist; diese Dokumente seien jetzt bei der Polizei. Der FSB und Kadyrow nahestehende Beamte hätten den Beschwerdeführer gezwungen seinem Bruder nach Syrien nachzureisen und ihn zurückzubringen. Sie hätten auch gesagt, dass ihm nach der Rückkehr nichts passieren werde. Eigentlich seien zwei Brüder des Beschwerdeführers nach Syrien gefahren. Dem Beschwerdeführer sei es gelungen den jüngeren Bruder in die Heimat zurückzuholen. Soweit ihm bekannt sei, sei sein älterer Bruder in Syrien ums Leben gekommen. Ca. einen bis zwei Monate habe sein Bruder unbehelligt zu Hause leben können. Die Behörden hätten damit den anderen zeigen wollen, dass ihnen nach einer Rückkehr nichts passiere. Dann sei der Bruder festgenommen worden, es habe eine Gerichtsverhandlung gegeben und er sei zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Bei Kadyrow sei es so, wenn einer aus der Familie etwas angestellt habe, dann würden alle Verwandten auf der schwarzen Liste stehen. Auch der Beschwerdeführer sei geschnappt worden. Er sei insgesamt 12 oder 13 Mal mitgenommen worden, das letzte Mal 2019.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2020, Zl:1253484302-191210161, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.), gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VI.), einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß "§ 18 Abs. 5 Ziffer 1" BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).
Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Staatsbürger der Russischen Föderation, volljährig und voll handlungsfähig sei. Er leide an keinen lebensbedrohenden Krankheiten.
Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen habe. Ebenso wenig habe eine Verfolgung in seinem Herkunftsstaat Russische Föderation festgestellt werden können wie eine Bedrohungssituation im Fall seiner Rückkehr. Der Beschwerdeführer habe Familie (Gattin, Kinder) in der Russischen Föderation. Der Beschwerdeführer habe einen Bruder in Graz.
Der Beschwerdeführer habe den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachweisen können und sei lediglich mit Barmittel von ? 29 in Österreich eingereist. Anschließend sei er beim Lenken eines Klein-Lkw bzw. Paketzustellung betreten worden und habe dabei gefälschte tschechische Dokumente in Österreich im Rechtsverkehr gebracht. Der Beschwerdeführer sei auch illegal in das österreichische Bundesgebiet mit gefälschten Dokumenten eingereist. In der Folge sei er gemäß § 224a StGB und gemäß § 120 FPG durch die LPD XXXX zur Anzeige gebracht worden. Bereits am "27.11.2018" sei er hinsichtlich § 278b StGB niederschriftlich vom LVT einvernommen worden.
Mangels Vorlage eines unbedenklichen, nationalen Identitätsdokumentes oder sonstigen Bescheinigungsmittels stehe die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Hinsichtlich der behaupteten Herkunftsregion, Volkszugehörigkeit, Staatsangehörigkeit und Glaubensrichtung werde seinen Angaben deswegen Glauben geschenkt, weil der Beschwerdeführer über die erforderlichen Sprach- und Lokalkenntnisse verfüge.
Nicht nur dass das Vorbringen des Beschwerdeführers allgemein gehalten und unsubstantiiert geschildert worden sei, sei das gesamte Vorbringen auch emotionslos gehalten geblieben, dies obwohl der Beschwerdeführer Misshandlung, Festnahme und Folter vorgebracht habe. Das Vorbringen sei auch in keinster Weise von nachprüfbaren Daten und Fakten getragen, Dokumente und Beweismittel zu seinen Fluchtgründen habe er ebenfalls nicht vorgelegt. Insgesamt sei zur Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers anzuführen, dass er mit gefälschten Dokumenten gereist sei, welche er in der Heimat für ? 1000 von kriminellen Personen erworben und diese Dokumente auch bei der illegalen Einreise nach Österreich im Rechtsverkehr gebraucht habe.
Der Beschwerdeführer habe im Ergebnis keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können.
Unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers stehe einer Abschiebung Art. 3 EMRK nicht entgegen und seien andere Gründe, die gegen die Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat sprechen würden, nicht feststellbar. Auch aus den sonstigen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens würden sich unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes ergeben, welcher gemäß § 8 AsylG zur Gewährung von subsidiären Schutz führen würde.
Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG sei nicht zu erteilen, da diese Voraussetzungen nicht vorliegen würden.
Der Beschwerdeführer habe Familie (Gattin, 4 Kinder) in der Russischen Föderation. Er habe in Österreich die Familie seines Bruders und einen Cousin. Es bestehe zu diesen kein Abhängigkeitsverhältnis. Da bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine weiteren Hinweise auf familiäre Anknüpfungspunkte bestünden, könne das Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht festgestellt werden. Auch aus den sonstigen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens würden sich bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes ergeben, welcher gemäß Art. 8 Abs. 1 iVm. Abs. 2 EMRK der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.
Wie bereits unter dem Spruchpunkt II. dargelegt worden sei, ergebe sich im Fall des Beschwerdeführers keine Gefährdung bei einer Abschiebung des Beschwerdeführers.
Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe eine Frist für die freiwillige Ausreise für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar werde, nicht. Dies treffe in diesem Fall zu.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers sei offensichtlich als unglaubwürdig zu qualifizieren, weshalb gemäß § 18 Abs. 1 Z. 5 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.
Im Fall des Beschwerdeführers sei § 53 Abs. 2 Z. 6 FPG erfüllt. Der Beschwerdeführer beziehe mehrere Leistungen aus der Grundversorgung und sei nicht selbsterhaltungsfähig. Die Gesamtbeurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers, seiner Lebensumstände sowie seiner familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes gerechtfertigt und notwendig sei, die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.
Gemäß Ausreisebestätigung der IOM vom 13.02.2020 ist der Beschwerdeführer am XXXX im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgereist.
Mit Schriftsatz vom 28.02.2020 wurde Beschwerde gegen Spruchpunkt VIII. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhoben. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das Einreiseverbot von der belangten Behörde deshalb erlassen worden sei, weil aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt sei, dass der Beschwerdeführer einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (278b StGB) angehöre oder angehört habe, terroristische Straftaten begehe oder begangen habe (§ 278c StGB), Terrorismus finanziere oder finanziert habe (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbilde oder sich ausbilden lasse (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleite oder angeleitet habe (278f StGB).
Dies habe die Behörde damit begründet, dass der Beschwerdeführer in Kontakt zu radikalisierten Personen gestanden sei, insbesondere seine zwei Brüder, und diesbezüglich auch durch den LVT XXXX einvernommen worden sei. Der Beschwerdeführer habe tatsächlich in seinem Asylverfahren angegeben, dass zwei Brüder von ihm nach Syrien gegangen seien, um dort zu kämpfen. Der Beschwerdeführer habe seine Brüder in Syrien kontaktieren müssen, weil Leute von Kadyrow ihn dazu gezwungen hätten, seine Brüder aus Syrien nach Tschetschenien zurückzuholen. Die Behörde verkenne damit den Sachverhalt, da der Beschwerdeführer den Kontakt zu seinen Brüdern in Syrien deshalb aufnehmen habe müssen, weil er dazu gezwungen worden sei. Andererseits habe der Beschwerdeführer nicht Kontakt zu irgendeiner terroristischen Gruppe gesucht, sondern er habe seine eigenen Brüder kontaktiert, die sich - leider - radikalisiert hätten. Es werde darauf hingewiesen, dass die Behörde in dem angefochtenen Bescheid nie behauptet habe, dass der Beschwerdeführer einer kriminellen Organisation oder einer terroristischen Vereinigung angehöre oder terroristische Straftaten begangen habe, Terrorismus finanziert oder eine Person für terroristische Zwecke ausgebildet habe oder sich ausbilden habe lassen oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat angeleitet habe. Die Behörde habe lediglich festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Kontakt zu radikalisieren Personen - zu seinen zwei Brüdern - gestanden habe. Dieser Sachverhalt erfülle jedoch die Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 3 Z 6 FPG nicht! Damit sei die Erlassung des Einreiseverbotes rechtswidrig und sei zwingend zu beheben!
Mit Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.03.2020 wurde der angefochtene Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt VIII. ersatzlos aufgehoben und insofern abgeändert, dass gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen wurde.
Nach der wörtlichen Wiedergabe der Beschwerde führt die belangte Behörde aus, dass die Beschwerde fristgerecht eingereicht und begründet sei, da im Spruchpunkt VIII. der Abs. 2 anstatt Abs. 3 zu lauten habe.
Rechtlich wurde ausgeführt, dass es gemäß § 14 VwGVG einer Behörde freistehe, binnen zwei Monaten ab Einlangen einer Beschwerde gegen einen Bescheid diesen aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurück- oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).
Im vorliegenden Fall mache das BFA von dieser Ermächtigung Gebrauch. Die Beschwerde des Beschwerdeführers sei am 28.02.2020 bei der Behörde fristgerecht eingelangt. Durch die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung am 03.03.2020 sei die Frist von zwei Monaten von der Behörde eingehalten worden.
Im gegenständlichen Fall habe ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag keine aufschiebende Wirkung, da der Beschwerde bei Verfahren gemäß § 68 Abs. 1 AVG von Rechts wegen auch keine aufschiebende Wirkung zukomme.
Es sei daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Mit Schriftsatz vom 17.03.2020 brachte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers einen Vorlageantrag ein. Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das von der Behörde erlassene Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren keineswegs verhältnismäßig sei und sich weder sachlich noch rechtlich begründen lasse.
Dazu wird auf ein Erkenntnis des BVwG vom 15.01.2020, G310 2227433-1/2E, verwiesen. Auch im gegenständlichen Verfahren sei der Beschwerdeführer bislang unbescholten und das Einreiseverbot sei lediglich wegen seiner Mittellosigkeit verhängt worden. Die Behörde habe die Tatsache der Unbescholtenheit bei der Bemessung des Einreiseverbots jedoch nicht berücksichtigt. Im Gegenteil habe die Behörde überhaupt keine Feststellungen zur Abänderung des Bescheides getätigt. Zusätzlich werde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer eine freiwillige Rückkehr in sein Heimatland beantragt habe und er bereits nach Russland zurückgekehrt sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsbürger und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig. Seine Ehegattin und seine 4 Kinder sind im Herkunftsstaat aufhältig. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt im Bundesgebiet, zu welchem kein Abhängigkeitsverhältnis besteht.
Der Beschwerdeführer wurde am 26.11.2019 als Lenker eines LKW angehalten, wobei er sich mit einem totalgefälschten tschechischen Personalausweis und Führerschein auswies und diesbezüglich angezeigt wurde. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer wegen Lenken eines KFZ ohne gültige Lenkerberechtigung, Übertretung des Meldegesetzes und unrechtmäßigen Aufenthalts angezeigt. Er hatte Barmittel in der Höhe von 29 Euro bei sich.
Der Beschwerdeführer ist laut seinen Angaben im Oktober 2019 in den Schengen-Raum eingereist. Der Beschwerdeführer stellte am 27.11.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2020, Zl:1253484302-191210161, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.), gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VI.), einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß "§ 18 Abs. 5 Ziffer 1" BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VIII.).
Gegen Spruchpunkt VIII. dieses Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, die übrigen Spruchpunkte erwuchsen in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer ist am XXXX im Rahmen der unterstützten freiwilligen Rückkehr aus dem Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgereist.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.03.2020 wurde der angefochtene Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt VIII. ersatzlos aufgehoben und insofern abgeändert, dass gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen wurde.
Mit Schriftsatz vom 17.03.2020 brachte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers einen Vorlageantrag ein.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppenzugehörigkeit und zu den familiären Verhältnissen ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers.
Die Feststellungen zur Anhaltung, zur Asylantragstellung, zu den Anzeigen, zu den behördlichen Entscheidungen und zu den Rechtsmitteln des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellung zur Ausreise des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Bestätigung von IOM vom 13.02.2020.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 15 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag).
"Die Beschwerden der Mitbeteiligten waren zwar gegen die Bescheide der Revisionswerberin vom 26. September 2014 gerichtet; sie wurden aber nach zulässiger Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens mit Beschwerdevorentscheidung vom 30. Dezember 2014 abgewiesen und in dieser die Begründung der Bescheide vom 26. September 2014 ergänzt. Die Beschwerdevorentscheidung vom 30. Dezember 2014 ist derart an die Stelle der Bescheide vom 26. September 2014 getreten und mit diesen zu einer Einheit verschmolzen (vgl. Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 14 VwGVG 2014, 2009 BlgNR, 24. GP, 5)." (VwGH Erkenntnis vom 14.12.2015, Ra 2015/09/0057).
Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(...)
Gemäß der angeführten § 53 Abs. 1 und 2 FPG kann das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung bei einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ein Einreiseverbot erlassen, also die Anweisung an einen Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der EU (außer Irlands und des Vereinigten Königreichs), Islands, Norwegens, der Schweiz und Liechtensteins einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Die Dauer des Einreiseverbots ist abhängig von seinem bisherigen Verhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. § 53 Abs 2 FPG enthält eine demonstrative Aufzählung von Tatbeständen, deren Vorliegen eine Gefährdung öffentlicher Interessen indiziert. Dies ist demnach z.B. dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (§ 53 Abs 2 Z 6 FPG). In diesem Fall kann ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens fünf Jahren erlassen werden.
Ein Einreiseverbot ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des oder der Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
"Abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Drittstaatsangehörigen ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes im Sinn der bisherigen Judikatur zu § 63 FrPolG 2005 alt (vgl. E 8. November 2006, 2006/18/0323; E 18. Februar 2009, 2008/21/0048) darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist; außerdem ist auch auf die privaten und familiären Interessen des Drittstaatsangehörigen Bedacht zu nehmen. Das ergibt sich nicht zuletzt aus § 60 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011, der die Herabsetzung der Dauer des Einreiseverbotes unter Berücksichtigung "der für seine Erlassung ... maßgeblichen Umstände" - und damit in der Formulierung angelehnt an § 63 Abs. 2 FrPolG 2005 alt - vorsieht (vgl. § 67 Abs. 4 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 betreffend die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige). Die dargestellte Prognose muss auf den Tag der (hypothetischen) Ausreise des Drittstaatsangehörigen bezogen werden. Das ergibt sich aus § 53 Abs. 4 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011, wonach die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen beginnt." (VwGH Erkenntnis vom 15.12.2011, Zl. 2011/21/0237)
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 bzw. des Abs. 3 Z 1 bis 8 FPG vorliegt (vgl. etwa VwGH 24.05.2016, Ra 2015/21/0187). Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) - oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes - hat regelmäßig nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige bloß einen der Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 1 bis 9 leg. cit. erfüllt (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).
Ein Fremder hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309).
Ein Fehlverhalten kann auch dann zur Beurteilung der Gefährdungsprognose herangezogen werden, wenn dieses nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat (VwGH Erkenntnis vom 22.01.2014, Zl. 2012/22/0246).
Verfahrensgegenständlich ist über Spruchpunkt VIII. des Bescheides vom 29.01.2020 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 03.03.2020, wonach ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 2 Z 6 FPG über 5 Jahre verhängt wird, abzusprechen.
Die Einschätzung des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerdeführer habe das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts nicht nachgewiesen, ist nicht zu beanstanden, zumal er bei der Festnahme nur über finanzielle Mittel von ca. EUR 29 verfügte und keine weiteren Mittel nachwies.
Am Tage seiner Ausreise verfügte der Beschwerdeführer ebenso über keine eigenen Barmittel, sondern nahm er die Rückkehrhilfe in Anspruch.
Da dem Beschwerdeführer neben dem Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel auch zur Last fällt, dass er durch die Verwendung gefälschter Dokumente eine Straftat (Fälschung besonders geschützter Urkunden, §§ 223, 224 StGB) beging und so versuchte, eine unrichtige Identität als EWR-Bürger vorzutäuschen, um sich unbehelligt im Bundesgebiet aufzuhalten, geht von ihm eine signifikante Gefährdung öffentlicher Interessen aus. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer wegen Lenken eines KFZ ohne gültige Lenkerberechtigung, Übertretung des Meldegesetzes und unrechtmäßigen Aufenthalts angezeigt. Vor diesem Hintergrund kann für den Beschwerdeführer keine günstige Zukunftsprognose erstellt werden, da auch Wiederholungsgefahr besteht.
Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt im Bundesgebiet, zu dem aber kein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Der Beschwerdeführer hatte seinen bisherigen Lebensmittelpunkt in der Russischen Föderation. Dem Beschwerdeführer kommt damit kein maßgebliches persönliches Interesse an der Möglichkeit zur Wiedereinreise (auch in den Schengen-Raum) zu. Den öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Einreiseverbotes war in einer Gesamtbetrachtung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung somit jedenfalls größeres Gewicht beizumessen als dem Interesse des Beschwerdeführers an einer raschen Wiedereinreise ins Bundesgebiet.
Mangels entgegenstehender familiärer oder privater Interessen des Beschwerdeführers sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines maximal fünfjährigen Einreiseverbots erfüllt. Dessen Dauer ist aber - in teilweiser Stattgebung der Beschwerde - auf drei Jahre zu reduzieren, was dem Fehlverhalten des strafgerichtlich/verwaltungsstrafrechtlich (noch) unbescholtenen Beschwerdeführers entspricht, der zudem freiwillig das Bundesgebiet verlassen hat, zumal nur ein Tatbestand des § 53 Abs 2 FPG erfüllt ist. Dadurch bleibt auch eine Steigerung der Sanktion bei einem neuerlichen, allenfalls schwerwiegenderen Fehlverhalten möglich.
Zum im Vorlageantrag zitierten Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts bleibt festzuhalten, dass dies einen anderen Sachverhalt betrifft, zumal der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall mit gefälschten Papieren in den Schengen-Raum einreiste und ein KFZ ohne Lenkerberechtigung führte.
Zum Entfall einer Verhandlung:
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, unterbleibt eine Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG, zumal davon keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten ist.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall erweist sich die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG insofern als nicht zulässig, als der gegenständliche Fall keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Wie der rechtlichen Beurteilung unzweifelhaft zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung und kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die Rechtsprechung in Bezug auf den gegenständlichen Fall als uneinheitlich zu beurteilen wäre. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Einreiseverbot Herabsetzung Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen UnbescholtenheitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W146.2229731.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020