TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/30 W132 2229136-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.04.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.04.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W132 2229136-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 13.01.2020, OB 67075634400024, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragungen "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" und "Der Inhaber des Passes ist Träger einer Prothese" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 15.05.2019 hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses mit Eintragung der Zusatzvermerke "Der Inhaber des Passes ist Träger einer Prothese", "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" und "Der Inhaber des Passes kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen" in den Behindertenpass, sowie einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO 1960 gestellt.

1.1. Zur Überprüfung der Anträge wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 24.10.2019, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung zwar in Höhe von 50 vH bewertet wurde, und die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Der Inhaber des Passes ist Träger von Osteosynthesematerial", nicht jedoch für die beantragten Zusatzeintragungen, vorlägen.

1.2. Im Rahmen gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten des Parteiengehörs, wurde das Sachverständigengutachten Dris. XXXX zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer hat ohne Vorlage weiterer Beweismittel im Wesentlichen eingewendet, dass sich die nächste Autobushaltestelle in 500 m Entfernung von seinem Wohnhaus befinde, und weder überdacht sei, noch Sitzgelegenheiten aufweise. Er müsse bei Verwendung einer Gehhilfe nach 200 m Gehstrecke eine Pause einlegen, da akute Schmerzen im Halswirbelbereich und der Lendenwirbelsäule auftreten würden. Er könne daher keine Besorgungen mit dem Autobus erledigen, und beantrage die Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO.

1.3. Zur Überprüfung der Einwendungen wurde von der belangten Behörde vom bereits befassten Sachverständigen, Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 09.01.2020 datierte medizinischen Stellungnahme mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder die erhobenen Einwendungen, noch die vorgelegten Beweismittel geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen.

1.4. Am 13.01.2020 hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen unbefristeten Behindertenpass ausgestellt, einen Grad der Behinderung in der Höhe von 50 vH eingetragen und die Zusatzeintragung "Der Inhaber des Passes ist Träger von Osteosynthesematerial" vorgenommen.

1.5. Mit Bescheid vom 13.01.2020, OB 67075634400036, hat die belangte Behörde den Antrag auf Eintragung des Zusatzvermerkes "Der Inhaber des Passes kann die Fahrpreisermäßigung nach dem Bundesbehindertengesetz in Anspruch nehmen" abgewiesen.

1.6. Mit Bescheid vom 13.01.2020, OB 67075634400024, hat die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragungen "Der Inhaber des Passes ist Träger einer Prothese" und "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gemäß § 42 und § 45 BBG abgewiesen.

In der Beilage wurde die Stellungnahme Dris. XXXX übermittelt.

Über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gem. § 29b StVO wurde von der belangten Behörde nicht abgesprochen. Es wurde im angefochtenen Bescheid lediglich angemerkt, dass ein Ausweis nicht ausgestellt werden könne, da die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorlägen.

2. In der Folge wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage medizinischer Beweismittel wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass es dem Beschwerdeführer, entgegen des Bescheides, möglich sein sollte, auch ohne Einnahme von Opiaten, am täglichen Leben teilzunehmen, und die Bedürfnisse am Land auch ohne Bahn zu erledigen. Die vorliegende Schmerzsymptomatik sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Sollte die Einnahme von Opiaten Voraussetzung für die Erlangung eines Parkausweises sein, werde um Ausstellung einer Bestätigung zum Führen eines Kraftfahrzeuges ersucht.

Nachstehend angeführte medizinische Beweismittel wurden in Vorlage gebracht:

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

2.1. Mit dem - im Bundesverwaltungsgericht am 02.03.2020 eingelangten - Schreiben vom gleichen Tag, hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich der Beschwerdeführer mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragungen "Der Inhaber des Passes ist Träger einer Prothese" und "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.

1.2. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar. Er ist nicht Träger einer Prothese.

1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

Allgemeinzustand normal. Ernährungszustand gut. Caput bland. Collum bland. Haut unauffällig. Thorax unauffällig. Cor: Herztöne rein, rhythmisch, normfrequent. Pulmo: Vesikuläratmung. Abdomen: Hepar am Rippenbogen. Milz nicht palpabel. Keine Defence oder Druckdolenz.

Obere Extremitäten: Schulter-, Ellbogen-, Hand- und Fingergelenke frei beweglich. Faustschluss beidseits möglich.

Wirbelsäule: Im Lot. Finger-Boden-Abstand Kniehöhe. SN und RT bland. Lasegue negativ. Zehen- und Fersengang rechts nicht möglich, links mit anhalten. Einbeinstand rechts nein, links mit anhalten. HWS Beweglichkeit zu 1/4 reduziert.

Untere Extremitäten: Hüftgelenke beidseits bland. Kniegelenke links bland, rechts Flexion 90°. Sprunggelenke links frei beweglich in allen Ebenen, rechts steif, rechte Zehen nicht beweglich.

Grob neurologisch unauffällig.

Status Psychicus: Voll orientiert. Antrieb und Affizierbarkeit normal.

Angaben des Beschwerdeführers zur Medikation: Miranax bei Bedarf, Co-Dilatrend, Voltaren, Lisinopril und Ezetimib.

Art der Funktionseinschränkungen:

- Generalisierte Erkrankung des Bewegungsapparates, Abnützung der Wirbelsäule, Zustand nach Arbeitsunfall mit Verletzung des rechten Unterschenkels und des rechten Fußes.

Schmerzmedikation mit einfachen Schmerzmitteln ausreichend, Opiate nicht notwendig

- Hypertonie

1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Der Beschwerdeführer kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen, eine kurze Wegstrecke (ca. 300 m - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, gegebenenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe, ohne maßgebende Unterbrechung zurücklegen, bzw. wird durch die Verwendung allenfalls erforderlicher Behelfe die Benützung des öffentlichen Transportmittels nicht in hohem Maße erschwert. Die dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht maßgebend auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens aus. Der sichere und gefährdungsfreie Transport im öffentlichen Verkehrsmittel ist nicht erheblich eingeschränkt.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich - auch im Zusammenwirken - nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.

Es liegen weder erhebliche dauerhafte Einschränkungen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Leistungsfähigkeit vor.

Die Abnützungen der Wirbelsäule erreichen auch im Zusammenwirken mit den Einschränkungen der unteren Extremitäten kein Ausmaß, welches das Zurücklegen kurzer Wegstrecken, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln maßgebend behindern würde. Es ist eine für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ausreichende Funktionsfähigkeit des Stütz- und Bewegungsapparates gegeben.

Das Gangbild ist zwar deutlich hinkend, der Beschwerdeführer ist jedoch unter Verwendung eines Stockes als Gehhilfe ausreichend in der Lage, sich fortzubewegen. Die Funktionsfähigkeit der oberen Extremitäten ist unauffällig. Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist uneingeschränkt möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers, sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten, sind ausreichend.

Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion an den großen Gelenken ausreichend erhalten ist, und das sichere Ein- und Aussteigen gewährleistet sind.

Die vorgebrachten Schmerzen liegen nicht in einem Ausmaß vor, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwert.

Ein Ausmaß an Schmerzen, welches eine wesentliche Gangbildbeeinträchtigung und Gangleistungsminderung für kurze Wegstrecken nach sich zieht, kann nicht festgestellt werden. Starke Schmerzmittel werden nicht verwendet.

Beim Beschwerdeführer liegen auch keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und vorgelegten Beweismittel:

Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX ist vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel Stellung genommen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die im angefochtenen Verfahren vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, der befasste Sachverständige hat sich damit eingehend auseinandergesetzt und fasst deren Inhalt nachvollziehbar wie folgt zusammen:

- Bescheid AUVA vom 28.02.2013: Für die Folgen des Arbeitsunfalls vom 18.03.2011 erhalten Sie derzeit eine vorläufige Versehrtenrente von 35 Prozent der Vollrente. An Stelle dieser Versehrtenrente wird ab 01.04.2013 eine Dauerrente von 35 Prozent der Vollrente festgestellt. Völliger Bewegungsausfall der Sprunggelenke und der Zehen, Verplumpung im Bereich der Sprunggelenke, Verschmächtigung der Beinmuskulatur, Narbenbildung im Bereich des Mittelfußes, posttraumatische Deformität des Fußes in Spitzfußstellung und Beinverkürzung rechts, sowie Gangbehinderung und verminderte Gehleistung nach offenem Trümmerbruch des rechten Unterschenkels, sowie Prellung des linken Kniegelenkes.

- KH St. Pölten vom 21.11.16: Pat. fiel ein Motorblock auf d. re. US. EV im UK St. Pölten stat. vom 18.03.2011 - 16.04.2011, stat. vom 09.06.2011 - 13.06.2011, stat. vom 13.09.2011 - 26.09.2011, stat. vom 13.11.2012 - 19.11.2012, stat. vom 25.01.2013 - 02.02.2013 und stat. vom 23.10.2013 - 24.10.2013. Fract. comminuta Gr. Ill crur. dist. dext, operat. et reoperat. infect. 18.11.2016, Fistelrevision am rechten Unterschenkel, Septopalkette, Sitnaht.

- KH St. Pölten v. 18.03.2011: Fract. comminut. Gr. Ill crur. dist.dext. (S82.7); Cont. gen. sin.

- AUVA vom 29.06.2011: Der Patient wurde am 18.03.2011 durch einen herabfallenden Motorblock am rechten Unterschenkel verletzt. Es erfolgte die Einlieferung in das Landesklinikum St. Pölten, wo die oben genannten Diagnosen gestellt wurden. Noch am Unfalltag erfolgte die operative Stabilisation mittels gelenksüberbrückenden Fixateur externe, Stabilisierung des Tibialängsblockes mittels Bohrdrähten, Wunddebridement und Deckung von 4 Defekten mittels Epigard. In weiterer Folge Verband- und Epigardwechsel am 20., 23. und 25.03.2011. Am 28.03.2011 erfolgte die Fixateur externe-Abnahme und Verfahrenswechsel mit Tibia-Nagel und Verschraubung sowie Dermatom-Deckung am rechten distalen Unterschenkel mittels Meshgraft vom rechten Oberschenkel. Im Anschluss daran Anlage einer Unterschenkel-Gipsschale und Beginn der entlastenden Mobilisierung. Am 16.04.2011 konnte der Patient mit angelegter Unterschenkel-Gipsschale unter Entlastung der rechten unteren Extremität in häusliche Pflege entlassen werden. In weiterer Folge regelmäßige ambulante unfallchirurgische Kontrollen und ambulante Physio-Therapie und Lymphdrainagen. Bei der ambulanten Kontrolle am 09.06.2011 fiel eine Fistelbildung auf, welche die Aufnahme des Patienten und Revisions-OP notwendig machte. Stationärer Aufenthalt bis 13.06.2011. Bei der letzten Kontrolle am 22.06.2011 zeigte sich das Dermatom im Außenknöchel-Bereich bland, 2 überkrustete Areale über dem Dermatom noch vorliegend. Am Innenknöchel eine kleine Wunddehiszenz erkennbar, ansonsten keine Zeichen von Fistel oder lokaler Infektzeichen.

- Am 29.06.2011 erfolgte die stationäre Aufnahme im RZ Weißer Hof. Zu diesem Zeitpunkt ist der Patient mit 2 Unterarm-Stützkrücken mit Belastung von halbem Körpergewicht der rechten UE mobil.

- SVA Gesundheitszentrum vom 23.03.2012: Degenerative Veränderungen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates, Z. n. operierter distaler Unterschenkeltrümmerfraktur re., behandelte art. Hypertonie, Linkshypertrophie, beschleunigte Blutsenkung, Hyperglykämie, Erythrozyturie.

Die Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein aktuell höheres Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde, und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Die Beweismittel betreffen überwiegend den Arbeitsunfall und die Behandlung der Unfallfolgen in den Jahren 2011 und 2012, sowie eine auf Grund einer Fistelbildung stattgehabte Fistelrevision im Jahr 2016. Aktuelle Befunde, welche andere als die von Dr. XXXX beurteilten Gesundheitsschädigungen, oder höhere Funktionseinschränkungen als im Gutachten beschreiben, wurden vom Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren nicht in Vorlage gebracht.

Auch die mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen sind nicht geeignet, zusätzliche Leiden oder ein höheres Funktionsdefizit zu belegen.

Der Sonographie-Befund vom 28.01.2020 fasst als Ergebnis zusammen, dass kein Nachweis einer tiefen Beinvenenthrombose erbracht werden konnte, und ein lediglich geringes subkutanes Ödem im Bereich des distalen Unterschenkels vorliegt. Das Vorliegen einer für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel relevante Gesundheitsschädigung lässt sich daraus nicht ableiten.

Der Röntgenbefund vom 06.02.2020 beschreibt im Ergebnis Osteochondrosen C5 bis C7, mit von lateralen Retrospondylophyten ossär überdachten Discusprotrusionen, und deutlichen foraminellen Engen beidseits in diesen beiden Segmenten. Dieser Befund enthält keinen klinischen Untersuchungsbefund und gibt keinen Aufschluss über das Ausmaß der Funktionseinschränkungen. Dr. XXXX hat einen umfassenden klinischen Befund des Funktionsumfanges des Stütz- und Bewegungsapparates erhoben. Bei radiologischen Befunden als bildgebender Diagnostik, ist die Korrelation mit der klinischen Symptomatik für die Beurteilung relevant. Eine geänderte Beurteilung resultiert daher aus diesem Befund nicht. Im Übrigen ist der Beschwerdeführer dem im eingeholten Sachverständigengutachten erhobenen Funktionsumfang des Stütz- und Bewegungsumfanges nicht entgegengetreten. Auch wurden andere, als die beurteilten Gesundheitsschädigungen, nicht vorgebracht.

Aus dem Ergebnis der mikrobiologischen Untersuchung des Unterschenkel-Abstrich rechts vom 05.02.2020 resultiert die Verschreibung eines Antibiotikums, Hinweise auf dauerhafte Funktionseinschränkungen ergeben sich daraus nicht. Auch der Blutbefund vom 07.02.2020 enthält naturgemäß keine Angaben über Funktionsdefizite.

Die Beurteilung der Mobilität des Beschwerdeführers als ausreichend, begründet Dr. XXXX nachvollziehbar und überzeugend, im Einklang mit dem Untersuchungsbefund. So beschreibt der Sachverständige anschaulich, dass zwar das Gangbild deutlich hinkend ist, und ein Stock als Gehhilfe verwendet wird, es dem Beschwerdeführer aus gutachterlicher Sicht jedoch trotzdem möglich ist, eine kurze Gehstrecke zurückzulegen, und bei öffentlichen Verkehrsmitteln ein- und auszusteigen. Er fasst die diesbezüglichen Defizite dahingehend zusammen, dass die Funktion der Arme nicht eingeschränkt ist, und auch die Beugefunktion der Knie (Flex 90°) und Hüftgelenke (beidseits bland) ausreichend ist, um Niveauunterschiede (einige Stufen) zu überwinden.

Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer angegeben Schmerzen ist festzuhalten, dass aufgrund vorliegender objektiver Befunde und der durchgeführten persönlichen Untersuchung, ein derartig ausgeprägter chronischer Schmerz, welcher die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verunmöglichen würde, nicht nachvollzogen werden kann. Weder auf Grund der im Rahmen der Untersuchung dargestellten Gesamtmobilität, noch aufgrund der eingenommenen Medikation, kann auf derartige Schmerzen geschlossen werden. Hinsichtlich Behandlung der Schmerzen sind therapeutische Möglichkeiten offen, eine Intensivierung der Schmerztherapie ist zumutbar und möglich. Der Beschwerdeführer nimmt keine schweren Schmerzmittel ein.

Zusammenfassend konnten beim Beschwerdeführer Bewegungsumfänge objektiviert werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erheblich erschweren. Die im Gutachten angeführten Diagnosen wurden vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit, psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder eine Erkrankung des Immunsystems konnten im Rahmen der persönlichen Untersuchung nicht objektiviert werden, und wurden vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Es ist somit eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, Be- und Entsteigen sowie bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, nicht begründbar.

Die Krankengeschichte des Beschwerdeführers wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den vorgelegten Beweismitteln kein überzeugender Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten Dris. XXXX , nämlich weder dem erhobenen klinischen Befund, noch den daraus gezogenen Schlussfolgerungen, bzw. der Beurteilung der Funktionseinschränkungen, ist der Beschwerdeführer nicht überzeugend entgegengetreten.

Das Beschwerdevorbringen und die vorgelegten medizinischen Beweismittel sind - wie bereits dargelegt - nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach eine ausreichende Funktionsfähigkeit des Stütz- und Bewegungsapparates gegeben ist, bzw. sich die dauernden Gesundheitsschädigungen nicht maßgebend negativ auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirken, zu entkräften. Vom Beschwerdeführer ist somit kein Vorbringen erstattet worden, bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt wäre.

Die Angaben des Beschwerdeführers konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Zur Erörterung der Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II 3.1.

Hinsichtlich der mit dem angefochtenen Bescheid erfolgten Abweisung des Antrages auf Eintragung "Der Inhaber des Passes ist Träger einer Prothese" wurden vom Beschwerdeführer keine Einwendungen erhoben. Da der Beschwerdeführer keine Prothese hat, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer mit diesem Antrag auf die Eintragung seines Implantates in den Behindertenpass abzielte, welche in Form der Eintragung des Zusatzvermerkes "Der Inhaber des Passes ist Träger von Osteosynthesematerial" bereits erfolgte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen auszugsweise)

Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014, 2012/11/0186 vom 27.01.2015)

Für die Berechtigung der zusätzlichen Eintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren. Aus diesem Grund ist der Umstand betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel, "Leben am Land") oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden. (VwGH vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258, 19.12.2017, Zl. Ra 2017/11/0288)

Das die Infrastruktur und die örtlichen Gegebenheiten im Wohngebiet des Beschwerdeführers betreffende Vorbringen ist daher nicht zielführend.

Dem vom Sachverständigen beschriebenen Bewegungsumfang ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass die sachverständige Beurteilung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche. Der Beschwerdeführer ist dem vom befassten Sachverständigen erhobenen klinischen Befund nicht substantiiert entgegengetreten. Er bringt nicht konkret zum Ausdruck, inwiefern eine Fehlbeurteilung des Leidenszustandes vorliegt bzw. ob, gegebenenfalls welche, gutachterlichen Ausführungen nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß entsprechen.

Da, wie unter Punkt II.2. ausgeführt, dem Sachverständigen zu folgen war, dass der Funktionsumfang des Stütz- und Bewegungsapparates des Beschwerdeführers ausreichend ist, wird der Entscheidung zugrunde gelegt, dass keine erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vorliegen.

Die allfällige Verwendung eines Hilfsmittels zur Fortbewegung außer Haus (Gehstock) ist - da die Funktionalität der oberen Extremitäten bei dem Beschwerdeführer ausreichend gegeben ist - zumutbar, und bedingt kein relevantes Hindernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Es ist beim Beschwerdeführer von einer ausreichenden Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates auszugehen, die vorgebrachten Schmerzen konnten nicht in einem Ausmaß festgestellt werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren bzw. kann diesen durch Schmerzmedikation angemessen begegnet werden.

Da es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren, ist ein Vorbringen betreffend die mangelnde Infrastruktur (Vorhandensein und Erreichbarkeit, Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel) oder den Transport von schweren Gepäckstücken und das Tätigen von Einkäufen rechtlich nicht von Relevanz, und kann daher bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht berücksichtigt werden.

Beim Beschwerdeführer liegen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems.

Daher ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(§ 24 Abs. 2 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten geprüft. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.

Der Beschwerdeführer hat vom zugrunde gelegten Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Im Rahmen des Beschwerdevorbringens hatte der Beschwerdeführer die Möglichkeit sich zu äußern bzw. Beweismittel vorzulegen. Es wurden der Beschwerde jedoch keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer wurde im behördlichen Verfahren persönlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten bzw. noch aktuell sind. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung einerseits von Tatsachenfragen abhängt. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen stützen.

In den Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt.

Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W132.2229136.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten