Entscheidungsdatum
30.04.2020Norm
AsylG 2005 §57Spruch
G313 2199114-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Albanien, vertreten durch RA Mag. Hubert Wagner, LLM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.05.2018, Zl. XXXX,
A)
I. zu Recht erkannt: Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. Satz 1 des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
II. beschlossen: Im Übrigen wird der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 23.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt II.), ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.), und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).
2. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
3. Am 25.06.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist albanischer Staatsangehöriger.
1.2. Er reiste an einem bestimmten Tag im Juli 2017 in den Schengen-Raum und zu einem unbestimmten Zeitpunkt, ohne im Besitz eines Aufenthaltstitels bzw. einer Beschäftigungsbewilligung zu sein, in das österreichische Bundesgebiet ein, und wurde am 22.05.2018 nach Ablauf der ihm als albanischen Staatsangehörigen im Schengen-Raum zugekommenen dreimonatigen sichtvermerksfreien Aufenthaltsdauer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig von der Fremdenpolizei betreten bzw. im Zuge von fremdenpolizeilichen Erhebungen an einer bestimmten Adresse zusammen mit einer weiteren Person persönlich angetroffen. Erst nach mehrmaligem Klopfen an der Wohnungstüre wurde geöffnet. Für die Fremdenpolizei hatte es den Geräuschen aus der Wohnung entnehmend den Anschein, als würden sich einige Personen in der Wohnung aufhalten.
1.3. Der BF wurde am 23.05.2018 vor dem BFA niederschriftlich einvernommen, wobei ihm die behördliche Absicht, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und ein Einreiseverbot zu erlassen, vorgehalten wurde, und er zu seinen persönlichen Verhältnissen befragt wurde.
Dabei gab er an, bereit zu sein, unverzüglich das Bundesgebiet zu verlassen, und brachte er vor, zunächst in Slowenien und dann in Italien gewesen zu sein, bevor er Ende Jänner 2018 von Italien kommend in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Er habe in Italien und Österreich schwarz gearbeitet, um seine Familie in Albanien finanziell unterstützen zu können. Derzeit habe er keine Barmittel. Er gab an, seit etwa eineinhalb Monaten an einer bestimmten näher angeführten Adresse im Bundesgebiet zu wohnen (an welcher er am 22.05.2018 von der Fremdenpolizei angetroffen wurde).
1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 23.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt II.), ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der
Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III.), und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).
In der Rechtlichen Beurteilung folgten auf allgemeine Textblöcke zur Rückkehrentscheidung bzw. Interessensabwägung folgende Ausführungen:
"Sie verfügen über keine berufliche, familiäre oder soziale Ankerpunkte im Bundesgebiet.
Sohin bestehen keine im Sinne des Art. 8 EMRK verfahrensrelevante Bindungen zum Bundesgebiet.
Es musste daher darauf erkannt werden, dass Ihre schützenswerten Interessen an einem Aufenthalt in Österreich unter Zugrundelegung des Maßstabes des Art. 8 EMRK wesentlich geringer zu werten sind als das Interesse der Öffentlichkeit an der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit.
Daher ist die Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig. Eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG hat zu unterbleiben, da die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig ist (§ 58 Abs. 2 AsylG).
Da die Voraussetzung des nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Sinne des § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG vorliegt, Ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt wird und die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig ist, ist gem. § 10 Abs. 1 AsylG und § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen."
2. Beweiswürdigung:
Der Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen ergaben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).
3.2. Zu I.: Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt I., Satz 1 des angefochtenen Bescheides:
Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:
"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, so ist diese Entscheidung gemäß § 10 Abs. 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.
3.2.1. Der BF, der an einem bestimmten Tag im Juli 2017 in den Schengen-Raum einreiste, und am 22.05.2018, ohne im Besitz eines Aufenthaltstitels bzw. einer Beschäftigungsbewilligung zu sein, unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig von der Fremdenpolizei betreten wurde, erfüllt im gegenständlichen Fall keine der nach § 57 AsylG geforderten Voraussetzungen zur Erlangung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", weshalb ihm ein solcher Aufenthaltstitel nicht erteilt wird und diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist.
3.3. Zu II.: Im Übrigen Stattgebung der Beschwerde, Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung zur Erlassung eines neuen Bescheides:
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1
B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung des Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.
Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.
Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebraucht macht.
Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).
3.3.1. Die Rechtliche Beurteilung zur Rückkehrentscheidung beschränkt sich auf allgemeine Textblöcke samt wiedergegebenen Rechtsgrundlagen und auf folgende Ausführungen:
"Sie verfügen über keine berufliche, familiäre oder soziale Ankerpunkte im Bundesgebiet.
Sohin bestehen keine im Sinne des Art. 8 EMRK verfahrensrelevante Bindungen zum Bundesgebiet.
Es musste daher darauf erkannt werden, dass Ihre schützenswerten Interessen an einem Aufenthalt in Österreich unter Zugrundelegung des Maßstabes des Art. 8 EMRK wesentlich geringer zu werten sind als das Interesse der Öffentlichkeit an der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit.
Daher ist die Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig. Eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG hat zu unterbleiben, da die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig ist (§ 58 Abs. 2 AsylG).
Da die Voraussetzung des nicht rechtmäßigen Aufenthalts im Sinne des § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG vorliegt, Ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt wird und die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig ist, ist gem. § 10 Abs. 1 AsylG und § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen."
Fest steht, dass die belangte Behörde mit angefochtenem Bescheid vom 23.05.2018 diesen Schluss gezogen hat, ohne sich zuvor näher mit den persönlichen Verhältnissen des BF bzw. seinem in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 23.05.2018 dazu erstatteten Vorbringen auseinandergesetzt zu haben. Die belangte Behörde wäre dazu angehalten gewesen, hatte sich dazu jedoch nicht die Zeit genommen, wurde der angefochtene Bescheid doch noch am Tag der niederschriftlichen Einvernahme des BF vom 23.05.2018 ausgefertigt. Nähere Ermittlungen zu den konkreten persönlichen Verhältnissen des BF fehlen, wären für eine hinreichende Begründung der Entscheidung bzw. eine allumfassende Interessensabwägung jedoch nötig gewesen.
Aufgrund mangelnder Ermittlungen und Feststellungen zu den konkreten persönlichen Verhältnissen des BF waren die Rückkehrentscheidung nach Spruchpunkt I., Satz 2, und die nachfolgenden darauf aufbauenden Spruchpunkte II. - IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Hinsichtlich Spruchpunkt II. wird auf Folgendes hingewiesen:
Die Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Albanien ist auf allgemeine Textbausteine und folgende Ausführungen beschränkt:
"Da Sie albanischer Staatsbürger sind, können Sie grundsätzlich nach Albanien abgeschoben werden, zumal Ihre nationale Herkunft ja auch durch einen bei Ihren Effekten befindlichen nationalen Reisepass bewiesen ist.
Weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat noch aus Ihrem Vorbringen ergibt sich eine derartige Gefährdung.
Es ist somit auszusprechen, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z. 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen Ihre Abschiebung nach Albanien zulässig ist."
Ein konkretes Vorbringen, aus welchem hervorgehe, dass kein Abschiebungshindernis bestehe, wurde dabei nicht angeführt.
Eine nähere Auseinandersetzung mit den konkreten Angaben des BF in seiner behördlichen Einvernahme vom 23.05.2018 vor dem Hintergrund der aktuellen Länderfeststellungen fehlt, wäre jedoch nötig gewesen, um auf ein bestehendes Abschiebungshindernis schließen oder ein solches ausschließen zu können. Auch Spruchpunkt II. wurde somit nicht hinreichend begründet.
Hinsichtlich des mit Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gegen den BF verhängten Einreiseverbotes wird bei der vorzunehmenden Gefährdungsprognose das konkrete, sich aus dem Akteninhalt bzw. dem Vorbringen des BF in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 23.05.2018 ergebende konkrete Gesamt(fehl-)verhalten des BF zu berücksichtigen und bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes insbesondere auch auf die Intensität der konkreten privaten Bindungen des BF zu Österreich Augenmerk zu legen sein.
Dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das BVwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, war nicht erkennbar.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Da im gegenständlichen Fall bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltstitel Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2199114.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020