TE Bvwg Beschluss 2020/4/30 G313 2195566-1

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Veröffentlicht am 30.04.2020
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Entscheidungsdatum

30.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

G313 2195566-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Nordmazedonien, vertreten durch Verein Menschenrechte, gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 19.04.2018 wurde dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Mazedonien (nunmehr: Nordmazedonien) zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

2. Gegen Spruchpunkt IV. des im Sprucheinleitungssatz angeführten Bescheides des BFA wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Am 17.05.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die gegenständliche Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

4. Mit Aktenvermerk des BVwG vom 22.05.2018 wurde nach durchgeführter Grobprüfung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Nordmazedonien.

1.2. Mit Bescheid des BFA vom 19.04.2018 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Mazedonien (nunmehr: Nordmazedonien) zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 FPG gegen den BF ein auf die Dauer von 5 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 18 Abs. 2 Z. 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich nur gegen Spruchpunkt IV. des im Sprucheinleitungssatz angeführten Bescheides des BFA vom 19.04.2018 und damit nur gegen das gegen den BF erlassene auf die Dauer von fünf Jahre befristete Einreiseverbot.

1.3. Fest steht, dass der BF im Besitz eines am 22.06.2021 ausgestellten bis 22.06.2021 gültigen slowenischen Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" ist, dies jedoch im angeführten Bescheid des BFA vom 19.04.2018 unberücksichtigt geblieben ist.

Unter den Feststellungen wurde zum Aufenthalt des BF in Österreich auszugsweise Folgendes festgehalten:

"(...). Als mazedonischer StA. hätten Sie die Möglichkeit, sichtvermerksfrei nach Österreich einzureisen. Da Sie bei einem versuchten Ladendiebstahl betreten wurden, sind Sie jetzt illegal aufhältig.

Sie sind nicht im Besitz der erforderlichen Mittel für einen Aufenthalt in Österreich. (...)

Sie haben ein Verhalten gesetzt, das die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, sodass eine Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot zu erlassen ist.

Sie hielten sich stets unstet und illegal im Bundesgebiet auf. (...)."

1.4. Auf Grundlage der bestandenen durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme wurde der BF am 21.04.2018 in seinen Herkunftsstaat - nach Nordmazedonien - abgeschoben.

2. Beweiswürdigung:

Der Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II. getroffenen Feststellungen ergaben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Anmerkung: sog. Bescheidbeschwerden) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg cit. nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1

B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Das Modell der Aufhebung des Bescheids und Zurückverweisung des Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) § 28 VwGVG Anm11). Gemäß dieser Bestimmung kann die Berufungsbehörde, sofern der ihr vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen. Wie oben ausgeführt, ist aufgrund von § 17 VwGVG die subsidiäre Anwendung von § 66 Abs. 2 AVG durch die Verwaltungsgerichte ausgeschlossen.

Im Gegensatz zu § 66 Abs. 2 AVG setzt § 28 Abs. 3 VwGVG die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung nicht mehr voraus.

Der VwGH hat mit Erkenntnis vom 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063 (Waffenverbot), in Bezug auf die grundsätzliche Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte nach § 28 VwGVG und die Möglichkeit der Zurückverweisung ausgesprochen, dass angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte darstellt. So kommt eine Aufhebung des Bescheides nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar zu begründen, wenn es eine meritorische Entscheidungszuständigkeit nicht als gegeben annimmt, etwa weil es das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 28 Abs. 2 VwGVG verneint bzw. wenn es von der Möglichkeit des § 28 Abs. 3 erster Satz VwGVG nicht Gebraucht macht.

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Bekanntgabe der Erwägungen, aus denen die Behörde zur Überzeugung gelangt ist, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu enthalten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes unter die von der Behörde herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0156; 13.10.1991, Zl. 90/09/0186; 28.07.1994, Zl. 90/07/0029).

3.2. Mit angefochtenem Spruchpunkt IV. des im Sprucheinleitungssatz angeführten Bescheides des BFA wurde gegen den BF ein fünfjähriges Einreiseverbot erlassen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wurde beantragt, das gegen ihn erlassene Einreiseverbot in ein Aufenthaltsverbot umzuwandeln, das Aufenthaltsverbot gänzlich aufzuheben bzw. die Dauer des verhängten Aufenthaltsverbotes herabzusetzen und eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG anzuberaumen, und im Wesentlichen vorgebracht, dass die belangte Behörde sein Vorbringen in der niederschriftlichen Einvernahme in Schubhaft, einen gültigen slowenischen Aufenthaltstitel als Familienangehöriger zu besitzen, gänzlich missachtet, damit nicht berücksichtigt habe, dass der BF unionsrechtlich aufenthaltsberechtigt sei und trotz bestehender unionsrechtlicher Aufenthaltsberechtigung des BF gegen ihn ein Einreiseverbot erlassen habe.

Der Beschwerde beigelegt ist eine Kopie des slowenischen Aufenthaltstitels des BF als Familienangehöriger, betitelt mit "RESIDENCE CARD OF A FAMILIY MEMBER OF SLOVENIAN CITIZEN", und versehen mit dem Ausstellungsdatum "22.06.2016" und dem Gültigkeitsdatum "22.06.2021". (AS 217).

Der BF gab in seiner niederschriftlichen Einvernahme in Schubhaft am 19.04.2018, dem Tag seiner Abschiebung in seinen Herkunftsstaat, wie aus der im angefochtenen Bescheid festgehaltenen diesbezüglichen Niederschrift hervorgehend, zunächst befragt nach seiner Heimatadresse an, in Slowenien an einer bestimmten näher genannten Adresse zu leben, fügte hinzu, seine Ehefrau und Kinder würden in Mazedonien (nunmehr: Nordmazedonien) leben, und gab dann, befragt danach, ob er nach Mazedonien (nunmehr: Nordmazedonien) zurückwolle, an:

"Nein, ich will nach Slowenien." (AS 130).

Auf "Slowenien" wurde nicht näher eingegangen, auch davor in der Einvernahme nicht, nachdem der BF auf die Frage, ob er bereits mit der Absicht, einen Diebstahl zu begehen, nach Österreich gekommen sei, geantwortet hatte:

"Es war ein Blödsinn. Eine Frau/Freundin in Slowenien hat mich verlassen. Ich brauchte ein bisschen Abwechslung. Aufgrund des Nervenkitzels bin ich nach Österreich gekommen, um etwas zu stehlen." (AS 129).

Gegen Ende seiner Einvernahme, befragt danach, ob er in Mazedonien (nunmehr: Nordmazedonien) irgendwelche Probleme mit staatlichen Behörden habe, wiederholte der BF seine Angabe:

"Nein, ich will nach Slowenien zurück."

Daraufhin befragt, ob der BF einen Aufenthaltstitel für Slowenien habe, gab er bekannt:

"Ja, er ist bei meinen Effekten." (AS 130).

Dem BF wurde daraufhin mitgeteilt, es werde beabsichtigt, ihn aufgrund seines bisherigen Verhaltens bzw. seines versuchten Diebstahls in Schubhaft zu nehmen, woraufhin der BF angab:

"Es ist in Ordnung. Ich verstehe das." (AS 131)

Noch am Tag dieser niederschriftlichen Einvernahme des BF am 19.04.2018 wurde der im Sprucheinleitungssatz angeführte Bescheid des BFA mitsamt dem gegenständlich angefochtenen Spruchpunkt IV. ausgefertigt.

Im Bescheid des BFA vom 19.04.2018 wurde unter den Feststellungen zum Aufenthalt des BF in Österreich auszugsweise Folgendes festgehalten:

"(...). Als mazedonischer StA. hätten Sie die Möglichkeit, sichtvermerksfrei nach Österreich einzureisen. Da Sie bei einem versuchten Ladendiebstahl betreten wurden, sind Sie jetzt illegal aufhältig.

Sie sind nicht im Besitz der erforderlichen Mittel für einen Aufenthalt in Österreich. (...)

Sie haben ein Verhalten gesetzt, das die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, sodass eine Rückkehrentscheidung iVm Einreiseverbot zu erlassen ist.

Sie hielten sich stets unstet und illegal im Bundesgebiet auf. (...)."

Auch im weiteren Begründungsverlauf hat die belangte Behörde im Bescheid vom 19.04.2018 nie auf den vom BF in seiner Einvernahme erwähnten slowenischen Aufenthaltstitel des BF Bezug genommen.

Die belangte Behörde hat sich nicht mit dem wiederholten Vorbringen des BF in seiner Einvernahme am 19.04.2018, nach Slowenien zurück zu wollen, und seiner bejahenden Antwort auf die ihm gestellte Frage, ob er einen slowenischen Aufenthaltstitel habe, auseinandergesetzt, sondern seine Angaben zu Slowenien gänzlich außer Acht gelassen.

Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des BF in seiner Einvernahme vor dem BFA am 19.04.2018 bzw. eine Begutachtung des vom BF in seiner Einvernahme erwähnten slowenischen Aufenthaltstitels wäre jedoch zur Aufklärung der tatsächlichen individuellen bzw. privaten und familiären Verhältnisse und des unionsrechtlichen Aufenthaltsstatus des BF vor Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahmen unbedingt nötig gewesen, zumal der BF in seiner Einvernahme vor dem BFA am 19.04.2018 einerseits angab, seine Ehefrau und Kinder würden in Mazedonien (nunmehr: Nordmazedonien) leben, dann jedoch davon berichtete, den Diebstahl in Österreich aus einem Nervenkitzel heraus begangen zu haben, nachdem ihn in Slowenien "eine Frau/Freundin" verlassen habe (AS 129), und außerdem mitteilte, in Slowenien ein Gasthaus zu besitzen, wobei der BF auch einen Namen dieses Gasthauses anführen konnte (AS 129).

Eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen des BF in seiner Einvernahme am 19.04.2018 bzw. nähere Ermittlungen zu den individuellen bzw. privaten und familiären Verhältnissen des BF und seinem unionsrechtlichen Aufenthaltsstatus, der sich beispielsweise auch auf eine vom BF in Slowenien eingegangene Scheinehe gründen könnte, wäre notwendig gewesen, um den BF als Drittstaatsangehörigen oder bei bestehendem unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht (als Familienangehöriger einer EWR-Bürgerin) als begünstigten Drittstaatsangehörigen einstufen zu können und folglich gegen ihn bei festgestelltem unionsrechtlichen Aufenthaltsrecht anstelle des für Drittstaatsangehörigen vorgesehenen Einreiseverbotes nach § 53 Abs. 1 FPG das nicht nur für EWR- und Schweizer Bürger, sondern auch für begünstigte Drittstaatsangehörige vorgesehene Aufenthaltsverbot nach § 67 Abs. 1 FPG erlassen zu können.

Aufgrund mangelnder Ermittlungen und Feststellungen war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Dass die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das BVwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, war nicht erkennbar.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Da im gegenständlichen Fall bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2195566.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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