TE Vwgh Erkenntnis 1998/2/18 97/03/0180

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Veröffentlicht am 18.02.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
93 Eisenbahn;

Norm

AVG §68 Abs1;
AVG §8;
EisenbahnG 1957 §26 Abs3;
EisenbahnG 1957 §26 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ungersböck, über die Beschwerde des Gottfried Engleitner in Mitterbach am Erlaufsee, vertreten durch Dr. Michael Zsizsik, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, Koloman-Wallisch-Platz 23, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Verkehr und Kunst (nunmehr: Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr) vom 17. Jänner 1997, Zl. 238313/4-VI/3-1996, betreffend eisenbahnrechtliche Genehmigung eines Kaufvertrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 2. Dezember 1994 entschied der Landeshauptmann von Niederösterreich über den Antrag der Alpensesselbahn Gemeindealpe, Mitterbach am Erlaufsee Gesellschaft mbH (im folgenden als A-GmbH bezeichnet) auf eisenbahnbehördliche Genehmigung eines Kaufvertrages wie folgt:

"Die Veräußerung der Liegenschaft Einlagezahl 167 Katastralgemeinde 19321 Mitterbachseerotte im Gerichtsbezirk Lilienfeld mit deren gesamten Gutsbestand im Ausmaß von insgesamt 3.780 m2 und die auf zum Gutsbestand der Liegenschaft gehörigen Bauflächen stehenden Häuser

3224 Mitterbach am Erlaufsee, Seestraße 24 (Talstation der Alpensesselbahn Gemeindealpe), Gemeindealpe 2 (Mittelstation der Alpensesselbahn Gemeindealpe) und Gemeindealpe 3 (Bergstation der Alpensesselbahn Gemeindealpe) von der Alpensesselbahn Gemeindealpe Mitterbach am Erlaufsee Ges.m.b.H. als Verkäuferin an die Käufer Ernst Rieberer, geboren am 28. Jänner 1951, und Gottfried Engleitner, geboren am 4. Dezember 1962, je zur Hälfte auf Grund des durch den öffentlichen Notar Dr. Herbert Eger notariell beglaubigten Kaufvertrages vom 11. und 19. März 1992 wird nicht genehmigt."

Dieser Bescheid erging an die A-GmbH, ferner "zur Kenntnis" an die Schiland Voralpen GesmbH.

Gegen diesen Bescheid erhob die A-GmbH Berufung.

Mit Bescheid vom 4. Oktober 1995 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 26 Abs. 3 und 4 Eisenbahngesetz 1957 ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Der Berufungsbescheid erging an die A-GmbH sowie an die erstinstanzliche Behörde und "zur Kenntnis" an Ernst Rieberer und den Beschwerdeführer.

Der Beschwerdeführer und Ernst Rieberer erhoben gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Diese Beschwerde wurde mit hg. Beschluß vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/03/0301, wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung infolge Nichterschöpfung des Instanzenzuges zurückgewiesen.

Mit Eingabe vom 11. April 1996 beantragte daraufhin der Beschwerdeführer die eisenbahnrechtliche Genehmigung des Kaufvertrages vom 11. und 19. März 1992.

Über diesen Antrag entschied der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 26. Juli 1996 dahin, daß der Erwerb der Liegenschaft EZ 167 KG 19321 Mitterbachseerotte nicht genehmigt werde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer eine als "Einspruch" bezeichnete Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde über diese Berufung wie folgt:

"Der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26.7.1996, Zl. I/7-S-12/16, wird gemäß § 66 Abs. (4) AVG in Verbindung mit § 68 Abs. (1) leg. cit. insofern abgeändert, als der Antrag des Gottfried Engleitner vom 11.4.1996 als einer der Käufer der Liegenschaft EZ 167, KG 19321 Mitterbachseerotte, betr. Genehmigung des Kaufvertrages vom 11./19. März 1992 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

§ 26 Abs. 3 und 4 Eisenbahngesetz 1957, BGBl. Nr. 60, lautet:

"(3) Die Veräußerung oder Verpachtung einer Eisenbahn oder Eisenbahnstrecke sowie die sonstige Überlassung des ganzen oder eines Teiles des Betriebes bedarf der Genehmigung der Behörde; sie ist zu erteilen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen.

(4) Die Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften, die Eisenbahnanlagen sind, bedarf der Genehmigung der Behörde; das gleiche gilt für die Vermietung und die Verpachtung mit einer mehr als einjährigen Kündigungsfrist. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen."

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 9. März 1988, Zl. 87/03/0284) ist als Partei im Sinne des § 8 AVG jedenfalls derjenige anzusehen, dessen Rechtssphäre durch die zu treffende Maßnahme unmittelbar berührt (gestaltet) wird; maßgebend für die Parteistellung ist, daß die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und weiters, daß darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt.

Diese Voraussetzungen treffen hinsichtlich der von der A-GmbH beantragten eisenbahnbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrages vom 11. und 19. März 1992 auf den Beschwerdeführer zu, wird doch dessen Rechtssphäre als Käufer durch die zu treffende Sachentscheidung über diesen Antrag unmittelbar berührt. Dem Beschwerdeführer kam daher entgegen seiner Ansicht im Verfahren über den Antrag der A-GmbH auf eisenbahnbehördliche Genehmigung des erwähnten Kaufvertrages Parteistellung zu.

Unbestritten ist, daß dem Beschwerdeführer der Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. Dezember 1994 nicht zugestellt wurde. Daraus folgt, daß dieser Bescheid dem Beschwerdeführer gegenüber keine Rechtswirkungen entfalten kann (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 241, angeführte Rechtsprechung sowie Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 485). Die Zustellung des Berufungsbescheides vom 4. Oktober 1995 an den Beschwerdeführer vermag entgegen der in der Gegenschrift zum Ausdruck gebrachten Ansicht der belangten Behörde nicht zu bewirken, daß damit der erstinstanzliche Bescheid dem Beschwerdeführer gegenüber "sowohl formell als auch materiell in Rechtskraft erwachsen" ist, hatte der Beschwerdeführer doch in diesem Fall im Hinblick darauf, daß der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes gegen den Berufungsbescheid die Nichterschöpfung des Instanzenzuges entgegensteht, keine Möglichkeit, diese Entscheidung zu bekämpfen.

Der Beschwerdeführer ist bei der gegebenen verfahrensrechtlichen Konstellation als "übergangene Partei" anzusehen. Als solche kann er nach der hg. Rechtsprechung (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 242, zitierte Judikatur) einen Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung bzw. auf Zustellung des (erstinstanzlichen) Bescheides stellen und nach Zustellung des Bescheides Berufung bzw. wenn ihm der Inhalt des Bescheides zur Gänze bekannt ist, sofort Berufung erheben.

Es ist ihm jedoch verwehrt, seinerseits im Wege einer gesonderten Antragstellung eine - neue - Sachentscheidung zu begehren, wenn - wie hier - in den für die bereits getroffene Entscheidung wesentlichen Elementen keine Änderung eingetreten ist. Einer derartigen neuerlichen Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache stünde die Rechtskraft der gegenüber der anderen Partei ergangenen Entscheidung entgegen.

Auf dem Boden dieser Rechtslage ist die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Sachantrages nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997030180.X00

Im RIS seit

17.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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