Entscheidungsdatum
04.05.2020Norm
AsylG 2005 §35 Abs1Spruch
W240 2228752-1/2E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 07.01.2020,
Zl. Nairobi-ÖB/KONS/0005/2020, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Nairobi vom 28.10.2019, beschlossen:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (in der Folge auch BF), eine Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, brachte am 18.06.2019 persönlich einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem. §°35°Abs. 1 AsylG ein. Als Bezugsperson wurde ihre Mutter, XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo, namhaft gemacht, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch BFA) vom 11.07.2011, der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde.
Dem Antrag beigelegt waren folgende Unteralgen:
- "Attestation de Naissance" (Anmerkung: Geburtsurkunde) vom XXXX 2019
- Reisepasskopie
- Reisepasskopie der Bezugsperson und des vermeintlichen Vaters
- Bescheid der Bezugsperson
- Meldezettel der Bezugsperson
- Mietvertrag
- Schreiben einer österreichischen Krankenkasse vom 28.06.2019
- E-Card der Bezugsperson
- Lohn/Gehaltsabrechnung des vermeintlichen Vaters vom April und Mai 2019
2. Mit Verbesserungsauftrag vom 19.07.2019 wurde die Beschwerdeführerin und die Bezugsperson aufgefordert einen Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts in Österreich bzw. der finanziellen Mittel der letzten drei Monate sowie einen Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz für die Beschwerdeführerin über drei Monate ab Einreise binnen zwei Wochen vorzulegen.
3. Dem Schreiben der ÖB Nairobi vom 04.07.2019 ist zu entnehmen, dass auch der (angebliche) leibliche Vater der Beschwerdeführerin sowie eine bereits in Wien geborene Schwester, beiden wurde der Asylstatus zuerkannt, in Österreich aufhältig seien. Darüber hinaus gebe es laut vorliegendem Mietvertrag noch drei weitere Geschwister mit bis dato unbekannten Aufenthaltsstatus. Dem Verbesserungsauftrag über den Nachweis eines Krankenversicherungsschutzes sei lediglich dahingehend nachgekommen worden, dass eine Bestätigung der WGKK über die Angehörigeneigenschaft vorgelegt worden sei.
4. Mit Schreiben vom 03.10.2019 wurde der Beschwerdeführerin, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da die Beschwerdeführerin die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs .2 Z 1-3 AsylG nicht nachweisen habe können und die Einreise der Beschwerdeführerin zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Darüber hinaus hätten sich im Verfahren eine Vielzahl an Widersprüchen ergeben. Für die nähere Begründung wurde auf die Stellungnahme des BFA und die Mitteilung
gem. §°35 Abs. 4 AsylG vom 26.09.2019 verwiesen.
In der Stellungnahme wurde vorgebracht, es habe sich nach der Einvernahme herausgestellt, dass es sich beim vermeintlichen Vater der Beschwerdeführerin um deren Stiefvater handle. Es seien mehrere Dokumente vorgelegt worden. Der Länderinformation der Staatendokumentation sei hierzu zu entnehmen, dass Dokumente mit jeglichem Inhalt von der formal zuständigen Stelle gekauft werden könnten und daher keinen zuverlässigen Nachweis der Identität darstellen würden, daher komme diesen Dokumenten auch keine Beweiskraft zu. Schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren würden nicht vorliegen, da die Voraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 3 AsylG von der Beschwerdeführerin nicht erfüllt worden seien und eine Einreise der Beschwerdeführerin iSd Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Grundsätzlich hätten Familienangehörige die Voraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 AsylG zu erfüllen. Dies gelte nicht für einen Familienangehörigen eines Asylberechtigten in Österreich, der einen Antrag auf Einreise innerhalb von drei Monaten nach rechtskräftiger Statuszuerkennung stelle. Der Bezugsperson sei der Status mit Bescheid des BFA vom 11.07.2011 zuerkannt worden, der gegenständliche Antrag sei am 18.06.2019 bei der ÖB Nairobi eingebracht worden. Daraus ergebe sich ein Zeitraum von mehr als drei Monaten, was gleichsam die Erbringung der oben genannten Erteilungsvoraussetzungen nicht nach sich ziehe. Gemäß den Voraussetzungen in § 60 Abs. 2 Z 1- 3 AsylG habe der Familienangehörige bei der Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels der Vertretungsbehörde Nachweis vorzulegen über einen adäquaten Unterkunft, über eine alle Risiken abdeckende Krankenversicherungsschutz und darüber, dass sein Aufenthalt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne. Die Bezugsperson habe keinerlei Nachweise hinsichtlich des Bezugs eines Einkommens in Vorlage gebracht, sondern habe selbst im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme am 29.08.2019 eingeräumt, nicht berufstätig zu sein und Sozialgeld zu erhalten. Weiters sei ein Sozialversicherungsdatenauszug herangezogen worden, welchem zu entnehmen sei, dass die Bezugsperson mit ihrem Ehegatten mitversichert sei. Eine E-card sei für sich noch kein Nachweis für ein bestehendes Versicherungsverhältnis und reiche daher deren Vorlage nicht aus, sondern wäre eine Bestätigung eines Sozialversicherungsträgers vorzulegen gewesen. Zudem seien massive Widersprüche bei den niederschriftlichen Zeugeneinvernahmen der Bezugsperson und des Stiefvaters hervorgekommen, die die Unglaubwürdigkeit der Bezugsperson und des Stiefvaters verdeutlichen würden.
5. In der Stellungnahme vom 11.10.2019 brachte die Beschwerdeführerin durch ihre Vertretung vor, dass die Bezugsperson die Mutter und der Stiefvater der rechtmäßige, allerdings nicht biologische, Vater der Beschwerdeführerin sei. Die Bezugsperson und der Stiefvater hätten nachweislich am XXXX , nach mehrmonatiger Beziehung geheiratet, zum Zeitpunkt der Eheschließung sei die Bezugsperson bereits von einem anderen Mann schwanger gewesen. Durch die Heirat sei der Stiefvater als rechtlicher Vater angeführt worden. Aus der Ehe seien in weiterer Folge zwei weitere Kinder entstanden. Im Jahr 2004 habe der Stiefvater flüchten müssen. Nachdem ihm der Status des Asylberechtigten in Österreich zuerkannt worden sei, habe zunächst die Ehefrau und seine jüngeren Kinder die Einreise nach Österreich beantragt. Die Beschwerdeführerin sei zunächst im Herkunftsland bei ihrem Onkel geblieben. Während dieser Zeit sei die Beschwerdeführerin und ihre Eltern mit Hilfe des Telefons ihres Onkels in regelmäßigem telefonischen Kontakt gewesen. Nachdem im Heimatort jedoch Kriegsunruhen ausgebrochen seien, sei die Beschwerdeführerin und ihr Onkel auf der Flucht getrennt worden. Deshalb sei der Kontakt mit ihren Eltern zwischenzeitlich abgebrochen. Nachdem der Kontakt zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Onkel - und somit auch mit ihren Eltern - wiederhergestellt werden hätte können, habe die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Einreiseantrag eingebracht. In der Demokratischen Republik Kongo gelte - wie auch in Österreich - die Ehelichkeitsvermutung. Da die Vaterschaft des Stiefvaters vom leiblichen Vater niemals angefochten worden sei, handle es sich bei dem Stiefvater nach wie vor um den rechtmäßigen Vater der Beschwerdeführerin. Somit sei es auch nicht verwunderlich, dass dieser in der Geburtsurkunde als Kindesvater angeführt werde. Zu den angeblichen widersprüchlichen Angaben der Bezugsperson und des Stiefvaters sei auszuführen, dass ihnen keine schriftliche Ausfertigung ihrer Einvernahme ausgehändigt worden sei, weshalb es ihnen nur bedingt möglich sei dazu Stellung zu nehmen. Nichtsdestotrotz wäre angesichts der widersprüchlichen Angaben im konkreten Fall die Durchführung einer DNA- Analyse durchzuführen gewesen. Zu den Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 AsylG werde ausgeführt, dass zwar die Bezugsperson derzeit keiner Beschäftigung nachgehe, ihr Ehegatte jedoch aufgrund seiner Erwerbstätigkeit über feste und regelmäßige eigene Einkünfte verfüge. Sein Einkommen sei schon aufgrund der Ehe mitzuberücksichtigen. Bezüglich der Versicherung sei eine Bestätigung der künftigen möglichen Mitversicherung der Beschwerdeführerin über den Stiefvater vorgelegt worden. Unter Berücksichtigung von Art. 8 EMRK werde angeführt, dass es sich im gegenständlichen Fall um ein minderjähriges, alleinstehendes Mädchen handle, welches den Wunsch hege, ihr Familienleben mit ihren Eltern und Geschwistern in Österreich fortzusetzen.
Der Stellungnahme beigelegt waren, den Stiefvater betreffend folgende Dokumente:
- zwei Abrechnungsbelege für August 2019
- Lohn-/Gehaltsabrechnung(en) für Juni, Juli und September 2019
6. Mit Schreiben vom 25.10.2019 teilte das BFA mit, dass an der negativen Wahrscheinlichkeitsprognose festgehalten werde.
7. Mit Bescheid vom 28.10.2019, verweigerte die ÖB Nairobi die Erteilung der Einreisetitel gem. § 26 FPG iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass Die Beschwerdeführerin die Erfüllung der Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 abs. 2 Z 1-3 AsylG nicht nachweisen habe können und die Einreise der Beschwerdeführerin zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geboten erscheine. Darüber hinaus hätten sich im Verfahren eine Vielzahl von Widersprüchen ergeben.
8. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, in welcher im Wesentlichen das Vorbringen in der Stellungnahme wiederholt und zudem erklärt wurde, dass die Beschwerdeführerin im Zuge ihrer Stellungnahme vom 10.11.2019 beantragt habe eine Belehrung gem. § 13 Abs. 4 BFA-VG durchzuführen und das Ergebnis des DNA-Tests abzuwarten um die Zweifel der Behörde bezüglich der Familienangehörigeneigenschaft der Beschwerdeführerin zu zerstreuen. Diesem Antrag sei die belangte Behörde jedoch nicht nachgekommen und habe auch sonst, trotz detaillierter Angaben zum Familienleben keine weiteren Erhebungen getätigt. Insbesondere seien die vorgelegten Nachweise der Erteilungsvoraussetzungen gem. § 60 Abs. 2 AsylG nicht gewürdigt worden, obwohl die Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs ausführlich begründet habe, warum diese zu berücksichtigen wären.
9. Mit Verbesserungsauftrag vom 28.11.2019 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert ihre Geburtsurkunde unter Anschluss einer Übersetzung in die deutsche Sprache innerhalb einer Woche ab Zustellung vorzulegen, da die vorgelegte Beschwerde andernfalls ohne weiteres Verfahren zurückgewiesen werde.
10. Am 05.12.2019 wurde die deutsche Übersetzung per E-Mail übermittelt.
11. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 07.01.2020 wies die ÖB Nairobi die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.
12. Am 21.01.2020 wurde bei der ÖB Nairobi ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
Im Akt befinden sich die niederschriftliche Einvernahme der Bezugsperson und des Stiefvaters vom 29.08.2018.
13. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 13.02.2020, eingelangt am 20.02.2020, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 18.06.2019 als Minderjährige einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gem.
Als Bezugsperson wurde XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo, als Mutter namhaft gemacht, welcher mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) vom 11.07.2011, der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde. In der Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin wird der Ehemann der Bezugsperson als Vater angeführt. Diesem wurde in Österreich der Status des Asylberechtigten zuerkannt, bei ihm handelt es sich nicht um den biologischen Vater der Beschwerdeführerin, sondern um den in der Geburtsurkunde angeführten Kindsvater.
Die belangte Behörde hat es im vorliegenden Fall unterlassen, hinreichende Feststellungen zur Familieneigenschaft der Beschwerdeführerin zu treffen.
Die Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde erweisen sich als gravierend mangelhaft, weil es anhand der bisherigen Ermittlungen nicht möglich ist zu überprüfen, ob die Beschwerdeführerin die Tochter der in Österreich asylberechtigten Bezugsperson ist.
Es wurden keinerlei Ermittlungen zur Frage, ob die Beschwerdeführerin die Tochter der in Österreich asylberechtigten Bezugsperson ist, durchgeführt. Der maßgebliche Sachverhalt wurde daher von der belangten Behörde bisher nicht festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akt der ÖB Nairobi, insbesondere dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in Verbindung mit den Einvernahmen der Bezugsperson und deren Ehemann.
Die belangte Behörde hat die angefochtene Entscheidung damit begründet, dass die Voraussetzungen gem. § 60 abs. 2 Z 3 AsylG von der Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen worden seien und eine Einreise der Beschwerdeführerin iSd Art. 8 EMRK nicht geboten erscheinen. Darüber hinaus hätten sich im Verfahren eine Vielzahl an Widersprüchen ergeben.
Da die belangte Behörde keine hinreichenden Ausführungen bzw. Feststellungen über die maßgebliche Familieneigenschaft der Beschwerdeführerin getroffen hat, ist es dem Bundesverwaltungsgericht nicht möglich zu überprüfen, ob die Beschwerdeführerin das zur Antragstellung minderjährige Kind der in Österreich asylberechtigten Bezugsperson ist. So spricht die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung davon, dass die Bezugsperson die "vorgebliche" Mutter der Beschwerdeführerin wäre. Eine DNA-Überprüfung wurde jedoch unterlassen.
Dies stellt eine besonders gravierende Ermittlungslücke dar.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) lauten wie folgt:
"§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Verfahren vor dem Verwaltungsgericht
Anzuwendendes Recht
§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Erkenntnisse
§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4... )"
§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs. 4 Z 13) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 idgF (AsylG) lauten wie folgt:
"Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden
§ 35. (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat."
Zu A) Aufhebung und Zurückverweisung
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034, unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, Zl. 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, Zl. 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.
Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) BFA über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige BFA die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (vgl. BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1 u.a.).
Da es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz - FNG,
BGBl. I Nr. 87/2012, geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems dem Bundesverwaltungsgericht offen steht, auch die Einschätzung des BFA über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), ergibt sich nach Ansicht der zuständigen Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes im Fall der Beschwerdeführerin folgende Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens:
Der im gegenständlichen Verfahren anwendbare § 35 Abs. 5 AsylG idF BGBl. I Nr. idF
BGBl. I Nr. 56/2018 bestimmt, dass ein minderjähriges lediges Kind eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, als Familienangehöriger im Sinne des Abs. 1 leg. cit. zu betrachten ist.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG kommt bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken in Betracht, insbesondere dann, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde keinerlei Ausführungen bzw. Feststellungen darüber, ob die zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige Beschwerdeführerin das Kind der in Österreich asylberechtigten Bezugsperson ist, getroffen, sondern den angefochtenen Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung lediglich damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs.2 AsylG nicht erfüllt wären und es Widersprüche bei den Aussagen der Bezugsperson und ihrem Ehegatten gegeben hätte. Die Bezugsperson werde nur als "vorgebliche" Mutter geführt, ein DNA Test wurde jedoch keiner angeordnet bzw. durchgeführt. Die Widersprüche, auf die sich die belangte Behörde bezieht, betreffen zudem "lediglich" die Schwangerschaft und die Ehe der Bezugsperson und ihres Ehegatten, sie lassen daher wenig bis keine Rückschlüsse auf die Familieneigenschaft der Beschwerdeführerin ziehen.
Zudem stützt sich die belangte Behörde darauf, dass die Bezugsperson bereits vor mehr als acht Jahren die Demokratische Republik Kongo verlassen hat und mit zwei minderjährigen Kindern ihrem in Österreich asylberechtigten Ehemann nachgezogen sei. Erst acht Jahre nach Statuszuerkennung sei der gegenständliche Antrag gestellt worden. Konkrete Hinweise auf eine Gefährdung des Kindeswohls der Beschwerdeführerin, die von ihrer Mutter bei ihrem Onkel gelassen worden sei, gehen nicht hervor.
Im gegenständlichen Verfahren wurde von Seiten der Beschwerdeführerin eine Aufklärung sowie die Durchführung einer DNA-Analyse gefordert und eine diesbezügliche ausdrückliche Einwilligung abgegeben (vgl. insbesondere die Ausführungen in der Stellungnahme vom 11.10.2019). Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt eine derartige Belehrung offenbar nicht in Erwägung gezogen, da eine Gefährdung des Kindeswohls und das Nichtbestehen eines Familienlebens im gegenständlichen Fall angenommen wurden. Sollte die Behörde im fortgesetzten Verfahren nach weiteren anzustellenden Ermittlungen zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu dem Schluss kommen, dass aufgrund der vorgelegten Dokumente Zweifel am tatsächlichen Bestehen des behaupteten Familienverhältnisses bestehen, wären die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 4 BFA-VG über die Möglichkeit der Durchführung einer DNA-Analyse zum Nachweis des behaupteten Familienverhältnisses zu belehren.
Das BFA wird daher im fortgesetzten Verfahren mittels DNA Test die Familienangehörigeneigenschaft zu prüfen haben und in weiterer Folge eine Interessensabwägung iSd Art. 8 EMRK Prüfung durchzuführen haben und festzustellen haben, ob ein schützenswertes Familienleben zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson besteht.
Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens hin, weshalb die notwendigen Ermittlungen zur Angehörigeneigenschaft der Beschwerdeführerin zur Bezugsperson in Österreich bzw. (gegebenenfalls) zur Art. 8 EMRK-Relevanz nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieser Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung DNA-Daten Ermittlungspflicht Gutachten Kassation mangelnde SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W240.2228752.1.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020