TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/4 G301 2228838-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.05.2020
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Entscheidungsdatum

04.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs4

Spruch

G301 2228838-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Dominikanische Republik, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg, vom 31.01.2020, Zl. XXXX, betreffend Rückkehrentscheidung und unbefristetes Einreiseverbot, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides wie folgt lautet:

"III. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die DOMINIKANISCHE REPUBLIK zulässig ist."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Vorarlberg, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zugestellt am 03.02.2020, wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG "nach" (ohne Anführung des Zielstaates, Anm.) zulässig ist (Spruchpunkt III.), gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 und 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.

Mit dem am 19.02.2020 beim BFA, Regionaldirektion Vorarlberg, eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und V. des oben genannten Bescheides. Die übrigen Spruchpunkte des Bescheides blieben unangefochten.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 24.02.2020 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik.

Der BF wurde am XXXX.2015 in XXXX wegen des Verdachts des in XXXX begangenen Mordes an seiner früheren Freundin festgenommen und am XXXX.02.2016 nach einem Auslieferungsverfahren von XXXX in die Justizanstalt XXXX überstellt.

Der BF weist in Österreich folgende rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung auf:

01) LG XXXX XXXX vom XXXX RK XXXX

§ 190 (1) StGB

§ 75 StGB

§ 98 (1) 1. Fall StGB

§ 169 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat XXXX.2015

Freiheitsstrafe lebenslang

Festgestellt wird, dass der BF die mit dem oben genannten Urteil festgestellten strafbaren Handlungen begangen und das im Urteil jeweils näher umschriebene strafbare Verhalten gesetzt hat.

Der BF wurde mit dem angeführten Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB, wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs. 1 StGB, wegen des Vergehens des Schwangerschaftsabbruches ohne Einwilligung der Schwangeren nach § 98 Abs. 1 erster Fall StGB sowie wegen des Vergehens der Störung der Totenruhe nach § 190 Abs. 1 StGB zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechtskräftig (ab XXXX) verurteilt. Der BF hat demnach am XXXX.2015 seine im fortgeschrittenen Stadium schwangere frühere Freundin getötet, indem er, während sie im Bett lag, auf ihren Oberkörper kniete und sie bis zum Eintritt des Todes von vorne würgte, wobei er ihr die Atemöffnungen zuhielt. Des Weiteren hat der BF in der Wohnung, die im Eigentum der Eltern der früheren Freundin steht, ohne Einwilligung der Eigentümer eine Feuersbrunst verursacht, indem er im Anschluss an die oben angeführte Tat, im Erdgeschoss-Schlafzimmer im Bereich des Bettes, in welchem sich der Leichnam der früheren Freundin des BF befand, Feuer legte, woraufhin sich das Feuer im Schlafzimmer ausbreitete, sodass die Wohneinheit im Erdgeschoss, insbesondere das Schlafzimmer, stark beschädigt wurde und die weiteren Bereiche des Gebäudes von Rauchgasniederschlägen betroffen waren, wobei zur Brandbekämpfung eine Vielzahl von Feuerwehrleuten notwendig war. Durch die Ermordung der früheren Lebensgefährtin hat der BF ohne Einwilligung der Schwangeren deren fortgeschrittene Schwangerschaft abgebrochen. Des Weiteren hat der BF durch die Brandstiftung den Leichnam der früheren Freundin misshandelt, wodurch dieser fortgeschrittene Hitzeschädigungen in Form von Verbrennung bis hin zu Verkohlungen, vor allem an Kopf, oberer Brustkorbhälfte, Halsvorderseite und Gliedmaßen, davontrug. Bei der Strafbemessung wurden vom Strafgericht der bisher ordentliche Lebenswandel des BF als mildernd, hingegen das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit zwei Vergehen sowie sein heimtückisches und grausames Handeln als erschwerend gewertet.

Der BF befindet sich in Strafhaft, die derzeit in der Justizanstalt XXXX vollzogen wird.

Der BF verfügte in Österreich zu keiner Zeit über einen melderechtlich angemeldeten Wohnsitz. Nach Auskunft des XXXX Ausländer- und Passamts an die Landespolizeidirektion (LPD) XXXX ist die bisherige Daueraufenthaltsbewilligung des BF in Liechtenstein erloschen. Der BF hat seit dem XXXX.2018 keine Bewilligung und keinen Wohnsitz mehr in XXXX.

Der BF verfügt in Österreich über keine familiären oder nennenswerten privaten Bindungen. Anhaltspunkte für eine berücksichtigungswürdige Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht liegen nicht vor. Der private und familiäre Lebensmittelpunkt des BF befand sich in XXXX, wo er seit seinem 15. Lebensjahr bis zu seiner Auslieferung nach Österreich lebte. Dort sind auch seine beiden Schwestern und seine Mutter, seine Freundin und seine sonstigen sozialen Kontakte aufhältig.

In der Dominikanischen Republik leben noch der Vater des BF sowie entferntere Verwandte wie Tanten und Onkel, zu denen der BF eigenen Angaben zufolge allerdings keinerlei Kontakt hat. In der Dominikanischen Republik war der BF zuletzt für ca. drei Wochen zum Jahreswechsel 2014/2015.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

In der Beschwerde wird den entscheidungswesentlichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht substanziiert entgegengetreten und auch sonst kein dem festgestellten Sachverhalt entgegenstehendes oder darüber hinaus gehendes Vorbringen in konkreter und substanziierter Weise erstattet. So liegen auch keine widerstreitenden oder sonst strittigen Ermittlungsergebnisse im Zusammenhang mit der Feststellung des relevanten Sachverhaltes vor. Mit der vorliegenden Beschwerde wurde im Wesentlichen nur die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - bezüglich der Spruchpunkte III. und V. - bekämpft.

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung und zur Haft ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt, insbesondere dem im Verwaltungsakt einliegenden rechtskräftigen Strafurteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX (AS 121).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1 Prozessgegenstand und Prüfungsumfang:

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurden nur der Spruchpunkt III. (betreffend Zulässigkeit der Abschiebung) und der Spruchpunkt V. (betreffend Erlassung eines unbefristeten Einreiseverbots) des angeführten Bescheides angefochten. Die übrigen Spruchpunkte des Bescheides blieben unangefochten und sind damit in Rechtskraft erwachsen.

Gemäß § 27 iVm. § 9 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, beschränkt sich die Prüfung der vorliegenden Beschwerde somit auf die Spruchpunkte III. und V. des angefochtenen Bescheides.

3.2. Zur Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat:

Die belangte Behörde hat in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG "nach" zulässig ist, ohne jedoch den Zielstaat der Abschiebung anzuführen.

In der Beschwerde wird diese Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung einzig aus dem Grund bekämpft, dass darin nicht festgehalten worden sei, auf welchen Staat sich die Zulässigkeit der Abschiebung beziehen würde.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Es trifft zwar der Einwand in der Beschwerde zu, wonach in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides der Zielstaat einer Abschiebung (Herkunftsstaat) nicht angeführt wurde, allerdings war aufgrund der Begründung des Bescheides unzweifelhaft davon auszugehen, dass es sich dabei offenbar um eine Nachlässigkeit bzw. um ein redaktionelles Versehen handelt, was für sich allein gesehen aber keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des gesamten Spruchpunktes bedeutet. So stellte die belangte Behörde in Bezug auf den Herkunftsstaat einerseits fest, dass der BF Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik ist, und traf andererseits die allgemeinen herkunftsstaatsbezogenen Feststellungen ausschließlich zur Dominikanischen Republik. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt III. (S. 29 des Bescheides) ohne jeglichen Zusammenhang mit dem vorliegenden Sachverhalt fälschlich ausgeführt wird, dass die Abschiebung "nach Serbien" zulässig sei.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Umstände dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat Dominikanische Republik unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. mit der im Spruch angeführten Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass Spruchpunkt III. einen mit "DOMINIKANISCHE REPUBLIK" ergänzten Wortlaut erhält.

3.3. Zum Einreiseverbot:

Die belangte Behörde hat das gegenständliche - unbefristete - Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 und 5 FPG gestützt und im Wesentlichen mit dem Umstand begründet, dass der BF auf Grund der von ihm begangenen Straftaten (Verbrechen des Mordes, Verbrechen der Brandstiftung, Vergehen des Schwangerschaftsabbruches ohne Einwilligung der Schwangeren und Vergehen der Störung der Totenruhe) und aufgrund der Schwere seines Fehlverhaltens eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Letztlich liege auch eine negative Gefährlichkeitsprognose vor.

Gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist (Z1) oder wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist (Z 5).

Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

Gemäß § 53 Abs. 5 FPG liegt eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der BF begründet die Beschwerde hinsichtlich des Einreiseverbotes im Wesentlichen damit, dass das unbefristete Einreiseverbot in das Recht auf Privat- und Familienleben des BF in XXXX eingreife und die Behörde es unterlassen habe, eine diesbezügliche Interessensabwägung - Gegenüberstellung einerseits der Interessen des BF am Nichtbestehen eines Einreiseverbotes und andererseits der Interessen Österreichs an der Sicherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit - durchzuführen. Es wurde daher beantragt, den Spruchpunkt V. (unbefristetes Einreiseverbot) zu beheben bzw. die Dauer des Einreiseverbotes zu befristen sowie die Gültigkeit des Einreiseverbotes auf Österreich zu beschränken bzw. zumindest XXXX vom Geltungsbereich auszunehmen.

Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.02.2013, Zl. 2012/18/0230).

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist; nach § 53 Abs. 3 Z 5 FPG, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der BF ist Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er wurde vom Strafgericht wegen des Verbrechens des Mordes, des Verbrechens der Brandstiftung, des Vergehens des Schwangerschaftsabbruches ohne Einwilligung der Schwangeren sowie des Vergehens der Störung der Totenruhe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt. Diese Strafe ist noch nicht zur Gänze vollstreckt und folglich auch nicht getilgt (§ 53 Abs. 5 FPG). Der BF befindet sich bereits seit XXXX.2015 durchgehend in Haft.

Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot daher zu Recht auf § 53 Abs. 3 Ziffern 1 und 5 FPG (Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten bzw. Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren) gestützt.

Gerade die Art und Schwere der vom BF begangenen Straftaten, nämlich die Ermordung seiner früheren Freundin, die im fortgeschrittenen Stadium schwanger war, indem er während sie im Bett lag, auf ihren Oberkörper kniete und sie bis zum Eintritt des Todes von vorne würgte, wobei er ihr die Atemöffnungen zuhielt und anschließend durch das Legen von Feuer den Leichnam misshandelte, wodurch dieser Verbrennungen bis hin zu Verkohlungen davontrug, weisen ohne Zweifel auf eine extreme und hemmungslose Gewaltbereitschaft und außerordentliche Gefährlichkeit des BF hin. Gerade auch die Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe weist auf ein massives persönliches Fehlverhalten hin, welches eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt, da der seit der Tat verstrichene Zeitraum als zu kurz anzusehen ist, um gänzlich von einem Wegfall der Gefährdung zu sprechen, zumal auch der Vollzug der Freiheitsstrafe nach wie vor andauert. Dieses heimtückische und grausame Handeln des BF lässt letztlich auch eine Prognose für eine Tatwiederholungsgefahr jedenfalls nicht als unbegründet erscheinen, zumal beim BF bislang eine allenfalls ernst zu nehmende Reue oder eine künftig zu erwartende Besserung des persönlichen Verhaltens nicht zu erkennen ist.

In der Beschwerde wurde auf die vom BF begangene Straftat, abgesehen von der Erwähnung der lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes, überhaupt nicht eingegangen. Anzeichen dahingehend, dass dem BF der massive Unrechtsgehalt seiner abscheulichen Tat in Gestalt eines der schlimmsten Verbrechen bewusst wäre oder dass er diese Tat zutiefst bereuen würde, liegen nicht vor.

Letztlich weisen all diese Umstände unzweifelhaft auf eine beträchtliche kriminelle Energie des BF hin, die wiederum unter Bedachtnahme auf die massive Gefährdung von Menschen durch schwerste Gewaltverbrechen eine Erheblichkeit der Gefahr annehmen lassen.

Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Verbrechen gegen Leib und Leben, stellt ein Grundinteresse der Gesellschaft dar.

Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann daher eine Gefährdung von öffentlichen Interessen, insbesondere an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Verhinderung von Gewaltverbrechen), als gegeben angenommen werden (vgl. VwGH 19.05.2004, Zl. 2001/18/0074).

Angesichts dessen sind letztlich auch Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat auftreten können, im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und insgesamt an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen (vgl. VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2015/21/0180).

Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machen würde, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Schwere des Verstoßes gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.

Was den räumlichen Geltungsbereich des Einreiseverbotes anbelangt, ist festzuhalten, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union außer Irland, sowie die assoziierten Schengen-Staaten Schweiz, Norwegen, Island und XXXX an die Rückführungsrichtlinie gebunden sind (vgl. die Pressemitteilung der Europäischen Kommission IP/11/1097 vom 29.09.2011). Daraus folgt, dass sich der räumliche Umfang der in § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011 festgelegten Anweisung schon aus den gesetzlichen in Verbindung mit den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt und somit die Staaten erfasst, für die die Rückführungsrichtlinie gilt. Dieses Gebiet ist nicht deckungsgleich mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ausgenommen ist Irland und es kommen Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein dazu. In diesem Sinn ist der in § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011 verwendete, offenbar aus der Rückführungsrichtlinie übernommene Begriff "Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten" auszulegen. Es ist somit nicht erforderlich, im Spruch eines Bescheides, mit dem gemäß § 53 Abs. 1 FPG idF FrÄG 2011, somit iSd. Art. 11 Abs. 1 iVm. Art. 3 Z 6 Rückführungsrichtlinie ein Einreiseverbot erlassen wird, jene Staaten, für die das Verbot der Einreise und des Aufenthaltes ausgesprochen wird, noch einmal konkret zu nennen, sofern deutlich wird, dass es sich um ein Einreiseverbot handelt (VwGH 22.05.2013, Zl. 2013/18/0021). Für die Einschränkung des räumlichen Geltungsbereiches des Einreiseverbotes auf Österreich gibt es keine gesetzliche Grundlage (VwGH 28.05.2015, Ra 2014/22/0037).

Was die unbefristete Dauer des von der belangten Behörde verhängten Einreiseverbotes anbelangt, so erweist sich diese ebenso als rechtmäßig:

Ein auf den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 5 FPG gestütztes Einreiseverbot wie im vorliegenden Fall kann nicht nur für die Dauer von höchstens zehn Jahren, sondern auch unbefristet erlassen werden. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes sind das konkrete Fehlverhalten und der Unrechtsgehalt der begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründen, aber auch die familiären und privaten Umstände des Betroffenen maßgeblich zu berücksichtigen.

Eine Befristung des Einreiseverbotes ist auch bei Berücksichtigung der privaten und familiären Interessen des BF in Liechtenstein nicht möglich. Die mit dem unbefristeten Einreiseverbot einhergehende Unmöglichkeit, Familienmitglieder (Mutter, Schwestern, Freundin) in einem Mitgliedstaat des Schengen-Raums zu besuchen, ist im öffentlichen Interesse an der Verhinderung schwerster Straftaten in Kauf zu nehmen.

Die unbefristete Erlassung des gegenständlichen Einreiseverbotes durch die belangte Behörde steht im Hinblick auf die bereits näher dargelegten Umstände, die zur Erlassung des Einreiseverbotes geführt haben, insbesondere den massiven Unrechtsgehalt und die hervorstechende Abscheulichkeit der vom BF begangenen Verbrechen, die vom Strafgericht mit lebenslanger Freiheitsstrafe verhängte Höchststrafe, sowie die bislang nicht erkennbare Reue für dieses Verbrechen sowie die schwerwiegenden Folgen eines solchen Gewaltverbrechens für andere betroffene Menschen in angemessener Relation.

Das dargestellte persönliche Fehlverhalten des BF ist jedenfalls Grundinteressen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere an der Verhinderung von schwersten Gewaltverbrechen, massiv zuwidergelaufen. Eine Befristung des Einreiseverbotes kam daher nicht in Betracht, sondern war gerade auch zum Schutz der angeführten öffentlichen Interessen in Österreich, aber auch in anderen europäischen Staaten, geboten. Alles andere als ein unbefristetes Einreiseverbot erscheint vor dem Hintergrund des gegenständlichen Falles jedenfalls als nicht angemessen.

Bei einem in Strafhaft befindlichen Fremden ist überdies für einen Wegfall einer von diesem ausgehenden Gefährdung im Sinne des § 53 FPG in erster Linie das gezeigte Wohlverhalten in Freiheit maßgeblich (VwGH 28.01.2016, Zl. Ra 2016/21/0013 mwN).

Da sich das angeordnete Einreiseverbot als rechtmäßig und die festgesetzte unbefristete Dauer des Einreiseverbotes als angemessen erwiesen haben, war die Beschwerde insoweit gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 und 5 FPG als unbegründet abzuweisen.

3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9). Mit der vorliegenden Beschwerde wurde im Wesentlichen nur die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid bekämpft.

Es konnte daher - trotz des in der Beschwerde gestellten Antrages - gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

3.5. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist teilweise zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Abschiebung Interessenabwägung öffentliche Interessen Resozialisierung Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G301.2228838.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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