Entscheidungsdatum
05.05.2020Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
G307 2222185-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX,StA.: Kroatien, vertreten durch AUER, BODINGBAUER, LEITNER, STÖGLEHNER Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 03.07.2019, Zahl XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird s t a t t g e g e b e n und der angefochtene Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 29.09.2017, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zugestellt am 02.10.2017, wurde dieser anlässlich seiner Festnahme über den in Aussicht genommenen Ausspruch eines Aufenthaltsverbotes für den Fall einer neuerlichen Verurteilung in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde er zur dahingehenden Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens aufgefordert.
2. Mit Aktenvermerk vom 19.04.2018 hielt das BFA unter Hinweis auf das Vorliegen einer Aufenthaltsverfestigung iSd. § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG idF BGBl. I 70/2015, fest, dass die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht möglich wäre.
3. Mit neuerlichem Schreiben vom 09.05.2019 wurde der BF unter Verweis auf seine Verurteilung durch das Landesgericht XXXX (LG XXXX) zu Zahl XXXX vom XXXX.2018 wegen § 87 Abs. 1 StGB zu einer 2jährigen Freiheitsstrafe über die beabsichtigte Verhängung eines Aufenthaltsverbotes in Kenntnis gesetzt. Zudem wurde er zur Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung dieser Aufforderung angehalten.
4. Mit per E-Mail am 21.05.2019 beim BFA eingebrachtem Schreiben gab der BF durch seine vormalige Rechtsvertretung (im Folgenden: RV), GKP Gabl - Kogler - Leitner - Stöglehner Bodingbauer Rechtsanwälte OG dazu eine Stellungnahme ab.
5. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, der RV des BF zugestellt am 08.07.2019, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs. 3 FPG dem BF kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) sowie einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
6. Mit per E-Mail am 05.08.2018 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seine ehemalige RV Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurden neben der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, jeweils in eventu, die Behebung des Bescheides, die Herabsetzung der Befristung des Aufenthaltsverbotes, sowie die Zurückverweisung der Rechtsache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde, beantragt.
7. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt, wo beide am 09.08.2019 einlangten.
8. Mit Beschluss des BVwG; GZ.: G307 2222185-1/2Z, vom 27.11.2019, wurde der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
9. Mit am 24.01.2020 beim BVwG eingelangtem Schreiben wurde bekannt gegeben, dass nunmehr die Auer Bodingbauer - Leitner - Stöglehner Rechtsanwälte OG ausschließlich mit der rechtlichen Vertretung des BF betraut worden sei.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Namen und Geburtsdatum), ist Staatsangehöriger der Republik Kroatien und Vater der XXXX, geb. XXXX.
Der BF wurde in Österreich geboren und hält sich, abgesehen von Urlaubsfahrten in den Herkunftsstaat, seit seiner Geburt durchgehend im Bundesgebiet auf, wo er die Volks- und Hauptschule sowie den Polytechnischen Lehrgang besuchte. Diesen beendete er vorzeitig und schloss eine am 18.01.2016 begonnene sowie am 31.01.2017 abgebrochene Lehre als Betriebslogistikkaufmann bei der XXXX nicht ab.
In der Vergangenheit war der BF im Besitz einer wiederholt verlängerten Niederlassungsbewilligung, zuletzt gültig bis 11.04.2014.
Von 18.06.2010 bis 08.11.2010, 15.12.2010 bis 15.12.2010, 26.01.2011 bis 25.03.2011, 13.07.2011 bis 31.08.2011, 13.12.2011 bis 15.12.2011 sowie 13.08.2012 bis 31.10.2012 ging der BF unselbstständigen Erwerbstätigkeiten in Österreich nach und bezog von 26.06.2008 bis 07.07.2008, 26.03.2011 bis 12.12.2011, 04.01.2012 bis 17.06.2012, 11.01.2013 bis 16.12.2013, 14.01.2014 bis 17.01.2016, 10.02.2017 bis 26.09.2017, 31.05.2019 bis 09.07.2019, 08.01.2020 bis 30.01.2020 und bezieht seit 01.02.2020 Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung. Aktuell ist der BF geringfügig beschäftigt und zudem im Besitz einer Einstellungszusage der XXXX.
Der BF wurde bis dato immer wieder von seiner Mutter, XXXX, geb. XXXX, finanziell unterstützt und lebt aktuell mit seiner Lebensgefährtin, XXXX, geb. XXXX, StA.: Österreich, der gemeinsamen Tochter, XXXX, geb. XXXX, StA.: Österreich sowie mit seinem Vater, XXXX, geb. XXXX, im gemeinsamen Haushalt. Die Mutter und der Vater des BF sind jeweils kroatische Staatsbürger (EWR-Bürger) und halten sich zudem der Bruder, Tanten, Onkeln und Cousins und Cousinen in Österreich auf. Zudem verfügt der BF über einen großen Freundeskreis im Bundesgebiet.
Der BF wird wegen seiner Drogensucht medikamentös behandelt und musste von XXXX.2019 bis XXXX.2019 wegen eines Unfalls (Sturz durch eine Glastüre) stationär behandelt und operiert werden.
Das Vorliegen einer lebensbedrohlichen schweren Erkrankung sowie eine Erwerbsunfähigkeit konnten jedoch nicht festgestellt werden.
Der BF weißt folgende strafgerichtliche Verurteilungen im Bundesgebiet auf:
1. LG XXXX, Zahl XXXX, vom XXXX.2007, RK XXXX.2007, wegen §§ 15/1, 127, 129/1 StGB, § 125 StGB: Freiheitsstrafe von 3 Monaten bedingt nachgesehen. (Jugendstraftat)
Der BF wurde darin schuldig befunden, er habe in der Nacht von XXXX.2007 auf XXXX.2007 in XXXX großteils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem abgesondert verfolgten Täter, in insgesamt 8 Angriffen anderen fremde bewegliche Sachen durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern sowie eine fremde Sache, nämlich das Wartehaus bei einem Bahnhof, durch Einschlagen der Fensterscheibe beschädigt.
Als mildernd wurden dabei das Geständnis, die Unbescholtenheit, der teilweise Versuch, die teilweise Schadensgutmachung sowie das jugendliche Alter, als erschwerend die Tatwiederholung sowie das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen gewertet.
2. LG XXXX, Zahl XXXX, vom XXXX.2010, RK XXXX.2010, wegen §§ 87/1, 87/2 (1.Fall) StGB, §§ 27 Abs. 1/1 (1., 2., 8. Fall), 27 Abs. 1/1 (1., 2. Fall) 27/2 SMG; Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt nachgesehen. (Jugendstraftat). Zudem wurde der BF bedingt aus dem Rest des unbedingten Teils der Freiheitsstrafe am XXXX.2010 bedingt entlassen.
Der BF wurde im Zuge dieser Verurteilung für schuldig befunden, er habe
I. am XXXX.2009 in XXXX ein männliches Opfer unter Verwendung eines Taschenmessers mit einer Klingenlänge von ca. 9 cm eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) absichtlich dadurch zugefügt, dass er ihm einen Stich in den Oberbauch sowie in den linken Oberarm versetzt habe, wodurch das Opfer eine Stichverletzung des Bauches mit oberflächlicher Läsion der Leber sowie eine fingertiefe Wunde mit Beteiligung der Muskulatur am linken Oberarm, sohin (hinsichtlich des Bauchstiches) eine an sich schwere Verletzung, verbunden mit einer mehr als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit, erlitten habe, wobei die Tat eine schwere Dauerfolge (§ 85 StGB), nämlich eine auffallende Verunstaltung in Form einer ausgedehnten Narbe an der Bauchdecke des Opfers zur Folge gehabt habe;
II. in der Zeit von XXXX.2007 bis XXXX.2008 in XXXX, ca. 50 Marihuana-Joints gemeinsam mit abgesondert verfolgten Tätern, konsumiert, wobei das Suchtgift teilweise von ihm aber auch von seinen Freunden zur Verfügung gestellt worden sei und des Weiteren Mitte März 2008 in Linz von einem unbekannten Schwarzafrikaner ein Gramm Kokain erworben und bis zum Eigenkonsum bzw. zum gemeinsamen Konsum mit seiner Freundin besessen, sohin vorschriftswidrig Suchtgift erworben, besessen und anderen überlassen;
III. in der Zeit von August 2007 bis XXXX.2007 eine Ecstasytablette erworben und bis zum Eigenkonsum besessen, sohin vorschriftwidrig Suchtgift erworben und besessen, wobei er die Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen habe.
Als mildernd wurden das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung sowie die leicht eingeschränkte Dispositionsfähigkeit, als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe gewertet.
3. BG XXXX, Zahl XXXX, vom XXXX.2015, RK XXXX.2015, wegen § 83 (1) StGB; Geldstrafe von 90 Tagsätzen zu je EUR 4 (Junger Erwachsener)
Dem BF wurde darin angelastet, er habe am XXXX.2011 in XXXX ein weibliches Opfer im Bereich des Kopfes, des Beckens, des Bauches und des linken Knies verletzt, indem er dieses am Hals gepackt, zu Boden gestoßen und ihm einen Fußtritt gegen den Oberkörper versetzt habe, wobei dieses Prellungen und Schmerzen erlitten habe.
Als mildernd wurden dabei das Teilgeständnis, das Alter unter 21 Jahren, das Wohlverhalten seit der Tat sowie die Entschuldigung beim Opfer, als erschwerend zwei einschlägige Vorstrafen gewertet.
4. BG XXXX, Zahl XXXX, vom XXXX.2016, RK XXXX.2016, wegen §§ 27 (1) Z 1 1., 2. Fall, 27 (2) SMG; Geldstrafe von 30 Tagsätzen zu je ? 4,00, Zusatzstrafe zu XXXX, Zl. XXXX.
Der BF wurde darin für schuldig befunden, er habe
1. in XXXX und anderen Orten Österreichs von Ende Jänner 2013 bis 27.07.2013 in mehrfachen Angriffen unbekannte Mengen Subutex-Tabletten (Buprenorphin) sowie einmal Crystal Meth (Methamphetamin) erworben und bis zum jeweiligen Eigenkonsum besessen sowie
2. am XXXX.2013 zwei Stück Subutex-Tabletten a 2 mg um ? 10,00 angekauft und bei der Betretung durch Polizeibeamte besessen,
wobei er sämtliche Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begangen habe
Als mildernd wurden das Geständnis, als erschwerend die Tatwiederholungen, eine einschlägige Vorstrafe sowie Taten bei anhängigem Strafverfahren gewertet.
5. LG XXXX, Zahl XXXX, vom XXXX.2018, RK XXXX.2018, wegen § 87 (1) StGB; Freiheitsstrafe von zwei Jahren.
Der BF wurde darin schuldig befunden, er habe am XXXX.2017 in XXXX ein männliches Opfer durch Versetzen eines Stiches mit einem bislang unbekannten Messer in die linke Bauchgegend in Form einer Stichwunde im Bereich des Unterbauches mit Eröffnung des Bauchraumes und 5mm großer Perforation der Harnblase absichtlich eine an sich schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1) verbunden mit einer über 24 Tage andauernden Gesundheitsschädigung oder Berufsunfähigkeit zugefügt.
Als mildernd wurden das Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung sowie die Provokation durch das Opfer, als erschwerend 2 einschlägige Vorstrafen sowie die 2-fache Qualifikation gewertet.
Es wird festgestellt, dass der BF die beschriebenen Straftaten begangen und die angeführten Verhaltensweisen gesetzt hat.
Der BF wurde zuletzt von XXXX.2017 bis XXXX.2017 in Haft angehalten, wobei er mit Beschluss des LG XXXX, XXXX vom XXXX.2019, am XXXX.2019 unter Anordnung der Bewährungshilfe bedingt aus seiner Freiheitsstrafe entlassen wurde.
Zudem wurde der BF auch am XXXX.2012 in Haft angehalten.
Bis auf eine Großmutter verfügt der BF über keine verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte in Kroatien.
Der BF führt mit XXXX, geb. XXXX, eine Beziehung, aus der die am XXXX geborene gemeinsame Tochter, XXXX, StA.: Österreich, stammt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität (Namen und Geburtsdatum), Staatsangehörigkeit, Geburt, durchgehendm Aufenthalt sowie Schulbesuch in Österreich, Besuch und Abbruch des Polytechnischen Lehrganges und Lehre, familiären Anknüpfungspunkten in Österreich und Kroatien, großem Freundeskreis im Bundesgebiet, medikamentöser Suchttherapie, finanzieller Unterstützung durch die Mutter des BF, sowie Bestand einer Lebensgemeinschaft in Österreich getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
Die wiederholten Fahrten nach Kroatien zu Urlaubszwecken folgen den widerspruchsfrei gebliebenen Angaben des BF und ergibt sich der Bestand der Aufenthaltstitel des BF in Österreich aus dem Inhalt des auf seinen Namen lautenden Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister (ZFR). Dem besagten Register lassen sich zudem die Aufenthaltstitel der Eltern des BF entnehmen.
Die ausgeübten Erwerbstätigkeiten sowie der wiederholte Bezug von Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung folgen dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Sozialversicherungsauszuges und vermochte der BF zudem eine Einstellungszusage der XXXX in Kopie in Vorlage zu bringen (siehe AS 223). Die aktuelle Wohngemeinschaft des BF unter anderem mit seinem Vater sowie die Anhaltungen in Justizanstalten beruhen zudem auf einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister und sind die Personalien der Eltern des BF dem Besucherprotokoll der JA XXXX (siehe AS 151ff) sowie jene der Lebensgefährtin des BF dem in Kopie vorgelegten Führerschein (siehe AS 226) zu entnehmen.
Ferner vermochte der BF seine stationäre Behandlung aufgrund eines Unfalles durch die Vorlage von medizinischen Unterlagen zu belegen (siehe AS 229f). Für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen schwerwiegenden Erkrankung oder einer Erwerbsunfähigkeit gab es vorliegend keine Anhaltspunkte und hat der BF Derartiges auch nicht ins Treffen geführt. So spricht auch der Umstand seiner aktuellen geringfügigen Beschäftigung für dessen Erwerbsfähigkeit.
Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF samt den näheren Ausführungen sowie die Feststellung, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat, beruht auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie jeweils einer Ausfertigung der oben zitierten Strafurteile.
Die Vaterschaft des BF konnte durch eine eidesstaatliche Erklärung der Lebensgefährtin des BF und Mutter der gemeinsamen Tochter (siehe AS 225) und einer ärztlichen Bestätigung über die Schwangerschaft derselben (siehe AS 227) sowie die Geburt und Personalien des besagten Kindes durch eine Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ermittelt werden.
Die bedingte Entlassung des BF aus seiner letzten Freiheitsstrafe samt oben genannter Auflage folgt ebenfalls dem Inhalt des den BF betreffenden Strafregisterauszuges.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:
3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Der BF als Staatsangehöriger von Kroatien ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
3.1.2. Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG lautet:
"§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)"
Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Der mit "Voraussetzung für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundegebiet" betitelte § 31 FPG lautet:
"§ 31. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,
1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;
2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;
3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;
4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;
5. bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet;
6. wenn sie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines anderen Mitgliedstaates sind, der das SDÜ nicht vollständig anwendet, und § 18 Abs. 13 AuslBG erfüllen, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 180 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 90 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;
7. wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels "Forscher" eines anderen Mitgliedstaates sind und eine Tätigkeit für eine Forschungseinrichtung ausüben, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. h AuslBG vom sachlichen Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, oder als deren Familienangehörige Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates sind, solange jeweils ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 360 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 180 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;
8. wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels "Student" eines anderen Mitgliedstaates sind und an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen oder für sie eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen besteht, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht insgesamt die Dauer von 360 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind, oder
9. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.
(1a) Liegt kein Fall des Abs. 1 vor, halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; dies insbesondere, wenn sie
1. auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs. 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten,
2. auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 45b Abs. 1) oder auf Grund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 47 ARHG oder § 35 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, eingereist sind,
3. geduldet sind (§ 46a) oder
4. eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 erhalten haben.
(Anm.: Abs. 2 und 3 aufgehoben durch Art. 2 Z 48, BGBl. I Nr. 145/2017)
(4) Kinder, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen, halten sich während der ersten sechs Lebensmonate rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sofern die Mutter oder ein anderer Fremder, dem Pflege und Erziehung des Kindes zukommt, rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen ist; dies gilt, solange der Betreffende rechtmäßig niedergelassen bleibt, bei Ableitung vom Vater überdies nur, wenn diesem das Recht zur Pflege und Erziehung allein zukommt. Außerdem sind solche Kinder während der ersten sechs Lebensmonate rechtmäßig aufhältig, sofern und solange deren Pflege und Erziehung einem österreichischen Staatsbürger mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet allein zukommt."
Der mit "Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate" betitelte § 51 NAG lautet:
"§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1. in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2. für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3. als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.
(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1. wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3. sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4. eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.
(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.".
Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:
"§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie
1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;
2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder
3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;
Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.
(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.
(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn
1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat."
3.1.3. Der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war aus folgenden Gründen stattzugeben:
Der BF ist in Österreich geboren und hält sich seither durgehend rechtmäßig, zu Beginn aufgrund von wiederholt verlängerten Aufenthaltstiteln und seit Beitritt Kroatiens zur EU am 01.07.2013 aufgrund eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, rechtmäßig in Österreich auf. Da der BF vom Zeitpunkt der Entscheidung des BFA zurückgerechnet mehr als 10 Jahre im Bundesgebiet aufhältig ist (vgl. EuGH 16.01.2014, C-400/12), bzw. bereits vor seiner ersten Verurteilung im Jahr 2007 einen mehr als 10jährigen durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich aufwies (vgl. EuGH 17.04.2018, C-316/16 und C-424/16, Rn. 71: hinsichtlich der Beachtlichkeit eines 10-jährigen Aufenthaltes vor der entscheidungsrelevanten Verurteilung), ist, selbst unter Berücksichtigung der in den letzten 10 Jahren ausgesprochnen Verurteilungen vor dem Hintergrund seiner besonderen Verbundenheit zu Österreich, (vgl. EuGH 17.04.2018, C-316/16 und C-424/16, Rn. 72) davon auszugehen, dass gegenständlich der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG zur Anwendung gelangt. Im Lichte der Judikatur des EuGH, wonach der jeweilige Integrationsgrad eines EWR-Bürgers, welcher unter anderem mit der Aufenthaltsdauer im besagten Mitgliedsstaat korreliert, ein maßgeblicher Faktor bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung darstellt und sich letztlich im System der abgestuften Gefährdungsmaßstäbe widerspiegelt, (vgl. EuGH 17.04.2018, C-316/16 und C-424/16) kann es nämlich nicht darauf ankommen, ob die geforderte Integration in Zeiten eines unionsrechtlichen oder nationalstaatlichen (Fremden-) Rechtsregimes rechtmäßig und durchgehend erworben wurden.
Da vom BF, der aufgrund seiner kroatischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, somit die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit mehr als 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 5. Satz FPG für Unionsbürger zu Anwendung.
3.1.4. "Mit § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG soll nämlich Art. 28 Abs. 3 lit. a der Richtlinie 2004/38 EG ("Freizügigkeitsrichtlinie" ; siehe § 2 Abs. 4 Z 18 FPG) umgesetzt werden, wozu der Gerichtshof der Europäischen Union bereits judizierte, dass hierauf gestützte Maßnahmen auf "außergewöhnliche Umstände" begrenzt sein sollten; es sei vorausgesetzt, dass die vom Betroffenen ausgehende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit einen "besonders hohen Schweregrad" aufweise, was etwa bei bandenmäßigem Handeln mit Betäubungsmitteln der Fall sein könne (siehe VwGH 24.1.2019, Ra 2018/21/0248, Rn 6, mit dem Hinweis auf EuGH (Große Kammer) 23.11.2010, Tsakouridis, C-145/09, insbesondere Rn. 40, 41 und 49 ff, und daran anknüpfend EuGH (Große Kammer) 22.5.2012, P.I., C-348/09, Rn. 19 und 20 sowie Rn. 28, wo überdies - im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch eines Kindes, der zu einer siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe geführt hatte - darauf hingewiesen wurde, dass es "besonders schwerwiegender Merkmale" bedarf)." (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091)
"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN)." (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Die Bestimmungen der § 67 Abs. 1 und 2 FrPolG 2005 und § 66 Abs. 1 FrPolG 2005, beide idF FrÄG 2011, sind vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/38/EG - Freizügigkeitsrichtlinie, deren Umsetzung sie dienen, zu verstehen. Demnach sind sie in ihrem Zusammenspiel dahin auszulegen, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 vorgesehene Gefährdungsmaßstab, der jenem in Art. 28 Abs. 2 der genannten Richtlinie entspricht, heranzuziehen ist (Hinweis E 13. Dezember 2012, 2012/21/0181; E 12. März 2013, 2012/18/0228). Dieser Maßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011. (vgl. VwGH 22.01.2014, 2013/21/0135)
3.1.5. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:
Die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, insbesondere die gegenständlichen Rückkehrentscheidung, setzt nach § 9 Abs. 1 BFA-VG unter dem dort genannten Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben voraus, dass ihre Erlassung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (vgl. VwGH vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101).
Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:
? die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),
? das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),
? die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
? den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),
? die Bindungen zum Heimatstaat,
? die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie
? auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).
Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u.a., Zl. 26940/10).
"Bei Beurteilung der Frage, ob die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zur Aufrechterhaltung des Privat- und/oder Familienlebens iSd Art. 8 MRK geboten ist bzw. ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 MRK geschützten Rechte darstellt, ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. E 12. November 2015, Ra 2015/21/0101 und VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120)."
Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 MRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2015/22/0025; E 19. November 2014, 2013/22/0270). Auch in Fällen, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag, hat der VwGH eine entsprechende Berücksichtigung dieser langen Aufenthaltsdauer gefordert (vgl. E 16. Dezember 2014, 2012/22/0169; E 9. September 2014, 2013/22/0247; E 30. Juli 2014, 2013/22/0226). Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082 und VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120).
Im Fall, dass ein insgesamt mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt für einige Monate unterbrochen war, legte der VwGH seine Judikatur zum regelmäßigen Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich bei einem mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt des Fremden zugrunde (vgl. E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082 und VwGH 08.11.2018, Ra 2016/22/0120).
"Nach § 66 Abs. 2 FrPolG 2005 und § 9 BFA-VG 2014 ist bei Erlassung einer auf § 66 FrPolG 2005 gestützten Ausweisung eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des EWR-Bürgers mit dessen Interesse an einem Verbleib in Österreich vorzunehmen, bei der insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter, der Gesundheitszustand, die familiäre und wirtschaftliche Lage, die soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß der Bindungen zum Heimatstaat sowie die Frage der strafgerichtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen sind" (VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0049).
"Es trifft zwar zu, dass im Rahmen einer Interessenabwägung nach Art. 8 MRK bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden in der Regel von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist (vgl. VwGH 1.2.2019, Ra 2019/01/0027, mwN). Diese Rechtsprechung betraf allerdings nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab. Die "Zehn-Jahres-Grenze" spielte in der bisherigen Judikatur nur dann eine Rolle, wenn einem Fremden kein - massives - strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen war (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001, mwN und VwGH 28.02.2019, Ra 2018/01/0409)".
"Zur Aufhebung des § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 durch das FrÄG 2018 hielt der Gesetzgeber in den Gesetzesmaterialien (RV 189 BlgNR 26. GP 27 f) ausdrücklich fest, dass sich § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 "lediglich als Konkretisierung bzw. Klarstellung dessen, was sich unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur ohnehin bereits aus Abs. 1 iVm Abs. 2 ergibt", erweist. Ungeachtet des Außerkrafttretens des § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 sind die Wertungen dieser ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestände im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG 2014 weiter beachtlich (vgl. VwGH 16.5.2019, Ra 2019/21/0121; VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152), ohne dass es aber einer ins Detail gehenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 bedarf (siehe VwGH 25.9.2018, Ra 2018/21/0152). Es ist also weiterhin darauf Bedacht zu nehmen, dass für die Fälle des bisherigen § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 allgemein unterstellt wurde, dass die Interessenabwägung - trotz einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung - regelmäßig zu seinen Gunsten auszugehen hat und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in diesen Konstellationen grundsätzlich nicht erlassen werden darf. Durch die Aufhebung dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber erkennbar nur bei Begehung besonders verwerflicher Straftaten und einer daraus abzuleitenden spezifischen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen einen fallbezogenen Spielraum einräumen (vgl. RV 189 BlgNR 26. GP 27, wo von "gravierender Straffälligkeit" bzw. "schwerer Straffälligkeit" gesprochen wird). Dazu zählen jedenfalls die schon bisher in § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG 2014 normierten Ausnahmen bei Erfüllung der Einreiseverbotstatbestände nach § 53 Abs. 3 Z 6, 7 und 8 FrPolG 2005, aber auch andere Formen gravierender Straffälligkeit (siehe VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0232, betreffend Vergewaltigung; VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0207, betreffend grenzüberschreitenden Kokainschmuggel und 19.12.2019, Ra 2019/21/0238).
"Gemäß ihrem Einleitungssatz bezieht sich die Bestimmung des § 9 Abs 4 BFA-VG 2014 idF FrÄG 2015 lediglich auf Drittstaatsangehörige, also auf Fremde, die nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind (§ 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005 iVm § 2 Abs. 2 BFA-VG 2014). Demzufolge wird dann auch als einzige aufenthaltsbeendende Maßnahme, die in den Fällen der Z 1 und 2 nicht erlassen werden darf, eine Rückkehrentscheidung angesprochen. Dessen ungeachtet kann es aber zur Vermeidung von sonst nicht auflösbaren Wertungswidersprüchen nicht zweifelhaft sein, dass § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 über seinen Wortlaut hinaus - entsprechend modifiziert verstanden - auch jenen Personenkreis umfasst, gegen den eine Ausweisung nach § 66 FrPolG 2005 oder ein Aufenthaltsverbot nach § 67 FrPolG 2005 in Betracht käme (also EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige; vgl. E 9. November 2011, 2011/22/0264). § 9 Abs. 4 BFA-VG 2014 normiert demnach allgemein, wann trotz einer von einem Fremden ausgehenden Gefährdung eine aufenthaltsbeendende Maßnahme keinesfalls erlassen werden darf. In der Fassung des FrÄG 2015 stellt diese Bestimmung den - vorläufigen - Schlusspunkt einer Entwicklung dar, die durch den Wechsel zwischen absolut und relativ gefassten Aufenthaltsverfestigungstatbeständen (relativ in dem Sinn, dass es ergänzend noch darauf ankommt, dass dem Fremden keine spezifische Gefährdungen anzulasten sind) gekennzeichnet ist" (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0050).
3.1.6. Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots sohin gemäß § 67 Abs. 1 5. Satz FPG nur zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
Ferner wurde der BF in Österreich geboren und ist im Bundesgebiet aufgewachsen. Er hält sich seit nunmehr über 28 Jahren durchgehend, rechtmäßig und ausschließlich im Bundesgebiet auf. Er ist sohin iSd. § 9 Abs. 4 Z 2 BFA-VG idF. BGBl. I Nr. 70/2015 im Bundesgebiet aufgewachsen und langjährig rechtmäßig niedergelassen. Zudem ist unter Berücksichtigung der ersten Verurteilung des BF im Jahr 2007 davon auszugehen, dass diesem bereits davor die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 11a Abs. 4 Z 3 StbG verliehen hätte werden können und sohin auch der Tatbestand iSd. 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG idF. BGBl. I Nr. 70/2015 als gegeben angesehen werden kann (vgl. VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067).
Eine Aufenthaltsbeendigung in Bezug auf den BF erweist sich gegenständlich sohin nur dann dem Grunde nach als zulässig, wenn eine außergewöhnliche Gefährdung iSd. der oben zitierten Judikatur vorläge.
3.1.7. Der BF wurde unbestritten zuletzt wegen der Verbrechen der absichtlich schweren Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
Das vom BF gezeigte Verhalten lässt vor dem Hintergrund der wiederholt - durch zwei einschlägige Vorverurteilungen - aufgezeigten Gewalt eine massive Herabsetzung der inneren Hemmschwelle und das Vorliegen einer gewissen kriminellen Energie erkennen. So hat der BF - wiederholt - mit einem Messer, sohin mit einem potentiell tödlichen Gegenstand - auf eine Person eingestochen und diese schwer am Körper verletzt.
Erschwerend kommt hinzu, dass der BF zudem zwei Verurteilungen wegen Verstößen gegen das Suchtmittelgesetz aufweist und bislang trotz wiederholter Verhängung strafgerichtlicher Sanktionen und Empfangs der Benefizien von bedingten Strafnachsichten, nicht von Rückfällen in kriminelle Verhaltensmuster abgehalten werden konnte.
Es steht völlig außer Zweifel, dass das vom BF gezeigte Verhalten ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten sowie Interessen und Rechten andere erkennen lässt und eine schwerwiegende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellt.
So hat der VwGH wiederholt festgehalten, dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Eigentums- und Gewaltdelikten (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474) sowie der Suchtmittelkriminalität (vgl. VwGH 18.10.2012, 2011/23/0318) vorherrscht.
Trotz zu attestierender schwerwiegender Gefährdung öffentlicher Interessen erreicht das Verhalten des BF nicht das gegenständlich geforderte Maß der besonderen Schwere im Sinne einer nachhaltigen und maßgeblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit iSd. § 67 Abs. 1 5. Satz bzw. der oben zitierten Judikatur. Weder hat der BF ein Delikt iSd. § 53 Abs. 3 Z 6, 7 und 8 FPG verwirklicht, noch kann in dem vom BF gesetzten Verhalten eine mit beispielsweise grenzüberschreitendem bandenmäßigen Suchtmittelhandel, vergleichbare die öffentliche Sicherheit gefährdende strafbare Handlung entnommen werden. Das Gericht verkennt nicht, dass absichtliche schwere Körperverletzung insbesondere vor dem Hintergrund bereits zuvor gezeigter Gewaltbereitschaft und Suchtmittelvergehen, schwer wiegen. Jedoch kommt es nicht nur auf die Tatsache der Verurteilungen des BF wegen der besagten Straftaten an, sondern vielmehr ist auch das den einzelnen Verurteilungen zugrundeliegende Verhalten maßgeblich zu berücksichtigen. So ist auch auf das Alter des BF bei den jeweiligen Straftaten, sohin dem Umstand von Jugendstraftaten, Beachtung zu schenken (vgl. VwGH 12.04.2001, 2007/18/0962).
So handelt es sich bei den ersten beiden Verurteilungen des BF um Jugendstraftaten und wies der BF bei seiner Dritten Verurteilung ein Alter unter 21 Jahren auf. Ferner beging der BF die Suchtmitteldelikte ausschließlich zum Zwecke des eigenen Gebrauches, ohne diese in Verkehr zu bringen.
Darüber hinaus zeigt sich der BF in der gegenständlichen Beschwerde einsichtig und musste er nunmehr erstmals die Unbill der Strafhaft über sich ergehen lassen. Unter Berücksichtigung der sich nunmehr durch die Vatershaft des BF geänderten Verantwortungsverhältnisse erscheint die vom BF geäußerte Einsicht bzw. Reue nachvollziehbar.
Unbeschadet dessen gilt es ebenfalls zu berücksichtigen, dass der BF in Österreich geboren wurde und aufgewachsen ist, kaum einen Bezug zu seinem Herkunftsstaat, wo er noch nie gelebt hat, aufweist, seine gesamte Familie, insbesondere sein minderjähriges Kind, in Österreich aufhältig ist und er mit einer Österreicherin eine Beziehung führt. Ferner hat der BF Bemühungen gezeigt, am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. So hat er seinen bestehenden Willen, Erwerbstätigkeiten nachzugehen, durch die Vorlage einer Einstellungszusage und Aufnahme einer gering