Entscheidungsdatum
06.05.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
W196 2159660-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb. XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.05.2017, Zl. 1068430003-150504354 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein somalischer Staatsangehöriger, stellte am 14.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am Tag der Antragstellung fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers nach dem AsylG 2005 statt. Der Beschwerdeführer gab an, in Deefow, Hiran, Somalia, geboren, Moslem zu sein und der Volksgruppe der Sheikhal anzugehören. Er sei traditionell verheiratet und habe keine Kinder. Seine Eltern und seine Ehefrau würden in Deefoow, Hiran, leben. Zudem habe er vier Brüder und fünf Schwestern. In Somalia habe er sieben Jahre die Grundschule besucht. Er beherrsche die Sprache Somalisch in Wort und Schrift. Vor seiner Ausreise habe er als Lebensmittelverkäufer gearbeitet. Als Fluchtgrund gab er zusammengefasst an, dass es auf der einen Seite den Mehrheitsclan der Hawadle, welcher mit den Regierungstruppen und den äthiopischen Truppen sympathisiere, und auf der anderen Seite den Mehrheitsclan der Dir gebe, welche mit der Terrormiliz Al-Shabaab sympathisiere, gebe. Der BF gehöre dem Minderheitenclan der Sheikhal an. Sowohl der Mehrheitsclan der Hawadle als auch der Minderheitenclan der Dir hätten gewollt, dass der Beschwerdeführer für sie kämpfe, wobei der Beschwerdeführer als auch dessen Stamm dies abgelehnt hätten. Wegen dieser beiden Feinde, die deren Häuser und deren Felder angezündet und verwüstet hätten, habe er sein Herkunftsland verlassen.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am am 03.05.2017 führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass in seinem Dorf zwei Clans, die Hawadle und die Dir, gegeneinander gekämpft hätten. Die Hawadle hätten sie aufgefordert, dass sie mit ihnen gegen die Dir kämpfen sollten, worauf sie jedoch nicht eingegangen wären, da deren Leben damit gefährdet worden wäre. Die Hawadle hätten den Kampf gewonnen und die Dir vertrieben. Seither hätten die Hawadle den Großteil des Territoriums kontrolliert und hätten ein Ultimatum gesetzt, das Gebiet zu verlassen. Da sie sich zuvor geweigert hätten zu kämpfen, hätten sie deren Felder und Häuser niedergebrannt. Bei dem Versuch die Felder zu retten, wären seine beiden Brüder gestorben. Auch der Beschwerdeführer sei in Gefahr gewesen, da sie auch ihn hätten töten wollen. Später hätten sie auch seine gesamte Familie vertrieben. Der Grund, warum sie den Beschwerdeführer hätten töten wollen, wäre jener gewesen, weil der Kampf noch nicht zu Ende gewesen sei, weshalb sie ihn hätten zwingen wollen auf deren Seite zu kämpfen. Hätte er sich geweigert, wäre er auch getötet worden. Dies wären die Gründe, warum er sein Herkunftsland verlassen habe.
Im Zuge der Einvernahme brachte der Beschwerdeführer Unterlagen in Kopie zu seinen gesetzten Integrationsschritten in Vorlage.
Mit Bescheid vom 10.05.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für eine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass nicht habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt gewesen wäre. Es könne nicht festgestellt werden, dass er in Somalia aufgrund seiner politischen bzw. religiösen Gesinnung seitens staatlicher Organe Verfolgungshandlungen ausgesetzt sei oder dass er in Somalia der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt sei. Die vom Beschwerdeführer angegebenen Gründe für das Verlassen seines Herkunftsstaates seien unglaubwürdig.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. So habe die Behörde die Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers auf die Länderberichte, die zeigen würden, dass die Sheikhal mit den Hawiye assoziiert würden und gewaltsame Repressionen oder Verfolgung gegenüber Minderheiten nicht erkennbar seien, gestützt. Die Situation für Minderheitenclans wäre laut Behörde durchaus verbesserungswürdig, die Sheikhal würden aber von den Hawiye, und damit von den Hawalde, die zu den Hawiye gehörten, unterstützt. Der privilegierte Status, den die Familie des Beschwerdeführers genossen habe, würde laut Bundesamt auch von den Angaben des Beschwerdeführers, wonach sein Vater drei Frauen gehabt habe, Ländereien und Grundstücke besessen sowie mehrere große Eigentumshäuser besessen habe, gestützt. Diese Begründung sei nicht stichhaltig. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass sie, seine Familie und die Sheikhals des Dorfes, bisher mit allen Volksgruppen friedlich zusammengelebt hätten. Sie hätten sowohl mit denn nunmehr kriegführenden Dir sowie mit den Hawadle ein gutes Einvernehmen gepflegt. Grundsätzlich sei es richtig, dass die Sheikhals den Hawiye, und damit ach den Hawadle, nahe stünden, wobei sie nicht von den Hawiye abstammen würden. Aus diesem Grund wären auch die Hawadle-Kämpfer an die Familie des Beschwerdeführers herangetreten und hätten sie aufgefordert, an der Seite der Hawadle am Kampf gegen die Dir teilzunehmen. Das es solche Kämpfe gegeben habe und noch immer gebe, gehe aus den Länderberichten hervor. Es wurden Berichte eingebracht und darauf hingewiesen, dass die Hawadle, die bisherigen Landbesitzer, unter anderen Angehörige der Dir bzw. deren Subclans, vertreiben würden. Es gehe, wie so oft im Leben um Besitz und liege es daher auf der Hand, dass die widerspruchsfreie Erzählung des Fluchtgrundes glaubhaft sei. Auch seine Familie sei mit Gewalt vertrieben worden. Zudem wurde auf die Dürre und die humanitäre Lage in Somalia hingewiesen und gefolgert, dass die Behörde Asyl, aber jedenfalls subsidiären Schutz gewähren hätte müssen.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.10.2018 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Somalisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen, seinen persönlichen Umständen im Herkunftsstaat, seiner Integration befragt wurde.
Mit Eingaben vom 24.05.2019 und vom 30.08.2019 wurden Integrationsunterlagen des Beschwerdeführers in Vorlage gebracht. Darunter zwei Schreiben betreffend die gemeinnützige Tätigkeiten des Beschwerdeführers, ein Empfehlungsschreibens sowie die Kopie eines Meldezettels.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, der im Verfahren vorgelegten Dokumente, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, der Eingaben, der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister und Strafregister werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX Er gehört dem Clan der Sheikhal an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Der Beschwerdeführer spricht Somalisch, ein wenig Englisch und Arabisch. Der Beschwerdeführer ist in Deefow, Hiran, geboren und aufgewachsen. Dort hat er seine ersten 17 Lebensjahre, bis er im Jahr 2014 nach Äthiopien und weiter bis Europa reiste und am 14.05.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte, verbracht. Der Beschwerdeführer hat in Somalia sieben Jahre lang die Grundschule besucht und arbeitete er als Lebensmittelverkäufer.
Der Beschwerdeführer ist traditionell verheiratet, er hat keine Kinder. Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist in Äthiopien aufhältig, es besteht telefonischer Kontakt.
Der Beschwerdeführer ist sowohl psychisch als auch physisch gesund und nimmt keine Medikamente. Der Beschwerdeführer leidet an keiner schwerwiegenden oder gar lebensbedrohenden gesundheitlichen Beeinträchtigung. Der Beschwerdeführer, ein junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann, kann auch weiterhin im Herkunftsort leben. Überdies steht ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative in Mogadischu offen.
Der Beschwerdeführer ist seit 14.05.2015 in Österreich aufhältig. Der Beschwerdeführer wohnt in einer Flüchtlingsunterkunft und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Er ist nicht erwerbstätig. Der Beschwerdeführer verrichtete gemeinnützige Tätigkeiten. So arbeitete er im Oktober 2015 im Ausmaß von 24 Stunden in der Gemeidne XXXX Im Juli bis August 2015 war der Beschwerdeführer als Müllsortierer und Unkrautjäter beschäftigt und wirkte er als Statist im Festspielhaus Tirol an verschiedenen Vorstellungen von Mai bis Juli 2016 mit. Von Jänner bis Februar 2017 arbeitete der Beschwerdeführer ehrenamtlich in einer Bücherei und unterstützte der Beschwerdeführer einen Rollstuhlfahrer über mehrer Monate bei Besorgungen des alltäglichen Lebens. Im Schuljahr 2016/17 besuchte er das Bundesgymnasium und nahm an diversen Veranstaltungen teil. Ferner besuchte er März 2016 bis März 2017 einen Deutschkurs, A2. Von Januar 2019 bis April 2019 leistete der Beschwerdeführer gemeinnützige Tätigkeiten in einer Winternotschlafstelle. Er verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seine Heimat aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen hat. Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Somalia aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde. Im Fall der Rückkehr nach Somalia ist der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.
Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Somalia individuell und konkret Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Angehörige der Volksgruppe der Hawadle droht.
Dem Beschwerdeführer ist eine Rückkehr nach Mogadischu zumutbar. In Mogadischu ist die Lage relativ stabil und ruhig, die Sicherheitslage hat sich nachhaltig verbessert. Mogadischu ist vom Bundesgebiet aus auf dem Luftweg erreichbar.
Der Beschwerdeführer würde im Falle einer Rückkehr in keine existenzgefährdende Notlage geraten bzw. es würde ihm nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen werden. Er läuft folglich nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten. Überdies kann der Beschwerdeführer Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. In Mogadischu sind die meisten Hilfsorganisationen in Somalia beheimatet.
Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr ausschließen, konnten nicht festgestellt werden.
1.2. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:
Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen:
1.2.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia:
1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 17.9.2018: Positiver Trend bei Versorgungslage (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Du¿rresituation)
Nach den u¿berdurchschnittlichen Gu-Regenfa¿llen 2018 wird die Getreideernte die gro¿ßten Ertra¿ge seit 2010 einbringen. Die Lage bei der Nahrungsversorgung hat sich weiter verbessert (UN OCHA 11.9.2018; vgl. UN OCHA 5.9.2018), dies gilt auch fu¿r Einkommensmo¿glichkeiten und Marktbedingungen (FSNAU 1.9.2018). Die Preise fu¿r unterschiedliche Grundnahrungsmittel haben sich in Mogadischu gegenu¿ber dem Vorjahr drastisch verbilligt und liegen nunmehr unter dem Fu¿nfjahresmittel. Dies betrifft namentlich Bohnen (cowpea), rotes Sorghum und Mais (FEWS NET 31.8.2018). Insgesamt hat sich die Erna¿hrungssituation verbessert, auch wenn es im ganzen Land noch eine hohe Rate an Untererna¿hrung gibt - speziell unter IDPs (UN OCHA 11.9.2018). Die Du¿rre ist zwar offiziell vorbei, es braucht aber mehr als eine gute Regenzeit, bevor sich die Menschen davon erholen (UN OCHA 2.9.2018). Vor allem vom Verlust ihres Viehs, von U¿berschwemmungen (im April/Mai 2018, Juba- und Shabelle-Ta¿ler) und vom Zyklon Sagar (Mai 2018, Nordsomalia) betroffene Gemeinden werden noch la¿ngere Zeit fu¿r eine Rehabilitation brauchen. Zwischen Februar und Juli 2018 konnten humanita¿re Organisationen 1,9 Millionen Menschen pro Monat erreichen (UN OCHA 5.9.2018).
Die Stufe fu¿r akute Untererna¿hrung hat sich verbessert. Die Zahl von an schwerer akuter Untererna¿hrung Betroffenen ist nur bei zwei Gruppen kritisch: Bei den IDPs in Mogadischu und in der Guban Pastoral Livelihood in West-Somaliland (UN OCHA 5.9.2018). Allerdings werden auch noch andere Teile oder Gruppen Somalias als Hotspots genannt, wo Interventionen als dringend erachtet werden. Dies sind im la¿ndlichen Raum: Northern Inland Pastoral of Northeast (Teile von Sanaag, Sool und Bari); Hawd Pastoral of Northeast (Teile von Togdheer, Sool und Nugaal); Northwest Guban Pastoral (Teile von Awdal); der Bezirk Belet Weyne (Shabelle-Tal und agro-pastorale Teile); Agro-pastorale Teile und das Juba-Tal in Gedo; die Bezirke Mataban, Jalalaqsi und Buulo Burte in Hiiraan; Teile des Juba-Tals in Middle Juba. An Gruppen sind es die IDPs in Bossaso, Garoowe, Galkacyo, Qardho, Mogadischu, Baidoa, Kismayo und Doolow (FSNAU 1.9.2018). U¿berhaupt bleiben IDPs die am meisten vulnerable Gruppe (UN OCHA 11.9.2018).
In Nordsomalia werden aus einigen Gebieten immer noch Wasser- und Weidemangel berichtet, da die Gu-Regenzeit dort auch im Jahr 2018 nicht ertragreich ausgefallen ist. Es handelt sich um Teile der Regionen Bari und Nugaal (Puntland) sowie von Sool und Sanaag (Somaliland). Dort findet die Wasserversorgung teils immer noch mit Tanklastwagen statt, rund 48.000 Haushalte sind betroffen. Humanita¿re Organisationen wie ACTED sind dort aktiv und konnten fu¿r u¿ber 31.000 Haushalte samt Vieh die Wasserversorgung wiederherstellen (ACTED 12.9.2018).
Die Prognose fu¿r den Zeitraum August-Dezember 2018 in IPC-Stufen stellt sich wie folgt dar: (FSNAU 1.9.2018)
Insgesamt sind ca. 4,6 Millionen Menschen weiter auf Unterstu¿tzung angewiesen, im Februar 2018 waren es noch 5,4 Millionen gewesen (UN OCHA 11.9.2018). Von den 4,6 Millionen befinden sich ca. 1,4 Millionen auf IPC-Stufe 3 (IPC = Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung), weitere ca. 170.000 auf IPC-Stufe 4 (FSNAU 1.9.2018). Darunter scheinen sich viele Kinder zu finden. Ca. 240.000 Kinder gelten als akut untererna¿hrt, weiter 55.000 als schwer untererna¿hrt (UN OCHA 2.9.2018).
Fu¿r die Deyr-Regenzeit 2018 (Oktober-Dezember) wird eine u¿berdurchschnittliche Niederschlagsmenge prognostiziert (UN OCHA 5.9.2018; vgl. FAO 6.9.2018). Damit wird auch eine weitere Verbesserung bei den Weidefla¿chen und bei der Wasserverfu¿gbarkeit und i.d.F. Verbesserungen bei der Viehzucht und in der Landwirtschaft einhergehen (FAO 6.9.2018). Zusa¿tzliche Ernten und weiter verbesserte Marktbedingungen werden zu weiteren Verbesserungen fu¿hren (FSNAU 1.9.2018)
Allerdings werden auch fu¿r das a¿thiopische Hochland ho¿here Niederschlagsmengen prognostiziert, was das U¿berschwemmungsrisiko entlang von Juba und Shabelle steigen la¿sst. Gegenwa¿rtig sind einige Flussufer bzw. Flusseinfassungen bescha¿digt, was selbst bei normalen Regenmengen eine Gefahr darstellt (FAO 6.9.2018). Immerhin hat Somalia 2018 die schwersten U¿berschwemmungen seit 60 Jahren erlebt (WB 6.9.2018).
KI vom 3.5.2018: U¿berdurchschnittliche Niederschla¿ge, bessere Versorgungssicherheit prognostiziert (betrifft: Abschnitt 21/Grundversorgung und Abschnitt 21.1/Du¿rresituation) Schon in den vor der Gu-Regenzeit gemachten Prognosen zeichnete sich eine Entspannung der Situation ab, obwohl damals nur unterdurchschnittliche Regenmengen prognostiziert wurden. Anfang 2018 wurde fu¿r Februar-Juni 2018 prognostiziert, dass die Bevo¿lkerung in folgende IPC-Stufen (Klassifizierung zur Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung) einzuordnen sein wird: 56% Stufe 1 (minimal); 22% Stufe 2 (stressed); 18% Stufe 3 (crisis); 4% Stufe 4 (emergency); 0% Stufe 5 (famine). IDP-Lager in Su¿dsomalia wurden durchwegs mit Stufe 3 IPC prognostiziert; Sta¿dte in Lower und Middle Shabelle, Bay und Jubaland mit Stufe 2; Mogadischu mit Stufe 1. Landesweit zeigt sich, dass die Bevo¿lkerung in den Sta¿dten besser versorgt ist, als jene auf dem Lande (FAO 2018).
Verbesserungen bei Nahrungsmittelsicherheit und Erna¿hrung sind auf die ho¿here Verfu¿gbarkeit von Nahrungsmitteln aus der Deyr-Ernte und aus der gestiegenen Milchproduktion zuru¿ckzufu¿hren. Gleichzeitig wird die humanita¿re Hilfe aufrechterhalten. Viele Haushalte ko¿nnen Nahrungsmittel mit von humanita¿ren Akteuren zur Verfu¿gung gestellten Geldmitteln oder Gutscheinen erwerben (FEWS 3.2018). Im ersten Quartal 2018 bezogen monatlich 1,84 Millionen Menschen humanita¿re Hilfe. Im letzten Quartal 2017 waren es noch 2,5 Millionen gewesen. Insgesamt erreicht die Unterstu¿tzung rund 70% der Menschen die sich auf oder u¿ber Stufe 3 IPC befinden (FEWS 4.2018a). Auch im Jahr 2018 wird humanita¿re Hilfe weiterhin in großem Ausmaß erforderlich sein (FEWS 3.2018).
Der bereits eingetretene Ru¿ckgang an Hunger ist auch im Vergleich der Daten der beiden Deyr-Regenzeiten 2016/17 und 2017/18 zu erkennen (FEWS 3.2018):
Nunmehr ist es im April 2018 in fast allen Landesteilen zu mittleren bis starken Regenfa¿llen gekommen (FAO 27.4.2018). In fast ganz Somalia lag die Niederschlagsmenge der Gu- Regenzeit bis zum 20.4.2018 bei 200% des mehrja¿hrigen Durchschnitts. Nur im Nordosten blieben die Niederschla¿ge unterdurchschnittlich (FEWS 4.2018a). Allerdings werden die Niederschla¿ge bis Juni weiter anhalten (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018), auch wenn mit einem Ru¿ckgang der Niederschlagsmengen gerechnet wird (FEWS 4.2018a).
Fu¿r den Zeitraum Juni-September 2018 wurde eine deutliche Entspannung bei der Nahrungsmittelversorgung angeku¿ndigt. Nur noch fu¿r Hilfsorganisationen leicht zuga¿ngliche Gebiete im Nordwesten werden unter Stufe 4 IPC (emergency) eingestuft, der große Rest des Landes fa¿llt in die Stufen 1-3, Su¿d-/Zentralsomalia ga¿nzlich (bis auf IDP- Konzentrationen) in die Stufen 1-2 (FEWS 4.2018b).
Aufgrund der u¿berdurchschnittlichen Niederschla¿ge in der Gu-Regenzeit Anfang 2018 wird erwartet, dass sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln in einigen Teilen Su¿dsomalias noch weiter verbessern wird, als zu Jahresbeginn bereits prognostiziert. Zwar wurden in von U¿berflutungen betroffenen Gebieten Teile der Ernte vernichtet, jedoch sind die Bedingungen insgesamt so gu¿nstig, dass mit einer u¿berdurchschnittlichen Ernte zu rechnen ist (FEWS 4.2018b). Die Felder befinden sich in gutem Zustand. In der Landwirtschaft gibt es Arbeitsmo¿glichkeiten auf Normalniveau (FEWS 4.2018a).
In den meisten Gebieten haben sich Weidegru¿nde und Wasserverfu¿gbarkeit verbessert (FEWS 4.2018a; vgl. FEWS 4.2018b), der Zustand der Tiere hat sich normalisiert. Allerdings bleibt die durchschnittliche Herdengro¿ße noch hinter dem Normalzustand zuru¿ck. Arme Nomaden in Nord- und Zentralsomalia werden weiterhin u¿ber zu wenig Vieh verfu¿gen. Dort wird Stufe 3 IPC (crisis) vermutlich weiter vorherrschen (FEWS 4.2018b).
Die Entspannung wird auf Karten dokumentiert:
(FEWS 4.2018b)
Der Handelspreis fu¿r 1kg Sorghum ist in Baidoa im ersten Quartal 2018 um 37% eingebrochen, jener fu¿r 1kg Mais in Qoryooley um 32%. Auch bei armen Haushalten verbessert sich die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln, sie haben nun auf normalem Niveau Zugang zu Arbeit in der Landwirtschaft und die Nahrungsmittelpreise haben sich ebenfalls normalisiert. Mit dem Tageseinkommen ko¿nnen nunmehr 10-18kg lokalen Getreides erstanden werden - 20%-60% mehr als noch vor einem Jahr (FEWS 4.2018a).
Untenstehend findet sich die detaillierte Prognosekarte der Agentur FSNAU der FAO fu¿r die Monate 2-6/2018:(FAO 2018)
Zusa¿tzlich zu den Niederschla¿gen fließen aus dem a¿thiopischen Hochland betra¿chtliche Mengen Wasser zu (FEWS 4.2018a; vgl. FAO 27.4.2018). Dadurch kam es in einigen Gebieten zu U¿berschwemmungen. Belet Weyne war besonders stark betroffen, 70% der Haushalte mussten ihre Ha¿user verlassen. In Qoryooley waren es 250 Haushalte. Außerdem betroffen waren einige Do¿rfer in Middle Juba und im Bezirk Wanla Weyne. Auch einige landwirtschaftlich genutzte Gebiete in Bay, Lower Juba, Togdheer und Hiiraan wurden u¿berflutet (FEWS 4.2018a). Die Pegel der Flu¿sse werden vermutlich weiter steigen. Bisher sind rund 630.000 Menschen von Sturzfluten oder U¿berschwemmung betroffen, ca. 215.000 haben ihre Ha¿user verlassen mu¿ssen (davon 180.000 im Gebiet Belet Weyne). Andererseits verlassen manche IDPs die Lager, um von den Niederschla¿gen in ihrer urspru¿nglichen Heimat zu profitieren (UN OCHA 2.5.2018).
2. Politische Lage
Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabha¿ngiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet su¿dlich von Puntland, das Su¿d-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.1.2017).
Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bu¿rgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Ka¿mpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische A¿mter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erka¿mpft oder unter A¿gide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.1.2017).
Im August 2012 endete die Periode der U¿bergangsregierung (BS 2016). Seit damals gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markiert. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorla¿ufige Verfassung angenommen. Seitdem ist die Staatsbildung kontinuierlich vorangeschritten. Das im Dezember 2016 gewa¿hlte Parlament stellt dabei auch einen deutlichen demokratischen Fortschritt gegenu¿ber dem 2012 gewa¿hlten Parlament dar. Wa¿hrend 2012 135 Clana¿lteste die Zusammensetzung bestimmten (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017), waren es 2016 u¿ber 14.000 Clan-Repra¿sentanten (UNHRC 6.9.2017) bzw. 13.000. Wa¿hrend die 54 Mitglieder des Oberhauses von den Parlamenten der Bundesstaaten gewa¿hlt wurden, wa¿hlten die o.g. Clan-Repra¿sentanten die 275 auf Clan- Basis ausgewa¿hlten Abgeordneten des Unterhauses (UNSC 9.5.2017).
Auch wenn es sich um keine allgemeine Wahl gehandelt hat, ist diese Wahl im Vergleich zu vorangegangenen Wahlen ein Fortschritt gewesen (DW 10.2.2017). Allerdings war auch dieser Wahlprozess problematisch, es gibt zahlreiche Vorwu¿rfe von Stimmenkauf und Korruption (SEMG 8.11.2017). Im Februar 2017 wa¿hlte das neue Zweikammerparlament Mohamed Abdullahi Mohamed "Farmaajo" zum Pra¿sidenten; im Ma¿rz besta¿tigte es Hassan Ali Kheyre als Premierminister (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, SEMG 8.11.2017). Das Parlament besta¿tigte am 29.3.2017 dessen 69-ko¿pfiges Kabinett (UNSC 9.5.2017).
Die Macht wurde friedlich und reibungslos an die neue Regierung u¿bergeben (WB 18.7.2017). Somalia hat den Zustand eines failed state u¿berwunden, bleibt aber ein fragiler Staat (AA 1.1.2017). Die Regierung stellt sich den Herausforderungen, welche Du¿rre und Sicherheit darstellen. U¿berhaupt hat die Regierung seit Amtsantritt gezeigt, dass sie dazu bereit ist, die Probleme des Landes zu beheben (UNSC 5.9.2017). Dabei mangelt es der Bundesregierung an Einku¿nften, diese sind nach wie vor von den wenigen in Mogadischu erzielten Einnahmen abha¿ngig (SEMG 8.11.2017).
Außerdem wird die Autorita¿t der Zentralregierung vom nach Unabha¿ngigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv beka¿mpfenden, radikal- islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Außerdem gibt es aber keine fla¿chendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach (AA 1.1.2017). Die fo¿derale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (O¿B 9.2016).
Allgemeine Wahlen sind fu¿r das Jahr 2020 (UNSC 9.5.2017) bzw. 2021 vorgesehen (UNSC 5.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017). Deren Durchfu¿hrung wird aber maßgeblich davon abha¿ngen, wie sich die Sicherheitslage entwickelt, ob sich Wahlkommissionen auch in den Bundesstaaten etablieren ko¿nnen und ob ein Verfassungsgericht eingerichtet wird (UNSC 5.9.2017).
Neue fo¿derale Teilstaaten (Bundesstaaten)
Generell befindet sich das fo¿deralistische System Somalias immer noch in einer fru¿hen Phase und muss in den kommenden Jahren konsolidiert werden (UNSC 9.5.2017). Zwar gibt es in manchen Gebieten Verbesserungen bei der Verwaltung und bei der Sicherheit. Es ist aber ein langsamer Prozess. Die Errichtung staatlicher Strukturen ist das gro¿ßte Problem, hier versucht die internationale Gemeinschaft zu unterstu¿tzen (BFA 8.2017).
Kaum ein Bundesstaat ist in der Lage, das ihm zugesprochene Gebiet tatsa¿chlich unter Kontrolle zu haben. Bei den neu etablierten Entita¿ten reicht die Macht nur wenige Kilometer u¿ber die Sta¿dte hinaus (BFA 8.2017; vgl. NLMBZ 11.2017).
Wa¿hrend im Norden bereits die Gliedstaaten Somaliland und Puntland etabliert waren, begann mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 der Prozess der Gliedstaatsgru¿ndung im weiteren Somalia, der nach der Gru¿ndung der Bundesstaaten Jubaland, South West State (SWS), Galmudug und Hirshabelle 2016 seinen weitgehenden Abschluss fand (AA 4.2017a). Offen ist noch der finale Status der Hauptstadtregion Benadir/Mogadischu (AA 4.2017a; vgl. UNSC 5.9.2017, BFA 8.2017).
Die Bildung der Bundesstaaten erfolgte im Lichte der Clan-Balance. Rein technisch bedeutet dies: Galmudug und HirShabelle fu¿r die Hawiye; Puntland und Jubaland fu¿r die Darod; der SWS fu¿r die Rahanweyn; Somaliland fu¿r die Dir (BFA 8.2017).
Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der Bundesstaaten sind angespannt, da es bei der Sicherheitsarchitektur und bei der Ressourcenverteilung nach wie vor Unklarheiten gibt (SEMG 8.11.2017). Außerdem hat der Schritt zur Fo¿deralisierung zur Verscha¿rfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewaltta¿tiger Konflikte ausgelo¿st. Die Fo¿deralisierung hat zu politischen Ka¿mpfen zwischen lokalen Gro¿ßen und ihren Clans gefu¿hrt (BS 2016). Denn in jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche Clankonstellationen und u¿berall finden sich Clans, die mit der Zusammensetzung ihres Bundesstaates unzufrieden sind, weil sie plo¿tzlich zur Minderheit wurden. Sie fu¿hlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).
Im Zuge der Fo¿deralisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: Galmudug Interim Administration (GIA); die Jubaland Interim Administration (JIA); Interim South West State Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle u¿ber die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 3.3.2017). Außerdem mu¿ssen noch wichtige Aspekte gekla¿rt und reguliert werden, wie etwa die Machtverteilung zwischen Bund und La¿ndern, die Verteilung der Einku¿nfte oder die Verwaltung von Ressourcen. Internationale Geber unterstu¿tzen den Aufbau der Verwaltungen in den Bundesstaaten (UNSC 5.9.2017).
1) Jubaland (Gedo, Lower Juba, Middle Juba): Im Jahr 2013 kam es zu einem Abkommen zwischen der Bundesregierung und Delegierten von Jubaland u¿ber die Bildung des Bundesstaates Jubaland. Im gleichen Jahr wurde Ahmed Mohamed Islam "Madobe" zum Pra¿sidenten gewa¿hlt (USDOS 3.3.2017). Der JIA ist es gelungen, zumindest in Kismayo eine Verwaltung zu etablieren. Die Machtbalance in Jubaland wurde verbessert, seit die Ogadeni auch mit anderen Clans kooperieren und diese in Strukturen einbinden (BFA 8.2017).
2) South West State (SWS; Bay, Bakool, Lower Shabelle): Nach einer Gru¿ndungskonferenz im Jahr 2014 formierte sich im Dezember 2015 das Parlament des Bundesstaates South West State. Dieses wa¿hlte Sharif Hassan Sheikh Adam zum U¿bergangspra¿sidenten (USDOS 3.3.2017). Insgesamt befindet sich der SWS immer noch im Aufbau, die Regierungsstrukturen sind schwach, Ministerien bestehen nur auf dem Papier. Es gibt kaum Beamte, und in der Politik kommt es zu Streitigkeiten. Die Region Bakool ist besser an den SWS angebunden, als dies bei Lower Shabelle der Fall ist. Die Beziehungen von Lower Shabelle zur Bundesregierung und zum SWS sind kompliziert, der SWS hat dort kaum Mitsprache (BFA 8.2017).
3) HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle): Bei der Bildung des Bundesstaates HirShabelle wurde la¿ngere Zeit u¿ber gestritten. Beide Regionen (Hiiraan und Middle Shabelle) haben erkla¿rt, dass sie genu¿gend Einwohner ha¿tten, um jeweils einen eigenen Bundesstaat gru¿nden zu ko¿nnen. Trotzdem wurden die Regionen fusioniert (BFA 8.2017). Im Ja¿nner 2016 fand eine Konferenz zur Bildung eines Bundesstaates aus Hiiraan und Middle Shabelle statt. In der Folge wurde im Oktober 2016 der Bundesstaat Hirshabelle eingerichtet: Ein Parlament wurde zusammengestellt und ein Pra¿sident - Ali Abdullahi Osoble - gewa¿hlt. Anfu¿hrer der Hawadle haben eine Teilnahme verweigert (USDOS 3.3.2017). Das Kabinett wurde Mitte Ma¿rz 2017 vom Parlament besta¿tigt (BFA 8.2017; vgl. UNSC 9.5.2017). Der Großteil der Regierung von HirShabelle befindet sich in Mogadischu. Die Bildung des Bundesstaates scheint alte Clan-Konflikte neu angeheizt zu haben, die Hawadle fu¿hlen sich marginalisiert (BFA 8.2017).
4) Galmudug (Galgaduud, Teile von Mudug): 2015 wurde eine Regionalversammlung gebildet und Abdikarim Hussein Guled als Pra¿sident gewa¿hlt hat (EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewa¿hlt wurden die 89 Mitglieder von 40 A¿ltesten, welche wiederum 11 Clans repra¿sentierten. Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama'a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 3.3.2017). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa'ad dominiert (EASO 2.2016). Am 25.2.2017 trat der Pra¿sident von Galmudug, Abdikarim Hussein Guled, zuru¿ck (UNSC 9.5.2017). Am 3.5.2017 wurde Ahmed Duale Geele "Xaaf" vom Regionalparlament von Galmudug zum neuen Pra¿sidenten gewa¿hlt (UNSC 5.9.2017). Auch der neue Pra¿sident hat noch keine Lo¿sung mit der ASWJ herbeigefu¿hrt (UNSOM 13.9.2017).
3. Sicherheitslage und Situation in den unterschiedlichen Gebieten
Vergleicht man die Areas of Influence der Jahre 2012 und 2017, hat es kaum relevante A¿nderungen gegeben. Die Regierung und ihre Verbu¿ndeten kontrollieren zwar viele Sta¿dte, daru¿ber hinaus ist eine Kontrolle aber kaum gegeben. Beho¿rden oder Verwaltungen gibt es nur in den gro¿ßeren Sta¿dten. Der Aktionsradius lokaler Verwaltungen reicht oft nur wenige Kilometer weit. Selbst bei Sta¿dten wie Kismayo oder Baidoa ist der Radius nicht sonderlich groß. Das "urban island scenario" besteht also weiterhin, viele Sta¿dte unter Kontrolle von somalischer Armee und AMISOM sind vom Gebiet der al Shabaab umgeben. Folglich befinden sich Große Teile des Raumes in Su¿d-/Zentralsomalia unter der Kontrolle oder zumindest unter dem Einfluss der al Shabaab (BFA 8.2017).
Dahingegen ko¿nnen nur wenige Gebiete in Su¿d-/Zentralsomalia als frei von al Shabaab bezeichnet werden - etwa Dhusamareb oder Guri Ceel. In Puntland gilt dies fu¿r gro¿ßere Gebiete, darunter Garoowe (BFA 8.2017).
Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind die folgenden Kommentare zu beru¿cksichtigen:
Eine vollsta¿ndige und inhaltlich umfassende Darstellung kann nicht gewa¿hrleistet werden; die Gebietsgrenzen sind relativ, jedoch anna¿hernd (z.B. Problematik der unterschiedlichen Einflusslage bei Tag und Nacht; der Fluktuation entlang relevanter Nachschubwege). Um die Karten u¿bersichtlich zu gestalten, wurde eine Kategorisierung der auf somalischem Boden operierenden (Konflikt-)Parteien vorgenommen (BFA 8.2017):
a) Alle auf irgendeine Art und Weise mit der somalischen Regierung verbundenen und gleichzeitig gegen al Shabaab gestellten Kra¿fte wurden als "anti-al-Shabaab Forces" zusammengefasst. Diese Kategorie umfasst neben Bundeskra¿ften (SNA) auch Kra¿fte der Bundesstaaten (etwa Jubaland, Galmudug, Puntland) sowie AMISOM und bi-lateral eingesetzte Truppen (und damit de facto auch die Liyu Police).
b) Die ASWJ wurde nicht in diese Kategorie aufgenommen, da sie zwar gegen al Shabaab ka¿mpft, die Verbindung zur Bundesregierung aber momentan unklar ist.
c) Einige Clans verfu¿gen u¿ber relative Eigensta¿ndigkeit, die auch mit Milizen abgesichert ist. Dies betrifft in erster Linie die Warsangeli (Sanaag), Teile der Dulbahante (Sool) und die Macawusleey genannte Miliz in Hiiraan. Keine dieser Milizen ist mit Somaliland, einem somalischen Bundesstaat, mit der somalischen Bundesregierung oder al Shabaab verbunden; sie agieren eigensta¿ndig, verfu¿gen aber nur u¿ber eingeschra¿nkte Ressourcen.
Operational Areas
d) Operationsgebiete, in welchen die markierten Parteien u¿ber relevanten Einfluss verfu¿gen
(einfarbig): Dort ko¿nnen die Parteien auf maßgebliche Mittel (Bewaffnung, Truppensta¿rke, Finanzierung, Struktur, Administration u.a.) zuru¿ckgreifen, um auch la¿ngerfristig Einfluss zu gewa¿hrleisten. Es sind dies die Republik Somaliland; Puntland; teilweise auch Galmudug; AMISOM in Tandem mit der somalischen Regierung bzw. mit Bundesstaaten; a¿thiopische Kra¿fte im Grenzbereich; al Shabaab; Ahlu Sunna Wal Jama'a in Zentralsomalia;
e) Einige Gebiete (schraffiert) - vorwiegend in Su¿d-/Zentralsomalia - unterliegen dabei dem Einfluss von zwei dermaßen relevanten Parteien.
f) Alle in der Karte eingetragenen Sta¿dte und Orte wurden einer der o.g. Parteien zugeordnet. Sie gelten als nicht schraffiert, die Kommentare unter 4.1.2 sind zu beru¿cksichtigen. Soweit bekannt wurden den Sta¿dten AMISOM-Stu¿tzpunkte oder Garnisonen bi-lateral eingesetzter Truppen zugeordnet. In den Sta¿dten ohne eine derartige Pra¿senz gibt es eine SNA-Pra¿senz, oder aber Sicherheitskra¿fte der einzelnen Bundesstaaten; oder Somalilands.
g) Operationsgebiete, in welchen kleinere Parteien u¿ber eingeschra¿nkten Einfluss verfu¿gen (strichliert): Dort sind neben den o.g. relevanten Parteien noch weitere Parteien mit eingeschra¿nkter Ressourcenlage aktiv. Ihr Einfluss in diesen Operationsgebieten ist von wechselnder Relevanz und ha¿ngt von den jeweiligen verfu¿gbaren Ressourcen und deren Einsatz ab (BFA 8.2017).
Allgemeine Menschenrechtslage
Sowohl in der Verfassung von Somalia als auch in jener von Puntland ist der Schutz der Menschenrechte in der Verfassung ebenso verankert, wie die pra¿gende Rolle der Scharia als Rechtsquelle (AA 1.1.2017).
Bei staatlichen somalischen Sicherheitskra¿ften stellen extralegale To¿tungen kein strukturelles Problem dar. Im Falle einer solchen To¿tung ist jedoch aufgrund des dysfunktionalen Justizsystems in der Regel von Straflosigkeit auszugehen (AA 1.1.2017). Es kommt zu extralegalen To¿tungen durch von mit der Regierung alliierten Milizen (AI 22.2.2017). Es liegen keine Berichte u¿ber Verschwindenlassen vor (AA 1.1.2017).
Bei Ka¿mpfen unter Beteiligung von AMISOM, Regierung, Milizen und al Shabaab kommt es zu zivilen Opfern (USDOS 3.3.2017; vgl. AI 22.2.2017). [Anm.: Siehe Abschnitt 3. Sicherheitslage.]
Zusa¿tzlich kommt es zu Ka¿mpfen zwischen Clans und Sub-Clans, meist im Streit um Wasser und andere Ressourcen; im Jahr 2016 waren davon v.a. Merka, Galkacyo und die Region Hiiraan betroffen (USDOS 3.3.2017).
Alle Konfliktparteien sind fu¿r Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, die in manchen Fa¿llen auch als Kriegsverbrechen bezeichnet werden ko¿nnen (AI 22.2.2017). Die schwersten Menschenrechtsverletzungen sind: To¿tung von Zivilisten durch al Shabaab, somalische Kra¿fte und unbekannte Angreifer; Gewalt und Diskriminierung von Frauen und Ma¿dchen, darunter Vergewaltigungen und FGM (USDOS 3.3.2017). In Su¿d-/Zentralsomalia werden extralegale To¿tungen in der Regel von der al Shabaab in von ihr kontrollierten Gebieten durchgefu¿hrt (AA 1.1.2017).
Weitere Menschenrechtsverletzungen sind Verschwindenlassen (durch al Shabaab); Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung; harte Haftbedingungen; willku¿rliche und politisch motivierte Verhaftungen; die Verweigerung fairer Verfahren; die Einschra¿nkung von Meinungs-, Presse-, Bewegungsfreiheit; Delogierung von IDPs; Korruption; Misshandlungen und Diskriminierung von Minderheiten-Clans. Generell ist Straflosigkeit die Norm. Die Regierung ergreift nur minimale Schritte, um o¿ffentlich Bedienstete strafrechtlich zu verfolgen (USDOS 3.3.2017).
Al Shabaab begeht Morde, entfu¿hrt Menschen, begeht Vergewaltigungen und vollzieht unmenschliche und grausame Bestrafungen; Bu¿rgerrechte und Bewegungsfreiheit werden eingeschra¿nkt. Al Shabaab rekrutiert Kindersoldaten (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 12.1.2017, BS 2016). Da auf dem Gebiet der al Shabaab eine strikte Interpretation der Scharia zur Anwendung gebracht wird, kommt es dort zu Folter und ko¿rperlichen Strafen, wenn die Interpretation nicht eingehalten wird (EASO 2.2016; vgl. AI 22.2.2017). Außerdem richtet al Shabaab regelma¿ßig und ohne ordentliches Verfahren Menschen unter dem Vorwurf hin, diese ha¿tten mit der Regierung, einer internationalen Organisation oder einer westlichen Hilfsorganisation zusammengearbeitet (AA 1.1.2017; vgl. AI 22.2.2017). Moralgesetze verbieten das Rauchen, das o¿ffentliche Einnehmen von Khat, weltliche Musik und das Tanzen (BS 2016), Filme, und Sport (EASO 2.2016); Verschleierung und Ma¿nnerhaarschnitte werden vorgeschrieben (BS 2016).
Zu Puntland liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich extralegaler To¿tungen, willku¿rlicher Festnahmen, "Verschwindenlassen" oder Menschenhandel vor. Vorwu¿rfe dieser Art werden nicht erhoben (AA 1.1.2017).
Benadir / Mogadischu
Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 22.2.2017). Die Stadtverwaltung von Mogadischu ist verha¿ltnisma¿ßig pra¿sent und aktiv (BFA 8.2017). Schritte von Stadt- und Bundesregierung haben bei der Sicherheitslage zu einer Verbesserung gefu¿hrt - speziell durch die Aufstellung der Mogadishu Stabilization Mission (MSM). Die Zahl von Angriffen der al Shabaab im jeweiligen Ramadan ist von 269 im Jahr 2015 auf 208 im Jahr 2017 zuru¿ckgegangen. Andererseits scheint sich die al Shabaab aufgrund der Erfolge der Sicherheitskra¿fte zunehmend auf Sprengstoffanschla¿ge zu verlegen, welche unter der Zivilbevo¿lkerung ein ho¿heres Maß an Schaden verursachen (UNSC 5.9.2017). Regelma¿ßig kommt es zu sogenannten komplexen Anschla¿gen in Mogadischu, wobei ein Sprengstoffanschlag mit dem Einsatz einiger weniger bewaffneter Selbstmordka¿mpfer kombiniert wird. Ziele sind i.d.R. Hotels oder Restaurants, die ha¿ufig von Beho¿rdenbediensteten oder Sicherheitskra¿ften frequentiert werden (SEMG 8.11.2017).
Der Einsatz von Artillerie (Mo¿rsern) mit Ziel Mogadischu ist wieder im Steigen begriffen. Im ersten Halbjahr 2017 kam es zu zwo¿lf derartigen Angriffen, im Gesamtjahr 2016 waren es 17 (SEMG 8.11.2017). Am 12.6. und am 4.7.2017 wurden insgesamt neun Mo¿rsergranaten auf Stadtgebiet abgeschossen (UNSC 5.9.2017). Dabei verfu¿gt al Shabaab nunmehr auch u¿ber schwere, von AMISOM erbeutete Mo¿rser (120mm), was ihre Mo¿glichkeiten erweitert (SEMG 8.11.2017). Es ist ho¿chst unwahrscheinlich, dass al Shabaab wieder die Kontrolle u¿ber Mogadischu erlangt (DIS 9.2015; vgl. EASO 2.2016). Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden (BFA 8.2017; vgl. UKUT 3.10.2014, vgl. EGMR 10.9.2015). Es besteht zwar gema¿ß mehreren Berichten kein Risiko, alleine aufgrund der eigenen Clanzugeho¿rigkeit angegriffen zu werden. Trotzdem sind Clan und Clanzugeho¿rigkeit in Mogadischu nach wie vor relevant (SEM 31.5.2017).
Die Sicherheitslage hat sich also verbessert (UNSOM 13.9.2017; vgl. UNNS 13.9.2017), bleibt aber volatil (UNSC 5.9.2017). Die MSM hat einige Erfolge verzeichnet, darunter Maßnahmen zur Entwaffnung von Milizen und Zivilisten. Auch die Polizei in Mogadischu funktioniert merklich besser, als vor drei oder vier Jahren. Das Polizeikontingent der AMISOM ist aktiv. Es werden in der ganzen Stadt regelma¿ßig Patrouillen durchgefu¿hrt. Zusa¿tzlich befinden sich Stu¿tzpunkte der Armee an neuralgischen Punkten der Stadt. Auch die National Intelligence and Security Agency (NISA) und ihre Spezialeinheiten werden in Mogadischu eingesetzt. Der wichtigste Faktor in Mogadischu ist aber die Pra¿senz der AMISOM. Sie ist in Mogadischu mit je einem Bataillon aus Uganda und Burundi, mit dem milita¿rischen Stab und mit rund 300 Polizisten pra¿sent. In einem gewissen Ausmaß stellt sie fu¿r al Shabaab einen Abschreckungsfaktor dar. Sie macht es fu¿r AS schwieriger, in die Stadt zu gelangen (BFA 8.2017). Auch die Regierung zeigt einige Bemu¿hungen, die Sicherheit in der Stadt zu verbessern. Allerdings sind diese ungenu¿gend; korrupte, unbezahlte Soldaten und unzufriedene Clans in der Peripherie ermo¿glichen es der al Shabaab, Mogadischu zu infiltrieren (ICG 20.10.2017).
Mogadischu ist folglich nicht absolut abgeschottet (BFA 8.2017). Der Amniyat ist schon seit Jahren in der Stadt aktiv und konnte Sicherheitsstrukturen unterwandern (ICG 20.10.2017). Insgesamt reicht die in Mogadischu gegenwa¿rtig gegebene Sta¿rke der unterschiedlichen Sicherheitskra¿fte nicht aus, um eine fla¿cheneckende Pra¿senz sicherzustellen. Al Shabaab hingegen verfu¿gt eindeutig u¿ber eine Pra¿senz in der Stadt (BFA 8.2017). Diese Pra¿senz ist aber keine offen milita¿rische, sondern eine verdeckte (DIS 3.2017). Diese ist in den Außenbezirken sta¿rker, als in den inneren. Zentral-Mogadischu ist relativ konsolidiert. Gleichzeitig ha¿ngt die Pra¿senz der Gruppe auch von der Tageszeit ab. Die no¿rdlichen Bezirke - v.a. Dayniile und Heliwaa - werden in der Nacht von al Shabaab kontrolliert (BFA 8.2017).
Insgesamt scheint sich die al Shabaab bei der Durchfu¿hrung von Attentaten von Quantita¿t auf Qualita¿t verlegt zu haben. Dabei sucht die al Shabaab ihre Ziele v.a. im Bereich der Regierung. Fu¿r die Zivilbevo¿lkerung ist das gro¿ßte Risiko, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein (DIS 3.2017; vgl. LI 1.4.2016). Ob Mogadischu als sicher oder unsicher bezeichnet wird, ha¿ngt maßgeblich von der subjektiven Wahrnehmung und von perso¿nlichen Erfahrungen ab (BFA 8.2017). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wa¿re (EGMR 10.9.2015; vgl. UKUT 3.10.2014).
Mindestens einmal pro Monat kommt es zu einem signifikanten Sprengstoffanschlag. To¿dliche, von al Shabaab inszenierte Zwischenfa¿lle ereignen sich regelma¿ßig. Pro Monat to¿ten die Islamisten ca. 20 Personen in Mogadischu. Dabei richten sich die Aktivita¿ten vorwiegend gegen die Regierung. Zusa¿tzlich sind neben der al Shabaab auch andere Akteure fu¿r Mode und Attentate verantwortlich (BFA 8.2017). Bis in den Oktober 2017 hat Mogadischu eine moderate Verbesserung der Sicherheitslage erlebt. Die Zahl an Attentaten und Anschla¿gen ging zuru¿ck, die Sicherheitskra¿fte konnten einige Angriffe erfolgreich verhindern (ICG 20.10.2017). Andererseits schien sich al Shabaab spa¿ter aus taktischen U¿berlegungen heraus auf Mogadischu zu konzentrieren. Dort sollen Anschla¿ge - speziell auf sogenannte "soft targets" (z.B. Hotels und Ma¿rkte) - versta¿rkt werden (UNHRC 6.9.2017). In welche Richtung sich die Sicherheitslage mittelfristig entwickeln wird, ist schwer einscha¿tzbar (BFA 8.2017).
An der im September 2015 dargestellten Situation hat sich gema¿ß der Informationen der Fact Finding Mission 2017 nichts Wesentliches gea¿ndert (BFA 3./4.2017).
In Mogadischu lebten einer Scha¿tzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,65 Millionen Menschen (UNFPA 10.2014). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2016 insgesamt 120 Zwischenfa¿lle, bei welchen gezielt Zivilisten geto¿tet wurden (Kategorie "violence against civilians"). Bei 102 dieser 120 Vorfa¿lle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin geto¿tet. Im Jahr 2017 waren es 217 derartige Vorfa¿lle (davon 186 mit je einem Toten). Die Zahl an Zwischenfa¿llen mit Todesopfern (meist ein Todesopfer) in der Region Benadir entwickelte sich in den vergangenen Jahren folgendermaßen (es bleibt zu beru¿cksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under- reporting kommen kann; die Zahl der Todesopfer wird aufgrund der ca. 50% betragenden Ungenauigkeit von ACLED nicht beru¿cksichtigt).
Bundesstaat HirShabelle (Hiiraan, Middle Shabelle)
Im Bundesstaat Hirshabelle kam es bereits kurz nach der Gru¿ndung, na¿mlich im August 2017, zu ersten politischen Spannungen. Das Regionalparlament wollte den Pra¿sidenten absetzen (UNSC 5.9.2017). Bislang ist die Macht der Regierung von HirShabelle ohnehin auf Teile von Middle Shabelle bzw. Jowhar beschra¿nkt. Sie hat Einfluss entlang der Straße von Jowhar nach Mogadischu (BFA 8.2017).
Die Grenze zum Gebiet der Ahlu Sunna Wal Jama'a (ASWJ) bildet Matabaan. Im nordo¿stlichen Hiiraan werden einige Ortschaften o¿stlich von Belet Weyne von der Macawuusley genannten Miliz kontrolliert. Im Grenzgebiet zu A¿thiopien ist die a¿thiopische Liyu Police aktiv. Dies betrifft in erster Linie einen 30-40 Kilometer breiten Grenzstreifen westlich von Belet Weyne. In diesem Bereich verfu¿gt al Shabaab nur u¿ber eine geringe Pra¿senz (BFA 8.2017).
Buulo Barde, Jalalaqsi und Belet Weyne befinden sich unter Kontrolle von AMISOM (DIS 3.2017). Dies gilt auch fu¿r Jowhar, Warsheikh, Balcad und Cadale sowie andere gro¿ßere Sta¿dte in Middle Shabelle (BFA 8.2017; vgl. DIS 3.2017). In Hiiraan befinden sich zusa¿tzlich in mehreren kleineren Sta¿dten Stu¿tzpunkte von AMISOM, der a¿thiopischen Armee, der Liyu Police und der somalischen Armee. In Middle Shabelle befinden sich Truppenteile der somalischen Armee die auch tatsa¿chlich unter Kontrolle der Armeefu¿hrung in Mogadischu stehen (BFA 8.2017).
Große Teile des la¿ndlichen Raumes werden von al Shabaab kontrolliert. Zwar ist die al Shabaab in Hiiraan nicht mehr so aktiv, wie zuvor (DIS 3.2017). Trotzdem verfu¿gt sie dort u¿ber den Großraum westlich der Hauptverbindungsstraße sowie u¿ber das Gebiet zwischen Maxaas und Adan Yabaal; sowie no¿rdlich nahezu bis zur Straße von Belet Weyne nach Dhusamareb. Der Raum zwischen Adan Yabaal und der Ku¿ste kann hingegen als ?bandits country' mit geringer Pra¿senz der al Shabaab bezeichnet werden (BFA 8.2017).
In Belet Weyne gibt es eine relativ starke Bezirksverwaltung und lokal rekrutierte Polizeikra¿fte. Die zuvor in Belet Weyne ausgetragenen Clan-Konflikte wurden durch gemeinsame Sicherheitsoperationen der Regierungskra¿fte und von AMISOM aus der Stadt verdra¿ngt. Nunmehr werden diese außerhalb ausgetragen (BFA 8.2017).
In Belet Weyne gibt es Stu¿tzpunkte dschibutischer AMISOM-Truppen, der a¿thiopischen Armee sowie von einer Brigade der somalischen Armee. Die in Belet Weyne vorhandene AS-Pra¿senz scheint kaum relevant, es kommt zu wenigen Vorfa¿llen (BFA 8.2017).
Bis ca. Mitte 2016 war die Lage in der Region Middle Shabelle verha¿ltnisma¿ßig ruhig. Seither ist die Zahl der Zwischenfa¿lle angestiegen. Dies ha¿ngt einerseits mit der Einrichtung des Bundesstaates HirShabelle zusammen. Dabei gilt Jowhar als relativ ruhig. Von dort kommen keine relevanten Meldungen zu Aktivita¿ten der al Shabaab (BFA 8.2017).
Doch tra¿gt vermutlich auch die Du¿rre zur Eskalation von Konflikten bei. Im zweiten Quartal 2017 gab es sowohl im Raum Balcad als auch im Raum Jowhar einige Gefechte zwischen Clans, vor allem zwischen Subclans der Abgaal, auch Shiidle waren involviert. Bei den Ka¿mpfen, die sich durchwegs abseits der Hauptverbindungsstraße ereigneten, waren ca. 100 Tote zu verzeichnen. Auch im no¿rdlichen Hiiraan kommt es zu Clan- Auseinandersetzungen, etwa im Juni 2017 zwischen Hawadle-Milizen sowie zwischen Hawadle und Habr Gedir (BFA 8.2017) bzw. im Bezirk Belet Weyne zwischen unterschiedlichen Hawiye-Subclans (DIS 3.2017). Insgesamt war der Großteil der zivilen Opfer des zweiten Trimesters 2017, welche bei Clankonflikten zu Schaden kamen, den Konflikten zwischen Galja'el und Jejele in Hirshabelle sowie jenem zwischen Duduble und Ayr in Galgaduud zuzurechnen. Alleine im Bereich Banyaley kam es im Juni 2017 zu schweren Clan-Auseinandersetzungen um Ressourcen (mindestens 50 Tote); die Verwaltung von Hirshabelle hat interveniert und einen Waffenstillstand vermittelt (UNSC 5.9.2017). Bereits im Jahr 2016 kam es in und um Belet Weyne zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Galja'el und Jejele (USDOS 3.3.2017).
In den beiden Regionen Hiiraan und Middle Shabelle lebten einer Scha¿tzung im Jahr 2014 zufolge ca. 1,04 Millionen Einwohner (UNFPA 10.2014). Im Vergleich dazu meldete die ACLED-Datenbank im Jahr 2016 insgesamt 54 Zwischenfa¿lle, bei welchen gezielt Zivilisten geto¿tet wurden (Kategorie "violence against civilians"). Bei 39 dieser 54 Vorfa¿lle wurde jeweils ein Zivilist oder eine Zivilistin geto¿tet. Im Jahr 2017 waren es 62 derartige Vorfa¿lle (davon 44 mit je einem Toten). Die Zahl an Zwischenfa¿llen mit Todesopfern (meist ein Todesopfer) in den Regionen Hiiraan und Middle Shabelle entwickelte sich in den vergangenen Jahren folgendermaßen (es bleibt zu beru¿cksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Todesopfer wird aufgrund der ca. 50% betragenden Ungenauigkeit von ACLED nicht beru¿cksichtigt).
Al Shabaab (AS)
Ziel der al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt al Shabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an (EASO 2.2016). Je ho¿her der milita¿rische Druck auf al Shabaab anwa¿chst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsfu¿hrung (Entfu¿hrungen, Anschla¿ge, Checkpoints) und auf Drohungen. Al Shabaab wird bei der Anwendung dieser Taktik immer besser und sta¿rker. Dabei ist auch die al Shabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht vo¿llig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-A¿ltesten auch gewissen Einschra¿nkungen (BFA 8.2017).
Seit 2011 wurden die milita¿rischen Kapazita¿ten der al Shabaab durch AMISOM und somalische Kra¿fte sowie durch innere Streitigkeiten beachtlich dezimiert (UKHO 7.2017). Die al Shabaab stellt aber weiterhin eine potente Bedrohung dar (UNSC 9.5.2017). Die Sta¿rke der al Shabaab wird im Schnitt mit ungefa¿hr 7.000 Mann beziffert (BFA 8.2017; vgl. LI 20.12.2017). Die Gruppe ist technisch teilweise besser ausgeru¿stet als die SNA und kann selbst gegen AMISOM manchmal mit schweren Waffen eine U¿berlegenheit herstellen. Außerdem verfu¿gt die al Shabaab mit dem Amniyad u¿ber das landesweit beste Aufkla¿rungsnetzwerk (BFA 8.2017). Die Gruppe hat sich bei Ru¿ckschla¿gen in der Vergangenheit als resilient und anpassungsfa¿hig erwiesen. Der innere Kern blieb allzeit geeint, auch wenn es bei al Shabaab zu Streitigkeiten und Fraktionierung gekommen ist. Die taktische Entwicklung der Gruppe; ihre wachsenden Fa¿higkeiten; und die Ausfu¿hrung komplexer Angriffe auf sta¿dtische und la¿ndliche Ziele hat dies jedenfalls bewiesen (UNSC 9.5.2017). In der Vergangenheit hat die Gruppe auch eine konventionell-milita¿rische Bedrohung dargestellt, etwa beim Angriff auf einen kenianischen Stu¿tzpunkt bei Kulbiyow im Ja¿nner 2017. Beim U¿berrennen von AMISOM-Stu¿tzpunkten ist al Shabaab auch an schwere Waffen gelangt (SEMG 8.11.2017).
Die Regionalhauptstadt Buale (Middle Juba) sowie die Bezirkshauptsta¿dte Saakow, Jilib (Middle Juba), Jamaame (Lower Juba), Sablaale, Kurtunwaarey (Lower Shabelle), Diinsoor (Bay), Tayeeglow (Bakool), Ceel Buur, Ceel Dheere (Galgaduud) befinden sich unter Kontrolle der al Shabaab. Alle anderen Regional- und Bezirkshauptsta¿dte werden von anti- al-Shabaab-Truppen gehalten. Viele der Sta¿dte sind gleichzeitig auch Garnisonssta¿dte der AMISOM (BFA 8.2017). Eine andere Quelle nennt ebenfalls die o.g. Sta¿dte als unter Kontrolle der al Shabaab befindlich, fu¿gt aber die Stadt Xaradheere (Mudug) hinzu und zieht Diinsoor ab (LI 20.12.2017).
In ihrem Gebiet ha¿lt al Shabaab vor allem in Sta¿dten und gro¿ßeren Do¿rfern eine permanente Pra¿senz aufrecht. Abseits davon operiert al Shabaab in kleinen, mobilen Gruppen (LI 20.12.2017). Die Gruppe verfu¿gt nicht nur u¿ber Ka¿mpfer und Agenten, sie kann auch auf Sympathisanten zuru¿ckgreifen (NLMBZ 11.2017). Nominell ist die Reichweite der al Shabaab in Su¿d-/Zentralsomalia damit unbegrenzt. Sie ist in den meisten Landesteilen offen oder verdeckt pra¿sent. Die Gruppe ist in der Lage, u¿berall zuschlagen zu ko¿nnen (BFA 8.2017). Die al Shabaab u¿bt u¿ber das Jubatal Kontrolle aus und kann sich auch in vielen anderen Gebieten Su¿d-/Zentralsomalias frei bewegen (USDOS 3.3.2017). Al Shabaab beherrscht weiterhin große Teile des la¿ndlichen Raumes in Su¿d-/Zentralsomalia, v.a. in Bay, Gedo, Lower Shabelle und Middle Juba (AI 22.2.2017; vgl. BFA 8.2017). Auch rund um Sta¿dte in Su¿d-/Zentralsomalia, die von nationalen oder regionalen Sicherheitskra¿ften und/oder AMISOM gehalten werden (SEMG 8.11.2017), kontrolliert al Shabaab den la¿ndlichen Raum und wichtige Versorgungsstraßen (SEMG 8.11.2017; vgl. UKHO 7.2017). Dadurch gelingt es der Gruppe, große Teile der Bevo¿lkerung von einer Versorgung abzuschneiden (SEMG 8.11.2017).
Die al Shabaab u¿bt auch u¿ber manche Orte, die eigentlich der Jurisdiktion der Regierung angeho¿ren, ein Maß an Kontrolle aus: Humanita¿re Organisationen und Empfa¿nger humanita¿rer Hilfe werden besteuert oder in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschra¿nkt (SEMG 8.11.2017). Es gelingt der al Shabaab selbst nominell sichere Teile Mogadischus zu infiltrieren (BFA 8.2017). Außerdem verfu¿gt die Gruppe in vielen Teilen Somalias u¿ber Verbindungen in alle Gesellschaftsebenen und -Bereiche (SEMG 8.11.2017). Generell variiert die Pra¿senz der al Shabaab konstant (BFA 8.2017).
Vo¿lkerrechtlich kommen der al Shabaab als de facto-Regime Schutzpflichten gegenu¿ber der Bevo¿lkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gema¿ß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu (AA 1.1.2017). Staatlicher Schutz ist in der Gebieten der al Shabaab nicht verfu¿gbar (UKHO 7.2017).
Die Fa¿higkeit der al Shabaab, in den von ihr beherrschten Gebieten eine effektive Verwaltung zu betreiben, ist ungebrochen. Zusa¿tzlich verfu¿gt die Gruppe u¿ber Kapazita¿ten, um in neu eroberten Gebieten unmittelbar Verwaltungen zu installieren (BFA 8.2017). Die Gebiete der al Shabaab werden als relativ sicher beschrieben. Dort herrscht Frieden und eine Absenz an Clan-Konflikten (UNSOM 18.9.2017). In den von ihr kontrollierten Gebieten verfu¿gt die al Shabaab u¿ber effektive Verwaltungsstrukturen, eine Art von Rechtsstaatlichkeit und eine effektive Polizei. Die Verwaltung der al Shabaab wurzelt auf zwei Grundsa¿tzen: Angst und Berechenbarkeit (BFA 8.2017).
Die al Shabaab finanziert sich u¿ber unterschiedliche Steuern. Allein aus Abgaben auf den (illegalen) Holzkohlehandel lukriert die Gruppe pro Jahr - nach konservativen Scha¿tzungen - 10 Millionen US-Dollar. Auch von anderen Wirtschaftstreibenden werden Steuern eingehoben: In Mogadischu reicht die Spannweite von zehn US-Dollar monatlich fu¿r einfache Marktha¿ndler bis zu 70.000 US-Dollar fu¿r große Firmen. Im la¿ndlichen Raum werden auch Viehma¿rkte besteuert. Außerdem verlangt al Shabaab entlang von Hauptverbindungsstraßen Gebu¿hren und hebt den Zakat ein (SEMG 8.11.2017). Die Zahlung der Abgaben erfolgt in der Form von Geld, Tieren, landwirtschaftlichen Produkten oder anderen Werten. Die Ho¿he der Besteuerung hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen (LI 20.12.2017).
Einerseits zwingt al Shabaab mancherorts Kinder zum Besuch der eigenen Madrassen; andererseits konnte z.B. in einem la¿ndlichen Ort in Middle Juba eine neue Schule ero¿ffnet werden, die sogar Englisch im Lehrplan hat. Dafu¿r musste die Gemeinde aber eine Sonderabgabe leisten (SEMG 8.11.2017).
Die Menschen auf dem Gebiet der al Shabaab sind einer ho¿chst autorita¿ren und repressiven Herrschaft unterworfen. Wa¿hrend dies zwar einerseits zur Sta¿rkung der Sicherheit beitra¿gt (weniger Kriminalita¿t und Gewalt durch Clan-Milizen) (BS 2016), versucht al Shabaab alle Aspekte des o¿ffentlichen und privaten Lebens der Menschen zu kontrollieren (BS 2016; vgl. DIS 9.2015). Alle Bewohner der Gebiete von al Shabaab mu¿ssen strenge Vorschriften befolgen, z.B. Kleidung, Eheschließung, Steuerzahlung, Teilnahme an milita¿rischen Operationen, Rasieren, Spionieren, Bildung etc. (DIS 9.2015). Mit den damit verbundenen harten Bestrafungen wurde ein generelles Klima der Angst geschaffen (BS 2016). Das Brechen von Vorschriften kann zu schweren Strafen bis hin zum Tod fu¿hren (DIS 9.2015).
Die al Shabaab hat im Juni 2017 fu¿r die Bundesstaaten Galmudug, Puntland und Hirshabelle ein Verbot der Verwendung des Somali Shilling ausgerufen. Wirtschaftstreibende weichen daher teilweise auf den US-Dollar und den A¿thiopischen Birr aus (UNSC 5.9.2017).
Rechtsschutz/Justizwesen
In Su¿d-/Zentralsomalia und in Puntland sind die Grundsa¿tze der Gewaltenteilung in der Verfassung niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealita¿t eine andere. In den tatsa¿chlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfa¿ltigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtstra¿ger ausgesetzt (AA 1.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017).
Aufgrund der anhaltend schlechten Sicherheitslage sowie mangels Kompetenz der staatlichen Sicherheitskra¿fte und Justiz muss der staatliche Schutz in Su¿d-/Zentralsomalia als schwach bis nicht gegeben gesehen werden (O¿B 9.2016). Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems und die Lage im Justizvollzug entsprechen nicht den vo¿lkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes. Es gibt zwar sowohl in Su¿d-Zentralsomalia als auch in Puntland einen Instanzenzug, aber in der Praxis werden Zeugen eingeschu¿chtert und Beweismaterial nicht ausreichend herbeigebracht (AA 1.1.2017). Das formelle Justizsystem ist in vielen Teilen Somalias nicht vorhanden. Einige Regionen haben lokale Gerichte eingerichtet, die vom lokal dominanten Clan abha¿ngen (USDOS 3.3.2017). Trotz ju¿ngster Verbesserungen bleibt die Justiz unterfinanziert, unterbesetzt, schlecht ausgebildet, und ineffizient. Gleichzeitig ist sie Bedrohungen, politischer Einflussnahme und Korruption ausgesetzt. Es kann daraus geschlossen werd