TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/7 W252 2161625-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2020
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Entscheidungsdatum

07.05.2020

Norm

AsylG 2005 §8 Abs4
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §53
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W252 2161625-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 stattgegeben und werden die Spruchpunkte I., II., III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben.

II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und wird aufgrund des Antrags von XXXX vom 29.06.2018 die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter um zwei weitere Jahre gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 verlängert.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 29.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wurde am 31.03.2015 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

2. Am 06.03.2017 erhob der BF eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 B-VG.

3. Der BF wurde am 11.05.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen.

4. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis im Zuge der Verhandlung vom 20.09.2017 wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab und erkannte dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 für die Dauer von einem Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

Hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes festgestellt, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der herrschenden und festgestellten Dürrekatastrophe und der sehr prekären Versorgungslage in Süd- und Zentralsomalia ein Eingriff in sein Leben und seiner körperlichen Unversehrtheit drohe. Der BF habe weiters keine Kernfamilie vor Ort, die ihn unterstützen könne. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht, da der BF auch in Nordsomalia über keine Familie verfüge. Eine innerstaatliche Fluchtalternative in einen anderen Landesteil erscheine nicht zumutbar.

5. Am 29.06.2018 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der subsidiären Schutzberechtigung. Dem BF wurde am 23.01.2019 Parteiengehör über die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die beabsichtigte Rückkehrentscheidung eingeräumt. Dazu gab der BF am 06.02.2019 eine Stellungnahme ab, indem er unter anderem vorbrachte, dass keinesfalls von einer wesentlichen und nachhaltigen Verbesserung der Lage in Somalia auszugehen sei. Seine Familie befinde sich mittlerweile in Kenia. Als Angehöriger der Volksgruppe der Gabooye leide er unter schwierigen sozialen Bedingungen in Somalia. Außerdem sei der BF aufgrund seiner Verletzung am Sprunggelenk und seines Grauen Stars behandlungsbedürftig.

6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 30.04.2019 wurde der dem BF mit Erkenntnis vom 20.09.2017 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.) und es wurde der Antrag des BF vom 29.06.2018 auf Verlängerung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt VII.).

Folgende Feststellungen wurden im Wesentlichen dem Bescheid zugrunde gelegt:

Die Identität des BF stehe nicht fest. Er sei volljährig und somalischer Staatsbürger. Er beherrsche die Sprache Somali auf Muttersprachenniveau und spreche ein wenig Deutsch. Seit seiner Ankunft im Jahr 2015 habe er bereits den Deutschkurs auf Niveau A1 erfolgreich absolvieren können. Er gehöre zur Volksgruppe der Gabooye und sei sunnitischen Bekenntnisses. Der BF sei traditionell verheiratet und habe keine Kinder. Nicht festgestellt werden könne, wie lange sich der BF schon in Österreich aufhalte. Fest stehe aber, dass er am 29.03.2015 in Österreich einen Asylantrag gestellt habe. Der BF leide an keinen lebensbedrohlichen physischen und psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen. Er sei am 27.04.2018 am Auge operiert worden und wegen eines schmerzenden Innenknöchels behandelt worden. Es stehe fest, dass er arbeitsfähig sei und keine Verbrechen oder sonstige vorsätzlich begangene strafbare Handlungen verübt habe und somit unbescholten sei.

Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Situation des BF im Fall seiner Rückkehr wurde festgestellt, dass der BF im Fall seiner Rückkehr keiner staatlichen oder privaten Verfolgung aus Konventionsgründen ausgesetzt sein würde. Die Aktivitäten der Al Shabaab würden keine landesweite, allgemeine und unmittelbare Bedrohung für zivile Einzelpersonen darstellen. Aus der allgemeinen Sicherheitslage in Somalia, insbesondere Mogadischu, lasse sich keine allgemeine und unmittelbare, reale Gefahr für Zivilpersonen, d.h. ein "real risk" im Sinne der Rechtsprechung ableiten. Es stehe fest, dass seine Familie in Kismayo bzw. im unmittelbar benachbarten Kenia lebe. Seine Heimatstadt Kismayo bzw. Mogadischu, welche beide über die dortigen Flughäfen sicher erreichbar seien, stünden ihm als zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Eine Rückkehr nach Kismayo oder Mogadischu sei aufgrund seiner somalischen Herkunft, der gegebenen Clananbindung und seiner familiären Anknüpfungspunkte möglich und zumutbar. Feststehe, dass weder die Volksgruppe der Gabooye, noch die sunnitische Konfession zum Entscheidungszeitpunkt einer asylrechtlich relevanten Verfolgung unterliege. Es stehe fest, dass der BF in Somalia geboren worden und aufgewachsen sei, sich zum Mehrheitsglauben, dem sunnitischen Islam, bekenne, er von Geburt an in Somalia sozialisiert worden sei und daher die Landessprache auf Muttersprachniveau spreche, sowie dass er mit den gesellschaftlichen, kulturellen und traditionellen Gegebenheiten auf das Beste vertraut sei. Darüber hinaus habe er ein ausgedehntes soziales Netz in Somalia und im Ausland, welches ihn wirtschaftlich und familiär unterstützen könne. Auch von Seiten seines Clans stehe ihm maßgebliche Unterstützung zur Verfügung. Der BF sei in der Lage seinen Lebensunterhalt selbstständig und menschenwürdig zu verdienen. Fest stehe, dass die über die letzten beiden Jahre Bestand gehabte Dürresituation durch überdurchschnittliche Regenfälle und den Zufluss von Wasser aus dem äthiopischen Hochland mittlerweile beendet sei. Die aus der Dürre folgende Versorgungsicherheit und Nahrungsknappheit habe sich mittlerweile deutlich verbessert und seien Nahrungsmittel selbst für arme Haushalte wieder allgemein verfügbar und vor allem leistbar. Es könne daher nicht festgestellt werden, dass dem BF im Herkunftsland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen gewesen wäre oder dass er bei einer Rückkehr in eine die Existenz bedrohende (oder medizinische) Notlage geraten werde. Es könne nicht festgestellt werden, dass der BF zum Entscheidungszeitpunkt im Falle seiner Rückkehr nach Somalia in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Ebenso nicht festgestellt werden könne, dass bei einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Somalia für den BF eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge unwillkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Der seinerzeit für die Gewährung des subsidiären Schutzes maßgebliche Grund, welcher zur Erteilung des subsidiär Schutzberechtigten geführt habe, sei zwischenzeitig nicht mehr gegeben und es sei ihm die Rückkehr in sein Heimatland grundsätzlich zuzumuten, da sich die wirtschaftliche Lage, zwar immer noch nicht mit den Verhältnissen in europäischen Wohlfahrtsstaaten vergleichbar, stark verbessert habe und sich neben seiner Heimatstadt vor allem mit Mogadischu eine zumutbare innerstaatliche Rückkehralternative anbiete. Er habe außerdem seinen eigenen Angaben zufolge wieder Kontakt zu seiner Familie, welche ihn vom benachbarten Kenia aus unterstützen könne. Ebenso könne er auch weitläufige Verwandte und seine Clananbindung in Kismayo vorfinden.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde hinsichtlich der Gründe für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass der angeblich drohenden Verfolgung durch den Clan der Marehan bzw. aufgrund seines Status als uneheliches Kind die Glaubhaftigkeit abgesprochen werden müsse. Eine Rückkehr nach Kismayo stehe aufgrund der Kontrolle durch die AMISOM, sowie der familiären Anknüpfungspunkte nichts im Wege. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei auch nach Mogadischu möglich. Die Stadt sei weiterhin unter der Kontrolle der Regierung und der AMISOM und es sei höchst unwahrscheinlich, dass die Al Shabaab jemals die Kontrolle über die Stadt zurückerlange. Allerdings sei die Sicherheitslage nach wie vor angespannt, von einem "real risk" und einer Gefahr für Leib und Leben könne aber nicht gesprochen werden. In einer Gesamtbetrachtung der Versorgungs- und Sicherheitslage in Kismayo und Mogadischu könne keine konkrete den BF treffende reale Gefahr für Leib und Leben im Sinne des Art 3 EMRK abgeleitet werden. Dass der BF als Angehöriger des Clans der Gabooye einer unterdrückten Minderheit angehöre, stimme nicht mit den Länderfeststellungen überein. Auch seine sunnitische Konfession sei der vorherrschende Glaube in Somalia. Zwar verfüge der BF in Somalia über keine unmittelbar erstgradigen Verwandten, doch habe er wieder Kontakt zu seiner benachbarten Familie in Kenia. Ebenso habe er tragfähige Anknüpfungspunkte in Gestalt der Xeer Ebene seines Clans, welche in sowohl finanziell als auch zwischenmenschlich unterstützen könne. Als erwachsenem, körperlich und geistig gesundem, arbeitsfähigem Mann sei es dem BF zumutbar, selbstständig und eigenverantwortlich, mit Unterstützung des Clans und der Familienangehörigen seinen Lebensunterhalt zu besorgen. Im Falle einer räumlichen Trennung von den Familienangehörigen könne auch weiterhin von einer finanziellen Unterstützung ausgegangen werden. Zum Abklingen der beendeten Dürre sowie zur Normalisierung der Nahrungsmittelversorgung werde auf die Kurzinformation der Staatendokumentation vom 03.05.2018 verwiesen. Der belangten Behörde lägen auch sonst keine Informationen über eine gezielte Verfolgung von abgewiesenen Asylwerbern vor, sodass bei einer Rückkehr von staatlicher Seite nichts zu befürchten sei.

In der rechtlichen Beurteilung stützte sich die belangte Behörde auch ausdrücklich darauf, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würden (§ 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005). Die belangte Behörde führte weiter aus, dass die Gründe für den subsidiären Schutz insofern nicht mehr gegeben seien, als sich zufolge jüngster Länderberichte eine Entspannung der Nahrungsmittelversorgung infolge mittlerer bis starker Regenfälle in fast allen Landesteilen eingestellt habe. Es sei mit einer überdurchschnittlichen Ernte zu rechnen und in der Landwirtschaft gebe es wieder Arbeitsmöglichkeiten auf Normalniveau. Ebenso sei eine Normalisierung der Lebensmittelpreise eingetreten, die es auch armen Haushalten wieder ermögliche, mit einem einzelnen Tageseinkommen eine Menge Getreide zu erwerben. Es ergebe sich kein Hinweis darauf, dass sich die vergangene Dürresituation weiterhin in einer Weise auswirken würde, welche für jeden dortigen Bewohner bzw. Rückkehrer das reale Risiko begründen würde, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten. Die dargestellte Allgemeinsituation treffe auch auf die Heimatstadt des BF, sowie Mogadischu zu. Der BF gehöre darüber hinaus keiner vulnerablen Personengruppe an und es sei auch sonst keine Gefährdungslage aufgrund der Zugehörigkeit zum Clan der Gabooye festzustellen. Der BF sei weniger vulnerabel als die übrige Bevölkerung in Somalia, da er über einen guten Bildungsstand und Lebenserfahrung verfüge. Er habe ein familiäres Netzwerk und könne Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Eine Reintegration in Somalia würde dem BF leichter fallen, als eine Erstintegration in Österreich. Die Clanzugehörigkeit in Kismayo und Mogadischu spiele ohnedies nur mehr noch eine untergeordnete Rolle. Eine wirtschaftlich aussichtlose Situation könne anhand der aktuellen Versorgungslage und dem mittlerweile eingetretenen Ende der Dürresituation nicht mehr angenommen werden.

6. Mit Schriftsatz vom 03.06.2019 erhob der BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang und brachte darin im Wesentlichen vor, dass hinsichtlich der Lage in Somalia keine grundlegenden Veränderungen bzw. wesentlichen Verbesserungen seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen seien. Der BF gehe einer Vollbeschäftigung nach, habe österreichische Freunde, spreche gut Deutsch und sei daher bereits stark integriert.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 11.02.2020 eine Strafregisterabfrage durch.

8. Mit Schreiben vom 26.02.2020 wurde den Parteien das Länderinformationsblatt Somalia vom 17.09.2019 zur Stellungnahme übermittelt. Mit Schreiben vom 05.03.2020 wurde durch den Rechtsvertreter des BF eine Stellungnahme zu den Länderinformationen abgegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Dem BF wurde durch mündlich verkündetes Erkenntnis am 20.09.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ist diese Entscheidung rechtskräftig. Begründend wurde festgestellt, dass dem BF die Rückkehr nach Somalia aufgrund der Sicherheitslage in seinem Herkunftsort, der dürrebedingten prekären humanitären Situation und dem Nicht-Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht zumutbar ist. Die Länderfeststellungen sind im Zuge der mündlichen Verhandlung erörtert worden.

1.2. Die allgemeine Lage in Somalia hat sich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert.

1.3. Die persönliche Situation des BF hat sich nicht wesentlich geändert. Es wird festgestellt, dass der BF über kein unterstützendes familiäres Netzwerk oder einen Bekanntenkreis in Somalia, insbesondere in Mogadischu, verfügt. Deshalb kann nicht festgestellt werden, dass er von der allgemein schlechten Lage im Falle einer Rückkehr weniger intensiv betroffen wäre.

Er ist Angehöriger des Clans der Gabooye. Er kann im Falle einer Rückkehr nach Somalia, konkret nach Mogadischu, keine ausreichende Hilfe durch den dort vorherrschenden Clan der Hawiye erwarten.

1.4. Die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia hat sich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert.

1.5. Die Lage in Somalia hat sich auch aus anderen Gründen nicht dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert, sodass der BF im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen.

1.6. Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts zur Frage der Gewährung subsidiären Schutzes ist somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie dem mündlich verkündeten Erkenntnis vom 20.09.2017. Die Feststellungen hinsichtlich der Lage in Somalia und möglichen Änderungen ergeben sich insbesondere aus einem Vergleich der dem mündlich verkündeten Erkenntnis vom 20.09.2017 und dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 30.04.2019 zugrundeliegenden Länderberichte, nämlich der Länderinformationsblätter (in der Folge: LIB) der Staatendokumentation zu Somalia vom April 2016, aktualisiert am 27.06.2017 (in der Folge LIB 2017) bzw. vom 12.01.2018 (aktualisiert am 17.09.2018, in der Folge LIB 2018 samt Kurzinformation vom 17.09.2018) und dem LIB vom 17.09.2019 (LIB 2019).

2.1. zu 1.1. Dass bzw. aus welchen Gründen dem BF mit dem näher angeführten Erkenntnis der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem Erkenntnis vom 20.09.2017 XXXX . Weder der BF noch die belangte Behörde haben gegen das Erkenntnis, mit dem dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ein Rechtsmittel erhoben.

2.2. zu 1.2. Die Feststellung, dass sich die schwierige Versorgungssituation in Somalia, insbesondere in Mogadischu im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich der dem mündlich verkündeten Erkenntnis vom 20.09.2017 und dem angefochtenen Bescheid vom 30.04.2019 zugrundeliegenden Länderberichte wie oben angeführt, sowie den Parteien zugesandten aktualisierten Länderinformationsbericht vom 17.09.2019.

Was die Sicherheitslage in Süd- und Zentralsomalia wie auch in Mogadischu anbelangt, kann nicht von einer wesentlichen Verbesserung ausgegangen werden, weil auch die aktuellen Länderberichte zeigen, dass es kaum Schutz gegen Übergriffe gibt, der Einfluss von AMISOM häufig nur auf die Stadtzentren beschränkt ist und Gebiete auch unter der Kontrolle der al Shabaab stehen. Gerade was die Situation der Zivilisten anbelangt zeichnen die Länderberichte ein schlechtes Bild. Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur durch al Shabaab führten 2018 zu hunderten zivilen Todesopfern und Verletzten, wobei diese als Kollateralschaden in Kauf genommen wurden. Im Zeitraum Jänner-September 2018 sind in Somalia bei Sprengstoffanschlägen mindestens 280 Menschen ums Leben gekommen, 220 wurden verletzt. 43% der Opfer waren Zivilisten. Auch kommt es vermehrt zu Luftangriffen. Eine wesentliche und nachhaltige Verbesserung der Sicherheitslage kann somit nicht festgestellt werden.

Hinzu kommt, dass Somalia von einer großen, notorisch bekannten Dürreperiode betroffen war und es zwar zwischenzeitig zu Regenfällen kam, die allgemeine Versorgungslage aber - wie sich aus den im Rahmen der Verhandlung eingeführten Länderberichten ergibt - noch nicht nachhaltig gebessert hat. Dazu wird näher ausgeführt wie folgt:

Im Kapitel "Grundversorgung/Wirtschaft" wird im LIB 2019 neu angeführt: " Generell erholt sich die somalische Wirtschaft weiterhin von der Dürre der Jahre 2016 und 2017... (S. 115). In der Folge wird aber festgehalten, dass dieses Potential die aktuelle Lage nicht reflektiert: "Das Wirtschaftswachstum ist für die meisten Somalis zu gering, als dass sich ihr Leben dadurch verbessern würde...". Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017; vgl. Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Das Land ist also in hohem Grade von Hilfe abhängig (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017)."

Hinsichtlich der Dürresituation wird im LIB 2019 zusätzlich Folgendes ausgeführt:

"Die ländliche Bevölkerung und IDPs befinden sich in der am meisten vulnerablen Position. Erstere verfügen kaum über Mittel, um die durch die Dürre entstandenen Verluste wieder wettzumachen. Dadurch sind sie hinsichtlich neuerlicher Katastrophen wehrlos. Hintergrund ist, dass 60% der Somali zum größten Teil von der Viehzucht abhängig sind, 23% sind Subsistenz-Landwirte. Zwei Drittel der Bevölkerung leben im ländlichen Raum. Sie sind absolut vom Regen abhängig. In den vergangenen Jahren haben Frequenz und Dauer von Dürren zugenommen. Deswegen wurde auch die Kapazität der Menschen, derartigen Katastrophen zu begegnen, reduziert. Mit jeder Dürre wurden ihre Vermögenswerte reduziert: Tiere starben oder wurden zu niedrigen Preisen verkauft, Ernten blieben aus; es fehlt das Geld, um neues Saatgut anzuschaffen. Zusätzlich verstärken Mangel an Bildung, übermäßige Abhängigkeit von einem Einkommen aus der Landwirtschaft, Arbeitslosigkeit, geringes Vermögen und eine große Personenzahl im Haushalt die Vulnerabilität im Fall eines Katastrophen (z.B. Naturkatastrophe). Bereits 2016/17 wurden im Zuge der Dürre fast eine Millionen Somali vertrieben. Nur aufgrund großangelegter und erfolgreicher humanitärer Hilfe wurde eine Hungersnot verhindert.

Zwischenzeitlich hatte sich die humanitäre Situation aufgrund guter Regenfälle im Jahr 2018 etwas entspannt. Die Sicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hatte sich verbessert- nicht zuletzt aufgrund fortgesetzter humanitärer Hilfe und aufgrund überdurchschnittlicher Regenfälle. Trotzdem blieb auch dann die Zahl der auf Hilfe angewiesenen Menschen bei 4,2 Millionen (LIB 2019, S. 122-123)."

Die aktuelle Lage in Somalia stellt sich wie folgt dar: "Somalia steht wieder vor einem großen humanitären Notfall. Am meisten betroffen sind IDPs und marginalisierte Gruppen. Das Land leidet unter den negativen Folgen unterdurchschnittlicher Regenfälle in der Gu-Regenzeit (April-Juni) 2019. Letztere hat sehr spät eingesetzt. Der gefallene Regen hat die Dürre-Bedingungen zwar etwas entspannt und den Zustand des Viehs etwas verbessert; trotzdem reichte er nicht aus, um die Landwirtschaft nachhaltig zu stärken. Am Ende ist die Gu zwar normal oder fast normal ausgefallen; doch war der Niederschlag erratisch und schlecht verteilt. Außerdem kam er um einen Monat später als normal. Bereits zuvor war die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) 2018 schlecht ausgefallen und Anfang 2019 war ungewöhnlich trocken. Mit Ausnahme der Gu im Jahr 2018 ist seit Ende 2015 jede Regenzeit unterdurchschnittlich ausgefallen. Der humanitäre Bedarf ist nach wie vor hoch, Millionen von Menschen befinden sich in einer Situation akuter Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung. In Nord- und Zentralsomalia herrschen durchgehend moderate bis große Lücken in der Versorgung. Dort wird für August/September 2019 in einigen Teilen mit IPC 3 und IPC 4 gerechnet. Das gleiche gilt für den Süden, wo aufgrund einer unterdurchschnittlichen Ernte die Lebensmittelpreise steigen werden. Der Preis für Sorghum befindet sich bereits auf einer außergewöhnlichen Höhe. Viele Menschen aus ländlichen Gebieten sind in Städte gezogen, um Zugang zu Hilfsgütern zu erhalten. Schätzungen zufolge werden bis September 2019 5,4 Millionen Menschen von Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung betroffen sein. Mit Stand September 2019 verhindert eine großangelegte humanitäre Hilfe schlimmere Zahlen. Geht die Hilfeleistung zurück, ist von einer Verschlechterung auszugehen. Und auch für den Fall, dass die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) besser ausfallen sollte, wird sich dies frühestens Ende Dezember auf die Versorgungslage auswirken." (LIB 2019, S. 123)

Aus dem Vergleich der Länderberichte kann keine Verbesserung abgeleitet werden, es ist vielmehr ersichtlich, dass die Lage nach wie vor volatil ist. Einerseits erreicht die Prognose einer Verbesserung der Versorgungslage noch nicht das notwendige Ausmaß an Nachhaltigkeit, die für eine tatsächliche Verbesserung der Lage gegeben sein muss. Einerseits mögen die einsetzenden Regenfälle zwar dazu führen, dass die Dürre zurückgeht, andererseits führen sie auch vermehrt zu Überschwemmungen, was wiederum die Versorgungslage beeinträchtigt. Jedenfalls kann aufgrund dieser Berichte nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die Versorgungslage wesentlich und nachhaltig geändert hat, und hat die belangte Behörde eine wesentliche Verbesserung auch sonst nicht näher begründet oder nachgewiesen.

Der BF ist in Kismayo geboren und in der Region Goob Weyn, welche wenige Kilometer von der Stadt entfernt liegt, aufgewachsen. Dem Länderbericht von 2019 zufolge wird die Stadt zwar von der Regierung kontrolliert, doch sind rund um die Stadt, das heißt vor allem in ländlicheren Bereich, die Al Shabaab vertreten. So wird auch die Stadt Jamaame, welche nördlich von Kismayo liegt und von Goob Weyn die nächstgelegene Kleinstadt ist, von den Al Shabaab kontrolliert. Die Herkunftsregion ist daher als volatil einzustufen (LIB 17.09.2019, S. 22).

2.3. zu 1.3. Die Feststellung, dass der BF über kein unterstützendes familiäres Netzwerk in Somalia verfügt, ergibt sich aus der Stellungnahme des BF vom 06.02.2019 sowie aus seiner Beschwerde vom 03.06.2019. Der BF gibt dabei gleichbleibend und stringent an, dass sich seine Familie nunmehr in Kenia befinde. Diesbezüglich war daher an der Glaubhaftigkeit nicht zu zweifeln.

Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt, es sei davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Kismayo oder Mogadischu mit der Unterstützung durch die in Kenia befindlichen Familienangehörigen rechnen könne, so ist ihr hierbei zu widersprechen. Seine Familie, darunter auch seine Ehefrau, haben damals das Heimatdorf aufgrund der Dürre und der mangelnden Lebensmittelversorgung verlassen. Deshalb ist davon auszugehen, dass sie selbst kaum über finanzielle Mittel verfügen und sie, abgesehen von der örtlichen Distanz, keinesfalls den BF noch zusätzlich wirtschaftlich unterstützen könnten. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass seine Mutter alleinstehend ist und seine fünf Geschwister alleinerzieht. Zu seinen weiteren Angehörigen wie seiner Tante hat der BF keinen Kontakt mehr. Daher kann über deren Verbleiben nur spekuliert werden und lassen sich daraus keine fundierten Feststellungen treffen.

Aus der Einvernahme vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht oder der Beschwerde ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass andere Verwandte zum Unterhalt des BF beitragen könnten.

Das LIB 2019 weist für Mogadischu für zuziehende, vermögenslose und alleinstehende Personen ohne soziale Anbindung vor Ort eine nach wie vor akute Unterversorgung mit Nahrungsmitteln als Folge der vorangegangenen Dürreperiode aus. Dezidiert wird ausgeführt, dass zuziehende Personen sich keinen Lebensunterhalt werden sichern können, die in der Stadt weder über eine Kern- noch über eine erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügen; solche Personen würden gezwungen sein, sich in Lagern für Binnenvertriebene niederzulassen. Gerade die Nahrungsmittelversorgung solcher Personen in Mogadischu beschreiben die Länderberichte als nach wie vor kritisch.

Wenn die belangte Behörde in ihrem Bescheid auf die Arbeitsmöglichkeiten des BF Bezug nimmt, so ist darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde auch damit keine Änderung der Voraussetzungen, unter denen dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, darstellt, schließlich wurde die Arbeitsfähigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung über den subsidiären Schutz nicht in Frage gestellt. Indem die belangte Behörde eine abweichende Beweiswürdigung dieses Umstandes vornimmt, versucht sie vielmehr die Rechtskraft des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides zu durchbrechen, um eine abweichende Rechtsauffassung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes durchzusetzen.

Der BF ist kein Angehöriger des in Mogadischu angesiedelten Mehrheitsclans der Hawiye. Daher ist nicht davon auszugehen, dass der Clan den BF effektiv unterstützen könnte. Der BF ist vielmehr dem Clan der Gabooye zugehörig. Die Lage der Gabooye in Somalia hat sich zwar im Laufe der Zeit gebessert und gibt es auch keine gezielten Angriffe auf diese Personengruppe, doch sind jene Personen, welche nicht einem dominanten Clan der Stadt angehören, potentiell gegenüber Kriminalität vulnerabler. So führt das LIB hierzu an:

"Generell gilt, dass eine Einzelperson immer dann in der "Minderheiten"-Rolle ist, wenn sie sich auf dem Gebiet eines anderen Clans aufhält. Sie verliert so die mit ihrer Clanzugehörigkeit verbundenen Privilegien. Sie gilt als "Gast" in dem Territorium, was sie in eine schwächere Position bringt als die "Gastgeber". In diesem System von "hosts and guests" sind also Personen, die sich außerhalb des eigenen Clanterritoriums niederlassen, gegenüber Angehörigen des dort ansässigen Clans schlechter gestellt.

Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass dem BF bei einer Rückkehr eine derartige Unterstützung durch einen fremden Clan (Hawiye) zu Teil wird, die mit der Unterstützung durch den Jilib innerhalb der eigenen Clanfamilie vergleichbar wäre.

Eine Änderung der persönlichen Situation des BF ist insofern nicht eingetreten, als der BF weiterhin keine familiären Angehörigen in Somalia hat und ihm auch aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Clan der Gabooye keine innerstaatliche Fluchtalternative nach Mogadischu zumutbar ist. Auch sind sonst keine Umstände hervorgekommen, welche zu einer maßgeblich verbesserten Situation des BF im Fall einer Rückkehr führen würden.

2.4. zu 1.4. Die Feststellung, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich des Kapitels "Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge" des LIB 2018 und des LIB 2019, das in dieser Hinsicht nicht wesentlich geändert wurde und jedenfalls nicht darauf schließen lässt, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia wesentlich und nachhaltig gebessert hätte. Vielmehr wurde es um die Informationen ergänzt, dass Al Shabaab mitverantwortlich dafür ist, dass von der Dürre betroffene Personen aus ihrer Heimat fliehen mussten, da die Gruppe humanitäre Hilfe behindert und Blockaden betreibt (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017), es vor allem in Mogadischu weiterhin zur Vertreibung bzw. Zwangsräumung von IDPs kommt (Amnesty International, Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia 22.02.2017) und IDPs in Somalia zu den am meisten gefährdeten Personengruppen gehören (Ministerie von Buitenlandse Zaken, Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië November 2017), sowie dass IDPs über die Maßen von der Dürre betroffen sind (International Crisis Group, Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, 09.05.2017). Die aktuellen Länderberichte lassen einen solchen Schluss also nicht zu und wurde eine solche Änderung von der belangten Behörde auch nicht vorgebracht.

2.5. zu 1.5. Die Feststellung, dass sich auch aus sonstigen Gründen die Lage in Somalia im Vergleich nicht dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert hat, sodass der BF im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen, ergibt sich daraus, dass sich solche Gründe aus den aktuellen Länderberichten (LIB der Staatendokumentation zu Somalia, 17.09.2019) nicht ergeben und auch sonst nicht hervorgekommen sind. Schließlich weist auch die Staatendokumentation selbst in ihrer dem inhaltlichen Teil des Länderinformationsblatts zu Somalia vorangehenden "vergleichenden länderkundlichen Analyse i.S. § 3 Abs. 4a AsylG" darauf hin, dass es zu keinen wie im § 3 Abs. 4a AsylG beschriebenen Verbesserungen in Somalia gekommen ist.

2.6. zu 1.6. Die Feststellung, dass eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten ist, ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben angeführten Beweiswürdigung. Weder ein Vergleich der herangezogenen Länderberichte, noch das Vorbringen des BF in der mündlichen Verhandlung am 20.09.2017 und in der Stellungnahme, welche für die Entscheidung herangezogen wurden, lassen einen solchen Schluss zu. Auch die belangte Behörde hat eine Änderung von diesem Ausmaß in ihrem Bescheid in keinster Weise nachgewiesen, sondern lediglich unsubstantiiert behauptet, die Lage habe sich verbessert, oder sich auf Prognosen und Stehsätze beschränkt. Der Umstand, dass heftige Regenfälle zu den schlimmsten Überflutungen seit 60 Jahren führen (was zwar im Vergleich zur langjährigen Dürre als Veränderung, jedoch keinesfalls als Verbesserung der Lage gesehen werden kann) lässt nicht darauf schließen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF nicht mehr vorliegen; andere Gründe sind weder hervorgekommen, noch wurden solche (substantiiert) vorgebracht.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Spruchpunkt I. Stattgabe und ersatzlose Behebung

3.1.1. Einleitend wird festgehalten, dass sich die belangte Behörde in ihrem Bescheid vom 20.12.2018 bezüglich des Aberkennungstatbestendes explizit auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG gestützt hat und begründend ausführt, dass die Gründe für die Erteilung des subsidiären Schutzes nicht mehr vorliegen. Auch der Spruch des angefochtenen Bescheides bezieht sich ausschließlich auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 AsylG. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass es sich um die Anwendung des zweiten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG handelt (vgl. Bescheid S. 466 f.: "Die zweite Variante für den Aberkennungstatbestand der Ziffer 1 leg. cit das ?nicht mehr Vorliegen ' stellt auf eine Änderung der Umstände in Bezug auf den Zeitpunkt der ersten Entscheidung ab").

3.1.2. Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen.

3.1.3. Zur richtlinienkonformen Interpretation:

Artikel 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 (in der Folge: Status-RL), über das Erlöschen des subsidiären Schutzes lauten:

"(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.

(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden."

Art. 19 Abs. 1 und 4 lauten:

"(1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.

(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."

In Anlehnung an Art. 16 der Status-RL bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend, lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des 6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).

3.1.4. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Status-RL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:

Mit rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.09.2017 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zuerkannt. Die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dabei im Wesentlichen damit begründet, dass in Süd- und Zentralsomalia eine sehr prekäre Versorgungslage herrsche und daher im Falle einer Rückkehr nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich der BF mit der nötigen Wahrscheinlichkeit einen notdürftigsten Lebensunterhalt erwirtschaften könne.

Soweit die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 damit begründet, es könne nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr nach Somalia in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ist festzuhalten, dass den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zur Lage in Somalia keine grundlegenden Veränderungen im Herkunftsstaat seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen sind. Vielmehr hat sich neben der Sicherheitslage auch die Versorgungslage durch die unmittelbar auslaufende Dürreperiode verschlechtert. Auch eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die individuelle Situation des BF wurde von der belangten Behörde nicht schlüssig dargetan. Die Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des BF ist weiterhin als volatil anzusehen, und kommt entgegen der Annahme im angefochtenen Bescheid auch weiterhin eine innerstaatliche Fluchtalternative des BF nach Mogadischu mangels Vorliegen eines familiären Unterstützungsnetzwerkes respektive einer Unterstützung durch das Clansystem nicht in Betracht. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt ist nicht davon auszugehen, dass der BF als Angehöriger des Clans der Gabooye auf eine Unterstützung des in Mogadischu vorherrschenden Hawiye Clans zurückgreifen kann.

Die belangte Behörde hat somit auf Grundlage eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts eine andere Beweiswürdigung vorgenommen bzw. andere (rechtliche) Schlüsse gezogen als das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 20.09.2017.

Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.

3.1.5. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben war.

3.2. Zu A) Spruchpunkt II. Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt für ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

Wie oben bereits ausführlich dargelegt, liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF weiterhin vor, da insbesondere nicht festgestellt werden konnte, dass sich die Gründe, aus denen dem BF der Status zuerkannt wurde, nachhaltig und wesentlich geändert hätten. Aberkennungsgründe nach § 9 Abs. 1 AsylG 2005 liegen nicht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt somit zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde auch gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids stattzugeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF für die Dauer von zwei weiteren Jahren zu verlängern war.

3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor, und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten.

3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung subsidiärer Schutz Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W252.2161625.2.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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