TE Bvwg Beschluss 2020/5/8 G313 2104091-2

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Veröffentlicht am 08.05.2020
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Entscheidungsdatum

08.05.2020

Norm

AVG §13 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
VwGG §30a
VwGVG §17

Spruch

G313 2104091-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX, geb. XXXX, StA. Deutschland, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 15.11.2017 betreffend das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, Zl. G313 2104091-1/15E nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit mündlich verkündetem Erkenntnis am 21.09.2016:

A)

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG und § 30a VwGG als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 02.03.2015 wurde gegen die BF gem. § 67 Abs 1 und 2 FPG ein 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen und ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

3. Am 24.03.2015 langte beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) die Beschwerde samt dazugehörigem Verwaltungsakt ein.

4. Am 21.09.2016 fand eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt. Dieser ist die BF unentschuldigt ferngeblieben. Ein Vertreter der belangten Behörde ist ebenso nicht zur Verhandlung erschienen.

Die verhandelnde Richterin stellt fest, dass die BF an einer bestimmten näher angeführten Adresse obdachlos gemeldet ist sowie rechtzeitig zur mündlichen Verhandlung am 21.09.2016 geladen wurde.

Im Zuge dieser mündlichen Verhandlung wurde mündlich verkündet, dass die Beschwerde der BF abgewiesen wird, und diese Entscheidung im Anschluss begründet.

Festgehalten wurde, dass eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung im Akt hinterlegt wird.

Die VH-Niederschrift samt mündlicher Verkündung des Erkenntnisses vom 21.09.2016 wurde folglich der belangten Behörde zugestellt.

5. Wie in der mündlichen Verhandlung am 21.09.2016 angekündigt, wurde das Erkenntnis, datiert mit 15.03.2017, schriftlich ausgefertigt.

Diese Entscheidung konnte mangels bekannten Aufenthaltsorts bzw. bekannter Abgabestelle nicht an die BF zugestellt werden und wurde folglich am 15.03.2017 ohne vorausgehenden Zustellversuch gemäß § 8 Abs. 2 ZustG beim BVwG hinterlegt.

6. Mit E-Mail der BF an das BFA vom 14.11.2017, 16:10 Uhr, weitergeleitet an das BVwG am 15.11.2017, 07:41:19 Uhr, wurde unter der Überschrift "Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:" Folgendes mitgeteilt:

"Von ihrer Behörde wurde mir mit Schreiben vom 3.11.2017 - (mir zugegangen am 10.11.2017) mitgeteilt, dass meine Beschwerde gegen den Bescheid vom 2.3.2015 mit Erkenntnis vom 15.3.2017 abgewiesen wurde.

Ich habe erst durch ihr Schreiben von diesem Erkenntnis erfahren, da es mir niemals zugestellt worden ist und ich daher um meine Möglichkeiten der weiteren Rechtsmittel gebracht wurde.

Da zum genannten Zeitpunkt eine der Behörde seit Frühjahr 2015 (nach meiner frühzeitigen Haftentlassung wegen guter Führung) bekannte Zustelladresse beim Verein Neustart vorlag - war die Nichtzustellung auf zumindest fahrlässiges Verschulden der Behörde zurückzuführen. Alle auf diesem Erkenntnis beruhenden Rechtsfolgen sind daher nicht rechtskräftig.

Ich habe nach meiner Haftentlassung, um wieder ein geregeltes Leben zu führen und die Vergangenheit abzuschliessen zusätzlich - da ich schon lange auf diesen Bescheid warte, seit 2015 regelmässig - das letzte Mal im August 2017 - beim BFA nachgefragt, ob eine Erkenntnis ergangen sei oder ob es Informationen gibt, WANN mit einem Erkenntnis zu rechnen ist.

Jedesmal habe ich die Auskunft erhalten, dass KEIN Erkenntnis vorliegt und so etwas bis zu 5 Jahren dauern könnte.

Daher beantrage ich:

Den Bescheid vom 15.3.2017 mir mit neuem Zustelldatum zuzustellen - damit ich die Möglichkeit habe fristgerecht Rechtsmittel gegen das Erkenntnis einzubringen.

Das in ihrem Schreiben angesprochene Ausreiseverbot einstweilig auszusetzen - um mir ausreichend Zeit für meine Rechtsmittel zu geben."

7. Mit Mängelbehebungsauftrag des BVwG vom 29.11.2017, der BF zugestellt am 07.12.2017, wurde die BF aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens dem BVwG ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf dem Postweg statt per E-Mail zu übermitteln, sei ihre Einbringung per E-Mail doch nicht zulässig.

Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist werde ihr Anbringen gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen werden.

8. Am 02.01.2018 langte beim BVwG ein handschriftliches mit "22.12.2017" datiertes Schreiben der BF ein - betitelt mit "Mängelbehebungsauftrag". In diesem Schreiben nahm die BF darauf Bezug, dass sie nach ihrer Strafhaftentlassung im Mai 2015 ihre Arbeit bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber wiederaufgenommen und sich bei der "Fremdenpolizei" monatlich nach dem Verfahrensstand erkundigt habe. Die BF setzte ihr Schreiben wörtlich fort:

"Immer wurde mir gesagt, dass es bis zu 5 Jahre dauern kann. Ich bitte Sie wirklich mir meinen Sozialen Stand hier in XXXX nicht zu nehmen. Ich habe meine Arbeit, meine Wohnung, meine Freunde (Familie) hier. In Deutschland habe ich gar nichts. Müsste alles neu beginnen."

Die Frist zur Einbringung der mit Schreiben vom 29.11.2017 aufgetragenen Mängelbehebung nach Zustellung des Verbesserungsauftrages am 07.12.2017 ist am 21.12.2017 abgelaufen. Das mit 22.12.2017 datierte Schreiben langte am 02.01.2018 und daher jedenfalls verspätet beim BVwG ein.

9. Wiederum mit E-Mail der BF vom 02.04.2020, 14:20 Uhr, langte beim BVwG ein weiteres Schreiben der BF ein. In diesem steht:

"(...) Seit langer Zeit warte ich auf eine Antwort von der Fremdenpolizei wegen meinem Aufenthaltsstatus. Dies zieht sich jetzt schon seit 2015 her. Jedes Mal wenn ich bei der Fremdenpolizei telefonisch mich melde, heißt es, dass es in Bearbeitung ist (...) Leider bin ich zur Zeit auch von der Coronakrise betroffen und wurde in die Kurzarbeit geschickt. Mit liegen die Hände gebunden, dass ich mich beim Arbeitsamt bzw. beim Sozialamt melden kann, da ich ja noch keinen Status zum Vorlegen habe. Wäre die Krise nicht, wäre ich normal am Arbeiten. Ich bitte Sie von Herzen mir eine positive Antwort zu schicken. (...)"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zur Zurückweisung des "Antrages der BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" (Spruchpunkt A.):

2.1.1. Am 21.09.2016 wurde vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung durchgeführt und im Zuge dieser das Erkenntnis mündlich verkündet. Am 15.03.2017 wurde mangels bekannter Abgabestelle der BF die schriftliche Ausfertigung des am 21.09.2016 mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 15.03.2017 beim BVwG im Akt hinterlegt.

Die BF wandte sich erstmals am 15.11.2017 gegen diese Entscheidung, langte doch an diesem Tag beim BVwG ein mit "Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:" betiteltes E-Mail vom 14.11.2017 ein.

Die Rechtsmittelbelehrung in der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses des BVwG vom 15.03.2017 lautet auszugsweise wie folgt:

"Gegen diese Entscheidung kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine ordentliche bzw. außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Für die Abfassung und Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision gilt Anwaltspflicht.

Zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist berechtigt, wer sich durch die Entscheidung in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in Rechten verletzt erachtet. Eine Revision ist zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt.

Eine Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Eine Revision ist beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen."

Demnach war gegen das Erkenntnis des BVwG vom 15.03.2017 jedenfalls innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung beim BVwG (außerordentliche) Revision einzubringen.

2.1.2. Zum mit "Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" betitelten § 33 VwGVG:

"§ 33. (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) (...)

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. (...)

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(...)."

Zu den §§ 30 und 30a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 idgF (VwGG):

Der mit "aufschiebende Wirkung" betitelte § 30 VwGG lautet:

"§ 30. (1) Die Revision hat keine aufschiebende Wirkung. Dasselbe gilt für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist.

(2) Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.

(...)."

Der mit "Vorentscheidung durch das Verwaltungsgericht" betitelte § 30a VwGG lautet:

"§ 30a. (1) Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, sind ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

(...)."

2.1.3. Mit ihrem an das BFA gerichteten E-Mail vom 14.11.2017, 16:10 Uhr, weitergeleitet an das BVwG am 15.11.2017, 07:41:19 Uhr, brachte die BF unter anderem vor, erst durch das Schreiben des BFA vom 03.11.2017, ihr zugestellt am 10.11.2017, erfahren zu haben, dass ihre Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.03.2015 mit Erkenntnis des BVwG vom 15.03.2017 abgewiesen worden sei, sei ihr doch das besagte Erkenntnis nie zugestellt worden und habe sie deshalb keine Möglichkeit gehabt, gegen das Erkenntnis des BVwG rechtzeitig ein Rechtsmittel zu erheben.

2.1.4. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm. § 17 VwGVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Das verfahrensgegenständliche Anbringen ist bereits insoweit mangelhaft, als der Antrag der BF auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht rechtzeitig formgerecht auf dem Postweg beim BVwG eingebracht worden ist.

Die BF wurde mit schriftlichem Mängelbehebungsauftrag vom 29.11.2017, persönlich von der BF übernommen und damit ihr zugestellt am 07.12.2017, aufgefordert, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens dem BVwG ihren vormals auf unzulässige Weise per E-Mail eingebrachten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beim BVwG postalisch einzubringen, und wurde auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist ihr Anbringen gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG zurückgewiesen wird.

Am 02.01.2018 langte beim BVwG ein mit "22.12.2017" datiertes und mit "Mängelbehebungsauftrag" betiteltes Schreiben ein.

Das auf die schriftliche Aufforderung zur Mängelbehebung beim BVwG am 02.01.2018 eingegangene Schreiben der BF vom 22.12.2017 wurde jedenfalls nach der der BF gewährten Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Verbesserungsauftrages verspätet eingebracht, weshalb bereits deswegen ihr Antrag vom 15.11.2017 zurückzuweisen gewesen wäre.

Das mit dem Betreff "Mängelbehebungsauftrag" betitelte Schreiben der BF vom 22.12.2017, eingelangt beim BVwG am 02.01.2018, erhielt jedoch auch nicht eine hinreichende Begründung des Antrags (auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand):

Die BF wies wie bereits mit ihrem E-Mail vom 15.11.2017 auch in ihrem Schreiben vom 22.12.2017 darauf hin, sich seit ihrer Strafhaftentlassung im Jahr 2015 regelmäßig beim BFA nach dem Verfahrensstand erkundigt zu haben. Mit E-Mail vom 15.11.2017 gab sie bekannt, letztmals habe sie beim BFA im August 2017 nachgefragt. Jedes Mal habe sie die Antwort erhalten, "dass kein Erkenntnis vorliegt und so etwas bis zu 5 Jahren dauern könnte." In ihrem beim BVwG auf dem Postweg eingebrachten Schreiben brachte sie jedenfalls nicht mehr wie mit ihrem per E-Mail eingebrachten Schreiben vor, erst mit Zustellung des Schreibens des BFA vom 03.11.2017 am 10.11.2017 davon erfahren zu haben, dass ihre Beschwerde mit Erkenntnis des BVwG vom 15.03.2017 abgewiesen worden sei, sie deshalb nicht rechtzeitig gegen dieses Erkenntnis ein Rechtsmittel einbringen können habe, und die Nichtzustellung des Erkenntnisses des BVwG vom 15.03.2017 auf zumindest fahrlässiges Verschulden der Behörde zurückzuführen sei, sondern nahm inhaltlich auf die abweisende Entscheidung des BVwG Bezug, ersuchte darum, "den Abschiebungsantrag" gegen sie "zurückzunehmen", habe sie doch ihre Arbeit, Wohnung, Freunde (Familie) in Österreich, in Deutschland hingegen "gar nichts", und legte ihrem Schreiben noch einen Sozialbericht ihrer Bewährungshilfe bei.

Demnach wurde mit Schreiben der BF vom 22.11.2017 nicht ihr "Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" bzw. der vormals mit E-Mail vom 15.11.2017 gestellte Antrag auf Zurückversetzung in den Stand der aufrechten Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen das Erkenntnis des BVwG vom 15.03.2017 näher begründet, sondern ein der Entscheidung vom 15.03.2017 entgegenstehendes inhaltliches Vorbringen erstattet.

Ein solches hätte jedoch nur nach Stattgebung des von der BF gestellten Wiedereinsetzungsantrages bzw. nach Feststellung, dass die BF kein Verschulden an der nicht rechtzeitigen Einbringung eines Rechtsmittels gegen das Erkenntnis des BVwG vom 15.03.2017 trifft, und nach Vorlage einer außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof vor dem Verwaltungsgerichtshof berücksichtigt werden können.

Ein fristgerecht eingebrachter, hinreichend begründeter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegt im gegenständlichen Fall überdies zur auf den Mängelbehebungsauftrag verspätet eingebrachten "Verbesserung" jedoch auch nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

2.1.5. Abgesehen davon, dass im gegenständlichen Fall kein fristgerechter, hinreichend begründeter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegt und demzufolge nicht weiter geprüft zu werden braucht, ob der BF ein Verschulden an der Versäumung der Rechtsmittelfrist trifft, wird ergänzend darauf hingewiesen, dass die BF ihr unentschuldigtes Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung am 21.09.2016, zu welcher sie durch Anhang an der Amtstafel geladen war, und ihre Nichteinbringung eines Rechtsmittels gegen die schriftliche Ausfertigung des am 21.09.2016 mündlich verkündeten Erkenntnisses innerhalb der ihr dazu zugestandenen Rechtsmittelfrist selbst zu verantworten hat, wäre es doch aufgrund ihrer Mitwirkungspflicht im Beschwerdeverfahren an ihr selbst gelegen, durch die Bekanntgabe ihre Wohnadresse bzw. Abgabestelle sicherzustellen, alle ihr Beschwerdeverfahren betreffende Schreiben bzw. Erledigungen erhalten zu können.

Da die BF in ihrem Beschwerdeverfahren keine Abgabestelle bekannt gegeben hat und im Zentralen Melderegister auch keine behördliche Meldung der BF zum "15.03.2017" aufscheint, war die Zustellung des Erkenntnisses des BVwG, datiert mit 15.03.2017, an einer bestimmten Abgabestelle nicht möglich und wurde folglich das Erkenntnis des BVwG vom 15.03.2017 gemäß § 8 Abs. 2 ZustG ohne vorausgehenden Zustellversuch beim BVwG im Akt hinterlegt, womit das besagte Erkenntnis gemäß § 23 Abs. 4 ZustellG mit diesem Tag als zugestellt gilt.

Die BF gab mit E-Mail vom 15.11.2017 erstmals dem BFA und dem BVwG bekannt, dass sie erst mit Zustellung des Schreibens des BFA vom 03.11.2017 am 10.11.2017 davon erfahren zu haben, dass ihre Beschwerde mit Erkenntnis des BVwG vom 15.03.2017 abgewiesen worden sei.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass die BF, hätte sie sich tatsächlich, wie sie mit E-Mail vom 14.11.2017 und ihrem nachfolgendem Schreiben vom 22.12.2017 mitteilte, ab ihrer Strafhaftentlassung im Jahr 2015 regelmäßig bzw. "monatlich" und letztmals im August 2017 beim BFA nach dem Verfahrensstand erkundigt, jedenfalls früher als mit der Zustellung des Schreibens des BFA vom 03.11.2017 am 10.11.2017 davon erfahren können hätte, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 21.09.2016 ein mündlich verkündetes Erkenntnis ergangen ist, wurde dem BFA doch die VH-Niederschrift vom 21.09.2016 doch noch am Tag der Verhandlungsprotokollausfertigung am 21.09.2016 zugestellt.

Hätte sich die BF zudem tatsächlich, wie bereits mit E-Mail vom 15.11.2017 angegeben, nach Strafhaftentlassung Mitte Mai 2015, demnach kurze Zeit nach Beschwerdevorlage vom 24.03.2015, regelmäßig beim BFA nach dem Verfahrensstand erkundigt, hätte sie zudem auch vom Verhandlungstermin am 21.09.2016 erfahren können.

Bei Nachkommen ihrer Mitwirkungspflicht durch Bekanntgabe ihrer Abgabestelle, hätte durch Ladung der BF an einer bestimmten Abgabestelle eine mögliche Teilnahme der BF an der mündlichen Verhandlung am 21.09.2016 sichergestellt werden können und sich die BF nach mündlicher Verkündung des Erkenntnisses des BVwG in der mündlichen Verhandlung am 21.09.2016 bzw. nach darauffolgender schriftlicher Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses sich um Anfechtung dieser Entscheidung bemühen können.

Nach der Rechtsprechung des VwGH bestehen vor dem Hintergrund des § 29 VwGVG keine Bedenken gegen die Möglichkeit der Anfechtung bereits des nur mündlich verkündeten Erkenntnisses (vgl. VwGH 15. Dezember 2014, Ro 2014/04/0068). Wird eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung nach der Verkündung schon vor Zustellung der Entscheidungsausfertigung beim Verwaltungsgerichtshof angefochten, ist das Revisionsrecht der revisionswerbenden Partei konsumiert und kann nach erfolgter Zustellung der Ausfertigung nicht nochmals ausgeübt werden (vgl. idS 23. Februar 2000, 99/09/0240). Für die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein mündlicher Bescheid erlassen wurde, ist nicht die Ausfertigung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern jene Urkunde entscheidend, die über den Entscheidungsinhalt und die Tatsache der Verkündung nach dem auch betreffend § 29 VwGVG einschlägigen § 62 Abs. 2 AVG angefertigt wurde (vgl. § 17 VwGVG; siehe dazu VwGH 26. Februar 2003, 2002/03/0158; VwGH 16. September 2009, 2008/09/0218, mwH). Dazu ist es insbesondere erforderlich, dass die gemäß § 62 Abs. 2 AVG zu erstellende Niederschrift nach den Regelungen des § 14 Abs. 5 AVG unterschrieben wird (vgl. idS VwGH vom 30.09.2010, 2007/09/0315).

Die Rechtslage hat sich seit der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses am 21.09.2016 insofern geändert, als am 01.01.2017 § 29 VwGVG in einer neuen Fassung in Kraft getreten ist und nach dem neu eingefügten Absatz 5 dieser Bestimmung unter bestimmten Voraussetzungen auch gekürzte Ausfertigungen von Erkenntnissen möglich sind.

Im Folgenden wird zunächst die zum Zeitpunkt der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses in der mündlichen Verhandlung am 21.09.2016 geltende Stammfassung von § 29 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, und darauf die am 01.01.2017 neu in Kraft getretene Fassung von § 29 VwGVG, BGBl. BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, wiedergegeben:

Der mit Verkündung und Ausfertigung der Erkenntnisse betitelte § 29 VwGVG, BGBl. BGBl. I Nr. 33/2013, in Kraft vom 01.01.2014 bis 31.12.2016, lautet:

"§ 29.

(1) Die Erkenntnisse sind im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.

(2) Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.

(3) Die Verkündung des Erkenntnisses entfällt, wenn

1. eine Verhandlung nicht durchgeführt (fortgesetzt) worden ist oder

2. das Erkenntnis nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung gefasst werden kann

und jedermann die Einsichtnahme in das Erkenntnis gewährleistet ist.

(4) Den Parteien ist eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen. Eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ist in den in Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen auch dem zuständigen Bundesminister zuzustellen."

Der mit "Verkündung und Ausfertigung der Erkenntnisse" betitelte § 29 VwGVG, BGBl. BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, am 01.01.2017 in Kraft getreten, lautet:

"§ 29. (1) Die Erkenntnisse sind im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.

(2) Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.

(2a) Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer mündlichen Verkündung die Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Der Niederschrift ist eine Belehrung anzuschließen:

1. über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß Abs. 4 zu verlangen;

2. darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt.

(2b) Ist das Erkenntnis bereits einer Partei verkündet worden, kann ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 bereits ab dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem der Antragsteller von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat. Ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 ist den übrigen Antragsberechtigten zuzustellen.

(3) Die Verkündung des Erkenntnisses entfällt, wenn

1. eine Verhandlung nicht durchgeführt (fortgesetzt) worden ist oder

2. das Erkenntnis nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung gefasst werden kann

und jedermann die Einsichtnahme in das Erkenntnis gewährleistet ist.

(4) Den Parteien ist eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen. Eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ist in den in Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen auch dem zuständigen Bundesminister zuzustellen.

(5) Wird auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten."

Demnach war zum Zeitpunkt der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses des BVwG am 21.09.2016 die Bestimmung des § 29 VwGVG, BGBl. BGBl. I Nr. 33/2013, idF BGBl. I Nr. 24/2017, mit dem am 01.01.2017 auch neu in Kraft getretenen Absatz 5 des § 29 VwGVG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen auch eine gekürzte Ausfertigung des Erkenntnis in Betracht kommt, noch nicht in Kraft, und hatte die BF wie auch das BFA - uneingeschränkt - Anspruch auf eine schriftliche Ausfertigung des in der mündlichen Verhandlung am 21.09.2016 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

Diesem Anspruch wurde durch die schriftliche Ausfertigung des am 21.09.2016 mündlich verkündeten Erkenntnisses jedenfalls gerecht.

Ein Rechtsmittel bzw. eine iSv § 30a VwGG beim BVwG einzubringende außerordentliche Revision gegen das Erkenntnis des BVwG vom 15.03.2017 wurde jedoch nicht rechtzeitig eingebracht. Dass die rechtzeitige Einbringung eines solchen Rechtsmittels gegen die schriftliche Ausfertigung des am 21.09.2016 mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 15.03.2017 ohne Verschulden der BF nicht möglich war, konnte die BF nicht glaubhaft machen.

Ihrem "Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand" wäre daher, wenn dieser nicht bereits wegen nicht fristgerechter, hinreichend begründeter Einbringung zurückzuweisen wäre, wegen der von der BF zu verantwortenden nicht rechtzeitigen Einbringung eines Rechtsmittels gegen das Erkenntnis des BVwG vom 15.03.2017 nicht stattzugeben gewesen.

2.1.6. Wegen nicht zeitgerechter Einbringung eines hinreichend begründeten Antrages auf Wiedereinsetzung in den Stand während aufrechter Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen das Erkenntnis des BVwG vom 15.03.2017 bzw. mangels einer vorliegenden gegen dieses Erkenntnis rechtzeitig eingebrachten Revision, welche nach § 30a VwGG beim BVwG einzubringen ist und bei nicht rechtzeitiger Einbringung (ohne weiteres Verfahren) beschlussmäßig zurückzuweisen ist, war im gegenständlichen Fall im Rahmen einer "Vorentscheidung durch das Verwaltungsgericht" iSv § 30a VwGG spruchgemäß zu entscheiden.

2.2. Zu Spruchpunkt B) (Unzulässigkeit der Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Beschwerdefrist Frist Fristablauf Fristversäumung Wiedereinsetzungsantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2104091.2.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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