Entscheidungsdatum
11.05.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
1.) W247 1432266-4/13E
2.) W247 1432267-4/13E
3.) W247 1432269-4/13E
4.) W247 2134016-2/13E
5.) W247 1432270-4/13E
6.) W247 2137978-2/13E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER über den Antrag von XXXX , der gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.03.2020, Zl. 1.) W247 1432266-4/9E, 2.) W247 1432267-4/10E, 3.) W247 1432269-4/9E, 4.) W247 2134016-2/9E, 5.) W247 1432270-4/9E, 6.) W247 2137978-2/9E, erhobenen ordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, beschlossen:
Der Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 iVm 30a Abs. 3 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Text
BEGRÜNDUNG:
1. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 03.03.2020, Zln. W247 1432266-4/9E, W247 1432267-4/10E, W247 1432269-4/9E, W247 2134016-2/9E, W247 1432270-4/9E, W247 2137978-2/9E, wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Bescheide des Bundesamtes erhobenen Beschwerden als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig.
2. Mit Schriftsatz vom 04.05.2020 brachten die revisionswerbenden Parteien eine Revision gegen das im Spruch angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes ein. Zur Begründung dieses Antrages führten die revisionswerbenden Parteien Folgendes an:
"Eine Ausweisung der RevisionswerberInnen während dem laufenden Revisionsverfahren würde einen unwiederbringlichen Nachteil für diese darstellen. Ein solch unwiederbringlicher Nachteil würde vor allem für die mj. Dritt- bis Sechstrevisionswerber daraus resultieren, dass sich der Drittrevisionswerber über einen Zeitraum von sieben Jahren (!) nicht mehr in der russischen Föderation aufgehalten hat und die Viert- bis Sechstrevisionswerber noch nie dort aufhältig waren. Österreich ist für die minderjährigen RevisionswerberInnen zu ihrer "Heimat" geworden, sie haben vielseitige soziale Anknüpfungspunkte vor allem nach Tirol, wo sie mehrere Jahre untergebracht waren, sie sind hier zur Schule bzw. in den Kindergarten gegangen, haben sich in das dörfliche Gemeinschaftsleben integriert und wurden in Österreich "geprägt".
Im Falle einer Rückkehr noch während des laufenden Revisionsverfahrens würden sie - vorläufig - in eine völlig neue und für sie unbekannte Umgebung verbracht werden. Dies in Zeiten völliger Unsicherheit, da auch in der russischen Föderation bzw in Tschetschenien eine Vielzahl an Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Covid 19 erlassen wurden, was jegliche Arbeits- wie Wohnungssuche entsprechend erschweren bzw verunmöglichen würde.
Solch eine vorläufige und ungewisse Außerlandesbringung würde darüber hinaus eine enorme psychische Belastung für die gesamte Familie darstellen. Wie sich eine solch enorme psychische Belastung auf die psychische Verfassung des Erstrevisionswerbers und der mj. Viertrevisionswerberin auswirken würde, wurde in vorliegendem Verfahren weder erhoben, noch geprüft und eine daraus resultierende Gefährdung dementsprechend verkannt. Dies obwohl ein Verdacht auf Selbst- und Gemeingefährdung des Erstrevisionswerbers im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA am 11.12.2019 augenscheinlich wurde.
Darüber hinaus ist völlig ungewiss, ob eine Verschlechterung des psychischen Zustandes des Erstrevisionswerbers und der mj. Viertrevisionswerberin in Folge einer Außerlandesbringung während dem anhängigen Revisionsverfahren in Zeiten der Covid-19 Pandemie in der russischen Föderation bzw in Tschetschenien medizinisch und/oder therapeutisch adäquat behandelt werden könnte (vgl zu den enormen Herausforderungen aufgrund der Covid- 19 Erkrankungen, den Umgang mit Fallzahlen, das Vorgehen zur Eindämmung des Virus und zur Beschaffenheit des Gesundheitswesens beiliegende Russland- Analysen Nr 385 vom 14.4.2020).
Eine unmittelbare Abschiebung der RevisionswerberInnen während dem laufenden Revisionsverfahren würde aus all diesen Gründen dem besten Wohl der mj. RevisionswerberInnen diametral zuwiderlaufen.
Demgegenüber sind keine überwiegenden, im öffentlichen Interesse gelegenen Gründe ersichtlich, die eine Ausweisung der RevisionswerberInnen noch während dem laufenden Revisionsverfahren erfordern würde. Zumal die Zweit- bis SechstrevisionswerberInnen unbescholten sind. Einzig der Erstrevisionswerber ist strafrechtlich in Erscheinung getreten, wobei diesbezüglich anzumerken ist, dass die letzte Verurteilung im Juli 2017 erfolgte, sohin mehr als 2,5 Jahre zurückliegt. Seither hat sich auch der Erstrevisionswerber wohl verhalten, sodass seine Verfehlungen weder für ihn, insbesondere aber nicht für die Zweit- bis SechstrevisionswerberInnen einen unmittelbaren Vollzug des nunmehr bekämpften Erkenntnisses rechtfertigen würden."
3. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht ist nach der Rechtsprechung des VwGH sowohl bei einer ordentlichen Revision auch im Fall einer außerordentlichen Revision bis zur Vorlage der Revision an den VwGH zur Entscheidung über einen Antrag auf aufschiebende Wirkung der Revision zuständig und zur Entscheidung verpflichtet (VwGH 05.11.2019, Ra 2019/20/0470).
4. Die Revisionswerber haben in ihrem Antrag unverhältnismäßige Nachteile dargelegt, die mit dem sofortigen Vollzug des Abschiebetitels verbunden wären. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für die Revisionswerber - schon in Hinblick auf die angeordnete Außerlandesbringung - ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre (vgl. VwGH 19.7.2017, Ra 2017/20/0234; 11.5.2018, Ra 2018/18/0252, 18.01.2019, Ra 2018/14/0325). Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zwingende oder zumindest überwiegende öffentliche Interessen entgegenstünden. Dem Antrag war daher stattzugeben.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung ordentliche Revision Pandemie VerwaltungsgerichtshofEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W247.1432270.4.02Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020