TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/11 G302 2226660-1

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Veröffentlicht am 11.05.2020
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Entscheidungsdatum

11.05.2020

Norm

AlVG §10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §15

Spruch

G302 2226660-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Vorsitzenden sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Barbara BAMMER als Beisitzerin und den fachkundigen Laienrichter Mag. Jochen BUCHACHER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, SVNR: XXXX, gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice vom 26.11.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle XXXX des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: belangte Behörde) vom 10.09.2019 wurde ausgesprochen, dass XXXX, SVNR: XXXX (im Folgenden: BF) den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977, in geltender Fassung für den Zeitraum von 06.08.2019 bis 16.09.2019 verloren habe.

Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht Beschwerde.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.10.2019, Zl. XXXX wurde die Beschwerde der BF gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 10.09.2019 im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 VwGVG in Verbindung mit § 56 AlVG abgewiesen und die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausgeschlossen. Der Bescheid beinhaltete folgende Rechtsmittelbelehrung: "Sie können binnen zwei Wochen nach Zustellung dieser Beschwerdevorentscheidung bei der oben angeführten regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wird (Vorlageantrag)."

Die BF ist im Zentralen Melderegister an der Adresse XXXX seit 13.10.2014 mit Hauptwohnsitz gemeldet. Die belangte Behörde hat den Bescheid vom 25.10.2019 an diese Adresse abgesandt.

Dieser Bescheid wurde nach einem Zustellversuch am 31.10.2019 beim Postamt XXXX hinterlegt (Beginn der Abholfrist: 31.10.2019). Die Verständigung über die Zustellung wurde im Briefkasten der BF eingelegt. Der Bescheid wurde der BF am 04.11.2019 im Postamt ausgefolgt.

Mit E-Mail vom 15.11.2019, um 16:05 Uhr, stellte die BF einen Vorlageantrag.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26.11.2019, Zl. XXXX wurde der Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG iVm § 56 AlVG als verspätet zurückgewiesen.

Dagegen erhob die BF fristgerecht die nun verfahrensgegenständliche Beschwerde und führte aus, dass sie am Tag des Zustellversuches krank gewesen sei und es ihr erst am 04.11.2019 möglich gewesen sei, den Bescheid abzuholen.

Es wurde kein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

Die Beschwerde und der maßgebliche Verwaltungsakt wurden von der belangten Behörde am 16.12.20119 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und am selbigen Tag der Gerichtsabteilung G302 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.

Der Sachverhalt ist unstrittig. Dass die Beschwerdevorentscheidung vom 25.10.2019 am 31.10.2019 beim Postamt hinterlegt wurde, wurde von der BF nicht bestritten.

Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Beschluss im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 56 Abs. 2 AlVG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchteil A):

Sache des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des Ausgangsbescheides gebildet hat (vgl. VwGH 08.05.2018, 2018/08/0011). Gegenstand des angefochtenen Bescheides war ausschließlich die Zurückweisung des Vorlageantrages wegen Verspätung. Im vorliegenden Fall war daher nur die Frage der Verspätung des Vorlageantrages zu prüfen.

2.2. Zustellung

§ 17 ZustG (Hinterlegung) lautet:

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Die Beschwerdevorentscheidung vom 25.10.2019 wurde nach einem Zustellversuch beim Postamt hinterlegt. Die Verständigung erfolgte durch Einwurf in den Briefkasten. Dass der Zusteller Grund zur Annahme hatte, dass sich die BF nicht an der Abgabestelle regelmäßig aufhielt, kommt nicht hervor. Von der BF wurde auch bestätigt, dass sie zum Zeitpunkt des Zustellversuchs krank zu Hause gewesen sei.

Die Beschwerdevorentscheidung galt somit gemäß § 17 Abs. 3 ZustG mit dem ersten Tag der Abholfrist, somit mit 31.10.2019 als ordnungsgemäß zugestellt.

2.3. Verspätung des Vorlageantrags

Jede Partei kann gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind gemäß Abs. 3 von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Die Beschwerdevorentscheidung vom 25.10.2019 wurde der BF laut dem im Verwaltungsakt aufliegenden Rückschein am 31.10.2019, einem Donnerstag, durch Hinterlegung zugestellt. Die Frist für den Vorlageantrag endete daher mit Ablauf des Donnerstags zwei Wochen später, sohin mit Ablauf des 14.11.2019.

Diese Frist ist gemäß § 33 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG nicht verlängerbar (vgl. VwGH 25.11.2015, Ra 2015/06/0113). Die Einwände der BF hinsichtlich ihrer Erkrankung gehen somit ins Leere.

Der am 15.11.2019 per E-Mail eingebrachte Vorlageantrag wurde daher zu Recht von der belangten Behörde gemäß § 15 VwGVG wegen Verspätung zurückgewiesen und war die Beschwerde daher abzuweisen.

3. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Hinterlegung Rechtsmittelfrist Verspätung Vorlageantrag Zurückweisung Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G302.2226660.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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