TE Bvwg Beschluss 2020/5/12 W176 2230771-1

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Veröffentlicht am 12.05.2020
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Entscheidungsdatum

12.05.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W176 2230771-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , syrischer Staatsangehöriger, vertreten durch RA Dr. Peter PHILIPP, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.03.2020, Zl. 1032217510-190734979, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), behoben und die Angelegenheit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 09.06.2015, Zl. 1032217510-160513113, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005), der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

2. Am 01.06.2018 langte bei der belangten Behörde ein "Protokollsvermerk und Gekürzte Urteilsausfertigung" des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ein, aus dem sich ergibt, dass der Beschwerdeführer in der am XXXX .05.2018 im Verfahren zur Zl. XXXX durchgeführten Hauptverhandlung für schuldig befunden wurde, am XXXX 2018 in Wien zum einen im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei anderen syrischen Staatsangehörigen (Mitangeklagte) als Mittäter vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabisharz, in einer die Grenzmenge um das 12,7fache übersteigenden Menge, nämlich XXXX Gramm netto, zu einem Preis von XXXX EUR einem verdeckten Ermittler überlassen zu haben und zum anderen XXXX Gramm Cannabisharz erworben und besessen zu haben.

Dadurch habe er das Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall Suchtmittelgesetz, BGBl. I Nr. 112/1997 (SMG), sowie das Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG begangen, weshalb er zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt werde, wovon zwölf Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen würden.

Zu den Strafbemessungsgründen wird als mildernd der bisher ordentliche Lebenswandel sowie das reumütige Geständnis des Beschwerdeführers angeführt, als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen sowie das mehrfache Übersteigen der Grenzmenge.

Der Beschwerdeführer habe die im Urteilsspruch angeführten Sachverhalte objektiv begangen, ernsthaft mit der Verwirklichung der Tatbilder des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG gerechnet und habe sich damit abgefunden.

Schließlich wird festgehalten, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch der öffentliche Ankläger auf Rechtsmittel verzichtet habe.

3. Mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 07.06.2018, 187 BE 131/18, wurde der Beschwerdeführer nach Verbüßung von fünf Monaten Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt aus der Haft entlassen.

4. Mit Aktenvermerk vom 19.07.2019 hielt belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer ein besonders schweres Verbrechen begangen habe, weshalb er nach Zuerkennung des Asylstatus von einem inländischen Gericht rechtkräftig verurteilt worden sei. Es sei somit vom Vorliegen des Tatbestandes des § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 auszugehen.

5. Am XXXX .08.2019 wurde der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde einvernommen; die relevanten Teile des dabei aufgenommenen Protokolls haben folgenden Inhalt:

"F: Werden Sie im gegenständlichen Verfahren vertreten?

A: Nein.

F: Verstehen Sie den anwesenden Dolmetscher einwandfrei?

A: Ja.

F: Machten Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben, und wurden diese rückübersetzt und korrekt protokolliert?

A: Ich sagte immer die Wahrheit. Rückübersetzungen erfolgten. Protokolle korrekt.

F: Haben Sie Beweismittel oder Unterlagen, die Sie heute vorlegen möchten?

A: Ja: Arbeitsvertrag, Verdienstnachweise (Juni und Juli 2019), Heiratsurkunde und Übersetzung, Familienregisterauszug und Übersetzung, Teilnahmebestätigung Werte-und Orientierungskurs, ZMR-Auszug, Auszug aus dem Geburtseintrag, Auszug aus Familieneintrag und Übersetzung.

[...]

F: Haben Sie mittlerweile neue Sachverhalte vorzubringen oder bleiben die bisher von Ihnen vorgebrachten Sachverhalte weiterhin unverändert aufrecht?

A: Es gibt keine Änderungen.

F: Sind Sie in Ihrem Herkunftsstaat oder einem anderen Land vorbestraft? Begingen Sie im Herkunftsland Strafrechtsdelikte?

A: 1x war ich 5 Monate lang im Gefängnis in Syrien aus politischen Gründen. Vorbestraft bin ich nur in Österreich. Dies ist alles.

F: Nehmen Sie Drogen?

A: Nicht mehr.

F: Möchten Sie zu Ihren Straftaten in Österreich noch etwas sagen?

A: Es war ein Fehler von mir. Ich werde dies nicht noch einmal tun. Ich bin mit dem Verein NEUSTART in Kontakt. Am XXXX wird mein nächster Termin sein. Ich führe dort Gespräche bzgl. meiner Wohn- und Arbeitssituation, und manchmal muss ich einen Bluttest machen. Ich habe einen Bewährungshelfer. Ich bin 3 Jahre auf Bewährung.

F: Ist Ihnen klar, dass es sich bei Suchtmitteldelikten um besonders schwere Verbrechen in Österreich handelt?

A: Früher wusste ich dies nicht. Jetzt weiß ich es.

F: Hatten Sie in Syrien auch schon Suchtmittelprobleme?

A: Nein. Ich hatte hier falsche Freunde.

F: Welche Ängste haben Sie in Bezug auf eine mögliche Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat?

A: Ich habe Angst um mein Leben. Ich habe Angst vor dem Regime. Derzeit beherrscht nur das Regime meine Stadt XXXX .

F: Welche Integrationsschritte setzten Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich (ehrenamtliche Tätigkeiten etc.)?

A: Siehe Beweismittel. Ich besuchte Deutschkurse bis zum B1-Niveau (AMS-Kurse). Beim AMS-Jugendcollege besuchte ich verschiedene Kurse (Politik, Mathematik, Computer, Englisch, Deutsch). Ehrenamtlich war ich bisher nicht tätig.

F: Besuchen Sie in Österreich Kurse, Schulen, Vereine?

A: Ich arbeite derzeit. Aktuell nahm ich mir 1 Monat frei. Ich arbeitete bei meinem Bruder.

F: Wovon leben Sie in Österreich?

A: Ich habe Ersparnisse von meiner Arbeit. Manchmal hilft mir meine Familie. Vom Staat lebe ich nicht.

F: Bekommen Sie eine Arbeitslosenunterstützung, Mindestsicherung etc.?

A: Nein.

Über wie viele Barmittel bzw. -vermögen verfügen Sie?

A: Ich habe kein Geld auf dem Konto. Ansonsten habe ich ca. 170 Euro.

F: Haben Sie ein Auto?

A: Nein. Denn ich habe keinen Führerschein.

F: Sie sind seit beinahe 5 Jahren in Österreich. Warum arbeiteten Sie in Österreich fast nie?

A: Anfangs gab es ein sprachliches Problem. Dann wurde ich straffällig und hatte falsche Freunde. Jetzt ist ein Neubeginn.

F: Haben Sie nun einen anderen Freundeskreis?

A: Ja.

F: Wie stellen Sie sich Ihr weiteres Leben in Österreich vor?

A: Ich will mehr Stabilität in meinem Leben mit meiner kleinen Familie. Wir möchten woanders und alleine wohnen. Ich möchte normal arbeiten und leben wie die anderen Leute.

F: Wie unterscheidet sich Ihr Leben in Österreich von Ihrem früheren Leben in Syrien?

A: Ich habe nun mehr Sicherheit als früher und keine Angst mehr. In Syrien hatte ich täglich Angst, dass das Regime zu mir kommt und mich abholt, damit ich in den Krieg ziehe.

F: Wie sieht Ihr Alltag in Österreich aus?

A: Ich stehe um 9-10 Uhr auf, trinke meinen Kaffee und gehe dann alleine oder mit meiner Tochter spazieren. Dann komme ich nach Hause zur Mittagszeit und nehme das Mittagessen zu mir. Dann entscheiden wir, was wir den restlichen Tag machen: Verwandtenbesuche etc.

F: Haben Sie in Österreich Freunde/Bekannte (Name, Staatszugehörigkeit)?

A: Ich habe verschiedene Freunde: Araber unterschiedlicher Nationalitäten. Ich habe außerdem österreichische, serbische und kroatische Freunde. Meine österreichischen Freunde sind XXXX etc. Ich kann mir die Namen nicht merken.

F: Wollen Sie freiwillig in Ihren Herkunftsstaat zurück?

A: Nein.

Anm.: Sie erhalten nun die Gelegenheit, in die vom BFA zur Beurteilung Ihres Falles herangezogenen allgemeinen BFA-Länderfeststellungen zu Ihrem Herkunftsstaat und die darin enthaltenen Quellen Einsicht und gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Diese Quellen berufen sich vorwiegend unter anderem auf Berichte von EU-Behörden, Behörden von EU- und anderen Ländern, Quellen aus Ihrem Herkunftsstaat, zahlreiche NGOs und Botschaftsberichte, die im Einzelnen eingesehen werden können. Möchten Sie Einsicht nehmen und eine Stellungnahme dazu abgeben oder die BFA-Erkenntnisse Ihren Herkunftsstaat betreffend in Kopie mitnehmen und eine schriftliche Stellungnahme auf Deutsch innerhalb zwei Wochen abgeben?

A: Ich will diese Unterlagen nicht.

[...]

Anm.: Die VP bestritt den Großteil der Einvernahme auf Deutsch. Die VP verfügt über gute Deutschkenntnisse.

F: Wollen Sie weitere Dokumente nachreichen?

A: Arbeitsvertrag mit dem Namen der VP. Deutschkurszeugnisse bis B1-Niveau.

FRIST (einlangend): 30.08.2019.

F: Ich beende jetzt die Befragung. Konnten Sie zum Verfahren alles umfassend vorbringen? Möchten Sie noch weitere Angaben machen? Haben Sie bzgl. Der Einvernahme Einwände?

A: Ich möchte nur wissen, wie es weiter geht. Die Einvernahme heute war gut.

F: Verstanden Sie den Dolmetscher während der gesamten Einvernahme einwandfrei?

A: Ja."

6. Mit Schreiben vom 07.01.2020 übermittelte die belangte Behörde das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien und gab ihm Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen sowie Änderungen in seinem privaten Umfeld sowie hinsichtlich seiner Integration in Österreich mitzuteilen.

7. Dazu langte keine Stellungnahme des Beschwerdeführers ein.

8. Mit dem angefochtenen Bescheid erkannte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den ihm zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.), erkannte ihm gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Syrien nicht zu (Spruchpunkt II.), erteilte ihm gemäß § 57 AsylG 2005 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) gegen ihn (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 iVm § 46 FPG fest, das seine Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung nach Syrien derzeit nicht lässig sei (Spruchpunkt V.), gewährte gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für seine freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.), erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.) und erließ gegen ihn gemäß § 53 Abs. 1, Abs. Z 1 FPG ein Einreiseverbot für die Dauer von zehn Jahren (Spruchpunkt VIII.).

Nach Wiedergabe des Verfahrensganges stellte die Behörde zu den Gründen für die Aberkennung des Asylstatus Folgendes fest:

"Es steht fest, dass Sie mit Rechtskraft vom XXXX .05.2018 von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens (Suchtgifthandel) verurteilt wurden (Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen).

Es steht fest, dass in Ihrem Fall ein Asylausschlussgrund im Sinne vom § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG vorliegt. Es steht fest, dass Sie (wie die Ausführungen zum verhängten Einreiseverbot näher zeigen werden) eine Gefahr für die Gemeinschaft darstellen und ihr Asylstatus gemäß § 7 Abs. 1 Z1 Asyl es lege abzuerkennen war."

In der Beweiswürdigung zu den Feststellungen zu den Gründen für die Aberkennung des Asylstatus verweist die belangte Behörde (nach einer Darstellung der vom Beschwerdeführer im Asylverfahren angegebenen Fluchtgründe) auf den eingeholten Strafregisterauszug, die Mitteilungen, die sie von den Strafverfolgungsbehörden über die Verhängung der Untersuchungshaft sowie der Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer im genannten Strafverfahren erhalten habe, auf das unter Punkt 2. dargestellte Urteil und führt dann aus wie folgt:

"Wie oben zu sehen ist, wurden Sie von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Suchtgifthandel) rechtskräftig verurteilt. Die höchstgerichtliche Judikatur (so VwGH 06.10.1999, 99/01/0288) definiert Drogenhandel als besonders schweres Verbrechen, und der Begriff des "besonders schweren Verbrechens" findet sich grundlegend in Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention. Wie die Aktenlage zeigt, liegt in Ihrem Falle somit zweifelsfrei ein Asylausschlussgrund im Sinne von § 6 Abs. l Z. 4 AsylG vor. Aufgrund Ihrer rechtskräftigen Verurteilung und der Tatsache, dass Sie wegen Ihres strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft darstellen, war Ihr Asylstatus gemäß § 7 Abs. l Z. l AsylG ex lege abzuerkennen."

In ihrer Beweiswürdigung zu den Feststellungen zu den Gründen für die Erlassung des Einreiseverbotes hält die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes fest:

"Der Protokollsvermerk und die gekürzte Urteilsausfertigung vom XXXX .05.2018 nennen hinsichtlich Ihrer Person folgende ?Strafbemessungsgründe: [...] mildernd: der bisher ordentliche Lebenswandel, das reumütige Geständnis und die Sicherstellung des Suchtgiftes - erschwerend: das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und das mehrfache Übersteigen der Grenzmenge'. Obwohl Sie sich seit bereits mehreren Jahren in Österreich aufhalten, akzeptierten Sie die gesetzlichen Suchtgift-Vorschriften unseres Landes nicht und setzten bewusst die Gesundheit von Menschen schwer schädigende Handlungen. Auch die gekürzte Urteilsausfertigung vom XXXX .05.2018 betont, Ihnen sei die Tatsache Ihrer Gesetzesverletzung von allem Anfang an bewusst gewesen: ?Die Angeklagten haben die im Urteilsspruch angeführten Sachverhalte objektiv begangen, rechneten ernsthaft mit der Verwirklichung der Tatbilder des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG und fanden sich damit ab.'

Offensichtlich gelang es Ihnen trotz Ihres nunmehr 5,5-jährigen Aufenthalts in Österreich nicht, die hier geltende Rechtsordnung zu akzeptieren und sich erfolgreich zu integrieren. Der Aufenthalt Ihrer Person im Bundesgebiet gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. In Ihrem Falle ist, wie eine Gesamtschau zeigt, eine positive Zukunftsprognose nicht gegeben. Die im Falle Ihrer Person offensichtlich gegebene Bereitschaft, Suchtgift zu verbreiten, behindert das friedliche Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft und legitimiert ein zeitlich befristetes Einreiseverbot von 10 Jahren. Nur so ist ein notwendiger Nachdenkprozess einleitbar, der letztendlich in Ihnen das Bewusstsein wecken soll, dass Suchtgifthandel Gesellschaften und im Einzelnen die Gesundheit von Menschen schwer schädigt.

Die Existenz Ihrer in Österreich lebenden Lebensgefährtin und Ihrer minderjährigen Tochter ließ in Ihrem Falle dennoch kein schützenswertes Familienleben in Österreich entstehen. Im Gegenteil üben Sie einen sehr schädlichen Einfluss auf Ihre junge Familie aus. Da in Ihrem Falle das Rückfallrisiko sehr hoch ist, besteht die Gefahr, dass Sie auch in Zukunft Ihren Umkreis mit Suchtgift versorgen werden und somit das noch sehr junge Leben Ihrer Lebensgefährtin und Tochter nachhaltig zerstören."

In rechtlicher Hinsicht wurde zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten Folgendes ausgeführt:

"Sie wurden mit Rechtskraft vom XXXX .05.2018 von einem inländischen Gericht (Landesgericht für Strafsachen Wien) wegen eines besonders schweren Verbrechens (Suchtgifthandel) verurteilt - Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Die höchstgerichtliche Judikatur (VwGH) definiert Drogenhandel als besonders schweres Verbrechen. Zu verweisen ist auf den zugrunde liegenden Begriff des besonders schweren Verbrechens' in Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention. In Ihrem Falle liegt somit zweifelsfrei ein Asylausschlussgrund im Sinne von § 6 Abs. 1 Z. 4 AsylG vor. Aufgrund Ihrer rechtskräftigen Verurteilung und der Tatsache, dass Sie wegen Ihres strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft darstellen, war Ihr Asylstatus gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AsylG ex lege abzuerkennen."

Die Erlassung des Einreiseverbotes wurde wie folgt begründet:

"Sie wurden mit Rechtskraft vom XXXX .05.2018 von einem inländischen Gericht (Landesgericht für Strafsachen Wien) wegen eines besonders schweren Verbrechens (Suchtgifthandel) verurteilt - Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Im Hinblick auf Ihre strafgerichtliche Verurteilung wegen eines in einer Gesamtschau nicht geringfügigen Delikts nach dem Suchtmittelgesetz ist die Aufenthaltsbeendigung auch unter dem Aspekt der Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen zu sehen.

Die Voraussetzungen des ?besonders schweren Verbrechens' nach § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 sind laut VwGH dann gegeben, wenn bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose zulässig ist. Eine derartige Wertung findet auch in der zu Art. 8 EMRK ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) Deckung, nach welcher der EGMR das harte Vorgehen der nationalen Behörden gegen Drogenhandel, den der EGMR ausdrücklich als ?Plage' (?scourge') bezeichnet, billigt (vgl. das Urteil der Großen Kammer des EGMR, Mastov gegen Österreich, vom 23.06.2008, Beschwerdenummer 1638/03, Randnr. 80, mwN; VwGH 23.09.2009, 2006/01/0626).

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berührt die aus der Begehung eines Suchtgiftdeliktes abzuleitende Gefahr eines Beschwerdeführers für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (insbesondere die Gesundheit Dritter) wegen der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität ein Grundinteresse der Gesellschaft und könne im Hinblick darauf selbst die Gründung einer Familie sowie die berufliche und soziale Integration des Beschwerdeführers keinen ausreichenden Anlass dafür bieten, von einem Wegfall der Gründe auszugeben, die zur Erfassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben (VwGH 22.05.2007, 2006/21/0115). In Hinblick auf die ?verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen' gab auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirken, zum Ausdruck (vgl. EGMR, 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974; EGMR vom 30.11.1999, Baghli gegen Frankreich, Nr. 34374/97).

[...]

Die Erfüllung des Tatbestandes indiziert gemäß § 53 Abs. 3 FPG das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Bei der Bemessung ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).

In Ihrem Fall war dabei zu berücksichtigen:

Die große Gefährlichkeit Ihrer Person steht außer Frage. Sie begingen das besonders schwere Verbrechen des Suchtgifthandels, welcher im Einzelnen die Gesundheit von Menschen erheblich beeinträchtigt und im Allgemeinen das Gesundheits- und Sozialsystem von Staaten budgetär belastet.

In Ihrem Falle ist, so das Ergebnis einer Gesamtbetrachtung, eine positive Zukunftsprognose strikt zu verneinen. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens ist unter Bedachtnahme auf Ihr Gesamtverhalten, d.h. im Hinblick darauf, wie Sie Ihr Leben in Österreich insgesamt gestalten, davon auszugehen, dass die im Gesetz umschriebene Annahme, dass Sie eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen, gerechtfertigt ist. Deshalb ist in Ihrem Falle ein (befristetes) Einreiseverbot zu erlassen.

[..]

Es muss unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 3 FPG genannten Tatbestandes davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit Ihrem persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich überwiegt.

Die Gesamtbeurteilung Ihres strafgerichtlich relevanten Verhaltens, Ihrer Lebensumstände sowie Ihrer familiären und privaten Anknüpfungspunkte ergab im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung, dass die Erlassung des Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig ist, um die von Ihnen ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Das ausgesprochene Einreiseverbot ist zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten."

9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, in der im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wird:

Auch vor dem Hintergrund des Strafrahmens des vom ihm begangenen Deliktes nach § 28a Abs. 1 SMG (Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren) ist dieses nach den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Kriterien kein "besonders schweres Verbrechen".

Überdies lasse die belangte Behörde jede Auseinandersetzung mit der genannten Verurteilung vermissen; so habe sie es - iSd der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Zulässigkeit einer Kassation gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG) - gänzlich unterlassen, sich mit den Tatumständen auseinanderzusetzen, geschweige denn mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 07.06.2018, bedingt entlassen wurde. Dem Verwaltungsakt und insbesondere dem angefochtenen Bescheid sei nicht zu entnehmen, ob sich belangte Behörde überhaupt die Mühe gemacht habe, den Strafakt einzuholen. Auch in der Einvernahme am XXXX .08.2019 sei die Behörde in keiner Weise auf die Gründe für das gegenständliche Aberkennungsverfahren eingegangen. Im gesamten Einvernahmeprotokoll werde lediglich auf Seite 4 mit einer einzigen Frage, und zwar "Möchten Sie zu ihren Straftaten in Österreich noch etwas sagen?", auf den eigentlichen Aberkennungsgrund Bezug genommen. Damit habe sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt. Dabei sei der Ermittlungsschritt, den Beschwerdeführer einzuvernehmen, per se keineswegs verfehlt gewesen, die Befragung erweise sich allerdings als völlig ungeeignet, den maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, weil die entscheidungswesentlichen Fragen zu keinem Zeitpunkt behandelt worden seien.

10. In der Folge legte die belangte Behörde - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

2. Zu Spruchpunkt A):

2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2.2. Nach der mittlerweile ständigen, vom Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, ausgehenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit einer Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG stellt die Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das in § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

2.3. Aus folgenden Gründen muss angenommen werden, dass die belangte Behörde den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nur ansatzweise ermittelt hat:

2.3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet.

Für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 muss der Flüchtling ua. ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür rechtskräftig verurteilt worden und überdies gemeingefährlich sein. Es genügt nicht, wenn ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Delikt verübt worden ist. Vielmehr muss sich die Tat im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, wobei neben der Strafdrohung unter anderem auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen ist. Bei der Beurteilung, ob ein "besonders schweres Verbrechen" vorliegt, ist daher eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen. Eine bloß auf das Strafausmaß und die Strafzumessungsgründe abstellende Beurteilung greift zu kurz (VwGH 05.04.2018, Ra 2017/19/0531; 26.02.2019, Ra 2018/18/0493). Die Frage, ob ein Flüchtling, der wegen eines besonders schweren Verbrechens verurteilt, in Zukunft eine Gefahr für die Gemeinschaft des Aufenthaltslandes darstellt, ist unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung aus der Haft (nach § 46 Abs. 1 StGB) gegeben waren, zu beurteilen. Dabei ist jedoch auch sein gesamtes Verhalten seit Begehung der strafbaren Handlung von Belang, also einschließlich seines Verhaltens während der Haft, auch wenn er mangels Freizügigkeit eine Änderung seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten noch nicht voll unter Beweis stellen konnte.

2.3.2. Die belangte Behörde hat sich jedoch damit begnügt darzulegen, dass Drogenhandel ein abstrakt als "schwer" einzustufendes Verbrechen ist, es jedoch unterlassen, Ermittlungen zur Frage anzustellen, ob sich die vom Beschwerdeführer begangene Tat auch subjektiv als besonders schwerwiegend erweist; insbesondere hat sie sich - wie die Beschwerde zutreffend vorbringt - in keiner Weise mit den konkreten Tatumständen auseinandergesetzt.

Dabei verkennt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass das Strafgericht keine konkreteren Feststellungen zu den Tatumständen getroffen haben wird als jene, die in der (unter Punkt I.2. dargestellten) gekürzten Urteilsausfertigung angeführt sind. Gerade deshalb wäre es aber erforderlich gewesen, den dem Strafurteil zugrundeliegenden Verfahrensakt beizuschaffen, um etwa aus den polizeilichen Vernehmungsprotokollen - und einer darauf aufbauenden Befragung des Beschwerdeführers im Rahmen einer Einvernahme im Asyl(aberkennungs)verfahren - Klarheit über die hier maßgeblichen Aspekte zu gewinnen.

Sofern die belangte Behörde aber auf die Judikatur des Verwaltungsgerichthofes verwies, wonach sich in gravierenden Fällen schwerer Verbrechen eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose auch ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände als zulässig erweise (VwGH 18.11.2019, 2019/18/0418), ist ihr entgegenzuhalten, dass in der vom Beschwerdeführer verübten Tat - anders etwa bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren wegen des Verbrechens des versuchten Mordes - ein derart gravierender Fall eines schweren Verbrechens jedenfalls nicht gesehen werden kann.

2.4. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde so konkret wie möglich Feststellungen zu den Umständen der vom Beschwerdeführer verübten Tat zu treffen haben, sodass beurteilt werden kann, ob die von ihm begangene Tat nach den oben dargestellten, vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Kriterien auch in subjektiver Hinsicht als "besonders schweres Verbrechen" zu qualifizieren ist. Sollte dies zu bejahen sein, hätte die belangte Behörde - anders als im bisher durchgeführten Verfahren, wo deren Aussagen im angefochtenen Bescheid, die große Gefährlichkeit des Beschwerdeführers stehe außer Frage und sein Rückfallrisiko sei sehr hoch, nicht näher begründet wurden - insbesondere Feststellungen zu treffen, auf deren Grundlage eine Beurteilung der Gemeingefährlichkeit des Beschwerdeführers nach den oben ebenfalls dargelegten Kriterien erfolgen kann.

2.5. Die dazu erforderlichen Ermittlungen sind für die Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer wie im angefochtenen Bescheid angenommen den Asylaberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z1 iVm § 6 Abs. 1 Z4 AsylG 2005 verwirklicht hat (auf das Vorliegen anderer Asylaberkennungstatbestände haben sich keine Hinweise ergeben), notwendig. Daher macht das Bundesverwaltungsgericht vor dem Hintergrund verwaltungsökonomischer Überlegungen und den Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG von dem ihm in § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumten Ermessen Gebrauch.

2.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

2.7. Da das gegenständliche Erkenntnis innerhalb der in § 18 Abs. 5 BFA-VG genannten einwöchigen Frist ergeht, kann dahinstehen, ob der Beschwerde zurecht von der belangten Behörde die aufschiebende aberkannt wurde oder diese vom Bundesverwaltungsgericht zuzuerkennen ist.

3. Zu Spruchpunkt B):

3.2. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

3.3. Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Strafurteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W176.2230771.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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