TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/12 W169 2220450-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.05.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

12.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2220450-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.05.2019, Zl. 1228874001-190467318, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 15b, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VI. des bekämpften Bescheides zu lauten hat:

"Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 4 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 07.05.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 08.05.2019 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme und die Sprachen Punjabi und Hindi spreche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikhs und der Volksgruppe der Punjabi an. Im Herkunftsstaat habe der Beschwerdeführer zehn Jahre die Grundschule und zwei Jahre das College besucht. Er habe als Hilfsarbeiter gearbeitet. In Indien würden die Eltern, drei Schwestern und ein Bruder des Beschwerdeführers leben. Zu seinem Ausreisegrund führte er an, dass er in Indien ein Mädchen namens XXXX geliebt habe. Sie hätten sich oft getroffen. Anfang 2018 seien sie von ihrer Familie "erwischt" worden. Ihre Familie habe ihn bedroht, weil er einer armen Familie angehöre und ihre Familie reich sei und sie deshalb nicht gewollt hätten, dass sie ein Paar wären. Ende Dezember 2018 seien der Beschwerdeführer und seine Freundin von Angehörigen ihrer Familie geschlagen worden. Am 21.01.2019 sei er erneut von ihrer Familie geschlagen und zusätzlich mit dem Tod bedroht worden. Der Beschwerdeführer habe sich den ganzen Februar über versteckt. Ein Freund habe einen Schlepper für ihn organisiert und im März 2019 habe er Indien verlassen. Im Falle einer Rückkehr befürchte er, dass sein Leben in Gefahr wäre.

2. Anlässlich zweier Einvernahmen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.05.2019 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Sikhs und Volksgruppe der Punjabi an. Im Herkunftsstaat habe er von 2000 bis 2010 die " XXXX " und von 2011 bis 2012 das "XXXX" besucht. Er sei ledig, kinderlos und habe mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt in einem Haus mit zwei Zimmern gelebt. Er habe seinen Unterhalt durch die Arbeit als Tagelöhner finanziert. Sein Vater arbeite zudem in einer Zuckerfabrik. Er habe keinen Kontakt zu seiner Familie. In Indien würden ein Cousin, drei Onkel väterlicherseits und fünf Tanten mütterlicherseits leben.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer in der zweiten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Folgendes vor (A: nunmehriger Beschwerdeführer; F: Leiter der Amtshandlung):

"(...)

F: Warum haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen bzw. warum stellen Sie den gegenständlichen Antrag auf int. Schutz?

A: Ich habe in Indien ein Mädchen geliebt und wir wollten heiraten. Die Familie dieses Mädchens wollte mich aber nicht. Weil wir arm sind und die Familie des Mädchens reich ist. Die Familie des Mädchens warnte mich. Beim ersten Mal haben sie mich gewarnt. Beim zweiten Mal haben sie mich geschlagen. Sie sagten mir auch, dass sie mich umbringen würden, wenn sie mich nochmals sehen würde. Am 21.01.2019 wurde ich wieder von ihnen erwischt und sie haben mich nochmals geschlagen. Ich habe mit einem Freund gesprochen und habe ihm gesagt, dass sie mich umbringen wollen. Dass mein Leben in Gefahr ist. Ich bat ihn um Hilfe. Dazwischen bin ich untergetaucht. Mein Freund hat einen Schlepper für mich organisiert. Dann, am 15.03.2019, habe ich Indien verlassen.

F: Gibt es noch weitere Gründe für die gegenständliche Antragstellung?

A: Nein, andere Gründe habe ich nicht.

F: Wie hieß das Mädchen, welches Sie heiraten wollten und wie alt ist sie?

A: Sie heißt XXXX . Sie ist XXXX geboren.

F: Wo wohnte dieses Mädchen?

A: Sie wohnte im Bezirk Gurdaspur. Sie wohnte aber nicht in meiner Ortschaft, sondern in einer anderen Ortschaft.

F: In welcher Ortschaft wohnte sie?

A: Sie wohnt in der Nähe des XXXX .

F: Nochmals: In welcher Ortschaft wohnte sie?

A: Ich weiß nicht, wie diese Ortschaft heißt. Sie wohnte aber in der Nähe des XXXX .

F: Wie haben Sie dieses Mädchen kennen gelernt?

A: Ich habe sie auf einer Bushaltestelle in Gurdaspur kennen gelernt.

F: Wann war dies und wie ging es dann weiter?

A: Kennen lernte ich sie Anfang des Jahres 2018. Wir waren zuerst auf Facebook befreundet. Wir haben uns dann öfters getroffen. Ihre Familie hat uns dann erwischt und sie haben mich gewarnt. Das war Anfang Dezember. Ende Dezember wurde ich dann von ihnen geschlagen. Ich sagte ihrer Familie sogar, dass ich sie heiraten möchte. Sie haben mir dies aber verweigert. Wie gesagt, sie haben mich bedroht und geschlagen. Dann habe ich mit meinem Freund gesprochen und bin ins Ausland gegangen.

F: Sie sagten, dass die Familie dieses Mädchen Sie erwischt hätte. Wer hat Sie erwischt?

A: Ich war alleine in der Stadt Gurdasur unterwegs. Dann kamen 10 Personen. Sie schlugen mich und bedrohten mich. Sie warnten mich und gingen weg. Das zweite Mal wollte ich dieses Mädchen treffen. Wir machten einen Treffpunkt, an einer Bushaltestelle, aus. Ich weiß nicht, wie sie dahintergekommen sind. Fünf Personen sind zu dieser Haltestelle gekommen. Sie haben mich wieder geschlagen und wieder bedroht. Ich bin dann nach Hause gegangen.

F: Haben Sie diese Personen, welche Sie geschlagen haben, schon früher gekannt?

A: Ich kannte den Bruder dieses Mädchens schon früher vom Sehen her. Gesprochen habe ich aber vorher noch nie mit ihm. Ich meine damit, dass meine Freundin mir Fotos von ihm gezeigt hat.

F: Woher haben diese Personen Sie gekannt?

A: Damals, als sie mich das erste Mal erwischt haben, bin ich mit ihr an der Bushaltestelle gesessen. Damals haben sie mich nur gewarnt.

F: Wann wurden Sie das erste Mal erwischt?

A: Das war in der ersten Woche im Dezember 2018.

F: Was haben diese Personen damals zu Ihnen gesagt? Was war die Warnung?

A: Sie sagten, falls sie uns wieder zusammen sehen würden, dann würden sie mich umbringen.

F: Wer war bei diesem Vorfall dabei?

A: Ich und meine Freundin und noch mehrere Leute.

F: Wer waren diese "mehreren Leute"?

A: Die Brüder meiner Freundin sind gekommen. Ich meine damit, es waren ein Bruder und vier Cousins meiner Freundin, welche gekommen sind.

F: Was haben Sie nach diesem Vorfall gemacht? Haben Sie Ihre Freundin weiterhin getroffen?

A: Am 19.12.2018 habe ich sie neuerlich auf der Bushaltestelle getroffen.

F: Was ist dann passiert?

A: Dann sind 10 Personen zur Bushaltestelle gekommen und sie haben mich geschlagen.

F: Was meinen Sie damit, dass Sie dort geschlagen worden seien?

A: Sie kamen und sagten, dass sie mich eh schon gewarnt hätten und ich hätte trotzdem nicht aufgehört. Dann haben sie mich geschlagen.

F: Nochmals: Was meinen Sie damit, dass Sie dort geschlagen worden seien?

A: Zuerst haben sie mich mit der Faust geschlagen. Ich ging zu Boden und dann haben sie mich mit den Füßen getreten.

F: Mussten Sie sich hinsichtlich dieses Vorfalls in ärztliche Behandlung begeben?

A: Nein, ich war auch nicht schwer verletzt. Ich bin zu keinem Arzt gegangen.

F: Wie weit wohnt Ihre Freundin von Ihrem Haus entfernt?

A: Es sind ca. 25 Kilometer.

F: Wo befindet sich diese Bushaltestelle, welche Sie vorher genannt haben?

A: Diese Bushaltestelle ist 18 Kilometer von mir zu Hause entfernt und 8 Kilometer vom Haus meiner Freundin. Die Bushaltestelle ist direkt in der Innenstadt von Gurdaspur.

F: Sind dort sehr viele Leute an dieser Bushaltestelle?

A: Es sind dort viele Leute.

F: Die von Ihnen geschilderten Vorfälle, um welche Uhrzeit waren diese?

A: Das war um die Mittagszeit.

F: Gab es noch weitere Vorfälle mit den Angehörigen Ihrer Freundin?

A: Am 21.01.2019 war ich am Basar von XXXX in der Stadt Gurdaspur unterwegs. Es war alleine unterwegs. Es war ca. 14:00 Uhr. Drei Personen sind mit Mopeds zu mir gekommen. Sie haben mich festgehalten und mich mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. Die sagten, dass sie mich bereits gewarnt hätten. Ich hätte mich aber nicht an die Warnung gehalten. Dies sei die letzte Warnung.

F: Habe ich Sie richtig verstanden: Diese Personen haben Sie aufgefordert, sich nicht mehr mit Ihrer Freundin zu treffen. Wenn Sie sich aber weiterhin mit Ihrer Freundin treffen würden, dann würde etwas passieren?

A: Ja, das stimmt.

F: Das würde dann bedeuten, falls Sie sich nicht mehr mit Ihrer Freundin getroffen hätten, dann würde Ihnen dort auch nichts passieren?

A: Ja, das ist richtig. Wenn ich sie nicht mehr getroffen hätte, dann wäre nichts passiert. Wenn ich sie aber weiterhin treffen würde, dann haben sie mir gedroht, dass sie mich umbringen würden.

F: Wann haben Sie bei der Familie Ihrer Freundin um die Hand Ihrer Freundin angehalten?

A: Das war im Oktober 2018.

F: Wie ist dies abgelaufen? Können Sie dies näher schildern?

A: Miene Freundin hat mit ihrer Mutter gesprochen. Sie hat ihr erzählt, dass wir uns lieben und dass wir heiraten möchten. Ihre Mutter sagte dann aber, dass dies nicht möglich sei. Das hat mir meine Freundin so erzählt.

F: Habe ich Sie richtig verstanden: Sie selbst haben nie mit den Eltern Ihrer Freundin gesprochen?

A: Nein.

F: Was machen die Eltern Ihrer Freundin?

A: Der Vater von ihr arbeitet in einem Büro bei einer Firma, welche Strom erzeugt.

F: Was passierte nach dem 21.01.2019?

A: Ich habe mit meinem Freund gesprochen und ihm alles erzählt. Ich sagte, dass sie mich umbringen würde. Er sagte mir, dass er mich ins Ausland schicken würde. Er hat dann alles für mich organisiert. Ich bin dann untergetaucht und bin dann später ausgereist.

F: Hatten Sie nach dem 21.01.2019 noch Kontakt zu Ihrer Freundin?

A: Nein, überhaupt nicht mehr.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme mit der Polizei, dem Militär oder den staatlichen Organen?

A: 3x Nein.

F: Haben Sie jemals angezeigt, dass Sie geschlagen worden seien?

A: Nein.

F: Warum nicht?

A: Laut meiner Kultur war ich im Unrecht. Deswegen nicht.

F: Hatten Sie wegen Ihrer Religion in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit Probleme?

A: Nein.

F: Waren Sie jemals politisch tätig?

A: Nein.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat aufgrund Verfolgung durch Dritte Probleme?

A: Nein, außer den geschilderten Vorfällen nicht.

F: Sie führten vorher aus, dass Sie von den Angehörigen Ihrer Freundin gewarnt worden seien, dass Sie Ihre Freundin nicht mehr treffen sollten. Wenn Sie sie nicht mehr treffen würden bzw. den Kontakt zu ihr abbrechen würden, dann würde Ihnen nichts passieren. Dann führten Sie weiters an, dass Sie nach dem letzten von Ihnen geschilderten Vorfall ("letzte Warnung") den Kontakt zu Ihrer Freundin gänzlich abgebrochen hätten. Wieso mussten Sie dann untertauchen bzw. schlussendlich Ihren Herkunftsstaat verlassen?

A: Sie sagten mir das letzte Mal, dass sie mich umbringen würden, falls sie mich wiedersehen würden.

F: Warum sollten Sie von diesen Personen getötet werden, zumal Sie dann auch den Kontakt zur Ihrer Freundin abgebrochen haben?

A: Sie sagten eindeutig zu mir, dass sie mich umbringen würden, falls sie mich wiedersehen würden.

F: Nochmals: Warum sollten Sie von diesen Personen getötet werden, zumal Sie dann auch den Kontakt zur Ihrer Freundin abgebrochen haben?

A: Diese Personen waren gegen eine Ehe und ich habe sie heiraten wollen. Ich habe diese Bedrohung durch sie dann auch ernst genommen.

F: Warum haben Sie nicht in einem anderen Teil Ihres Herkunftsstaates Schutz vor Verfolgung gesucht?

A: Ich habe Angst bekommen, dass sie mich woanders in Indien auch hätten finden können.

F: Waren diese Personen jemals bei Ihnen zu Hause?

A: Ja, sie waren bei mir zu Hause. Sie haben auch meine Familie bedroht.

F: Können Sie dies näher beschreiben?

A: Ein Bruder und vier Cousins von ihr waren zweimal bei mir zu Hause und haben nach mir gefragt. Beide Male im Dezember 2018.

F: Was ist passiert?

A: Sie sind zu meiner Mutter gesprochen. Mein Vater war nicht zu Hause. Sie haben zu meiner Mutter gesagt, dass ich aufhören soll, dieses Mädchen zu treffen.

F: Haben diese Personen noch etwas gesagt?

A: Nein, sie haben sonst nichts gesagt und auch nichts getan. Dann sind sie das zweite Mal gekommen. Sie fragten wieder, wo ich bin. Sie sagten zu meiner Mutter, dass sie mich umbringen würden. Es sei eine Schande für sie, wenn ich ein Mädchen von ihnen treffen würde. Ich sollte daher damit aufhören. Wenn ich nicht aufhören würde, dann würden sie mich umbringen. Alle waren sehr wütend. Meine Mutter hat dann zu ihnen gesagt, dass sie mir sagen würde, dass ich aufhören soll.

F: Was haben Ihre Eltern nach diesen Vorfällen zu Ihnen gesagt?

A: Nur meine Mutter hat darüber gesprochen. Sie sagte, dass ich damit aufhören soll. Ich war aber verliebt und habe nicht auf meine Mutter gehört und habe dieses Mädchen weiterhin getroffen.

F: Was würde mit Ihnen passieren, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: Sie finden mich überall und sie bringen mich dann um.

F: Warum sollten Sie jetzt von diesen Personen weiterhin gesucht oder umgebracht werden, zumal Sie den Kontakt zu diesem Mädchen gänzlich abgebrochen haben?

A: Weil sie mir sagten, dass sie mich umbringen würden, egal wo sie mich sehen würden.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, gegenständlichen Antrag auf int. Schutz zu stellen, vollständig geschildert?

A: Ja, andere Gründe habe ich auch nicht.

(...)"

Zu den Lebensumständen in Österreich führte der Beschwerdeführer an, dass er hier keine Verwandten habe und zu niemandem ein besonders enges Verhältnis bestehe.

Dem Beschwerdeführer wurde am Ende der zweiten Einvernahme die Möglichkeit geboten, in die aktuellen Länderberichte zur Situation in Indien Einsicht zu nehmen und in der folgenden Einvernahme am 22.05.2019 eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführer verzichtete in dieser auf eine Stellungnahme.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, ab 08.05.2019 in einem namentlich genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen kein Glauben geschenkt werde. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der sehr kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien. Hinsichtlich der Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG wurde festgehalten, dass diese aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz für weitere Erhebungen zur Identität erforderlich sei.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und wurde nach Wiederholung der Fluchtgründe insbesondere ausgeführt, dass die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nicht nachvollziehbar sei und nicht mit dem Protokoll der Einvernahme übereinstimme. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe nur jene Aussagen des Beschwerdeführers verwertet, die der Argumentation der Behörde zuträglich gewesen seien. Der Beschwerdeführer habe genaue Zeit- und Ortsangaben getätigt und die Ereignisse chronologisch konsistent - einschließlich Erklärungen über sämtliche relevante Personen sowie scheinbar nebensächlicher Detailangaben - wiedergegeben. Es sei dem Beschwerdeführer zugute zu halten, dass er nicht alle Details schildern habe können, da daraus zu schließen sei, dass er nichts erfunden habe. Aus der Einvernahme gehe hervor, dass die indischen Behörden schutzunwillig oder schutzunfähig seien, was vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entsprechend zu untersuchen gewesen wäre. Auch Verfolgung durch Privatpersonen könne Asylrelevanz zukommen. Es treffe nicht zu, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe. In Indien herrsche eine katastrophale Sicherheitslage und der Beschwerdeführer wäre im Falle einer Rückkehr einer hoffnungslosen, existenzbedrohenden Situation ausgesetzt. Der Beschwerdeführer verfüge über kein Auffangnetz in Indien und sei aus seiner Heimat "entwurzelt". Der Beschwerdeführer sei unbescholten und selbsterhaltungsfähig, passe sich intensiv an das Leben in Österreich an, bemühe sich, die deutsche Sprache zu erlernen und habe "intensive soziale Kontakte" geknüpft. Eine Abschiebung würde gegen Art. 2, Art. 3 und Art. 8 EMRK verstoßen. Hinsichtlich der "aufschiebenden Wirkung" sei zu berücksichtigen, dass bei Nichtgewährung ein effektiver Rechtsschutz nicht gegeben wäre. Hinsichtlich der "Wohnsitzauflage" sei kein Bedarf ersichtlich, den in einer Privatunterkunft wohnhaften Beschwerdeführer in einer Betreuungseinrichtung unterzubringen. Diese stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privat- und Familienleben sowie die persönlichen Freiheitsrechte des Beschwerdeführers dar.

Beantragt wurden die Beiziehung eines landeskundigen Sachverständigen zur aktuellen Situation in Indien und die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

5. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte im Rahmen der Beschwerdevorlage am 24.06.2019 eine Stellungnahme ein, in der den Ausführungen des Beschwerdeschriftsatzes entgegengetreten wird. Insbesondere wird ausgeführt, dass der nunmehrige Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Antragsgründen befragt worden sei und seine Angaben entsprechend gewürdigt worden seien. Auch die Ausführungen des Beschwerdeschriftsatzes über das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wie auch über die "Wohnsitzauflage" seien nicht nachvollziehbar. Festgehalten werde, dass der Beschwerdeschriftsatz offensichtlich lediglich unter Verwendung von Textblöcken, die nicht das konkreten Vorbringen des Beschwerdeführers betreffen würden, erstellt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Punjab, gehört der Religionsgemeinschaft der Sikhs und der Volksgruppe der Punjabi an. Seine Identität steht nicht fest. Er spricht die Sprachen Punjabi und Hindi. Im Herkunftsstaat besuchte er zehn Jahre die Grundschule und zwei Jahre das College. Er finanzierte seinen Unterhalt als Tagelöhner. Der Beschwerdeführer lebte mit seiner Familie im Elternhaus. Der Vater des Beschwerdeführers arbeitet in einer Zuckerfabrik. Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und gesund.

Die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht. Er hatte keine persönlichen Probleme mit den Behörden im Heimatland.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstige Familienangehörigen in Österreich und spricht kein Deutsch. Der Beschwerdeführer nimmt keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch und geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Er ist strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer steht im erwerbsfähigen Alter. Die Eltern, drei Schwestern, ein Bruder des Beschwerdeführers sowie weitere Verwandte (ein Cousin, drei Onkel väterlicherseits und fünf Tanten mütterlicherseits) leben im Herkunftsstaat.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgehalten:

1. Rechtsschutz/Justizwesen

In Indien sind viele Grundrechte und -freiheiten verfassungsmäßig verbrieft und die verfassungsmäßig garantierte unabhängige indische Justiz bleibt vielmals wichtiger Rechtegarant. Die häufig überlange Verfahrensdauer aufgrund überlasteter und unterbesetzter Gerichte sowie verbreitete Korruption, vor allem im Strafverfahren, schränken die Rechtssicherheit aber deutlich ein (AA 18.9.2018). Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen, allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption. Vorurteile z.B. gegenüber Angehörigen niederer Kasten oder Indigenen dürften zudem eine nicht unerhebliche Rolle spielen (AA 18.9.2018).

Das Gerichtswesen ist von der Exekutive getrennt (FH 27.1.2018). Das Justizsystem gliedert sich in den Supreme Court, das Oberstes Gericht mit Sitz in Delhi; das als Verfassungsgericht die Streitigkeiten zwischen Zentralstaat und Unionsstaaten regelt. Es ist auch Appellationsinstanz für bestimmte Kategorien von Urteilen wie etwa bei Todesurteilen. Der High Court bzw. das Obergericht besteht in jedem Unionsstaat. Es ist Kollegialgericht als Appellationsinstanz sowohl in Zivil- wie auch in Strafsachen und führt auch die Dienst- und Personalaufsicht über die Untergerichte des Staates aus, um so die Justiz von den Einflüssen der Exekutive abzuschirmen. Subordinate Civil and Criminal Courts sind untergeordnete Gerichtsinstanzen in den Distrikten der jeweiligen Unionsstaaten und nach Zivil- und Strafrecht aufgeteilt. Fälle werden durch Einzelrichter entschieden. Richter am District und Sessions Court entscheiden in Personalunion sowohl über zivilrechtliche als auch strafrechtliche Fälle (als District Judge über Zivilrechtsfälle, als Sessions Judge über Straffälle). Unterhalb des District Judge gibt es noch den Subordinate Judge, unter diesem den Munsif für Zivilsachen. Unter dem Sessions Judge fungiert der 1st Class Judicial Magistrate und, unter diesem der 2nd Class Judicial Magistrate, jeweils für minder schwere Strafsachen (ÖB 12.2018).

Das Gerichtswesen ist auch weiterhin überlastet und verfügt nicht über moderne Systeme zur Fallbearbeitung. Der Rückstau bei Gericht führt zu langen Verzögerungen oder der Vorenthaltung von Rechtsprechung. Eine Analyse des Justizministeriums für 2015 bis 2016 ergab eine Vakanz von 43 Prozent der Richterstellen an den Obergerichten (USDOS 20.4.2018). Die Regeldauer eines Strafverfahrens (von der Anklage bis zum Urteil) beträgt mehrere Jahre; in einigen Fällen dauern Verfahren bis zu zehn Jahre. Auch der Zeugenschutz ist mangelhaft. Dies führt dazu, dass Zeugen vor Gericht häufig nicht frei aussagen, da sie bestochen oder bedroht worden sind (AA 18.9.2018).

Insbesondere auf unteren Ebenen der Justiz ist Korruption weit verbreitet und die meisten Bürger haben große Schwierigkeiten, ihr Recht bei Gericht durchzusetzen. Das System ist rückständig und stark unterbesetzt, was zu langer Untersuchungshaft für eine große Zahl von Verdächtigen führt. Vielen von ihnen bleiben so länger im Gefängnis, als es der eigentliche Strafrahmen wäre (FH 27.1.2018). Die Dauer der Untersuchungshaft ist entsprechend zumeist exzessiv lang. Außer bei von Todstrafe bedrohten Delikten soll der Haftrichter nach Ablauf der Hälfte der drohenden Höchststrafe eine Haftprüfung und eine Freilassung auf Kaution anordnen. Allerdings nimmt der Betroffene mit einem solchen Antrag in Kauf, dass der Fall über lange Zeit gar nicht weiterverfolgt wird. Mittlerweile sind ca. 70 Prozent aller Gefangenen Untersuchungshäftlinge, viele wegen geringfügiger Taten, denen die Mittel für eine Kautionsstellung fehlen (AA 18.9.2018).

In der Verfassung verankerte rechtsstaatliche Garantien (z.B. das Recht auf ein faires Verfahren) werden durch eine Reihe von Sicherheitsgesetzen eingeschränkt. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u.a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt (AA 18.9.2018).

Die Inhaftierung eines Verdächtigen durch die Polizei ohne Haftbefehl darf nach den allgemeinen Gesetzen nur 24 Stunden dauern. Eine Anklageerhebung soll bei Delikten mit bis zu zehn Jahren Strafandrohung innerhalb von 60, in Fällen mit höherer Strafandrohung innerhalb von 90 Tagen erfolgen. Diese Fristen werden regelmäßig überschritten. Festnahmen erfolgen jedoch häufig aus Gründen der präventiven Gefahrenabwehr sowie im Rahmen der Sondergesetze zur inneren Sicherheit, z.B. aufgrund des Gesetzes über nationale Sicherheit ("National Security Act", 1956) oder des lokalen Gesetzes über öffentliche Sicherheit ("Jammu and Kashmir Public Safety Act", 1978). Festgenommene Personen können auf Grundlage dieser Gesetze bis zu einem Jahr ohne Anklage in Präventivhaft gehalten werden. Auch zur Zeugenvernehmung können gemäß Strafprozessordnung Personen über mehrere Tage festgehalten werden, sofern eine Fluchtgefahr besteht. Fälle von Sippenhaft sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt. (AA 18.9.2018).

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass unerlaubte Ermittlungsmethoden angewendet werden, insbesondere um ein Geständnis zu erlangen. Das gilt insbesondere bei Fällen mit terroristischem oder politischen Hintergrund oder solchen mit besonderem öffentlichem Interesse. Es gibt Fälle, in denen Häftlinge misshandelt werden. Ein im Mai 2016 von der renommierten National Law University Delhi veröffentlichter empirischer Bericht zur Situation der Todesstrafe in Indien zeichnet ein düsteres Bild des indischen Strafjustizsystems. So haben bspw. 80 Prozent aller Todeskandidaten angegeben, in Haft gefoltert worden zu sein. Nach glaubwürdigen, vertraulichen Schätzungen des IKRK Internationales Komitee des Roten Kreuz) kommt es weiterhin zu systematischer Folter in den Verhörzentren in Jammu und Kaschmir (AA 18.9.2018).

Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung, ausgenommen bei Anwendung des "Unlawful Activities (Prevention) Amendment Bill", und sie haben das Recht, ihren Anwalt frei zu wählen. Das Strafgesetz sieht öffentliche Verhandlungen vor, außer in Verfahren, in denen die Aussagen Staatsgeheimnisse oder die Staatssicherheit betreffen können. Es gibt kostenfreie Rechtsberatung für bedürftige Angeklagte, aber in der Praxis ist der Zugang zu kompetenter Beratung oft begrenzt (USDOS 20.4.2018). Gerichte sind verpflichtet Urteile öffentlich zu verkünden und es gibt effektive Wege der Berufung auf beinahe allen Ebenen der Justiz. Angeklagte haben das Recht, die Aussage zu verweigern und sich nicht schuldig zu bekennen (USDOS 20.4.2018).

Gerichtliche Ladungen in strafrechtlichen Angelegenheiten sind im Criminal Procedure Code 1973 (CrPC, Chapter 4, §§61-69), in zivilrechtlichen Angelegenheiten im Code of Civil Procedure 1908/2002 geregelt. Jede Ladung muss schriftlich, in zweifacher Ausführung ausgestellt sein, vom vorsitzenden Richter unterfertigt und mit Gerichtssiegel versehen sein.

Ladungen werden gemäß CrPC prinzipiell durch einen Polizeibeamten oder durch einen Gerichtsbeamten an den Betroffenen persönlich zugestellt. Dieser hat den Erhalt zu bestätigen. In Abwesenheit kann die Ladung an ein erwachsenes männliches Mitglied der Familie übergeben werden, welches den Erhalt bestätigt. Falls die Ladung nicht zugestellt werden kann, wird eine Kopie der Ladung an die Residenz des Geladenen sichtbar angebracht. Danach entscheidet das Gericht, ob die Ladung rechtmäßig erfolgt ist, oder ob eine neue Ladung erfolgen wird. Eine Kopie der Ladung kann zusätzlich per Post an die Heim- oder Arbeitsadresse des Betroffenen eingeschrieben geschickt werden. Falls dem Gericht bekannt wird, dass der Betroffene die Annahme der Ladung verweigert hat, gilt die Ladung dennoch als zugestellt. Gemäß Code of Civil Procedure kann die Ladung des Gerichtes auch über ein gerichtlich genehmigtes Kurierservice erfolgen (ÖB 12.2018).

Im ländlichen Indien gibt es auch informelle Ratssitzungen, deren Entscheidungen manchmal zu Gewalt gegen Personen führt, die soziale Regeln brechen - was besonders Frauen und Angehörige unterer Kasten betrifft (FH 27.1.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

- FH - Freedom House (27.1.2018): Freedom in the World 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1142635.html, Zugriff 22.10.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018): Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018

2. Korruption

Korruption ist weit verbreitet (USDOS 20.4.2018). Indien scheint im Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index) von Transparency International (TI) für das Jahr 2018 mit einer Bewertung von 41 (von 100) (0 sehr korrupt, 100 kaum korrupt) auf dem 78. Rang von 180 Staaten auf (TI 2018). 2017 wurde Indien mit 40 Punkten (Rang 81 von 180 Staaten) bewertet (TI 2018). Im Jahr 2016 wurde Indien ebenfalls mit 40 Punkten bewertet. Das entspricht dem 79. Rang von 176 gelisteten Staaten (TI 2017).

NGOs berichten, dass üblicherweise Bestechungsgelder bezahlt werden, um Dienstleistungen wie Polizeischutz, Schuleinschreibung, Zugang zu Wasserversorgung oder Beihilfen zu beschleunigen (USDOS 20.4.2018). Die unteren Bereiche des Gerichtswesens sind im Speziellen von Korruption betroffen und die meisten Bürger haben Schwierigkeiten, Recht durch die Gerichte zu erhalten (FH 28.1.2018). Korruption ist auf allen Regierungsebenen vertreten (USDOS 20.4.2018).

Obwohl Politiker und Beamte regelmäßig bei der Entgegennahme von Bestechungsgeldern erwischt werden, gibt es zahlreiche Korruptionsfälle, die unbemerkt und unbestraft bleiben (FH 27.1.2018). Das Gesetz sieht Strafen für Korruption im öffentlichen Dienst vor, in der Praxis kommen Staatsdiener mit korrupten Praktiken häufig straflos davon (USDOS 20.4.2018). Durch das vom Präsidenten im Jahr 2014 unterzeichnete Lok Pal- und Lokayuktas Gesetz wurden unabhängige, staatliche Gremien eingerichtet, an die man Beschwerden wegen korrupter Beamter oder Politiker richten kann und die ermächtigt sind, die Beschwerden zu untersuchen und Verurteilungen vor Gericht zu verfolgen. Obwohl Modi und Angehörige seiner Regierung Unterstützung für das Gesetz signalisiert haben, gibt es wenig Belege dafür, dass es effektiv umgesetzt wird. Das 2005 geschaffene Recht auf Information (RTI) wird vor allem angewandt, um Transparenz zu steigern und korrupte Machenschaften aufzudecken. Seit der Verabschiedung des Gesetzes sind mindestens 65 "Recht auf Informationsaktivisten" ermordet und mehr als 400 angegriffen oder belästigt worden (FH 27.1.2018).

Korruption behindert manchmal auch Regierungsprogramme zur Untersuchung behaupteter Korruption im Regierungsbereich (USDOS 20.4.2018). Im Mai 2015 nahm die Lok Sabha (Volkskammer) Änderungen des Gesetzes zum Schutz von Informanten (Whistleblowers Protection Act) aus 2014 an. Mitglieder der Opposition kritisierten, dass dadurch die ohnehin schon begrenzten Auswirkungen des Gesetzes weiter aufgeweicht würden (FH 27.1.2018).

Gemäß Angaben des Zentrale Untersuchungsbehörde (Central Bureau of Investigation - CBI) unterhält jeder Bundesstaat in Indien mindestens ein Büro unter der Leitung eines Polizeichefs, in welchem Beschwerden per Post, Fax oder persönlich eingereicht werden können. Dabei kann auf Wunsch auch die Identität des Beschwerdeführers geheim gehalten werden. Vom CBI wurden im Untersuchungszeitraum [Anm.: 2016] 673 Korruptionsfälle registriert (CBI o.D.; vgl. USDOS 20.4.2018).

Eine von Transparency International und LocalCircles durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass ein Einsatz von Bestechungsgeldern immer noch das effizienteste Mittel darstellt, um die Arbeit von Regierungsstellen abzuwickeln. Die Zahl jener Personen, die zugaben, ein Bestechungsgeld bei Behörden erlegt zu haben, lag 2017 bei 45 Prozent. So hat es einen Anstieg der Bestechung um 11 Prozent gegeben. Kommunale Unternehmen, Grundbuchabteilungen, wie auch Polizeidienststellen stellen dabei die korruptionsanfälligsten Regierungsstellen dar (IT 11.10.2018).

Der Bericht mit dem Titel India Corruption Survey 2018 besagt, dass 58 Prozent der Bürger angeben, dass ihre Staaten über keine Anti-Korruptions-Helpline verfügen, während bis zu 33 Prozent angaben, dass sie sich nicht über das Vorhandensein einer solchen Hotline in ihren Staaten im Klaren seien (ICS 2018).

Einzelpersonen - oder NGOs im Namen von Einzelpersonen oder Gruppen - können sogenannte Rechtsstreitpetitionen von öffentlichem Interesse ("Public interest litigation petitions") bei jedem Obersten Gericht oder direkt beim Obersten Bundesgericht, dem "Supreme Court" einbringen, um rechtliche Wiedergutmachung für öffentliche Rechtsverletzungen einzufordern. Diese Beschwerden können Verstöße gegen staatliche Aufgaben durch einen Regierungsangestellten oder eine Verletzung von Verfassungsbestimmungen sein. NGOs schätzen diese Anträge sehr, um Regierungsangehörige gegenüber zivilgesellschaftlichen Organisationen für Korruption und Parteilichkeit, zur Rechenschaft zu ziehen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- CBI (o.D.): Join us in Fighting Corruption, http://www.cbi.gov.in/contact.php, Zugriff 7.11.2018

- FH - Freedom House (27.1.2018): Freedom in the World 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1142635.html, Zugriff 22.10.2018

- ICS - India Corruption Survey 2018 (11.10.2018): India Corruption Survey 2018: 56% Indians admit to paying bribes for citizen services as most states failed to put redressal mechanisms in place, https://www.localcircles.com/a/press/page/india-corruption-survey-2018, Zugriff 7.11.2018

- IT - India Times (11.10.2018): Bribery records 11 per cent growth in one year, finds survey, https://www.indiatoday.in/india/story/56-per-cent-paid-bribe-in-last-one-year-91-per-cent-don-t-know-about-anti-corruption-helpline-survey-1360392-2018-10-11, Zugriff 7.11.2018

- TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018, Zugriff 30.1.2019

- - TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017#regional, Zugriff 7.11.2018

- TI - Transparency International (2017): Corruption Perceptions Index 2016, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 7.11.2018

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018

3. Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.4.2018). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 18.9.2018).

Die Regierung lockerte Einschränkungen für ausländische Reisende in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen (USDOS 20.4.2018).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 18.9.2018).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

- ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018): Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018

4. Meldewesen

Noch gibt es in Indien kein nationales Melde- bzw. Staatsbürgerschaftsregister. Die Regierung verfolgt seit einigen Jahren ein nationales Projekt zur Registrierung der Staatsbürger, und damit verbunden wird die Ausstellung von Personalausweisen ("Aadhar Card") sein. Von der Realisierung dieses Projektes ist man trotz einiger Vorarbeit aber noch weit entfernt. Es gibt kein Meldewesen in Indien (ÖB 12.2018; vgl. AA 18.9.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

- ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018): Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

5. Grundversorgung und Wirtschaft

In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung zum Großteil gewährleistet. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder von Bekannten angewiesen (ÖB 12.2018).

Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2016/2017 bei 7,1 Prozent und in 2017/18 bei 6,75 Prozent mit wieder steigender Tendenz. Indien zählt damit nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt (AA 11.2018a).

2016 lag die Erwerbsquote laut Schätzungen der ILO bei 55,6 Prozent. Der Hauptteil der Menschen arbeitet im Privatsektor. Es gibt immer noch starke Unterschiede bei der geschlechtlichen Verteilung des Arbeitsmarktes. Indien besitzt mit 478,3 Millionen Menschen die zweitgrößte Arbeitnehmerschaft der Welt (2012). Jährlich kommen 12,8 Millionen Arbeitskräfte hinzu. Im Jahr 2015 lag die Arbeitslosenquote bei 3,4 Prozent (nach ILO 2016) (BAMF 3.9.2018).

Schätzungen zufolge stehen nur circa 10 Prozent aller Beschäftigten in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Die übrigen 90 Prozent werden dem sogenannten "informellen Sektor" zugerechnet - sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung (AA 11.2018a). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 16,4 Prozent (2017/18) der Gesamtwirtschaft, obgleich fast 50 Prozent der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 11.2018a).

Die Regierung hat überall im Land rund 1.000 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle frei ist (BAMF 3.9.2018; vgl. PIB 23.7.2018). Das Nationale Mahatma Gandhi Beschäftigungsgarantieprogramm für die ländliche Bevölkerung (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act, MGNREGA), läuft bis 2019. Das Ziel des laufenden Programms besteht darin, die ländliche Infrastruktur zu verbessern, die Land- und Wasserressourcen zu vergrößern und der armen Landbevölkerung eine Lebensgrundlage zu bieten: Jedem Haushalt, dessen erwachsene Mitglieder bereit sind, manuelle Arbeiten zu verrichten, welche keiner besonderen Qualifikation bedarf, wird mindestens 100 Tage Lohnarbeit pro Haushaltsjahr garantiert (SNRD 26.3.2018). Einige Staaten in Indien geben Arbeitssuchenden eine finanzielle Unterstützung für die Dauer von drei Jahren. Für weitere Informationen sollte die jeweilige lokale Vermittlungsagentur kontaktiert werden. Diese bieten auch Beratungen an, bei denen sie Informationen zu Verfügung stellen (BAMF 3.9.2018).

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei rund 1.970 USD. Auf dem Human Development Index der UNDP (Stand: September 2016) steht Indien auf Platz 130 unter 188 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 11.2018a).

Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an, welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 3.9.2018).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 3.9.2018).

55,3 Prozent der Bevölkerung (642,4 Mio.) lebt in multi-dimensionaler Armut (HDI 2016). Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 18.9.2018).

Im September 2018 bestätigte der Oberste Gerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des biometrischen Identifikationsprojekts Aadhaar (HRW 17.1.2019). Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar-ID Nummer ausgestellt. Ursprünglich wurde das System eingeführt, um Steuerbetrug entgegenzuwirken. In den folgenden Jahren wurde der Umfang jedoch stark ausgeweitet: In einigen indischen Bundesstaaten werden mittels Aadhaar Pensionen, Stipendien und die Essensausgabe für arme Menschen abgewickelt (ORF 27.9.2018). Aadhaar stellt für den Großteil der Bevölkerung den einzigen Zugang zu einem staatlich anerkannten Ausweis dar. Diejenigen, die sich bei Aadhaar angemeldet haben, erhielten nach der Übermittlung ihrer Fingerabdrücke und Netzhautscans eine eindeutige zwölfstellige Identifikationsnummer (BBC 26.9.2018).

Menschenrechtsgruppen äußern Bedenken, dass die Bedingungen zur Registrierung für Aadhaar, arme und marginalisierte Menschen daran hindern, wesentliche, verfassungsmäßig garantierte Dienstleistungen wie etwa Nahrung und Gesundheitsversorgung zu erhalten (HRW 18.1.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

- AA - Auswärtiges Amt (11.2018a): Indien, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/indien-node/-/205976, Zugriff 17.1.2019

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.9.2018): Länderinformationsblatt Indien, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_India_DE.pdf, Zugriff 17.12.2018

- BBC British Broadcasting Corporation (26.9.2018): Aadhaar: India top court upholds world's largest biometric scheme, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-44777787, Zugriff 20.11.2018

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - India, ttps://www.ecoi.net/de/dokument/2002249.html, Zugriff 23.1.2019

- HRW - Human Rights Watch (13.1.2018): India: Identification Project Threatens Rights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422175.html, Zugriff 19.11.2018

- ORF - Österreichischer Rundfunk (27.9.2018): Indiens Form der digitalen Überwachung, https://orf.at/stories/3035121/, Zugriff 20.11.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018): Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

- PIB - Press Information Bureau Government of India Ministry of Labour & Employment (23.7.2018): Modernisation of Employment Exchanges, http://pib.nic.in/newsite/PrintRelease.aspx?relid=180854, Zugriff 20.11.2018

- SNRD - Sector Network Natural Resources and Rural Development Asia (26.3.2018): Environmental Benefits of the Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act (MGNREGA-EB), https://snrd-asia.org/environmental-benefits-of-the-mahatma-gandhi-national-rural-employment-guarantee-act-mgnrega-eb/, Zugriff 29.1.2019

- WKO - Außenwirtschaft Austria (26.9.2018): Außen Wirtschaft Update Indien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/indien-update.pdf, Zugriff 20.11.2018

6. Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. Auch in jüngerer Zeit wurden bei rückgeführten abgelehnten indischen Asylbewerbern keine Benachteiligungen nach Rückkehr bekannt. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 18.9.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

2. Beweiswürdigung:

2.1. Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Seine Staatsangehörigkeit und seine Herkunft erscheinen auf Grund seiner Sprach- und Ortskenntnisse glaubhaft.

Die Feststellungen über die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Verwandten im Herkunftsstaat, sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten hat, kein Deutsch spricht, keinem Erwerb nachgeht, ledig, kinderlos und gesund ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahmen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.05.2019. Soweit im - rund einen Monat nach Durchführung der Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebrachten - Beschwerdeschriftsatz behauptet wird, der Beschwerdeführer verfüge über kein Auffangnetz in seiner Heimat, entspricht dies, wie der Akteninhalt belegt, eindeutig nicht den Tatsachen, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins österreichische Strafregister.

Dass der Beschwerdeführer keine Probleme mit den Behörden in seinem Herkunftsstaat hatte, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keine diesbezüglichen Probleme vorbrachte.

Die Beurteilung der belangten Behörde, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers über die Bedrohung durch Privatpersonen nicht glaubhaft sei, ist zutreffend. Der Beschwerdeführer hat zwar eine derartige Bedrohungssituation sowohl im Verlauf der sicherheitsbehördlichen Erstbefragung am 08.05.2019 als auch bei seinen Einvernahmen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 13.05.2019 und am 22.05.2019 behauptet, seine diesbezüglichen Angaben sind jedoch, wie im angefochtenen Bescheid richtig festgehalten, als widersprüchlich, wenig konkret und detailliert und logisch nicht nachvollziehbar zu qualifizieren.

Wie im angefochtenen Bescheid zu Recht festgehalten, konnte der Beschwerdeführer bereits zu seiner Heiratsabsicht keine genauen bzw. nur widersprüchliche und nicht nachvollziehbare Angaben tätigen. Während der Beschwerdeführer in der zweiten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zunächst noch vage angab, bei der Familie seiner Freundin um ihre Hand angehalten zu haben, die Familie jedoch nicht zugestimmt habe, und er dies im Verlauf der Einvernahme nochmals bekräftigte, indem er - neuerlich vage - angab, dass dies im "Oktober 2018" passiert sei, erklärte er unmittelbar darauf im Widerspruch dazu, dass nicht er um ihre Hand angehalten habe, sodann lediglich seine Freundin mit ihrer Mutter über die Heiratsabsicht gesprochen habe und diese sodann geantwortet habe, dass dies nicht möglich sei. Dass der Beschwerdeführer bereits zur Frage, ob er persönlich um die Hand seiner Freundin angehalten habe, keine nachvollziehbaren Angaben machen konnte, lässt bereits an der Glaubwürdigkeit des Vorbringens zweifeln, zumal dies den eigentlichen Kern des Fluchtvorbringens betrifft.

Ebenso konnte der Beschwerdeführer, wie im angefochtenen Bescheid zu Recht festgehalten, keine konkreten und nachvollziehbaren Aussagen über seine Freundin treffen. Obwohl der Beschwerdeführer im Rahmen der zweiten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorbrachte, dass er sich mit seiner Freundin über mehrere Monate hinweg getroffen habe und er sie sogar heiraten habe wollen, konnte er nicht einmal angeben, in welcher Ortschaft sie wohne ("Ich weiß nicht, wie diese Ortschaft heißt. Sie wohnte aber in der Nähe des XXXX ."). Dies ist umso erstaunlicher, als der Beschwerdeführer in derselben Einvernahme nicht nur angeben konnte, dass seine Freundin "ca. 25 Kilometer" von ihm entfernt gewohnt habe, sondern zudem, dass die Bushaltestelle, an der sie sich getroffen hätten, "18 Kilometer" von ihm zuhause und "8 Kilometer" von ihr zuhause entfernt liege. Dass der Beschwerdeführer derart genaue Angaben über die Entfernung machen konnte, nicht aber weiß, wie der Ort heißt, in dem seine Freundin gewohnt habe, ist lebensfremd. Am Rande angemerkt sei, dass die Angabe des Beschwerdeführers, wonach jene Bushaltestelle direkt in der Innenstadt von Gurdaspur liege, an diesen Entfernungsangaben zweifeln lässt. Vor dem Hintergrund, dass Batala - der Wohnort des Beschwerdeführers - rund 32 Kilometer von Gurdaspur entfernt liegt (https://www.google.com/maps/dir/Gurdaspur,+Punjab+143521,+Indien/Batala,+Punjab,+Indien/, Zugriff am 31.10.2019), erscheint die Aussage, dass diese Bushaltestelle 18 Kilometer vom Wohnort des Beschwerdeführers entfernt liege, nicht nachvollziehbar.

Wie im angefochtenen Bescheid schließlich und maßgeblich zu Recht festgehalten, sind auch die Angaben des Beschwerdeführers über seine Bedrohungssituation nicht nachvollziehbar. So brachte er selbst im Rahmen der zweiten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vor, dass ihm nichts passieren würde, wenn er sich von seiner Freundin fernhielte ("Wenn ich sie nicht mehr getroffen hätte, dann wäre nichts passiert."). Deshalb habe er am 21.01.2019 den Kontakt zu ihr abgebrochen. Weshalb der Beschwerdeführer dennoch zwei Monate später flüchten musste, konnte er vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht nachvollziehbar darlegen.

Die textbausteinartigen, völlig unsubstantiiert gebliebenen und teils auch aktenwidrigen Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz waren im Ergebnis nicht geeignet, die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in Zweifel zu ziehen.

2.2. Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderberichten, die dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben, weshalb dem im Beschwerdeschriftsatz gestellten Antrag, einen länderkundigen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation in Indien befasse, nicht nachzukommen war.

Den Länderberichten wurde weder vom Beschwerdeführer noch seinem rechtsfreundlichen Vertreter in den Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bzw. im Beschwerdeschriftsatz substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zum Spruchteil A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wen

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten