TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/12 G311 2223601-1

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Veröffentlicht am 12.05.2020
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Entscheidungsdatum

12.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z7

Spruch

G311 2223601-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Bosnien und Herzegowina, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.08.2019, Zahl: XXXX, betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu Recht:

A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid zur Gänze ersatzlos aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes vom 20.08.2019 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß

§ 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bosnien und Herzegowina zulässig ist (Spruchpunkt III.), gegen ihn gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 19.08.2019 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf einer Baustelle arbeitend angetroffen worden sei, wobei der Beschwerdeführer weder über eine Aufenthalts- noch Beschäftigungsbewilligung verfügt habe. Er sei daher bei der Schwarzarbeit betreten worden und habe sich deswegen auch illegal in Österreich aufgehalten. Der Beschwerdeführer sei ursprünglich zu touristischen Zwecken in das Bundesgebiet aufgehalten und habe sich bei seinem Schwager unangemeldet aufgehalten. Er sei weder kranken- noch sozialversichert und sei hier keiner legalen Beschäftigung nachgegangen. Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers befinde sich in Bosnien und Herzegowina, wo seine Ehefrau, sein Kind, seine Geschwister und Eltern leben würden. Da sich der Beschwerdeführer illegal und ohne Meldung im Bundesgebiet aufgehalten habe und einer illegalen Beschäftigung nachgegangen sei, stelle er eine große Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, sodass der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen sei.

Der Beschwerdeführer reiste am 22.08.2019 freiwillig aus dem Bundesgebiet aus.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schrifsatz seiner bevollmächtigten Rechtsvertetung vom 16.09.2019, am selben Tag beim Bundesamt einlangend, das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die gegen den Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung und das Einreiseverbot aufheben; in eventu die Dauer des verhängten Einreiseverbotes verringern. Der Beschwerdeführer verfüge über einen gültigen slowenischen Aufenthaltstitel. Er habe einen Job als Speditionsfahrer in Slowenien in Aussicht gehabt und dafür alle erforderlichen Prüfugen in Slowenien abgelegt. Er habe am 07.08.2019 einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag bereits unterzeichnet gehabt. Da der Beschwerdeführer zur Aufnahme seiner Tätigkeit noch auf die Ausstellung einer besonderen Karte bis Ende August 2019 abwarten habe müssen, habe er den in Österreich lebenden Schwager (den Bruder seiner Ehefrau) besucht, zumal es sich dabei nur um eine Strecke von 60 km gehandelt habe (statt rund 500 km zum Heimatort in Bosnien). Der Beschwerdeführer habe sich während der Wartezeit auf seine "Code-Karte" gelangweilt und habe in einem Café eine Person namens E. kennengelernt, welcher ihm eine möglicherweise familienfreundlichere Arbeitsstelle nach Ablauf des einjährigen Vertrages in Slowenien angeboten habe. Dazu sei der Beschwerdeführer mit E. auf eben jene Baustelle gefahren, wo er von der Polizei betreten worden sei. Er habe sich dort nur einen Eindruck verschaffen wollen und um nicht "nutzlos herumzustehen", sei er den dort tätigen Mitarbeitern zu Hand gegangen, um sich die Zeit zu vertreiben. Die Verhängung eines Einreiseverbotes, insbesondere in der Dauer von zwei Jahren, erweise sich gegenständlich als unverhältnismäßig. Der Beschwerdeführer habe aufgrund des bereits vorhandenen slowenischen Aufenthaltstitels und des unterzeichneten Arbeitsvertrages überhaupt nicht vor gehabt, in Österreich einer illegaln Beschäftigung nachzugehen. Er habe sich weiters kooperativ gezeigt und sei sofort nach seiner Entlassung aus dem Polizeianhaltezentrum aus dem Bundesgebiet freiwillig ausgereist.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten dort am 20.09.2019 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina. Er ist verheiratet und hat eine Tochter. Sowohl seine Ehefrau, seine Tochter, seine Geschwister und seine Eltern leben nach wie vor in Bosnien und Herzegowina, wo sich auch der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers befindet. Er ist von Beruf LKW-Fahrer (vgl Kopie des bosnischen Reisepasses, AS 97 ff; Kopien bosnischer Personalausweis und Führerschein sowie Fahrerkarte für LKW, AS 107 f; Niederschrift Bundesamt vom 20.08.2019, AS 45 ff).

Der Beschwerdeführer verfügt über einen mit 24.07.2019 ausgestellten und bis 24.07.2020 gültigen slowenischen Aufenthaltstitel samt Arbeitserlaubnis (vgl Kopie der slowenischen Aufenthaltskarte, AS 107 d). Weiters unterzeichnete er einen von 07.08.2019 bis 06.08.2020 gültigen slowenischen Arbeitsvertrag als Speditions-LKW-Fahrer und verfügte auch über eine slowenische Meldeadresse (vgl Kopie Arbeitsvertrag vom 07.08.2019, AS 221 ff; Niederschrift Bundesamt vom 20.08.2019, AS 45 ff).

Er reiste zuletzt am 04.08.2019 in den Schengen-Raum und weiter nach Österreich ein und nahm bei seinem Schwager, dem Bruder seiner Ehefrau, in Graz vorübergehend Unterkunft, ohne diesen Wohnsitz jedoch zu melden, um die Wartezeit bis zur Ausstellung der slowenischen LKW-Fahrerkarte zu überbrücken (vgl etwa Einreisestempel Schengen, AS 105; Niederschrift Bundesamt vom 20.08.2019, S 45 ff; Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 04.05.2020).

In Österreich weist der Beschwerdeführer bis dato überhaupt keine Wohnsitzmeldungen auf (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 04.05.2020).

Der Beschwerdeführer hat die visumfreie Aufenthaltsdauer im Schengen-Raum von 90 Tagen innerhalb eines Zeitraumes von 180 Tagen nicht überschritten (vgl angefochtener Bescheid, AS 125 ff; diverse Ein- und Ausreisestempel im Reisepass, AS 99 ff).

Am 19.08.2019 um 15:50 Uhr wurde der Beschwerdeführer auf einer Baustelle mit einer Schaufel in der Hand arbeitend von Organen der Finanzpolizei angetroffen und festgenommen. In der Folge wurde er wegen rechtswidrigem Aufenthalt im Bundesgebiet und von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes noch am 19.08.2019 einvernommen. Bereits im Zuge dieser Einvernahme legte der Beschwerdeführer seinen gültigen slowenischen Aufenthaltstitel vor (vgl Niederschrift vom 19.08.2019, AS 23 ff; Bericht LPD vom 19.08.2019, AS 17 ff).

Eine entsprechende Anzeige oder ein Amtsvermerk über die vom Beschwerdeführer tatsächlich ausgeübt Tätigkeit liegt nicht vor. Jedoch hat der Beschwerdeführer die Arbeitsaufnahme im Grunde nicht bestritten (vgl diesbezüglich unter anderem Aktenvermerk des Bundesamtes vom 20.08.2019, AS 43; Niederschrift Bundesamt vom 20.08.2019, AS 45 ff).

Die "Tätigkeit" des Beschwerdeführers auf der Baustelle vom 19.08.2019 wurde vom präsumtiven Dienstgeber als geringfügige Beschäftigung wohl nachträglich zur Sozialversicherung angemeldet (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 04.05.2020).

Der Beschwerdeführer wurde vor Erlassung des gegenständlichen Bescheides seitens des Bundesamtes iSd § 52 Abs. 6 FPG nicht aufgefordert, unverzüglich nach Slowenien zurückzukehren. Vielmehr wurde unverzüglich der angefochtene Bescheid erlassen und dem Beschwerdeführer die allgemeine Information betreffend Verpflichtung zur Ausreise wegen durchsetzbarer Rückkehrentscheidung übergeben (vgl AS 61 ff).

Der Beschwerdeführer wurde am 20.08.2019 um 15:25 Uhr aus der Festnahme entlassen (vgl Entlassungsschein, AS 187).

Der Beschwerdeführer reiste am 22.08.2019 freiwillig und selbstständig aus dem Bundesgebiet nach Bosnien und Herzegowina aus (vgl Ausreisebestätigung, AS 193; Fremdenregisterauszug vom 04.05.2020).

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten (vgl Strafregisterauszug vom 04.05.2020).

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Aktenkundig sind weiters der bosnische Reisepass, der bosnische Personalausweis, der bosnische Führerschein, der bosnische Fahrerausweis sowie der slowenische Aufenthaltstitel mit Beschäftigungserlaubnis, an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel aufgekommen sind.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm weiters Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister und in die Sozialversicherungsdaten des Beschwerdeführers.

Aus den im Verwaltungsakt einliegenden Unterlagen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer von Organen der Finanzpolizei arbeitend auf einer Baustelle bei Maurerarbeiten betreten wurde. Der Beschwerdeführer hat im Ergebnis auch nicht bestritten, dort mitgearbeitet zu haben. Er rechtfertigte sich damit, die Wartezeit bis zur Ausstellung seiner Fahrerkarte für die Arbeit als Speditions-LKW-Fahrer in Slowenien in Österreich beim Schwager überbrückt zu haben und dass er aus Langeweile mitgearbeitet habe. Er habe die Hoffnung gehabt, in Österreich nach Ablauf seines einjährigen Arbeitsvertrages in Slowenien eine Anstellung zu finden. Für das Bundesverwaltungsgericht liegt damit unbestritten eine illegale Beschäftigung vor, bei der der Beschwerdeführer betreten wurde.

Ebenso unstrittig verfügte der Beschwerdeführer aber zum Zeitpunkt seiner Betretung in Österreich über einen gültigen slowenischen Aufenthaltstitel samt Arbeitsbewilligung. Dies gab er schon gegenüber den Beamten der Finanzpolizei und in weiterer Folge auch gegenüber dem Bundesamt an. Dennoch ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt nicht, dass der Beschwerdeführer vor Erlassung der gegenständlichen Rückkehrentscheidung (samt ebenso angefochtenem Einreiseverbot) gemäß § 52 Abs. 6 FPG aufgefordert worden wäre, das Bundesgebiet unverzüglich nach Slowenien zu verlassen. Demnach war festzustellen, dass eine solche Aufforderung seitens des Bundesamtes nicht erfolgt ist.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten eigenen Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und vom Beschwerdeführer zu keiner Zeit bestritten wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."

Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."

Fallbezogen ergibt sich daraus:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehörige der Republik Bosnien und Herzegowina und sohin Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Gemäß Art. 20 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an, und soweit sie die in Artikel 5 Abs. 1 Buchstaben a, c, d und e angeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a, c, d und e SDÜ iVm. Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, gelten für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedsstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die dort genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss weiters den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Der mit "Voraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet" betitelte § 31 FPG lautet auszugsweise:

"§ 31. (1) Fremde halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind bis zu drei Monaten (Artikel 21 SDÜ gilt), sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach dem AsylG 2005 zukommt;

5. bis zur Entscheidung über einen Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a), solange der Aufenthalt als Saisonier in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt die Dauer von neun Monaten nicht überschreitet;

6. wenn sie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels für unternehmensintern transferierte Arbeitnehmer gemäß ICT-Richtlinie eines anderen Mitgliedstaates sind, der das SDÜ nicht vollständig anwendet, und § 18 Abs. 13 AuslBG erfüllen, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 180 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 90 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;

7. wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels "Forscher" eines anderen Mitgliedstaates sind und eine Tätigkeit für eine Forschungseinrichtung ausüben, die gemäß § 1 Abs. 2 lit. h AuslBG vom sachlichen Anwendungsbereich des AuslBG ausgenommen ist, oder als deren Familienangehörige Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedstaates sind, solange jeweils ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in den vergangenen 360 Tagen nicht insgesamt die Dauer von 180 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind;

8. wenn sie gemäß der Forscher und Studenten-Richtlinie Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels "Student" eines anderen Mitgliedstaates sind und an einem Unions- oder multilateralen Programm mit Mobilitätsmaßnahmen teilnehmen oder für sie eine Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Hochschuleinrichtungen besteht, solange ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nicht insgesamt die Dauer von 360 Tagen überschreitet und die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. e SGK erfüllt sind, oder

9. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

(1a) Liegt kein Fall des Abs. 1 vor, halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf; dies insbesondere, wenn sie

1. auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 19 Abs. 4) oder internationaler Gepflogenheiten rückgenommen werden mussten,

2. auf Grund einer Durchbeförderungserklärung, sonstiger zwischenstaatlicher Abkommen oder auf Ersuchen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union um Durchbeförderung (§ 45b Abs. 1) oder auf Grund einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 47 ARHG oder § 35 des Bundesgesetzes über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, eingereist sind,

3. geduldet sind (§ 46a) oder

4. eine Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 erhalten haben.

(Anm.: Abs. 2 und 3 aufgehoben durch Art. 2 Z 48, BGBl. I Nr. 145/2017)"

Unabhängig davon, dass eine Überschreitung der sichtvermerkfreien Aufenthaltsdauer im Schengen-Raum nicht vorliegt und der Beschwerdeführer unstrittig über einen gültigen Aufenthaltstitel samt Arbeitsbewilligung aus Slowenien verfügte, hat der Beschwerdeführer in Österreich eine illegale Beschäftigung aufgenommen, sodass die Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet nach Art. 20 SDÜ iVm Art. 5 SDÜ und Art. 6 Schengener Grenzkodex nicht vorliegen. Der Beschwerdeführer hielt sich somit illegal im Bundesgebiet auf. Aufgrund des Aufenthaltstitels eines anderen Mitgliedsstaates (Slowenien) kam jedoch gegenständlich nur die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 6 FPG in Betracht (vgl dazu auch VwGH vom 29.05.2018, Ra 2018/21/0060).

§ 52 Abs. 6 FPG ist vor dem Hintergrund von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/115/EG zu lesen. Dort wird angeordnet, dass ein nicht rechtmäßig aufhältiger Drittstaatsangehöriger mit einem Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaates zunächst zu verpflichten ist, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Nur wenn dieser Verpflichtung nicht entsprochen wird, hat es zu einer Rückkehrentscheidung zu kommen. Demnach bedarf es also vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung einer "Verpflichtung" des Drittstaatsangehörigen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben (VwGH 10.4.2014, 2013/22/0310). Die Frage der "Unverzüglichkeit" stellt sich dann in Bezug auf die Zeitspanne, die seit Ausspruch der "Verpflichtung" ergangen ist. Wird ihr "unverzüglich" entsprochen, hat eine Rückkehrentscheidung zu unterbleiben, andernfalls ist sie zu verhängen (vgl VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).

Der Beschwerdeführer hielt sich gegenständlich durch die Aufnahme einer illegalen Beschäftigung unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Alleine aus der Aufnahme einer illegalen Beschäftigung für einen Tag kann jedoch keine derartige Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden, die eine sofortige Ausreise und damit eine sofortige Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG erforderlich machen würde. Dazu hat der VwGH in einem Fall, in dem der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls (34 Wohnungseinbrüche) rechtskräftig zu einer zweieinhalbjährigen Haftstrafe verurteilt wurde und über einen unbefristeten Aufenthaltstitel in Italien verfügte, ausgeführt:

"[...] Der gegenständlichen Entscheidung des BVwG liegt aber eine einzelfallbezogene Beurteilung zugrunde, in deren Rahmen zutreffend die Kriterien des § 9 Abs. 2 BFA-VG - mit der gebotenen Bedachtnahme auf die Verhältnisse des Mitbeteiligten in Italien - Berücksichtigung gefunden haben. Insbesondere hat das BVwG im Sinn des § 9 Abs. 2 Z 6 BFA-VG auch die Straftaten des Mitbeteiligten und die daraus ableitbare, von ihm ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit maßgeblich berücksichtigt. Wenn das BFA in der Revision im Übrigen in Bezug auf die zu beurteilende Gefährlichkeit des Mitbeteiligten bemängelt, das BVwG habe nicht alle Aspekte seines strafgerichtlichen Fehlverhaltens miteinbezogen und es wäre aus der, aus seiner Straffälligkeit resultierenden "Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit unmittelbar eine Rückkehrentscheidung zu erlassen" gewesen, so verkennt es aber, dass es im Kontext des § 52 Abs. 6 FPG nicht schlichtweg auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ankommt, sondern darauf, ob angesichts einer solchen Gefährdung die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen aus dem Bundesgebiet erforderlich ist. Indem das BFA dieses zusätzliche Kriterium außer Acht lässt, beruhen seine Überlegungen zur vom BVwG anzustellenden Gefährlichkeitsprognose von vornherein auf einer falschen Prämisse. Davon ausgehend vermag es nicht aufzuzeigen, weshalb die Entscheidung des BVwG im Ergebnis (zumal die Straftaten des Mitbeteiligten nahezu fünf Jahre zurückliegen und er auch vor seiner Verhaftung mehr als drei Jahre deliktisch nicht in Erscheinung getreten ist) nicht zumindest vertretbar wäre. [...]"

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung kann im gegenständlichen Fall somit nicht erkannt werden, dass eine sofortige Ausreise des Beschwerdeführers und damit die sofortige Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 1 FPG iVm § 52 Abs. 6 FPG erforderlich gewesen wäre.

Demnach hätte das Bundesamt den Beschwerdeführer vor Erlassung der gegenständlich angefochtenen Rückkehrentscheidung (samt dem darauf aufbauenden Einreiseverbot) auffordern müssen, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet jenes Mitgliedsstaates zu begeben, von dem der ihm erteilte Aufenthaltstitel stammt (hier: Slowenien). Das hat das Bundesamt nicht getan. Der Beschwerdeführer wurde zwar im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 20.08.2019 zur unverzüglichen Ausreise aus Österreich aufgefordert. Diese Ausreiseaufforderung erfolgte jedoch nicht in Bezug auf Slowenien, sondern - nur so konnte sie angesichts der Aufforderung, das ihm ausgehändigte Informationsblatt bei der österreichischen Botschaft seines Heimatlandes persönlich zu übergeben, verstanden werden - in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Bosnien und Herzegowina. Die ausgesprochene Ausreiseverpflichtung war demnach von ihrer Zielrichtung her verfehlt, weshalb sie auch nicht die Konsequenz nach sich ziehen konnte, dass nunmehr eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei (vgl erneut VwGH vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0234).

Der Beschwerdeführer ist zudem freiwillig und selbstständig bereits am 22.08.2019 aus dem Bundesgebiet nach Bosnien und Herzegowina ausgereist.

Die gegenständlich gegen den Beschwerdeführer erlassene Rückkehrentscheidung samt den darauf aufbauenden Aussprüchen über die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG, der Zulässigkeit der Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina, der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sowie insbesondere auch das gegen den Beschwerdeführer erlassene und ausdrücklich angefochtene Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 7 FPG in der Dauer von zwei Jahren erweisen sich als rechtswidrig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots sowie zur Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK ab, noch fehlt es dazu an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen somit keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2223601.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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