Entscheidungsdatum
14.05.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W252 2166680-2/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth SCHMUT LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.09.2018, Zl. XXXX zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., V., VI. und VII. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 stattgegeben und werden die Spruchpunkte I., II., V., VI. und VII. des angefochtenen Bescheids ersatzlos behoben.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids wird stattgegeben und wird aufgrund des Antrags von XXXX vom 20.04.2018 die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter um zwei weitere Jahre gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 verlängert.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 22.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.
2. Mit Gutachten vom 09.12.2015 stellte ein Sachverständiger aus dem Fachgebiet Anatomie und Zellbiologie fest, dass in Zusammenschau der radiologischen und medizinischen Befunde das spätmöglichste fiktive Geburtsdatum der XXXX ist und der BF zum Zeitpunkt der Asylantragstellung ca. 21 Jahre alt war.
3. Der BF wurde am 07.12.2016 und am 23.06.2017 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.
4. Mit Bescheid vom 06.07.2017 wies das Bundesamt den Antrag des BF bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) ab und erkannte dem BF den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 06.07.2018 erteilt (Spruchpunkt III.).
Hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde seitens des Bundesamtes festgestellt, dass der BF aufgrund der herrschenden und festgestellten Dürre in eine lebensbedrohende Situation gelangen könne. Eine Gefährdung im Sinne des § 8 AsylG 2005 sei daher nicht auszuschließen. Es könne aber nicht festgestellt werden, dass dem BF in Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität drohe.
5. Der BF erhob am 02.08.2017 Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides.
6. Am 19.04.2018 beantragte er die Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 2. Satz AsylG 2005. Dem BF wurde am 26.06.2018 Parteiengehör über die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die beabsichtigte Rückkehrentscheidung eingeräumt. Dazu gab der BF am 06.07.2018 eine Stellungnahme ab, indem er unter anderem vorbrachte, dass keinesfalls von einer wesentlichen und nachhaltigen Verbesserung der Lage in Somalia auszugehen sei. Sowohl die Versorgungs- als auch die Sicherheitslage sei nach wie vor prekär. Als Angehöriger eines Minderheitenclans habe er keine ausreichende Unterstützung durch die Familie oder des Clans. Außerdem sei eine Rückkehrentscheidung im Hinblick auf seine Integrationsbemühungen unzulässig.
7. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes vom 05.09.2018 wurde der dem BF mit Bescheid vom 06.07.2017 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen (Spruchpunkt II.). Der Antrag des BF vom 20.04.2018 auf Verlängerung wurde abgewiesen (Spruchpunkt III.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt V.). Es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt VI.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VII.).
Folgende Feststellungen wurden im Wesentlichen dem Bescheid zugrunde gelegt:
Die Identität des BF stehe nicht fest. Er sei volljährig, ledig und nicht unterhaltspflichtig. Er sei somalischer Staatsbürger, gehöre zum Stamm der Sheikhal zum Clan der XXXX und dem Sub-Clan XXXX AW XXXX und sei moslemischen Glaubens. Gelebt habe er gemeinsam mit seinen Eltern in XXXX im Süden von Somalia. Acht Monate habe er eine private Schule besucht, danach habe er seinem Vater in der Landwirtschaft geholfen. Seit Zuerkennung des subsidiären Schutzes durch das Bundesamt habe der BF den Deutschkurs A1 erfolgreich absolviert, sei beim AMS angemeldet und möge einer Arbeit nachgehen. Der BF sei nicht verheiratet und lebe in keiner Partnerschaft. Außerdem leide er an keiner schwerwiegenden oder lebensbedrohenden Erkrankung, nehme lediglich, wenn notwendig, Schlaftabletten. Der BF sei unbescholten.
Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die Situation des BF im Fall seiner Rückkehr wurde festgestellt, dass dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten lediglich aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt herrschenden Dürre und mangelnder Versorgung gewährt worden sei. Der Sachverhalt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes liege nun nicht mehr vor. Des Weiteren könne er den Kontakt zu seiner Familie weiter ausbauen und pflegen und sich diese durchaus gegenseitig unterstützen. Diese lebe in Kenia und habe der BF angegeben, dass diese ihn unterstützen könne. Der BF sei jung, gesund und im Stande in Somalia einer Beschäftigung nachzugehen. Er sei in der Lage eine einfache Unterkunft zu finden und spreche die Landessprache. Zudem habe er den überwiegenden Teil seines Lebens in Somalia verbracht und sei mit den gesellschaftlichen Gepflogenheiten vertraut.
Beweiswürdigend führte das Bundesamt hinsichtlich der Gründe für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass der BF den subsidiären Schutz lediglich erhalten habe, weil zum Entscheidungszeitpunkt die Versorgungslage sehr schlecht gewesen sei und Dürre geherrscht habe. Der Sachverhalt für die Zuerkennung liege nicht mehr vor. Bei dem BF handle es sich um einen ledigen, leistungsfähigen Mann im berufsfähigen Alter, der in der Vergangenheit bereits nachdrücklich unter Beweis gestellt habe, dass er imstande sei, für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Selbst im Falle eines fehlenden familiären Rückhalts und allfälliger anfänglicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten könne dem BF eine Niederlassung zumindest in Mogadischu, wo er vor seiner Ausreise bei einer befreundeten Familie aufhältig gewesen und versorgt worden sei, aber auch in Somaliland, wo sein Clan ebenfalls vertreten sei, im Sinne einer innerstaatlichen Fluchtalternative zweifelsfrei zugemutet werden. Der BF sei mit den kulturellen Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut und stamme aus einem Kulturkreis, in dem das familiäre Netzwerk und das sich daraus ableitende Solidarsystem besonders stark ausgeprägt sei. Aus diesem Grund sei auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende Lage bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könne. Aufgrund der dargelegten Umstände sei es dem BF möglich auch ohne unmittelbar in Somalia bestehende familiäre Anknüpfungspunkte, sich dort eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern sowie eine einfache Unterkunft zu finden. Hierfür könne er zumindest wieder mit der befreundeten Familie in Kontakt treten, welche in Mogadischu lebe. Es gebe keine hinreichenden Gründe, dass er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse einer lebensbedrohlichen Situation ausgesetzt wäre. Er habe auch nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos dargelegt, dass gerade ihm im Falle einer Rückführungsmaßnahme eine Art 3 EMRK widersprechende Behandlung drohe. In einer Gesamtschau der Angaben im Bescheid sowie seinen Angaben und unter Berücksichtigung der aktuellen Lage in Somalia herangezogenen Erkenntnisquellen hätten sich keine Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den BF mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Somalia entgegenstehen würden. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen allgemeinen Gefahrenlage in Somalia reiche nicht aus, sondern es müssten vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde.
In der rechtlichen Beurteilung stützte sich das Bundesamt darauf, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen würden (§ 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005). Das Bundesamt führte weiter aus, dass die Gründe für den subsidiären Schutz nicht mehr gegeben seien, der BF selbsterhaltungsfähig sei und über arbeitstechnische Qualifikationen verfüge. Für den BF wäre es ein leichtes, in seinem Herkunftsland Fuß zu fassen.
7. Mit Schriftsatz vom 11.09.2018 erhob der BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde zur Gänze - außer in Bezug auf Spruchunkt III. (Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005; gemeint ist daher wohl Spruchpunkt IV.) und brachte darin im Wesentlichen vor, dass hinsichtlich der Lage in Somalia keine grundlegenden Veränderungen bzw. wesentlichen Verbesserungen seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen seien. Im Falle einer Rückkehr wäre der BF bedroht in eine ausweglose Situation zu geraten und sei ihm eine Rückkehr nach Mogadischu unzumutbar.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 11.02.2020 eine Strafregisterabfrage durch.
9. Mit Schreiben vom 23.04.2020 wurde den Parteien das Länderinformationsblatt Somalia vom 17.09.2019 zur Stellungnahme übermittelt. Mit Schreiben vom 29.04.2020 wurde durch die Rechtsberatung des BF eine Stellungnahme zu den Länderinformationen abgegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Dem BF wurde mit Bescheid vom 06.07.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und hat der BF gegen Spruchpunkt I. Beschwerde erhoben. Begründend wurde festgestellt, dass der BF aufgrund der herrschenden und festgestellten Dürre in eine lebensbedrohende Situation gelangen könne. Eine Gefährdung im Sinne des § 8 AsylG 2005 sei daher nicht auszuschließen. Die Länderfeststellungen liegen dem Bescheid zugrunde.
1.2. Die allgemeine Lage in Somalia hat sich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert.
1.3. Die persönliche Situation des BF hat sich nicht wesentlich geändert. Es wird festgestellt, dass der BF über kein unterstützendes familiäres Netzwerk oder einen Bekanntenkreis in Somalia, insbesondere in Mogadischu, verfügt. Deshalb kann nicht festgestellt werden, dass er von der allgemein schlechten Lage im Falle einer Rückkehr weniger intensiv betroffen wäre.
Er ist Angehöriger des Clans der Sheikhal. Er kann im Falle einer Rückkehr nach Somalia, konkret nach Mogadischu, aber auch in Somaliland keine ausreichende Hilfe durch seinen Clan erwarten.
1.4. Die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia hat sich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert.
1.5. Die Lage in Somalia hat sich auch aus anderen Gründen nicht dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert, sodass der BF im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen.
1.6. Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts zur Frage der Gewährung subsidiären Schutzes ist somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den vom Bundesamt vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie dem Bescheid vom 06.07.2017. Die Feststellungen hinsichtlich der Lage in Somalia und möglichen Änderungen ergeben sich insbesondere aus einem Vergleich der dem Bescheid vom 06.07.2017 und dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 05.09.2018 zugrundeliegenden Länderberichte, nämlich der Länderinformationsblätter (in der Folge: LIB) der Staatendokumentation zu Somalia vom 25.04.2016, aktualisiert am 27.06.2017 (in der Folge LIB 2017) bzw. vom 12.01.2018 (samt Kurzinformation vom 03.05.2018, in der Folge LIB 2018) und dem LIB vom 17.09.2019 (LIB 2019).
2.1. zu 1.1. Dass bzw. aus welchen Gründen dem BF mit dem Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, ergibt sich aus dem Bescheid vom 06.07.2017. Der BF hat gegen den Bescheid Beschwerde gegen Spruchpunkt I. erhoben.
2.2. zu 1.2. Die Feststellung, dass sich die schwierige Versorgungssituation in Somalia, insbesondere in Mogadischu im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich der dem Bescheid vom 06.07.2017 und dem angefochtenen Bescheid vom 05.09.2018 zugrundeliegenden Länderberichte wie oben angeführt, sowie den Parteien zugesandten aktualisierten Länderinformationsbericht vom 17.09.2019.
Was die Sicherheitslage in Süd- und Zentralsomalia wie auch in Mogadischu anbelangt, kann nicht von einer wesentlichen Verbesserung ausgegangen werden, weil auch die aktuellen Länderberichte zeigen, dass es kaum Schutz gegen Übergriffe gibt, der Einfluss von AMISOM häufig nur auf die Stadtzentren beschränkt ist und Gebiete auch unter der Kontrolle der Al Shabaab stehen. Gerade was die Situation der Zivilisten anbelangt zeichnen die Länderberichte ein schlechtes Bild. Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur durch Al Shabaab führten 2018 zu hunderten zivilen Todesopfern und Verletzten, wobei diese als Kollateralschaden in Kauf genommen wurden. Im Zeitraum Jänner-September 2018 sind in Somalia bei Sprengstoffanschlägen mindestens 280 Menschen ums Leben gekommen, 220 wurden verletzt. 43% der Opfer waren Zivilisten. Auch kommt es vermehrt zu Luftangriffen. Eine wesentliche und nachhaltige Verbesserung der Sicherheitslage kann somit nicht festgestellt werden.
Hinzu kommt, dass Somalia von einer großen, notorisch bekannten Dürreperiode betroffen war und es zwar zwischenzeitig zu Regenfällen kam, die allgemeine Versorgungslage aber - wie sich aus den im Rahmen der Verhandlung eingeführten Länderberichten ergibt - noch nicht nachhaltig gebessert hat. Dazu wird näher ausgeführt wie folgt:
Im Kapitel "Grundversorgung/Wirtschaft" wird im LIB 2019 neu angeführt: " Generell erholt sich die somalische Wirtschaft weiterhin von der Dürre der Jahre 2016 und 2017... (S. 115). In der Folge wird aber festgehalten, dass dieses Potential die aktuelle Lage nicht reflektiert: "Das Wirtschaftswachstum ist für die meisten Somalis zu gering, als dass sich ihr Leben dadurch verbessern würde...". Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, 01.01.2017; vgl. Auswärtiges Amt, Somalia - Wirtschaft, April 2017). Das Land ist also in hohem Grade von Hilfe abhängig (United Nations Assistance Mission in Somalia, SRSG Keating Briefing to the Security Council, 13.09.2017)."
Hinsichtlich der Dürresituation wird im LIB 2019 zusätzlich Folgendes ausgeführt:
"Die ländliche Bevölkerung und IDPs befinden sich in der am meisten vulnerablen Position. Erstere verfügen kaum über Mittel, um die durch die Dürre entstandenen Verluste wieder wettzumachen. Dadurch sind sie hinsichtlich neuerlicher Katastrophen wehrlos. Hintergrund ist, dass 60% der Somali zum größten Teil von der Viehzucht abhängig sind, 23% sind Subsistenz-Landwirte. Zwei Drittel der Bevölkerung leben im ländlichen Raum. Sie sind absolut vom Regen abhängig. In den vergangenen Jahren haben Frequenz und Dauer von Dürren zugenommen. Deswegen wurde auch die Kapazität der Menschen, derartigen Katastrophen zu begegnen, reduziert. Mit jeder Dürre wurden ihre Vermögenswerte reduziert: Tiere starben oder wurden zu niedrigen Preisen verkauft, Ernten blieben aus; es fehlt das Geld, um neues Saatgut anzuschaffen. Zusätzlich verstärken Mangel an Bildung, übermäßige Abhängigkeit von einem Einkommen aus der Landwirtschaft, Arbeitslosigkeit, geringes Vermögen und eine große Personenzahl im Haushalt die Vulnerabilität im Fall eines Katastrophen (z.B. Naturkatastrophe). Bereits 2016/17 wurden im Zuge der Dürre fast eine Millionen Somali vertrieben. Nur aufgrund großangelegter und erfolgreicher humanitärer Hilfe wurde eine Hungersnot verhindert.
Zwischenzeitlich hatte sich die humanitäre Situation aufgrund guter Regenfälle im Jahr 2018 etwas entspannt. Die Sicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung hatte sich verbessert- nicht zuletzt aufgrund fortgesetzter humanitärer Hilfe und aufgrund überdurchschnittlicher Regenfälle. Trotzdem blieb auch dann die Zahl der auf Hilfe angewiesenen Menschen bei 4,2 Millionen (LIB 2019, S. 122-123)."
Die aktuelle Lage in Somalia stellt sich wie folgt dar: "Somalia steht wieder vor einem großen humanitären Notfall. Am meisten betroffen sind IDPs und marginalisierte Gruppen. Das Land leidet unter den negativen Folgen unterdurchschnittlicher Regenfälle in der Gu-Regenzeit (April-Juni) 2019. Letztere hat sehr spät eingesetzt. Der gefallene Regen hat die Dürre-Bedingungen zwar etwas entspannt und den Zustand des Viehs etwas verbessert; trotzdem reichte er nicht aus, um die Landwirtschaft nachhaltig zu stärken. Am Ende ist die Gu zwar normal oder fast normal ausgefallen; doch war der Niederschlag erratisch und schlecht verteilt. Außerdem kam er um einen Monat später als normal. Bereits zuvor war die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) 2018 schlecht ausgefallen und Anfang 2019 war ungewöhnlich trocken. Mit Ausnahme der Gu im Jahr 2018 ist seit Ende 2015 jede Regenzeit unterdurchschnittlich ausgefallen. Der humanitäre Bedarf ist nach wie vor hoch, Millionen von Menschen befinden sich in einer Situation akuter Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung. In Nord- und Zentralsomalia herrschen durchgehend moderate bis große Lücken in der Versorgung. Dort wird für August/September 2019 in einigen Teilen mit IPC 3 und IPC 4 gerechnet. Das gleiche gilt für den Süden, wo aufgrund einer unterdurchschnittlichen Ernte die Lebensmittelpreise steigen werden. Der Preis für Sorghum befindet sich bereits auf einer außergewöhnlichen Höhe. Viele Menschen aus ländlichen Gebieten sind in Städte gezogen, um Zugang zu Hilfsgütern zu erhalten. Schätzungen zufolge werden bis September 2019 5,4 Millionen Menschen von Unsicherheit bei der Nahrungsmittelversorgung betroffen sein. Mit Stand September 2019 verhindert eine großangelegte humanitäre Hilfe schlimmere Zahlen. Geht die Hilfeleistung zurück, ist von einer Verschlechterung auszugehen. Und auch für den Fall, dass die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) besser ausfallen sollte, wird sich dies frühestens Ende Dezember auf die Versorgungslage auswirken." (LIB 2019, S. 123)
Aus dem Vergleich der Länderberichte kann keine Verbesserung abgeleitet werden, es ist vielmehr ersichtlich, dass die Lage nach wie vor volatil ist. Einerseits erreicht die Prognose einer Verbesserung der Versorgungslage noch nicht das notwendige Ausmaß an Nachhaltigkeit, die für eine tatsächliche Verbesserung der Lage gegeben sein muss. Einerseits mögen die einsetzenden Regenfälle zwar dazu führen, dass die Dürre zurückgeht, andererseits führen sie auch vermehrt zu Überschwemmungen, was wiederum die Versorgungslage beeinträchtigt. Jedenfalls kann aufgrund dieser Berichte nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich die Versorgungslage wesentlich und nachhaltig geändert hat, und hat das Bundesamt eine wesentliche Verbesserung auch sonst nicht näher begründet oder nachgewiesen.
Der BF ist in der Nähe der Stadt Kismayo, in der ländlichen Region XXXX geboren und aufgewachsen. Dem Länderbericht von 2019 zufolge wird die Stadt zwar von der Regierung kontrolliert, doch sind rund um die Stadt, das heißt vor allem in ländlicheren Bereich, die Al Shabaab vertreten. Die Herkunftsregion ist daher als volatil einzustufen (LIB 17.09.2019, S. 22).
2.3. zu 1.3. Die Feststellung, dass der BF über kein unterstützendes familiäres Netzwerk in Somalia verfügt, ergibt sich aus den Aussagen des BF in der Einvernahme sowie aus seiner Beschwerde vom 11.09.2018. Der BF gibt dabei gleichbleibend und stringent an, dass sich seine Familie, insbesondere seine Mutter nicht mehr in Somalia befinde. Diesbezüglich war daher an der Glaubhaftigkeit nicht zu zweifeln.
Wenn das Bundesamt im angefochtenen Bescheid ausführt, es sei davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr nach Mogadischu mit der Unterstützung durch die in Kenia befindliche Mutter rechnen könne, so ist ihr hierbei zu widersprechen. Seine Mutter ist selbst nach ihrer Flucht in einem Flüchtlingslager untergekommen, weshalb davon auszugehen ist, dass sie selbst kaum über finanzielle Mittel verfügt und sie, abgesehen von der örtlichen Distanz, keinesfalls den BF noch zusätzlich wirtschaftlich unterstützen könnte. Dies vor allem im Hinblick darauf, dass seine Mutter völlig alleine nach Kenia gegangen ist. Zu seiner befreundeten Familie in Mogadischu hat der BF keinen Kontakt mehr. Daher kann über deren Verbleiben nur spekuliert werden und lassen sich daraus keine fundierten Feststellungen treffen.
Aus der Einvernahme vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht oder der Beschwerde ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, dass andere Verwandte zum Unterhalt des BF beitragen könnten.
Das LIB 2019 weist für Mogadischu für zuziehende, vermögenslose und alleinstehende Personen ohne soziale Anbindung vor Ort eine nach wie vor akute Unterversorgung mit Nahrungsmitteln als Folge der vorangegangenen Dürreperiode aus. Dezidiert wird ausgeführt, dass zuziehende Personen sich keinen Lebensunterhalt werden sichern können, die in der Stadt weder über eine Kern- noch über eine erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügen; solche Personen würden gezwungen sein, sich in Lagern für Binnenvertriebene niederzulassen. Gerade die Nahrungsmittelversorgung solcher Personen in Mogadischu beschreiben die Länderberichte als nach wie vor kritisch.
Wenn das Bundesamt in seinem Bescheid auf die Vertrautheit des BF hinsichtlich der kulturellen Gepflogenheiten Bezug nimmt, so ist darauf zu verweisen, dass das Bundesamt auch damit keine Änderung der Voraussetzungen, unter denen dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, darstellt. Indem das Bundesamt eine abweichende Beweiswürdigung dieses Umstandes vornimmt, versucht sie vielmehr die Rechtskraft des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides zu durchbrechen, um eine abweichende Rechtsauffassung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes durchzusetzen.
Der BF ist kein Angehöriger des in Mogadischu angesiedelten Mehrheitsclans der Hawiye. Das Bundesamt geht im angefochtenen Bescheid jedoch davon aus, dass dem BF nunmehr eine Rückkehr nach Mogadischu bzw. Somaliland offenstehe und begründet dies auch damit, dass der BF aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Clan der Sheikhal auf Unterstützung seines Clans zurückgreifen könne. Der BF war bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung des subsidiären Schutzes zu jenem Clan zugehörig. Prinzipiell gilt als allgemeine Regel, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Allerdings wurde das Konzept der Clan-Solidarität in Süd-/Zentralsomalia überdehnt. Viele Familien und Clan-Netzwerke sehen sich nicht mehr in der Lage, die Bedürfnisse vertriebener Verwandter zu erfüllen. Wenn das Bundesamt davon ausgeht, dass aufgrund der Clanzugehörigkeit des BF ein ausreichendes Netzwerk vorhanden sei, ist festzuhalten, dass sich die Clanzugehörigkeit des BF seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht verändert hat und bereits bei der Zuerkennung ein unterstützendes Netz aufgrund seiner Clanzugehörigkeit nicht angenommen worden ist. Auch die selbst vom Bundesamt durchgeführte Anfrage an die Staatendokumentation betreffend Sheikhal hat ergeben, dass die Sheikhal XXXX sich keinesfalls zu den Hawiye zählen würden und eher in Nordsomalia lokalisiert seien. Es sind allgemein jene Personen, welche nicht einem dominanten Clan der Stadt angehören, potentiell gegenüber Kriminalität vulnerabler. So führt das LIB hierzu an:
"Generell gilt, dass eine Einzelperson immer dann in der "Minderheiten"-Rolle ist, wenn sie sich auf dem Gebiet eines anderen Clans aufhält. Sie verliert so die mit ihrer Clanzugehörigkeit verbundenen Privilegien. Sie gilt als "Gast" in dem Territorium, was sie in eine schwächere Position bringt als die "Gastgeber". In diesem System von "hosts and guests" sind also Personen, die sich außerhalb des eigenen Clanterritoriums niederlassen, gegenüber Angehörigen des dort ansässigen Clans schlechter gestellt.
Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass dem BF bei einer Rückkehr eine derartige Unterstützung durch einen fremden Clan (Hawiye) zu Teil wird, die mit der Unterstützung durch den Jilib innerhalb der eigenen Clanfamilie vergleichbar wäre.
Eine Änderung der persönlichen Situation des BF ist insofern nicht eingetreten, als der BF weiterhin keine familiären Angehörigen in Somalia hat und ihm auch aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Clan der Sheikhal keine innerstaatliche Fluchtalternative nach Mogadischu bzw. Somaliland zumutbar ist. Auch sind sonst keine Umstände hervorgekommen, welche zu einer maßgeblich verbesserten Situation des BF im Fall einer Rückkehr führen würden.
2.4. zu 1.4. Die Feststellung, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia im Vergleich nicht wesentlich und nachhaltig gebessert hat, ergibt sich aus einem Vergleich des Kapitels "Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge" des LIB 2018 und des LIB 2019, das in dieser Hinsicht nicht wesentlich geändert wurde und jedenfalls nicht darauf schließen lässt, dass sich die Versorgungslage von Binnenflüchtlingen in Somalia wesentlich und nachhaltig gebessert hätte. Vielmehr wurde es um die Informationen ergänzt, dass Al Shabaab mitverantwortlich dafür ist, dass von der Dürre betroffene Personen aus ihrer Heimat fliehen mussten, da die Gruppe humanitäre Hilfe behindert und Blockaden betreibt (Somalia and Eritrea Monitoring Group, Report of the SEMG on Somalia, 08.11.2017), es vor allem in Mogadischu weiterhin zur Vertreibung bzw. Zwangsräumung von IDPs kommt (Amnesty International, Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Somalia 22.02.2017) und IDPs in Somalia zu den am meisten gefährdeten Personengruppen gehören (Ministerie von Buitenlandse Zaken, Algemeen Ambtsbericht Zuid- en Centraal- Somalië November 2017), sowie dass IDPs über die Maßen von der Dürre betroffen sind (International Crisis Group, Instruments of Pain (III) - Conflict and Famine in Somalia, 09.05.2017). Die aktuellen Länderberichte lassen einen solchen Schluss also nicht zu und wurde eine solche Änderung vom Bundesamt auch nicht vorgebracht.
2.5. zu 1.5. Die Feststellung, dass sich auch aus sonstigen Gründen die Lage in Somalia im Vergleich nicht dahingehend wesentlich und nachhaltig gebessert hat, sodass der BF im Falle seiner Rückkehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in der Lage sein würde, sich einen notdürftigsten Lebensunterhalt zu verschaffen, ergibt sich daraus, dass sich solche Gründe aus den aktuellen Länderberichten (LIB der Staatendokumentation zu Somalia, 17.09.2019) nicht ergeben und auch sonst nicht hervorgekommen sind. Schließlich weist auch die Staatendokumentation selbst in ihrer dem inhaltlichen Teil des Länderinformationsblatts zu Somalia vorangehenden "vergleichenden länderkundlichen Analyse i.S. § 3 Abs. 4a AsylG" darauf hin, dass es zu keinen wie im § 3 Abs. 4a AsylG beschriebenen Verbesserungen in Somalia gekommen ist.
2.6. zu 1.6. Die Feststellung, dass eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage in Somalia eingetreten ist, ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben angeführten Beweiswürdigung. Weder ein Vergleich der herangezogenen Länderberichte, noch das Vorbringen des BF in den Einvernahmen, in seinen Beschwerden und in der Stellungnahme, welche für die Entscheidung herangezogen wurden, lassen einen solchen Schluss zu. Auch das Bundesamt hat eine Änderung von diesem Ausmaß in ihrem Bescheid in keinster Weise nachgewiesen, sondern lediglich unsubstantiiert behauptet, die Lage habe sich verbessert, oder sich auf Prognosen und Stehsätze beschränkt. Der Umstand, dass heftige Regenfälle zu den schlimmsten Überflutungen seit 60 Jahren führen (was zwar im Vergleich zur langjährigen Dürre als Veränderung, jedoch keinesfalls als Verbesserung der Lage gesehen werden kann) lässt nicht darauf schließen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF nicht mehr vorliegen; andere Gründe sind weder hervorgekommen, noch wurden solche (substantiiert) vorgebracht.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Spruchpunkt I. Stattgabe und ersatzlose Behebung
3.1.1. Einleitend wird festgehalten, dass sich das Bundesamt in ihrem Bescheid vom 05.09.2018 bezüglich des Aberkennungstatbestandes explizit auf § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG gestützt hat und begründend ausführt, dass die Gründe für die Erteilung des subsidiären Schutzes nicht mehr vorliegen. Auch der Spruch des angefochtenen Bescheides bezieht sich ausschließlich auf den Aberkennungstatbestand nach § 9 Abs. 1 AsylG. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass es sich um die Anwendung des zweiten Falles des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG handelt (vgl. Bescheid S. 76 f.: "Nachdem die Gründe für den vom Bundesamt zugesprochenen subsidiären Schutzes nicht mehr vorliegen, Sie selbsterhaltungsfähig sind und über arbeitstechnische Qualifikationen verfügen, wäre es für Sie ein leichtes, im Herkunftsland Fuß zu fassen").
3.1.2. Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen.
3.1.3. Zur richtlinienkonformen Interpretation:
Artikel 16 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 304 (in der Folge: Status-RL), über das Erlöschen des subsidiären Schutzes lauten:
"(1) Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist.
(2) Bei Anwendung des Absatzes 1 berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden."
Art. 19 Abs. 1 und 4 lauten:
"(1) Bei Anträgen auf internationalen Schutz, die nach Inkrafttreten der Richtlinie 2004/83/EG gestellt wurden, erkennen die Mitgliedstaaten einem Drittstaatsangehörigen oder einem Staatenlosen den von einer Regierungs- oder Verwaltungsbehörde, einem Gericht oder einer gerichtsähnlichen Behörde zuerkannten subsidiären Schutzstatus ab, beenden diesen oder lehnen seine Verlängerung ab, wenn die betreffende Person gemäß Artikel 16 nicht länger Anspruch auf subsidiären Schutz erheben kann.
(4) Unbeschadet der Pflicht des Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, gemäß Artikel 4 Absatz 1 alle maßgeblichen Tatsachen offen zu legen und alle maßgeblichen, ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen vorzulegen, weist der Mitgliedstaat, der ihm den subsidiären Schutzstatus zuerkannt hat, in jedem Einzelfall nach, dass die betreffende Person gemäß den Absätzen 1 bis 3 dieses Artikels keinen oder nicht mehr Anspruch auf subsidiären Schutz hat."
In Anlehnung an Art. 16 der Status-RL bedarf es hier (§ 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005) einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der Verhältnisse im Herkunftsland des Fremden. So ist es keineswegs ausreichend, lediglich festzustellen, dass sich seit der ursprünglichen Antragstellung in Österreich die Gegebenheiten im Herkunftsstaat wesentlich gebessert haben und darauf basierend gegenwärtig keine reale Gefahr für den bislang subsidiär Schutzberechtigten besteht, im Falle seiner Abschiebung in dieses Land, Opfer einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder des 6. bzw. 13. ZPEMRK zu werden, respektive als Zivilperson ernsthaft am Leben oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bedroht zu sein. Um die Voraussetzungen der Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 objektiv zu erfüllen, muss eine entsprechende Nachhaltigkeit der positiven Veränderungen im Herkunftsland des Fremden gewährleistet sein. Dies erfordert im Regelfall eine längere Beobachtungsphase, anhand deren Verlaufs und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen sich das nachhaltige Ende der bisherigen Bedrohungssituation entsprechend verifizieren lässt (Schrefler-König/Gruber, Asylrecht, § 9 AsylG 2005, Anm. 11).
3.1.4. Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid entgegen richtlinienkonformer Interpretation der Bestimmung des § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 (vgl. Art. 16 Abs. 2 Status-RL) eine grundlegende und dauerhafte Änderung jener Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht dargetan:
Mit Bescheid vom 06.07.2017 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zuerkannt. Die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde dabei im Wesentlichen damit begründet, dass in Süd- und Zentralsomalia eine sehr prekäre Versorgungslage herrsche und daher im Falle einer Rückkehr nicht davon ausgegangen werden könne, dass sich der BF mit der nötigen Wahrscheinlichkeit einen notdürftigsten Lebensunterhalt erwirtschaften könne.
Soweit das Bundesamt im nunmehr angefochtenen Bescheid die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 damit begründet, es könne nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr nach Somalia in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde, ist festzuhalten, dass den vom Bundesamt getroffenen Feststellungen zur Lage in Somalia keine grundlegenden Veränderungen im Herkunftsstaat seit Gewährung des subsidiären Schutzes zu entnehmen sind. Vielmehr hat sich neben der Sicherheitslage auch die Versorgungslage durch die unmittelbar auslaufende Dürreperiode verschlechtert. Auch eine wesentliche Änderung im Hinblick auf die individuelle Situation des BF wurde vom Bundesamt nicht schlüssig dargetan. Die Sicherheitslage in der Herkunftsprovinz des BF ist weiterhin als volatil anzusehen, und kommt entgegen der Annahme im angefochtenen Bescheid auch weiterhin eine innerstaatliche Fluchtalternative des BF nach Mogadischu bzw. Somaliland mangels Vorliegen eines familiären Unterstützungsnetzwerkes respektive einer Unterstützung durch das Clansystem nicht in Betracht. Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt ist nicht davon auszugehen, dass der BF als Angehöriger des Clans der Sheikhal weder auf eine Unterstützung seines Clans, noch der in Mogadischu vorherrschenden Hawiye Clans zurückgreifen kann.
Das Bundesamt hat somit auf Grundlage eines im Wesentlichen unveränderten Sachverhalts eine andere Beweiswürdigung vorgenommen bzw. andere (rechtliche) Schlüsse gezogen als in seinem Bescheid vom 06.07.2017.
Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 lagen sohin mangels wesentlicher und nachhaltiger Änderung der maßgeblichen Umstände gegenständlich nicht vor.
3.1.5. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt somit abschließend zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 9 Abs. 1 Z 1 2. Fall AsylG 2005 stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben war.
3.2. Zu A) Spruchpunkt II. Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung
Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt für ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Wie oben bereits ausführlich dargelegt, liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an den BF weiterhin vor, da insbesondere nicht festgestellt werden konnte, dass sich die Gründe, aus denen dem BF der Status zuerkannt wurde, nachhaltig und wesentlich geändert hätten. Aberkennungsgründe nach § 9 Abs. 1 AsylG 2005 liegen nicht vor.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt somit zu dem Ergebnis, dass der Beschwerde auch gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids stattzugeben und die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF für die Dauer von zwei weiteren Jahren zu verlängern war.
3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor, und lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten.
3.4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
In der Beschwerde findet sich kein Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung Rückkehrsituation subsidiärer Schutz Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W252.2166680.2.00Im RIS seit
28.07.2020Zuletzt aktualisiert am
28.07.2020