TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/14 I412 2205171-1

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Veröffentlicht am 14.05.2020
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Entscheidungsdatum

14.05.2020

Norm

ASVG §410
ASVG §42
ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art133 Abs4

Spruch

I412 2205171-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gabriele ACHLEITNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX GmbH, vertreten durch Mag. Rainer Rangger Steuerberatungs-GmbH, gegen den Bescheid der Österreichische Gesundheitskasse Landesstelle XXXX vom 25.07.2018, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die XXXX Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, Landesstelle XXXX (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) verpflichte mit dem bekämpften Bescheid vom 25.07.2018, die XXXX GmbH (in der Folge als Beschwerdeführerin bezeichnet), als Dienstgeberin für allgemeine Beiträge, sonstige Beiträge und Umlagen für die in den Beilagen des Bescheides angeführten Dienstnehmer für die dort angeführten Zeiträume den Betrag von ? 97.584,26 sowie daraus resultierende Verzugszinsen zu bezahlen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass bei der Beschwerdeführerin eine Sozialversicherungsprüfung gemäß § 42 ASVG für den Zeitraum 2011 bis 2015 durchgeführt worden sei. Dabei sei festgestellt worden, dass die Beschwerdeführerin ihre Mitarbeiter zwar zur Sozialversicherung angemeldet habe, jedoch 1. nicht während des gesamten Zeitraums ihrer Beschäftigung und 2. mit einem zu geringen Entgelt. Dies habe die Auswertung der Tagesberichte der Jahre 2011 bis 2015 ergeben. Da in den Tagesberichten nicht nur Arbeitsstunden verzeichnet gewesen seien, die namentlich eindeutig den Mitarbeitern der Dienstgeberin zuordenbar gewesen seien, seien diese Fehlstunden im Wege einer Schätzung zugordnet worden.

Gegen diesen Bescheid wurde von der rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführerin rechtzeitig und zulässig mit Schreiben vom 22.08.2018 Beschwerde erhoben und in der Begründung ausgeführt, im Zuge der stattgefundenen Beitragsprüfung seien der Beschwerdeführerin Dienstnehmer zugeordnet worden, welche dieser nicht zuzurechnen seien. Detaillierte Ausführungen dazu würden nach erfolgreicher Abstimmung mit dem Kunden nachgereicht, dies habe noch nicht erfolgen können, da sich diese bis Ende August auf Urlaub befinde. Die Nachreichung der Begründung erfolge spätestens bis Ende September. Es werde beantragt, die der Dienstgeberin falsch zugeordneten Dienstnehmer bei der Berechnung der Nachforderung zu stornieren, wodurch sich der Nachzahlungsbetrag um ? 30.097,92 verringere. Eine detaillierte Aufstellung dazu werde mit der Nachreichung der Begründung vorgelegt.

Mit Schreiben vom 17.04.2020 wurde die Beschwerdeführerin durch das Bundesverwaltungsgericht aufgefordert, binnen einer Frist von drei Wochen die in der Beschwerde angekündigte Aufstellung vorzulegen bzw. ein weiteres Vorbringen zu erstatten.

Mit Schreiben vom 08.05.2020 wurde mitgeteilt, dass es trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen sei, weitere Unterlagen zum angefochtenen Sachverhalt aufzutreiben, somit erübrige sich eine weitere Stellungnahme.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Bei der Beschwerdeführerin wurde eine Sozialversicherungsprüfung für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2015 durchgeführt. Dabei wurde anhand der Auswertung der vorgelegten Tagesberichte der Jahre 2011 bis 2015 festgestellt, dass von der Dienstgeberin die Mitarbeiter nicht während des gesamten Zeitraums ihrer Beschäftigung bzw. mit einem zu geringen Entgelt zur Sozialversicherung gemeldet worden sind und ein Teil der Arbeitsstunden "schwarz" ausbezahlt wurde.

Sämtliche in den Tagesberichten 2011 bis 2015 festgehaltenen Arbeitsstunden wurden von den gemeldeten Mitarbeitern der Beschwerdeführerin erbracht, die Fehlstunden (7.077) wurden daher im Wege der Schätzung auf die gemeldeten Dienstnehmer umgelegt. Dafür wurden zunächst die nicht einzelnen Mitarbeitern konkret zuordenbaren Fehlstunden mit dem Mindeststundenlohn nach dem Kollektivvertrag Bauhilfsgewerbe (XXXX), Einstufung als Hilfsarbeiter, multipliziert. Die Summe, ? 77.707,90, bildete die Grundlage für die Vorschreibung der Sozialversicherungsbeiträge der nicht zuordenbaren Fehlstunden insgesamt. Diese Beitragsgrundlagen wurden im nächsten Schritt anteilig auf sämtliche gemeldeten Dienstnehmer wie im Bescheid der belangten Behörde angeführt umgelegt. Die Höhe der zugeordneten Beitragsgrundlage variiert dabei je nach Anzahl der Versicherungstage des jeweiligen Dienstnehmers.

Die Schätzungsmethode wurde der Dienstgeberin von der belangten Behörde mehrfach mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht und blieb unbeanstandet.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde. Bestritten wurde im bekämpften Bescheid lediglich, dass sämtliche nicht namentlich zuordenbaren Fehlstunden von den gemeldeten Dienstnehmern der Beschwerdeführerin erbracht worden sind. Von der Beschwerdeführerin wurden jedoch hiezu weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Beweismittel angeboten und ist daher die von der belangten Behörde diesbezüglich vorgenommen Beweiswürdigung nicht zu beanstanden. Die belangte Behörde hat schlüssig dargelegt, dass von der Beschwerdeführerin keine Rechnungen über die Personalgestaltung vorgelegt werden konnten. Im übrigen ist aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich, dass von der belangten Behörde hiezu ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde und es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, Beweise vorzulegen, die ihre Angaben untermauern würden.

Auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde kein weiteres taugliches Vorbringen erstattet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetztes (ASVG) lauten wie folgt:

Auskünfte zwischen Versicherungsträgern und Dienstgebern

§ 42. (1) Auf Anfrage des Versicherungsträgers haben

1. die Dienstgeber,

2. Personen, die Geld- bzw. Sachbezüge gemäß § 49 Abs. 1 und 2 leisten oder geleistet haben, unabhängig davon, ob der Empfänger als Dienstnehmer tätig war oder nicht,

3. sonstige meldepflichtige Personen und Stellen (§ 36),

4. im Fall einer Bevollmächtigung nach § 35 Abs. 3 oder § 36 Abs. 2 auch die Bevollmächtigten,

längstens binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß Auskunft über alle für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände zu erteilen. Weiters haben sie den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen zu gewähren, die für das Versicherungsverhältnis von Bedeutung sind. Die Versicherungsträger sind überdies ermächtigt, den Dienstgebern alle Informationen über die bei ihnen beschäftigten oder beschäftigt gewesenen Dienstnehmer zu erteilen, soweit die Dienstgeber diese Informationen für die Erfüllung der Verpflichtungen benötigen, die ihnen in sozialversicherungs- und arbeitsrechtlicher Hinsicht aus dem Beschäftigungsverhältnis der bei ihnen beschäftigten oder beschäftigt gewesenen Dienstnehmer erwachsen.

(2)...

(3) Reichen die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht aus, so ist der Versicherungsträger berechtigt, diese Umstände aufgrund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe festzustellen. Der Versicherungsträger kann insbesondere die Höhe von Trinkgeldern, wenn solche in gleichartigen oder ähnlichen Betrieben üblich sind, anhand von Schätzwerten ermitteln.

Beiträge zur Pflichtversicherung auf Grund des Arbeitsverdienstes (Erwerbseinkommens)

Allgemeine Beitragsgrundlage, Entgelt

§ 44. (1) Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) ist für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt:

1. bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6;

...

§ 49. (1) Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

...

Wie im Sachverhalt festgestellt, ergaben sich anlässlich einer Sozialversicherungsprüfung Unstimmigkeiten und ist die belangte Behörde daher zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht ausreichen und hat die Beitragsgrundlagen im Schätzungswege ermittelt.

Die Begründung eines Bescheides, mit dem Beiträge nachverrechnet werden, ist einer nachprüfenden Rechtskontrolle nur zugänglich, wenn der Bescheid darlegt, wie sich die Höhe des vorgeschriebenen Beitrages errechnet. Im Fall einer Schätzung hat die Begründung daher unter anderem die Schätzungsmethode, die der Schätzung zu Grunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 27. April 2011, Zl 2007/08/0126).

Diesen Anforderungen kam die belangte Behörde nach: Sie hat ihre Schätzungsmethode offengelegt, die Sachverhaltsannahmen und auch die Ableitung der Schätzungsergebnisse dargelegt, dies wurde im Sachverhalt festgehalten. Wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt, waren die Einwendungen nicht geeignet, die Schätzung in Frage zu stellen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Arbeitszeit Beitragsgrundlagen Beitragsnachverrechnung Schätzverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I412.2205171.1.00

Im RIS seit

28.07.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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