TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/15 W169 2220868-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.05.2020
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Entscheidungsdatum

15.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2220868-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX geb XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.05.2019, Zl. 1229291309-190474292, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 15b, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 4 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler, schlepperunterstützter Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 09.05.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme und die Sprachen Punjabi und Hindi, sowie ein wenig Englisch spreche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Hindus und Volksgruppe der Punjabi an. Im Herkunftsstaat habe der Beschwerdeführer acht Jahre die Schule besucht und sei zuletzt als Chauffeur tätig gewesen. In Indien würden die Eltern des Beschwerdeführers leben. Zu seinem Ausreisegrund führte er an, dass seine Familie ein Grundstück gehabt habe, dass sein Onkel wegnehmen habe wollen. Deswegen habe es immer Streit gegeben. Der Cousin des Beschwerdeführers habe ihn mehrmals geschlagen. Da er ein Einzelkind sei, habe seine Mutter ihm gesagt, dass er zum Schutz ins Ausland gehen solle. Danach sei der Beschwerdeführer nach Georgien geflogen. Später habe sein Vater das Grundstück verkauft, weshalb der Onkel und der Cousin des Beschwerdeführers noch wütender auf die Familie des Beschwerdeführers geworden seien. Der Beschwerdeführer habe nach Indien zurückkehren wollen. Er habe mit seinem Cousin telefoniert, aber dieser sei sehr wütend und sehr beleidigt gewesen und habe den Beschwerdeführer beschimpft und ihm gesagt, dass er ihn direkt am Flughafen umbringen würde, falls er zurückkäme. Der Beschwerdeführer habe dies sofort seiner Mutter erzählt, weshalb diese ihm nicht erlaubt habe, zurückzukehren. Im Falle einer Rückkehr nach Indien befürchte der Beschwerdeführer, aufgrund seines Cousins in Lebensgefahr zu sein.

2. Anlässlich zweier Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 14.05.2019 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Punjab stamme. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Hindus und Volksgruppe der Punjabi an. Im Herkunftsstaat habe er acht Jahre die Grundschule besucht. Er sei ledig, kinderlos und habe mit seinen Eltern in einem eigenen Haus im gemeinsamen Haushalt gelebt. Vier bis fünf Monate vor seiner Ausreise habe der Beschwerdeführer bei seinem Onkel mütterlicherseits in Mumbai gelebt. Er habe seinen Unterhalt durch die Arbeit als Chauffeur finanziert. Sein Vater arbeite zudem als Angestellter für Kundenbefragungen. Er habe seit neun Monaten keinen Kontakt zu den Familienangehörigen und Verwandten, da der Schlepper ihm das Handy abgenommen habe.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor (A: nunmehriger Beschwerdeführer; F: Leiter der Amtshandlung):

"(...)

F: Warum haben Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen bzw. warum stellen Sie den gegenständlichen Antrag auf int. Schutz?

A: Meine Cousins mochten mich nicht. Sie sind die Söhne meines Onkels väterlicherseits. Das Grundstück, welches später verkauft worden ist, wurde von ihnen auch benützt. Sie haben nämlich ihre Autos auf unserem Grundstück abgestellt. Mein Vater hat schon vor meiner Ausreise beabsichtigt, dieses Grundstück zu verkaufen. Er hat sie dann aufgefordert, ihre Autos woanders hinzustellen. Daraufhin haben meine Cousins begonnen mit mir zu streiten. Als erstes wurde ich von meinem Cousin am Kinn verletzt. Er hat mich mit einem Hockeyschläger geschlagen. Ich wollte eine Anzeige erstatten. Die Familie meines Onkels ist aber sehr einflussreich und wohlhabend. Es wurde dann eine Einigung außerhalb der Polizei und außerhalb des Gerichts gefunden. Als ich dann zur Arbeit gegangen bin und nachts spät nach Hause gekommen bin, da haben mich fremde Männer umzingelt. Das ging natürlich von ihm aus. Einmal wurde ich sogar geschlagen. Ich bin ein eher friedliebender Mensch und habe mit niemand Streit gehabt. Mein Vater ist deswegen einmal zu ihnen nach Hause gegangen. Sie haben dann bestritten, dass sie etwas gemacht oder veranlasst hätten. Dann bekam ich auch noch telefonische Drohungen. Dass ich rauskommen soll, damit sie mich zusammenschlagen könnten. Es kam dann wieder zu einem Anschlag gegen mich. Bei diesem Vorfall wurde ich an der Stirn und am Hinterkopf verletzt. Dann habe ich meine Arbeit aufgehört und bin nach Mumbai gegangen. Ich habe aber niemanden erzählt, dass ich in Mumbai bin. Ich war dort bei meinem Onkel. Dort hat mich ein fremder Mann angerufen und mich gefragt, wo ich bin. Ich sagte, dass ich irgendwo in Indien sei und dieser Fremde hat mir gesagt, dass er wissen würde, dass ich in Mumbai sei. Die haben dann immer wieder angerufen und mir gedroht, dass sie mich zusammenschlagen oder mich umbringen. Ich habe mit meiner Mutter darüber gesprochen. Meine Mutter ging zu meinem Onkel väterlicherseits und hat sich entschuldigt für mich, falls ich etwas angestellt hätte. Sie haben dort aber dann wieder bestritten, dass sie etwas gemacht hätten. Dann habe ich mit einem Freund besprochen, was ich machen soll. Dieser Freund hieß XXXX. Er hat mir vorgeschlagen, dass ich nach Georgien gehen soll. Dann bin ich wieder zurück nach Ludhiana. Ich war erst zwei Tage wieder in Ludhiana. Ich war mit einem Motorrad unterwegs. Es kamen plötzlich zwei Motorräder. Auf jedem Motorrad waren zwei Personen. Diese vier Personen haben mich dann zusammengeschlagen. Sie hatten auch Säure bei sich. Diese haben sie mir gezeigt. Ich hatte große Angst. Sie haben Benzin aus meinem Motorrad herausgelassen und die Luft aus den Reifen gelassen. Mein Motorrad haben sie vorne beschädigt. Ich habe dann einen anderen Mann gebeten, dass er zu Hause anruft. Dieser hat meinen Vater angerufen und mein Vater hat mich dann abgeholt. Meine Mutter hat sehr viel geweint. Ich sagte, dass ich nicht trinke, nicht rauche und aus sonst nichts angestellt habe. Ich weiß nicht, warum dies alles passiert ist. Ich habe dann meine Mutter erzählt, dass mir jemand vorgeschlagen hat, dass ich nach Georgien gehen soll. Meine Mutter hat dann der Ausreise zugestimmt. Meine Mutter ist dann erneut zur Familie meines Onkels gegangen. Sie haben dort aber wieder bestritten, dass sie irgendetwas damit zu tun hätten. Die Männer, die mich bedängt haben, waren aber Männer von der " XXXX ". Es waren immer andere Personen. Mit diesen Personen hatten meine Angehörigen aber Kontakt.

F: Gibt es noch weitere Gründe für die gegenständliche Antragstellung?

A: Danach bin ich nach Georgien gegangen. Meine Mutter forderte mich auf, dass ich dies niemanden erzählen soll. Dieses Grundstück war noch nicht verkauft und ich war schon ein Jahr lang in Georgien. Ich habe mich in Georgien nicht wohlgefühlt und wollte wieder nach Indien zurückkehren. Ich wollte vorher aber mit meinem Onkel sprechen und meine Mutter hat mir seine Telefonnummer gegeben. Von meinem Onkel habe ich die Nummer meines Cousins erhalten. Dann habe ich mit meinem Cousin telefoniert. Ich sagte, dass ich nicht wissen würde, ob ich einen Fehler gemacht hätte. Ich möchte mich aber jedenfalls entschuldigen. Nach zwei Tagen wurde ich von einer anderen Person angerufen, welche mich dann beschimpft hat. Ich habe daraufhin meinen Onkel und meinen Cousin angerufen und erzählt, dass mich wer angerufen und beschimpft hat. Sie haben aber bestritten, dass sie meine Nummer weitergegeben hätten. Dann wurde ich nochmals angerufen. Sie sagten, dass ich sagen soll, wann ich nach Hause komme, da sie mich dann sofort erschießen würden. Ich habe dies dann meiner Mutter erzählt. Sie war dann wieder sehr fertig und hat mir gesagt, dass ich nicht nach Hause kommen soll, sondern woanders hin reisen soll. Dann hat mein Vater das Grundstück verkauft. Nach dem Verkauf des Grundstücks gab es auch Probleme zwischen meiner Familie und der Familie meines Onkels. Der Onkel ist so weit gegangen, dass er sogar meinen Vater geschlagen hat.

F: Nochmals: Gibt es noch weitere Gründe für diese Antragstellung?

A: Nein, andere Gründe habe ich nicht.

F: Wie heißt Ihr Onkel und wie heißt der Cousin, mit welchen Sie Probleme hatten?

A: Mein Onkel heißt XXXX . Mein Onkel hatte zwei Söhne. Meine Cousins heißen XXXX und der andere heißt XXXX . Überwiegend hatte ich Probleme mit XXXX . Er verkauft auch Drogen.

F: Wann haben diese Streitigkeiten begonnen?

A: Das erste Mal war Ende 2015.

F: Wann wurden Sie mit dem Hockeyschläger geschlagen?

A: Das war beim ersten Streit. Ende 2015.

F: Wie hat dann die Einigung ausgesehen zwischen Ihnen und Ihrem Onkel?

A: Mein Vater ist zur Polizeistation gegangen und die Polizei hat meinen Onkel angerufen. Mein Onkel kam zusammen mit XXXX dorthin. Der Polizist kannte meinen Onkel und auch XXXX . Dann ist mein Vater zusammen mit meinem Onkel zu ihm nach Hause gegangen. Mein Onkel hat sich entschuldigt, dass XXXX unter Alkoholeinfluss gewesen war und dass es ein Fehler war. Nachdem meine Verletzung verheilt war, bin ich wieder in die Arbeit gegangen. Ich wurde von diesen Kerlen aber immer unter Druck gesetzt worden.

F: Was meinen Sie damit, dass Sie von diesen Kerlen unter Druck gesetzt worden seien?

A: Sie wollten immer dieses Grundstück haben. Deswegen haben sie mich unter Druck gesetzt. Sie sagten, dass wir dieses Grundstück nicht verkaufen sollten, sondern es ihnen geben sollten.

F: Wie viele Vorfälle gab es?

A: Insgesamt gab es vier Vorfälle.

F: Wann waren diese Vorfälle?

A: Das erste Mal war Ende 2015. Das letzte Mal war kurz vor meiner Ausreise. Der zweite Vorfall war im März 2016. Der dritte Vorfall war im April. Das erste Mal hat mein Cousin mich selbst geschlagen. Die weiteren drei Mal hat er mich durch Fremde schlagen lassen.

F: Was ist beim zweiten Vorfall passiert?

A: Das erste Mal hatte ich am Kinn eine Verletzung. Das zweite Mal wurde ich an der Stirn verletzt. Beim dritten und vierten Mal bin ich verprügelt worden.

F: Nochmals: Was ist beim zweiten Vorfall passiert?

A: Beim zweiten Mal haben sie mir mit einem Stock auf die Stirn geschlagen. Ich habe sehr viele Schläge mit der flachen Hand ins Gesicht bekommen und meine Kleidung wurde zerrissen. Die Täter waren damals betrunken.

F: Was haben die Täter zu Ihnen gesagt?

A: Sie sagten, dass sie mich umbringen würden.

F: Haben die Täter ansonsten noch etwas gesagt?

A: Sie haben sehr schlimme Schimpfwörter zu mir gesagt. Sie haben mich verprügelt und Sie haben gesagt, dass sie mich umbringen würden. Ich fragte, warum ich überhaupt geschlagen werde. Sie sagten zu mir, dass ich dies ohnehin wissen würde.

F: Wurden Sie von diesen Personen zu irgendeiner Handlung oder Tat aufgefordert?

A: Nein, gar nicht. Sie haben mich nur immer wieder beschimpft und verprügelt. Sie haben immer nur gesagt, dass sie mich umbringen würden.

F: Von wann bis wann waren Sie in Mumbai?

A: Vier bis fünf Monate war ich dort.

F: Nochmals: Von wann bis wann waren Sie in Mumbai?

A: Das war im Jahr 2016. Das war, bevor ich nach Georgien gegangen bin.

F: Gab es in Mumbai konkret Sie betreffende Vorfälle?

A: Ja, ich wurde dort angerufen. Ansonsten gab es dort keine Vorfälle. Sie sagten aber, dass sie auch in Mumbai ihre Männer hätten.

F: Haben Sie die von Ihnen geschilderten Vorfälle bei der Polizei angezeigt?

A: Nur beim ersten Mal. Später dann nicht mehr.

F: Warum nicht?

A: Weil die Polizei bei denen ein- und ausgeht. Ich meine damit, dass die Polizei bei meinem Onkel ein- uns ausgeht.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme mit der Polizei, dem Militär oder den staatlichen Organen?

A: 3 x Nein.

F: Haben Sie sich an eine übergeordnete Stelle der Polizei um Hilfe gewandt?

A: Nein. Die Familie meines Onkels hatte mehr Einfluss. Deswegen bin ich nirgendwo hingegangen.

F: Hatten Sie wegen Ihrer Religion in Ihrem Herkunftsstaat je Probleme?

A: Nein. Es sind immer nur die Personen von " XXXX " gekommen.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit Probleme?

A: Nein.

F: Waren Sie jemals politisch tätig?

A: Nein, ich selbst nicht. Meine Cousins aber schon.

F: Was meinen Sie damit, dass Ihre Cousins politisch tätig gewesen wären?

A: Sie stehen in gutem Kontakt mit " XXXX ". Sie stehen auch in Kontakt mit "MLA".

F: Was ist "MLA"?

A: Die MLA sind die Vorsitzenden des Bezirks.

F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat aufgrund Verfolgung durch Dritte Probleme?

A: Nein.

F: Warum haben Sie nicht in einem anderen Teil Ihres Herkunftsstaates Schutz vor Verfolgung gesucht?

A: Wie schon erzählt war ich in Mumbai. Trotzdem haben sie herausgefunden, wo ich bin.

F: Wem gehörte dieses Grundstück, welches verkauft worden ist?

A: Gehört hat es immer schon meinem Vater. Benutzt ist es aber von denen worden.

F: Hat Ihr Vater auch Probleme?

A: Mein Vater wurde nur einmal zusammengeschlagen. Ansonsten nicht.

F: Was würde mit Ihnen passieren, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?

A: In Indien ist es sehr gefährlich für mich.

F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, gegenständlichen Antrag auf int. Schutz zu stellen, vollständig geschildert?

A: Ja, andere Gründe habe ich nicht.

(...)"

Zu den Lebensumständen in Österreich führte der Beschwerdeführer an, dass er hier keine Verwandten habe und zu niemandem ein besonders enges Verhältnis bestehe.

Dem Beschwerdeführer wurde am Ende der zweiten Einvernahme die Möglichkeit geboten, in die aktuellen Länderberichte zur Situation in Indien Einsicht zu nehmen und in der folgenden dritten Einvernahme am 22.05.2019 eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben. Der Beschwerdeführer brachte in dieser in Bezug auf den Punkt "Rechtsschutz/Justizwesen" vor, dass man kein Gehör geschenkt bekomme, wenn man etwas unternehme. Verfahren würden sehr lange dauern und der Beschwerdeführer hätte wegen der Korruption "unendlich viel" bezahlen müssen. Man könne auch Bestechungsgelder zahlen, damit die Verfahren immer länger dauern würden.

In dieser Einvernahme legte der Beschwerdeführer einen Zettel mit acht Weblinks vor, in welchen es um Verfahren in Indien gehe, die schon länger als zwölf Jahre dauern würden.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 15b Abs. 1 AsylG aufgetragen, in einem namentlich genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt VII.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen kein Glauben geschenkt werde. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der sehr kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien. Hinsichtlich der Anordnung der Unterkunftnahme gemäß § 15b AsylG wurde festgehalten, dass diese aus Gründen der zügigen Bearbeitung und wirksamen Überwachung des Antrags auf internationalen Schutz für weitere Erhebungen zur Identität erforderlich sei.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und wurde nach Wiederholung der Fluchtgründe insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit größter Genauigkeit und Präzision die Auseinandersetzung mit den Verwandten, die Bedrohung sowie das Unvermögen der Polizei, dem Abhilfe zu verschaffen, dargestellt habe. Vom "Gericht" (gemeint wohl: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) sei es verabsäumt worden, die Angaben des Beschwerdeführers zu verifizieren oder falsifizieren.

5. Am 29.08.2019 legte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Mitteilung des Magistratischen Bezirksamtes für den 15. Wiener Gemeindebezirk vor, wonach der Beschwerdeführer am 27.08.2019 das Gewerbe "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" angemeldet hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Punjab, gehört der Religionsgemeinschaft der Hindus und der Volksgruppe der Punjabi an. Seine Identität steht nicht fest. Er spricht die Sprachen Punjabi, Hindi und ein wenig Englisch. Im Herkunftsstaat besuchte er acht Jahre die Grundschule. Er finanzierte seinen Unterhalt als Chauffeur und lebte mit seinen Eltern im Elternhaus. Auch sein Vater ging in Indien einer Arbeit nach. Der Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und gesund.

Die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht. Er hatte keine persönlichen Probleme mit den Behörden im Heimatland.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstigen Familienangehörigen in Österreich und spricht kein Deutsch. Er nimmt keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch. Er stellte am 27.08.2019 beim Magistratischen Bezirksamt für den 15. Wiener Gemeindebezirk einen Antrag auf Erteilung eines Gewerbescheins zur "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt". Er ist strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer steht im erwerbsfähigen Alter. Die Eltern und der Onkel mütterlicherseits des Beschwerdeführers leben im Herkunftsstaat. Er hat derzeit keinen Kontakt zu ihnen.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgehalten:

1. Rechtsschutz/Justizwesen

In Indien sind viele Grundrechte und -freiheiten verfassungsmäßig verbrieft und die verfassungsmäßig garantierte unabhängige indische Justiz bleibt vielmals wichtiger Rechtegarant. Die häufig überlange Verfahrensdauer aufgrund überlasteter und unterbesetzter Gerichte sowie verbreitete Korruption, vor allem im Strafverfahren, schränken die Rechtssicherheit aber deutlich ein (AA 18.9.2018). Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis lässt sich nicht feststellen, allerdings sind vor allem die unteren Instanzen nicht frei von Korruption. Vorurteile z.B. gegenüber Angehörigen niederer Kasten oder Indigenen dürften zudem eine nicht unerhebliche Rolle spielen (AA 18.9.2018).

Das Gerichtswesen ist von der Exekutive getrennt (FH 27.1.2018). Das Justizsystem gliedert sich in den Supreme Court, das Oberstes Gericht mit Sitz in Delhi; das als Verfassungsgericht die Streitigkeiten zwischen Zentralstaat und Unionsstaaten regelt. Es ist auch Appellationsinstanz für bestimmte Kategorien von Urteilen wie etwa bei Todesurteilen. Der High Court bzw. das Obergericht besteht in jedem Unionsstaat. Es ist Kollegialgericht als Appellationsinstanz sowohl in Zivil- wie auch in Strafsachen und führt auch die Dienst- und Personalaufsicht über die Untergerichte des Staates aus, um so die Justiz von den Einflüssen der Exekutive abzuschirmen. Subordinate Civil and Criminal Courts sind untergeordnete Gerichtsinstanzen in den Distrikten der jeweiligen Unionsstaaten und nach Zivil- und Strafrecht aufgeteilt. Fälle werden durch Einzelrichter entschieden. Richter am District und Sessions Court entscheiden in Personalunion sowohl über zivilrechtliche als auch strafrechtliche Fälle (als District Judge über Zivilrechtsfälle, als Sessions Judge über Straffälle). Unterhalb des District Judge gibt es noch den Subordinate Judge, unter diesem den Munsif für Zivilsachen. Unter dem Sessions Judge fungiert der 1st Class Judicial Magistrate und, unter diesem der 2nd Class Judicial Magistrate, jeweils für minder schwere Strafsachen (ÖB 12.2018).

Das Gerichtswesen ist auch weiterhin überlastet und verfügt nicht über moderne Systeme zur Fallbearbeitung. Der Rückstau bei Gericht führt zu langen Verzögerungen oder der Vorenthaltung von Rechtsprechung. Eine Analyse des Justizministeriums für 2015 bis 2016 ergab eine Vakanz von 43 Prozent der Richterstellen an den Obergerichten (USDOS 20.4.2018). Die Regeldauer eines Strafverfahrens (von der Anklage bis zum Urteil) beträgt mehrere Jahre; in einigen Fällen dauern Verfahren bis zu zehn Jahre. Auch der Zeugenschutz ist mangelhaft. Dies führt dazu, dass Zeugen vor Gericht häufig nicht frei aussagen, da sie bestochen oder bedroht worden sind (AA 18.9.2018).

Insbesondere auf unteren Ebenen der Justiz ist Korruption weit verbreitet und die meisten Bürger haben große Schwierigkeiten, ihr Recht bei Gericht durchzusetzen. Das System ist rückständig und stark unterbesetzt, was zu langer Untersuchungshaft für eine große Zahl von Verdächtigen führt. Vielen von ihnen bleiben so länger im Gefängnis, als es der eigentliche Strafrahmen wäre (FH 27.1.2018). Die Dauer der Untersuchungshaft ist entsprechend zumeist exzessiv lang. Außer bei von Todstrafe bedrohten Delikten soll der Haftrichter nach Ablauf der Hälfte der drohenden Höchststrafe eine Haftprüfung und eine Freilassung auf Kaution anordnen. Allerdings nimmt der Betroffene mit einem solchen Antrag in Kauf, dass der Fall über lange Zeit gar nicht weiterverfolgt wird. Mittlerweile sind ca. 70 Prozent aller Gefangenen Untersuchungshäftlinge, viele wegen geringfügiger Taten, denen die Mittel für eine Kautionsstellung fehlen (AA 18.9.2018).

In der Verfassung verankerte rechtsstaatliche Garantien (z.B. das Recht auf ein faires Verfahren) werden durch eine Reihe von Sicherheitsgesetzen eingeschränkt. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u.a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt (AA 18.9.2018).

Die Inhaftierung eines Verdächtigen durch die Polizei ohne Haftbefehl darf nach den allgemeinen Gesetzen nur 24 Stunden dauern. Eine Anklageerhebung soll bei Delikten mit bis zu zehn Jahren Strafandrohung innerhalb von 60, in Fällen mit höherer Strafandrohung innerhalb von 90 Tagen erfolgen. Diese Fristen werden regelmäßig überschritten. Festnahmen erfolgen jedoch häufig aus Gründen der präventiven Gefahrenabwehr sowie im Rahmen der Sondergesetze zur inneren Sicherheit, z.B. aufgrund des Gesetzes über nationale Sicherheit ("National Security Act", 1956) oder des lokalen Gesetzes über öffentliche Sicherheit ("Jammu and Kashmir Public Safety Act", 1978). Festgenommene Personen können auf Grundlage dieser Gesetze bis zu einem Jahr ohne Anklage in Präventivhaft gehalten werden. Auch zur Zeugenvernehmung können gemäß Strafprozessordnung Personen über mehrere Tage festgehalten werden, sofern eine Fluchtgefahr besteht. Fälle von Sippenhaft sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt. (AA 18.9.2018).

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass unerlaubte Ermittlungsmethoden angewendet werden, insbesondere um ein Geständnis zu erlangen. Das gilt insbesondere bei Fällen mit terroristischem oder politischen Hintergrund oder solchen mit besonderem öffentlichem Interesse. Es gibt Fälle, in denen Häftlinge misshandelt werden. Ein im Mai 2016 von der renommierten National Law University Delhi veröffentlichter empirischer Bericht zur Situation der Todesstrafe in Indien zeichnet ein düsteres Bild des indischen Strafjustizsystems. So haben bspw. 80 Prozent aller Todeskandidaten angegeben, in Haft gefoltert worden zu sein. Nach glaubwürdigen, vertraulichen Schätzungen des IKRK Internationales Komitee des Roten Kreuz) kommt es weiterhin zu systematischer Folter in den Verhörzentren in Jammu und Kaschmir (AA 18.9.2018).

Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung, ausgenommen bei Anwendung des "Unlawful Activities (Prevention) Amendment Bill", und sie haben das Recht, ihren Anwalt frei zu wählen. Das Strafgesetz sieht öffentliche Verhandlungen vor, außer in Verfahren, in denen die Aussagen Staatsgeheimnisse oder die Staatssicherheit betreffen können. Es gibt kostenfreie Rechtsberatung für bedürftige Angeklagte, aber in der Praxis ist der Zugang zu kompetenter Beratung oft begrenzt (USDOS 20.4.2018). Gerichte sind verpflichtet Urteile öffentlich zu verkünden und es gibt effektive Wege der Berufung auf beinahe allen Ebenen der Justiz. Angeklagte haben das Recht, die Aussage zu verweigern und sich nicht schuldig zu bekennen (USDOS 20.4.2018).

Gerichtliche Ladungen in strafrechtlichen Angelegenheiten sind im Criminal Procedure Code 1973 (CrPC, Chapter 4, §§61-69), in zivilrechtlichen Angelegenheiten im Code of Civil Procedure 1908/2002 geregelt. Jede Ladung muss schriftlich, in zweifacher Ausführung ausgestellt sein, vom vorsitzenden Richter unterfertigt und mit Gerichtssiegel versehen sein.

Ladungen werden gemäß CrPC prinzipiell durch einen Polizeibeamten oder durch einen Gerichtsbeamten an den Betroffenen persönlich zugestellt. Dieser hat den Erhalt zu bestätigen. In Abwesenheit kann die Ladung an ein erwachsenes männliches Mitglied der Familie übergeben werden, welches den Erhalt bestätigt. Falls die Ladung nicht zugestellt werden kann, wird eine Kopie der Ladung an die Residenz des Geladenen sichtbar angebracht. Danach entscheidet das Gericht, ob die Ladung rechtmäßig erfolgt ist, oder ob eine neue Ladung erfolgen wird. Eine Kopie der Ladung kann zusätzlich per Post an die Heim- oder Arbeitsadresse des Betroffenen eingeschrieben geschickt werden. Falls dem Gericht bekannt wird, dass der Betroffene die Annahme der Ladung verweigert hat, gilt die Ladung dennoch als zugestellt. Gemäß Code of Civil Procedure kann die Ladung des Gerichtes auch über ein gerichtlich genehmigtes Kurierservice erfolgen (ÖB 12.2018).

Im ländlichen Indien gibt es auch informelle Ratssitzungen, deren Entscheidungen manchmal zu Gewalt gegen Personen führt, die soziale Regeln brechen - was besonders Frauen und Angehörige unterer Kasten betrifft (FH 27.1.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

- FH - Freedom House (27.1.2018): Freedom in the World 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1142635.html, Zugriff 22.10.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018): Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018

2. Korruption

Korruption ist weit verbreitet (USDOS 20.4.2018). Indien scheint im Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index) von Transparency International (TI) für das Jahr 2018 mit einer Bewertung von 41 (von 100) (0 sehr korrupt, 100 kaum korrupt) auf dem 78. Rang von 180 Staaten auf (TI 2018). 2017 wurde Indien mit 40 Punkten (Rang 81 von 180 Staaten) bewertet (TI 2018). Im Jahr 2016 wurde Indien ebenfalls mit 40 Punkten bewertet. Das entspricht dem 79. Rang von 176 gelisteten Staaten (TI 2017).

NGOs berichten, dass üblicherweise Bestechungsgelder bezahlt werden, um Dienstleistungen wie Polizeischutz, Schuleinschreibung, Zugang zu Wasserversorgung oder Beihilfen zu beschleunigen (USDOS 20.4.2018). Die unteren Bereiche des Gerichtswesens sind im Speziellen von Korruption betroffen und die meisten Bürger haben Schwierigkeiten, Recht durch die Gerichte zu erhalten (FH 28.1.2018). Korruption ist auf allen Regierungsebenen vertreten (USDOS 20.4.2018).

Obwohl Politiker und Beamte regelmäßig bei der Entgegennahme von Bestechungsgeldern erwischt werden, gibt es zahlreiche Korruptionsfälle, die unbemerkt und unbestraft bleiben (FH 27.1.2018). Das Gesetz sieht Strafen für Korruption im öffentlichen Dienst vor, in der Praxis kommen Staatsdiener mit korrupten Praktiken häufig straflos davon (USDOS 20.4.2018). Durch das vom Präsidenten im Jahr 2014 unterzeichnete Lok Pal- und Lokayuktas Gesetz wurden unabhängige, staatliche Gremien eingerichtet, an die man Beschwerden wegen korrupter Beamter oder Politiker richten kann und die ermächtigt sind, die Beschwerden zu untersuchen und Verurteilungen vor Gericht zu verfolgen. Obwohl Modi und Angehörige seiner Regierung Unterstützung für das Gesetz signalisiert haben, gibt es wenig Belege dafür, dass es effektiv umgesetzt wird. Das 2005 geschaffene Recht auf Information (RTI) wird vor allem angewandt, um Transparenz zu steigern und korrupte Machenschaften aufzudecken. Seit der Verabschiedung des Gesetzes sind mindestens 65 "Recht auf Informationsaktivisten" ermordet und mehr als 400 angegriffen oder belästigt worden (FH 27.1.2018).

Korruption behindert manchmal auch Regierungsprogramme zur Untersuchung behaupteter Korruption im Regierungsbereich (USDOS 20.4.2018). Im Mai 2015 nahm die Lok Sabha (Volkskammer) Änderungen des Gesetzes zum Schutz von Informanten (Whistleblowers Protection Act) aus 2014 an. Mitglieder der Opposition kritisierten, dass dadurch die ohnehin schon begrenzten Auswirkungen des Gesetzes weiter aufgeweicht würden (FH 27.1.2018).

Gemäß Angaben des Zentrale Untersuchungsbehörde (Central Bureau of Investigation - CBI) unterhält jeder Bundesstaat in Indien mindestens ein Büro unter der Leitung eines Polizeichefs, in welchem Beschwerden per Post, Fax oder persönlich eingereicht werden können. Dabei kann auf Wunsch auch die Identität des Beschwerdeführers geheim gehalten werden. Vom CBI wurden im Untersuchungszeitraum [Anm.: 2016] 673 Korruptionsfälle registriert (CBI o.D.; vgl. USDOS 20.4.2018).

Eine von Transparency International und LocalCircles durchgeführte Umfrage hat ergeben, dass ein Einsatz von Bestechungsgeldern immer noch das effizienteste Mittel darstellt, um die Arbeit von Regierungsstellen abzuwickeln. Die Zahl jener Personen, die zugaben, ein Bestechungsgeld bei Behörden erlegt zu haben, lag 2017 bei 45 Prozent. So hat es einen Anstieg der Bestechung um 11 Prozent gegeben. Kommunale Unternehmen, Grundbuchabteilungen, wie auch Polizeidienststellen stellen dabei die korruptionsanfälligsten Regierungsstellen dar (IT 11.10.2018).

Der Bericht mit dem Titel India Corruption Survey 2018 besagt, dass 58 Prozent der Bürger angeben, dass ihre Staaten über keine Anti-Korruptions-Helpline verfügen, während bis zu 33 Prozent angaben, dass sie sich nicht über das Vorhandensein einer solchen Hotline in ihren Staaten im Klaren seien (ICS 2018).

Einzelpersonen - oder NGOs im Namen von Einzelpersonen oder Gruppen - können sogenannte Rechtsstreitpetitionen von öffentlichem Interesse ("Public interest litigation petitions") bei jedem Obersten Gericht oder direkt beim Obersten Bundesgericht, dem "Supreme Court" einbringen, um rechtliche Wiedergutmachung für öffentliche Rechtsverletzungen einzufordern. Diese Beschwerden können Verstöße gegen staatliche Aufgaben durch einen Regierungsangestellten oder eine Verletzung von Verfassungsbestimmungen sein. NGOs schätzen diese Anträge sehr, um Regierungsangehörige gegenüber zivilgesellschaftlichen Organisationen für Korruption und Parteilichkeit, zur Rechenschaft zu ziehen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

- CBI (o.D.): Join us in Fighting Corruption, http://www.cbi.gov.in/contact.php, Zugriff 7.11.2018

- FH - Freedom House (27.1.2018): Freedom in the World 2018 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1142635.html, Zugriff 22.10.2018

- ICS - India Corruption Survey 2018 (11.10.2018): India Corruption Survey 2018: 56% Indians admit to paying bribes for citizen services as most states failed to put redressal mechanisms in place, https://www.localcircles.com/a/press/page/india-corruption-survey-2018, Zugriff 7.11.2018

- IT - India Times (11.10.2018): Bribery records 11 per cent growth in one year, finds survey, https://www.indiatoday.in/india/story/56-per-cent-paid-bribe-in-last-one-year-91-per-cent-don-t-know-about-anti-corruption-helpline-survey-1360392-2018-10-11, Zugriff 7.11.2018

- TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018, Zugriff 30.1.2019

- - TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017#regional, Zugriff 7.11.2018

- TI - Transparency International (2017): Corruption Perceptions Index 2016, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 7.11.2018

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018

3. Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.4.2018). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 18.9.2018).

Die Regierung lockerte Einschränkungen für ausländische Reisende in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen (USDOS 20.4.2018).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 18.9.2018).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

- ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018): Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430388.html, Zugriff 18.10.2018

4. Meldewesen

Noch gibt es in Indien kein nationales Melde- bzw. Staatsbürgerschaftsregister. Die Regierung verfolgt seit einigen Jahren ein nationales Projekt zur Registrierung der Staatsbürger, und damit verbunden wird die Ausstellung von Personalausweisen ("Aadhar Card") sein. Von der Realisierung dieses Projektes ist man trotz einiger Vorarbeit aber noch weit entfernt. Es gibt kein Meldewesen in Indien (ÖB 12.2018; vgl. AA 18.9.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

- ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018): Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

5. Grundversorgung und Wirtschaft

In Indien lebt etwa ein Viertel der Bevölkerung unter dem veranschlagten Existenzminimum der Vereinten Nationen. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine das Überleben sichernde Nahrungsversorgung auch der untersten Schichten der Bevölkerung zum Großteil gewährleistet. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe gibt es nicht, die Rückkehrer sind auf die Unterstützung der eigenen Familie oder von Bekannten angewiesen (ÖB 12.2018).

Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2016/2017 bei 7,1 Prozent und in 2017/18 bei 6,75 Prozent mit wieder steigender Tendenz. Indien zählt damit nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt (AA 11.2018a).

2016 lag die Erwerbsquote laut Schätzungen der ILO bei 55,6 Prozent. Der Hauptteil der Menschen arbeitet im Privatsektor. Es gibt immer noch starke Unterschiede bei der geschlechtlichen Verteilung des Arbeitsmarktes. Indien besitzt mit 478,3 Millionen Menschen die zweitgrößte Arbeitnehmerschaft der Welt (2012). Jährlich kommen 12,8 Millionen Arbeitskräfte hinzu. Im Jahr 2015 lag die Arbeitslosenquote bei 3,4 Prozent (nach ILO 2016) (BAMF 3.9.2018).

Schätzungen zufolge stehen nur circa 10 Prozent aller Beschäftigten in einem vertraglich geregelten Arbeitsverhältnis. Die übrigen 90 Prozent werden dem sogenannten "informellen Sektor" zugerechnet - sie sind weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert, noch haben sie Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung (AA 11.2018a). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 16,4 Prozent (2017/18) der Gesamtwirtschaft, obgleich fast 50 Prozent der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 11.2018a).

Die Regierung hat überall im Land rund 1.000 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle frei ist (BAMF 3.9.2018; vgl. PIB 23.7.2018). Das Nationale Mahatma Gandhi Beschäftigungsgarantieprogramm für die ländliche Bevölkerung (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act, MGNREGA), läuft bis 2019. Das Ziel des laufenden Programms besteht darin, die ländliche Infrastruktur zu verbessern, die Land- und Wasserressourcen zu vergrößern und der armen Landbevölkerung eine Lebensgrundlage zu bieten: Jedem Haushalt, dessen erwachsene Mitglieder bereit sind, manuelle Arbeiten zu verrichten, welche keiner besonderen Qualifikation bedarf, wird mindestens 100 Tage Lohnarbeit pro Haushaltsjahr garantiert (SNRD 26.3.2018). Einige Staaten in Indien geben Arbeitssuchenden eine finanzielle Unterstützung für die Dauer von drei Jahren. Für weitere Informationen sollte die jeweilige lokale Vermittlungsagentur kontaktiert werden. Diese bieten auch Beratungen an, bei denen sie Informationen zu Verfügung stellen (BAMF 3.9.2018).

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei rund 1.970 USD. Auf dem Human Development Index der UNDP (Stand: September 2016) steht Indien auf Platz 130 unter 188 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 11.2018a).

Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an, welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 3.9.2018).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 3.9.2018).

55,3 Prozent der Bevölkerung (642,4 Mio.) lebt in multi-dimensionaler Armut (HDI 2016). Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 18.9.2018).

Im September 2018 bestätigte der Oberste Gerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des biometrischen Identifikationsprojekts Aadhaar (HRW 17.1.2019). Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar-ID Nummer ausgestellt. Ursprünglich wurde das System eingeführt, um Steuerbetrug entgegenzuwirken. In den folgenden Jahren wurde der Umfang jedoch stark ausgeweitet: In einigen indischen Bundesstaaten werden mittels Aadhaar Pensionen, Stipendien und die Essensausgabe für arme Menschen abgewickelt (ORF 27.9.2018). Aadhaar stellt für den Großteil der Bevölkerung den einzigen Zugang zu einem staatlich anerkannten Ausweis dar. Diejenigen, die sich bei Aadhaar angemeldet haben, erhielten nach der Übermittlung ihrer Fingerabdrücke und Netzhautscans eine eindeutige zwölfstellige Identifikationsnummer (BBC 26.9.2018).

Menschenrechtsgruppen äußern Bedenken, dass die Bedingungen zur Registrierung für Aadhaar, arme und marginalisierte Menschen daran hindern, wesentliche, verfassungsmäßig garantierte Dienstleistungen wie etwa Nahrung und Gesundheitsversorgung zu erhalten (HRW 18.1.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

- AA - Auswärtiges Amt (11.2018a): Indien, Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/indien-node/-/205976, Zugriff 17.1.2019

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.9.2018): Länderinformationsblatt Indien, http://files.returningfromgermany.de/files/CFS_2018_India_DE.pdf, Zugriff 17.12.2018

- BBC British Broadcasting Corporation (26.9.2018): Aadhaar: India top court upholds world's largest biometric scheme, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-44777787, Zugriff 20.11.2018

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - India, ttps://www.ecoi.net/de/dokument/2002249.html, Zugriff 23.1.2019

- HRW - Human Rights Watch (13.1.2018): India: Identification Project Threatens Rights, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422175.html, Zugriff 19.11.2018

- ORF - Österreichischer Rundfunk (27.9.2018): Indiens Form der digitalen Überwachung, https://orf.at/stories/3035121/, Zugriff 20.11.2018

- ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2018): Asylländerbericht Indien - Arbeitsversion

- PIB - Press Information Bureau Government of India Ministry of Labour & Employment (23.7.2018): Modernisation of Employment Exchanges, http://pib.nic.in/newsite/PrintRelease.aspx?relid=180854, Zugriff 20.11.2018

- SNRD - Sector Network Natural Resources and Rural Development Asia (26.3.2018): Environmental Benefits of the Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act (MGNREGA-EB), https://snrd-asia.org/environmental-benefits-of-the-mahatma-gandhi-national-rural-employment-guarantee-act-mgnrega-eb/, Zugriff 29.1.2019

- WKO - Außenwirtschaft Austria (26.9.2018): Außen Wirtschaft Update Indien, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/indien-update.pdf, Zugriff 20.11.2018

6. Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. Auch in jüngerer Zeit wurden bei rückgeführten abgelehnten indischen Asylbewerbern keine Benachteiligungen nach Rückkehr bekannt. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 18.9.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

2. Beweiswürdigung:

2.1. Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Seine Staatsangehörigkeit und seine Herkunft erscheinen auf Grund seiner Sprach- und Ortskenntnisse glaubhaft.

Die Feststellungen über die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Verwandten im Herkunftsstaat, sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten hat, kein Deutsch spricht, ledig, kinderlos und gesund ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahmen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 14.05.2019.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins österreichische Strafregister.

Dass der Beschwerdeführer einen Gewerbeschein für "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" beantragt hat, ergibt aus dem vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.08.2019 übermittelten Antrag des Beschwerdeführers an das Magistratische Bezirksamt für den 15. Wiener Gemeindebezirk vom 27.08.2019.

Dass der Beschwerdeführer keine Probleme mit den Behörden in seinem Herkunftsstaat hatte, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keine diesbezüglichen Probleme vorbrachte.

Die Beurteilung der belangten Behörde, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers über die Bedrohung durch Privatpersonen nicht glaubhaft sei, ist zutreffend. Der Beschwerdeführer hat zwar eine derartige Bedrohungssituation sowohl im Verlauf der sicherheitsbehördlichen Erstbefragung am 09.05.2019 als auch bei seinen Einvernahmen durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 14.05.2019 und am 22.05.2019 behauptet, seine diesbezüglichen Angaben sind jedoch, wie im angefochtenen Bescheid richtig festgehalten, als widersprüchlich, wenig konkret und detailliert und logisch nicht nachvollziehbar zu qualifizieren.

Wie im angefochtenen Bescheid zu Recht festgehalten, sind schon die Angaben des Beschwerdeführers über seine letztmalige Bedrohung widersprüchlich. In der Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der Beschwerdeführer noch vor, von Georgien aus mit seinem Cousin telefoniert zu haben, der ihn daraufhin beschimpft und mit dem Umbringen im Falle der Rückkehr bedroht habe. In der zweiten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - fünf Tage später - gab der Beschwerdeführer hingegen an, von Georgien aus zunächst mit dem Cousin telefoniert und sich entschuldigt zu haben. Zwei Tage später habe er von einer unbekannten Person einen Anruf erhalten und sei beschimpft worden. Daraufhin habe er wieder seinen Cousin angerufen, der jegliche Verstrickung bestritten habe. Infolge sei der Beschwerdeführer nochmals von unbekannten Personen angerufen und mit dem Umbringen im Falle der Rückkehr bedroht worden. Es wird seitens des Gerichtes zwar nicht verkannt, dass die Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht der ausschöpfenden Darstellung der Fluchtgeschichte gewidmet ist, dennoch sollte das zentrale Fluchtvorbringen jedenfalls in seinen Wesenszügen angeführt werden. Warum der Beschwerdeführer die Angaben über seine letztmalige Bedrohung in der Erstbefragung vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gänzlich anders schilderte als in der lediglich fünf Tage später stattgefundenen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist nicht nachvollziehbar.

Wie im angefochtenen Bescheid auch zu Recht festgehalten, war der Beschwerdeführer nicht in der Lage, konkrete Angaben zu seinen Verfolgern zu machen. Zwar konnte er in der zweiten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seinen Onkel väterlicherseits und seine beiden Cousins namentlich benennen, von denen die Bedrohung ursprünglich ausgegangen sei. Er ist aber darüber hinaus mehrfach von unbekannten Personen geschlagen, beschimpft und bedroht worden. Dass diese Personen ihm zudem nicht einmal gesagt hätten, aus welchen Gründen diese Taten erfolgten, und die Cousins des Beschwerdeführers eine Verstrickung stets bestritten hätten, ist darüber hinaus nicht nachvollziehbar.

Ebenso konnte der Beschwerdeführer, wie im angefochtenen Bescheid richtigerweise festgehalten, nur vage Angaben über seine Aufenthaltsorte tätigen. Im Rahmen der zweiten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte der Beschwerdeführer lediglich vage vor, dass er vier bis fünf Monate in Mumbai verbracht habe. Nochmals befragt, von wann bis wann er in Mumbai gewesen sei, gab der Beschwerdeführer erneut äußerst vage an: "Das war im Jahr 2016. Das war, bevor ich nach Georgien gegangen bin.". Vor dem Hintergrund, dass sich der gesamte vorgebrachte Sachverhalt in Indien von Ende 2015 bis Ende 2016 abgespielt habe, kommt diese Aussage des Beschwerdeführers einer Verweigerung der Antwort gleich.

Wie im angefochtenen Bescheid weiters zu Recht festgehalten, war auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Grund seiner behaupteten Bedrohungssituation nicht nachvollziehbar. Da das strittige Grundstück - den Angaben des Beschwerdeführers in der zweiten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zufolge - im Eigentum des Vaters des Beschwerdeführers gestanden sei und dieser es verkaufen habe wollen, ist nicht verständlich, warum die Verwandten sodann den Beschwerdeführer und nicht dessen Vater verfolgt hätten, zumal dieser sie dazu aufgefordert habe, das Grundstück zu räumen und dieser das Grundstück letztlich auch verkaufen habe können. Das habe zwar zur Folge gehabt, dass der Onkel "so weit gegangen" sei, den Vater des Beschwerdeführers "sogar" zu schlagen, die eigentliche Verfolgung habe sich aber weiterhin gegen den Beschwerdeführer gerichtet, wohingegen der Vater des Beschwerdeführers weiterhin im Heimatort lebt. Der Beschwerdeführer konnte somit nicht nachvollziehbar darlegen, warum er verfolgt worden sei, sein Vater aber nicht.

Auch konnte der Beschwerdeführer - wie im angefochtenen Bescheid festgehalten - nicht logisch nachvollziehbar darlegen, warum er zwar aufgrund der behaupteten Bedrohungslage zunächst nach Mumbai geflüchtet sei, später aber, obwohl sich die Bedrohungslage nicht verändert habe, wieder in seinen Heimatort zurückgekehrt sei. Dies erscheint ausgesprochen lebensfremd, wäre es im Falle einer tatsächlich bestehenden Bedrohung im Heimatort doch wesentlich naheliegender, in Mumbai zu verbleiben bzw. jedenfalls nicht wieder zurückzukehren. Zwar brachte der Beschwerdeführer vor, in Mumbai telefonisch bedroht worden zu sein, jedoch sei im Übrigen für die Dauer seines dortigen Aufenthalts - immerhin laut Angaben des Beschwerdeführers vier bis fünf Monate - nichts passiert, weshalb nichtsdestotrotz anzunehmen gewesen wäre, dass die Bedrohungssituation im Heimatort ungleich höher wäre. Angesichts der Länderberichte über die Bewegungsfreiheit und das fehlende Meldewesen in Indien ist eine Bedrohungssituation des Beschwerdeführers in Mumbai zudem von Grunde auf nicht nachzuvollziehen.

Letztlich ist auch der Vorwurf der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer angesichts offenkundig falscher Personenauskünfte vor der griechischen und estnischen Vertretungsbehörde in Georgien nicht davor zurückschrecke, unwahre Angaben vor den Behörden zu machen, nicht zu bestreiten. Konkret gab der Beschwerdeführer anlässlich eines Visaantrags bei der griechischen Botschaft im August 2017 an, vom Beruf "Director" zu sein und an der Adresse "Georgia, XXXX " zu leben. Im Rahmen eines Visaantrags bei der estnischen Botschaft im September 2017 gab der Beschwerdeführer wiederum an, vom Beruf "professional sportsperson" zu sein, bei der " XXXX " zu arbeiten und an der Adresse " XXXX " wohnhaft zu sein. Im Zuge der ersten Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer schlussendlich neuerlich konträr an, in Georgien bei einem Freund in dessen Hostel gelebt und nichts gearbeitet zu haben.

Die völlig unsubstantiiert gebliebenen Ausführungen des Beschwerdeschriftsatzes waren im Ergebnis nicht geeignet, die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in Zweifel zu ziehen.

2.2. Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Situation in Indien ergeben sich aus den im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderberichten, die dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Indien ergeben.

Den Länderberichten wurde weder vom Beschwerdeführer noch seinem rechtsfreundlichen Vertreter in den Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bzw. im Beschwerdeschriftsatz substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zum Spruchteil A)

3.1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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