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yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnenNorm
BAO §209 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der G Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Karl Newole, Rechtsanwalt in Wien I, Riemergasse 9, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. Mai 1997, Zl. RV 0041-09/10/97, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der steuerliche Vertreter der beschwerdeführenden GmbH richtete am 29. Dezember 1989 an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien einen Schriftsatz mit folgendem auszugsweise wiedergegebenen Inhalt:
"Als steuerlicher Vertreter zeigen wir hiermit die als Anlage in 3-facher Ausfertigung beiliegenden Gewinnscheine ...
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(Bfin) an AM GmbH
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(Bfin) an E. GmbH
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(Bfin) an AL GmbH
vorsorglich an.
Unseres Erachtens erfüllen diese kaufmännischen Verpflichtungsscheine keinen Gebührentatbestand."
Der Eingabe waren Muster von "Gewinnscheinen" angeschlossen, wonach die Beschwerdeführerin jeweils den genannten Gesellschaften ein "Genußrecht" einräumte. Ferner waren der Eingabe hinsichtlich der drei Vorgänge "Gewinnscheinbedingungen" angeschlossen. Über den Wert der Genußrechte und die erbrachten Gegenleistungen waren in dem Schriftsatz keine Angaben enthalten.
Mit einem Vorhalt vom 12. Februar 1990 wurde die Beschwerdeführerin vom Finanzamt ersucht, nähere Erläuterungen zu den "kaufmännischen Verpflichtungsscheinen" zu geben. Darauf wurde in einer Eingabe vom 20. Februar 1990 ausgeführt, es seien aus den Verpflichtungsscheinen noch keine Gewinnauschüttungsansprüche entstanden.
Mit einem weiteren Vorhalt vom 18. Oktober 1990 wurde vom Finanzamt angefragt, auf Grund welcher finanziellen Beteiligungen bzw. Voraussetzungen der Ausschüttungsanspruch gewährt wurde. Im Betreff dieses Vorhaltes war angeführt "Gewinnscheine E. GmbH etc.".
Mit Eingabe vom 5. November 1990 wurde daraufhin mitgeteilt, daß die Beschwerdeführerin der E GmbH ein Genußrecht eingeräumt habe. Die E GmbH habe im Jahre 1989 eine Zahlung in Höhe von S 5,000.000,-- geleistet. Dieser Betrag habe bei der Beschwerdeführerin zu einer sofortigen ertragswirksamen Vereinnahmung geführt und sei im Jahresüberschuß 1989 als Erlös ausgewiesen.
In den Akten erliegen weiters Original und Durchschrift einer Anfrage vom 25. Februar 1991, worin nach den Zahlungen der AL GmbH und der AM GmbH gefragt wurde.
Mit einem (in Rechtskraft erwachsenen) Bescheid vom 25. Februar 1991 wurde nach der von der E GmbH für die genannten Genußrechte hingegebenen Gegenleistung Gesellschaftsteuer vorgeschrieben.
Mit einem Schreiben vom 11. September 1995 forderte das Finanzamt die Beschwerdeführerin auf, Abschriften der Bilanzen mit den Verlust- und Gewinnrechnungen und den Protokollen über die Generalversammlungen für die Geschäftsjahre 1990 bis 1994 vorzulegen. Diesem Ersuchen entsprach die Beschwerdeführerin.
Das Finanzamt forderte die Beschwerdeführerin schließlich am 31. Jänner 1996 auf, bekanntzugeben, welche Leistungen von der AM GmbH und der AL GmbH auf Grund der Gewinnscheine vom 21. Dezember 1989 erbracht worden seien.
Mit Eingabe vom 27. Februar 1996 wurde hierauf bekanntgegeben, daß die Leistung der AM GmbH S 230.000,-- und die der AL GmbH S 4,000.000,-- betragen habe.
Hierauf erließ das Finanzamt an die Beschwerdeführerin am 30. Mai 1996 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 234,000.000,-- einen Bescheid über Gesellschaftsteuer in Höhe von S 4,680.000,--.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde Verjährung des Abgabenanspruches eingewendet. Die Beschwerdeführerin habe am 22. Oktober 1990 ein Ergänzungsersuchen erhalten. Bis zum Ablauf der Verjährungsfrist mit Ende 1995 sei keine nach außen erkennbare Amtshandlung gesetzt worden, sodaß die Verjährung mit Ablauf des Jahres 1995 eingetreten sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß die Verjährungsfrist fünf Jahre betragen habe. Durch die Anforderung der Bilanzen für die Jahre 1990 bis 1994 mit Schreiben vom 11. September 1995 sei die Verjährung hinsichtlich des Abgabenanspruches für 1989 unterbrochen worden. Die belangte Behörde habe auf Grund der irreführenden Anfragebeantwortungen nicht vermuten können, daß die fraglichen Beträge in den Bilanzen für das Jahr 1989 zu suchen seien.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich dadurch in ihren Rechten verletzt, daß sie für die Ausgabe von Genußrechten trotz Eintritts der Bemessungsverjährung zur Zahlung von Gesellschaftsteuer verpflichtet werde.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 209 Abs. 1 BAO wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Dabei muß die Abgabenbehörde eine Handlung zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches vornehmen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 17. Oktober 1985, Zlen. 84/16/0006, 0007, und vom 27. April 1987, Zl. 85/15/0323).
Im Beschwerdefall steht in Streit, ob die - mittels eines vom Finanzamt aufgelegten Vordruckes am 11. September 1995 vorgenommene - Anforderung der Bilanzen für die Jahre 1990 bis 1994 eine Handlung zur Geltendmachung der Gesellschaftsteuer war, die durch den im Jahre 1989 erfolgten Erwerb von Genußrechten entstanden ist.
Die Gesellschaftsteuer wird nach § 8 Z. 1 lit. a KVG in der auf der den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 629/1994 von einer in einem Geldbetrag bestehenden Gegenleistung berechnet. Das Finanzamt hat es demgegenüber nach der - im übrigen nicht den Bestimmungen des § 119 Abs. 1 BAO über die Verpflichtung zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Offenlegung der für den Bestand und Umfang der Gesellschaftersteuerpflicht bedeutsamen Umstände entsprechenden - Anzeige vom 29. Dezember 1989 unterlassen, zielführende Schritte zur Feststellung des Steuermaßstabes im Sinne des § 8 Z. 1 KVG zu unternehmen. (Eine diesbezügliche Anfrage nach "Zahlungen" vom 25. Februar 1991 wurde vom Finanzamt unbestrittenermaßen nicht abgesendet.)
Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, auf Grund der Eingabe vom 20. Februar 1990, in der von der Beschwerdeführerin angegeben wurde, es seien noch keine Gewinnausschüttungsansprüche entstanden, habe das Finanzamt annehmen müssen, es seien im Jahre 1989 "noch keine Zahlungen an die AM GmbH und die AL GmbH geflossen". Daher seien die Bilanzen erst ab 1990 angefordert worden. Mit dieser Begründung verkennt die belangte Behörde aber, daß nicht "Zahlungen an die AM GmbH und AL GmbH" (gemeint offensichtlich aus "Gewinnausschüttungsansprüchen" auf Grund der in Rede stehenden Genußrechte) der Gesellschaftsteuer unterliegen, sondern vielmehr die von diesen beiden GmbH erbrachten Gegenleistungen für die Erlangung der Genußrechte. Wie hoch auf Grund dieser Genußrechte die Beteiligung dieser Gesellschaften am Gewinn der Beschwerdeführerin in den Jahren 1990 bis 1994 gewesen ist, ist demgegenüber für die Erfüllung des gesellschaftsteuerpflichtigen Tatbestandes ohne jegliche Bedeutung. Die (im übrigen offenkundig routinemäßig und ohne jeden Zusammenhang mit dem Erwerb der Genußrechte erfolgte) Anforderung der Bilanzen 1990 bis 1994 stellte somit keine Amtshandlung dar, die zur Geltendmachung der durch den Erwerb der Genußrechte verursachten Gesellschaftsteuer vorgenommen worden ist. Soweit sich die belangte Behörde dabei in ihrer Gegenschrift auf die von Stoll, BAO-Kommentar, 2196, wiedergegebene Judikatur beruft, ist ihr entgegenzuhalten, daß das Verwaltungshandeln auf die Ermittlung des für den Abgabenanspruch maßgeblichen Sachverhaltes gerichtet sein muß. Durch die Anforderung der Bilanzen für 1990 bis 1994 konnten aber naturgemäß keine Erkenntnisse über die 1989 erbrachten Gegenleistungen für die eingeräumten Genußrechte erlangt werden.
Da damit der beschwerdegegenständliche Gesellschaftsteueranspruch aber mangels einer tauglichen Unterbrechungshandlung verjährt ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte dabei aus den Gründen des § 39 Abs. 1 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997160353.X00Im RIS seit
19.02.2002